Haltbarkeit und Sensorgrösse
Ein Kollege erklärte mir zu den Bildern seiner Bergwanderung: «Wenn ich beide Hände frei habe, greife ich gerne zur Fotokamera und zoome am Objektiv ein und aus. Weiter oben am Berg, mit einer Hand am Sicherheitsseil, nahm ich lieber das iPhone aus der Gesässtasche und fotografierte mit einer Hand den Aufstieg bis zum Gipfel.»
Es sei halt einfacher und bequemer, als jedes Mal den Fotoapparat aus der Kameratasche zu holen, meinte er. Und um den Hals baumeln lassen wollte er ihn auch nicht. Ob ihm das iPhone denn nie aus der Hand gefallen sei, fragte ich weiter. «Nein, ich habe seit Langem eine Silikon-Schutzhülle drum herum.» Dass dies sehr empfehlenswert ist, habe ich auch beim Ausprobieren der vier Handys gemerkt. Bereits beim Auspacken sind mir die Dinger beinahe aus den Fingern gerutscht.
Die aktuellen Smartphones sind sehr schmal, haben abgerundete Kanten und einige auch «curved displays» ohne Einfassung. Besonders das Huawei P20 Pro ist extrem fein poliert. Sobald es auf einer schrägen Oberfläche liegt, rutscht es langsam weg.
Das iPhone konnte ich am besten halten. Es war das kleinste Gerät im Vergleich. Das Sony Xperia ist nicht völlig flach, sondern in der Mitte etwas bauchig, es besitzt dadurch mehr «Grip». Huawei und Samsung sind mit knapp 74 mm am breitesten, ich fand sie zu Beginn am schwierigsten zu halten.
Alle Smartphones sind spritzwasser- und staubgeschützt – und zwar nicht nur auf dem Datenblatt. Den unfreiwilligen Test machte meine Schwester an einem Waldweiher, wo ihr beim Fische fötelen das iPhone entglitt. Kurz bevor es im schlammigen Boden versank, konnte sie es noch greifen, wischte es kurz trocken und knipste fröhlich weiter. «Psst, nicht Apple erzählen, gell Ursi.»
Ein solches Eintauchen hätten die drei Fotokameras kaum überlebt und wären reif für die Entsorgung gewesen. Dafür hatte ich sie dank gummierten Auflagen und ergonomischen Handgriffen viel besser im Griff. Hier störten mich – beziehungsweise meine grossen Wurstfinger – eher zu kleine Tasten und Rädchen.
Optisch zoomen
Die Bilder aus den Foto-Smartphones überzeugen am meisten, wenn man nicht digital zoomt. Hier können die Fotokameras noch punkten. Beim optischen Zoom wird im wahrsten Sinne des Wortes der Unterschied sichtbar.
Wegen ihrer flachen Bauweise sind die Smartphones in Sachen Zoom praktisch chancenlos. Die Geräte mit zwei oder drei Objektiven schalten zwar zwischen Tele- und Weitwinkeloptik um und bieten so echte optische Zooms, kommen damit jedoch maximal auf eine fünffache Vergrösserung.
Alles, was darüber hinausgeht, wird digital vergrössert. Die vorhandenen Bildpunkte werden so gut wie möglich interpoliert und grösser dargestellt. Das fällt beim Betrachten auf dem Handy-Bildschirm bis zu etwa 5-fachem Zoom noch nicht speziell auf. Bei grösserem Zoomfaktor sind die Qualitätseinbussen aber deutlich an groben und unscharfen Konturen sowie an matschigen oder pixeligen Bildflächen sichtbar. Im Huawei-Handbuch heisst es dazu lapidar: «Wenn Sie das optische Zoomlimit Ihrer Kamera vergrössern, verringert sich die Bildqualität.»
Darüber würden unsere drei Fotokameras nur müde lächeln, wenn sie könnten. Kein Vergleich mit ihren bis zu 60-fachen optischen Brennweiten. Damit lässt sich von der Landschaft über die gesamte Fassade einer Burg bis hin zum kleinsten Detail an der Turmspitze alles ablichten.
Während beim Huawei nach 3-fachem optischen Zoomen bei Brennweite 83 mm (bzw. bei 5-fachem Hybridzoom bei 135 mm) Schluss ist, bietet Panasonic 390 und Nikon gar 1440 mm an. Canon beschränkt sich auf 100 mm optische Brennweite.
In der Bildstrecke steht Huawei am 10-fachen digitalen Tele-Anschlag, damit es überhaupt noch in die Nähe der Fotokameras kommt. Mit dem entsprechenden Pixelbild in 100-%-Ansicht.
Auflösung und Sensorgrösse
Der zweite Noch-Unterschied zwischen Smartphone und Fotokamera ist die Grösse ihrer Bildwandler. Bisher waren die Fotocams mit ihren grösseren Sensoren besser gestellt. Unsere beiden Kompaktkameras Canon und Panasonic besitzen einen 1-Zoll-Sensor (Diagonale), was 13,2-mal 8,8 Millimeter Seitenlänge und einer Fläche von 116 mm² entspricht. Das ist etwas kleiner als ein Micro-SD-Kärtchen. Der Sensor der Nikon Coolpix ist mit 1/2,3-Zoll noch kleiner.
Die Smartphone-Hersteller halten sich mit der Grössenangaben ihrer Sensoren erstaunlich bedeckt. Laut Web-Gurus werkelt im Samsung Galaxy ein 1/2,6-Zoll grosser Chip, der damit unserer Nikon sehr nahe kommt. Sony liegt mit seinem 1/2,3-Zoll gleichauf, beim iPhone X munkelt man von 1/2-Zoll und Huawei gibt für seinen 40-Megapixel-Sensor 1/1,7-Zoll an. Damit hat er die grösste Sensor-Fläche unter den vier Smartphones und ist sogar noch grösser als derjenige in der Nikon Coolpix.
Das sagt jedoch noch nichts über die Grösse einer einzelnen Fotodiode aus, dem Bauelement, welches das Licht einfängt. Durch die riesige Auflösung von 40 Megapixel ist ein Pixel hier noch unvorstellbare 1 µm (Mikrometer) klein. Also ein Millionstel eines Meters bzw. ein Tausendstel Millimeter!
Beim Fotografieren in der Dämmerung und generell bei ungünstigen Lichtverhältnissen muss der Kameraprozessor bei solch kleinen Sensorflächen schnell elektronisch nachhelfen. Je nach Algorithmus des Smartphones funktioniert das mehr oder weniger erfolgreich. Griesseln im Bild, verpixelte Farbflächen oder künstlich anmutende Fotos sind oft die Folge.
Um dem entgegenzuwirken, schalten Smartphones mit mehreren Kameramodulen bei wenig Licht von der Normal- auf die lichtstärkere Weitwinkeloptik um, meist ohne Wissen des Fotografen, und rechnen das Foto auf den Bildwinkel des Normalobjektivs um.
Huawei fasst beim 40-Megapixel-Sensor jeweils vier Pixel zusammen. Die Fotoauflösung beträgt dann nur noch 10 Megapixel. Durch die grössere Lichtempfindlichkeit gelingen damit jedoch erstaunliche Bilder in der Dämmerung und am Abend.
Alle drei Fotokameras besitzen eine Auflösung von 20 Megapixel. Die Fläche pro einzelne Fotodiode ist jedoch bei den 1-Zoll-Sensoren grösser. Die Nikon braucht mehr Licht, um auf die gleichen Bildresultate wie die Canon und die Panasonic zu kommen. Oder umgekehrt muss sie früher zu elektronischen Massnahmen greifen, um ein gleich helles Bild zu erhalten.
Im Vergleich zur Sensorgrösse einer APS-C- oder Vollformat-Kamera wirken die Bildwandler der Smartphones und Kompaktkameras dennoch wie Zwerge. Der 1-Zoll-Sensor passt flächenmässig fast dreimal in einen APS-C-Chip und gut siebenmal in einen Vollformatsensor mit 36 x 24 mm Fläche.
Nebenbei: Wer die obige 1-Zoll-Diagonalen-Angabe laut Pythagoras (Wurzel aus A Quadrat plus B Quadrat) nachrechnet, kommt auf rund 16 mm. Wieso nicht 25,4 mm, was einem Zoll entspricht? Bei Bildsensoren geht die Definition auf das Videoröhren-Zeitalter zurück, wo statt des eigentlichen Durchmessers die tatsächlich nutzbare Fläche gemessen wurde. Das sind dann noch knapp 2/3 eines Zolls.