TESTBERICHT
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Publikationsdatum
8. März 2017
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MEDIEN

Bürkliplatz in Zürich: Möwen umkreisen die vielen Touristen am Landesteg. Einer wirft Futter in die Luft. Sofort ist er im Schwarm der Vögel kaum noch zu erkennen. Ein lustiges Fotomotiv. Während die Smartphone- und Kompaktkamera-Knipser verzweifelt versuchen, wenigstens eine scharfe Möwe aufs Display zu kriegen, stelle ich meine Olympus E-M1 Mark II lässig auf lautlose Serienaufnahme mit Dauer-Autofokus und vergrössere den Autofokus-Bereich.

Dann noch den Verschluss auf eine 1000stel-Sekunde fixieren. Ein Blick durch den Sucher, ein Druck auf den Auslöser und schon sind über 20 Fotos mit 18 Bildern pro Sekunde im Kasten. Und die Viecher darauf sehen aus wie frisch aus dem Tiefkühler. Festgefroren und knackscharf. Und zwar auf allen Aufnahmen.

Eine weitere Serie im Tracking-Modus zeigt eine Möwe beim Landeanflug aufs Geländer. Sogar ein paar Wasserspritzer sind wie eingefroren auf den Fotos zu entdecken. Ein wahre Fotografenfreude.

Die neue Olympus OM-D E-M1 Mark II attackiert mit ihrem schnellen Autofokussystem und der atemberaubenden Geschwindigkeit nicht nur die Spitzenmodelle der Spiegelreflexkameras von Canon und Nikon. Mit dem neuen 20-Megapixel-Sensor stehen auch APS-C-Modelle wie etwa Fujifilms X-T2 oder Sonys A7-Vollformat-Kameras im Visier. Deren eher konservativ eingestellte Kundschaft, was Gehäuseform und optische Sucher angeht, versucht Olympus zum einen mit einer klassischen Spiegelreflex-Kameraform und zum anderen mit einer "S-OVF" genannten Simulation eines optischen Suchers zu überzeugen.

Die E-M1 Mark II sieht genau wie die E-M1, die 2013 erschien, immer noch wie eine analoge OM-Systemkamera aus, inklusive Einschalter im OM-4-Auto/Manual-Stil. Doch im Innern hat sich so vieles geändert, dass eigentlich eine neue Versionsnummer fällig gewesen wäre.

Der grössere Live-MOS-Sensor im Micro-Four-Thirds-Format bringt 4 Megapixel mehr an Auflösung gegenüber der E-M1. Damit diese 20 Megapixel auch genügend rasch verarbeitet werden, kommt in der E-M1 Mark II ein völlig neuer TruePic-VIII-Bildprozessor zum Einsatz, der gemäss Olympus mehr als dreimal so schnell wie der Vorgänger arbeiten soll.

Mit seiner ausserordentlich raschen Scharfstellung wird das neue Modell zur derzeit schnellsten Systemkamera seiner Klasse. Ermöglicht wird dies durch das neu entwickelte High-Speed-Autofokussystem mit 121 Kreuzsensoren, Phasenerkennung und einer neuen AF-Steuerung sowie einer noch kürzeren Verschlussreaktionszeit.

Im sogenannten "Silent-Modus", das heisst mit elektronischem Verschluss, und unter Verwendung des kontinuierlichen AF- und AE-Trackings, nimmt die Kamera 18 Bilder pro Sekunde im 20,4-Megapixel-RAW-Format auf. Mit AF- und AE-Lock, also ohne dauernde Schärfen- und Belichtungsanpassung, steigt die Bildrate sogar auf unglaubliche 60 Bilder pro Sekunde.

Wird mit mechanischem Verschluss aufgenommen, sind immerhin noch 15 Bilder pro Sekunde möglich. Zum Vergleich: Eine Canon EOS-1DX Mark II erreicht bis zu 16, eine Nikon D5 bis zu 14 Bilder pro Sekunde. Dann sind die beiden Profi-Boliden bereits am Limit von Serienbildern in voller Fotoauflösung.

Damit man immer den genauen Auslösezeitpunkt erwischt, gibt es den neuen Pro-Capture-Modus der E-M1 Mark II. Er eliminiert quasi die Auslöseverzögerung, da bereits in einer Endlosschlaufe bis zu 14 Serienbilder aufgenommen werden, bevor der Auslöser komplett heruntergedrückt wird.

Kombiniert man diese Leistungen mit dem 5-Achsen-Bildstabilisierungssystem für verwacklungsfreie Teleaufnahmen und dem Staub- und Spritzwassergeschützten sowie frostsicheren Gehäuse, erhält man eine kompakte, robuste Kamera, die sich ideal für Tier-, Reise-, Dokumentar- und journalistische Fotografie eignet. Grund genug, die neue Olympus OM-D E-M1 Mark II etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.

Äusserlich wie aus den 70er-Jahren: Die neue OM-D E-M1 Mark II bleibt dem Olympus-Retro-Stil treu. Innen dominiert modernste Technik.Äusserlich wie aus den 70er-Jahren: Die neue OM-D E-M1 Mark II bleibt dem Olympus-Retro-Stil treu. Innen dominiert modernste Technik.
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Vor dem Bilderschiessen sollten sich Fotografin und Fotograf etwas genauer mit den umfangreichen Einstellungen befassen. So kann wie gewohnt per Auslöser geknipst werden, aber auch per Fingertipp auf den Touchscreen oder einer Kombination von beidem. Man tippt auf dem Bildschirm den scharf zu stellenden Bereich an und drückt auf den Auslöser, oder Scharfstellen und Auslösen gehen mit einem Fingertipp vonstatten. Wer gerne herumfingert, löst ab und zu ungewollt aus. Und erschrickt dann nicht schlecht, vor allem bei Blitzlichtfotos.

Bei der Gesichtserkennung darf man wählen, ob die Kamera auf das Auge, das am nächsten ist, scharf stellt, oder ob das linke oder rechte Auge Vorrang hat. Ein erkanntes Gesicht wird mit einem weissen Rahmen markiert, ist es scharf gestellt, wird der Rahmen grün. Falls die Kamera die Augen der Person erkennen kann, wird ein grüner Rahmen um das ausgewählte Auge angezeigt.

Die meisten Anpassungen gibt es bei Serienbildaufnahmen, dem Autofokus-Verhalten und der Bildstabilisierung. Je nach Motiv und Zweck wählt man eine niedrige oder hohe Serienbilderzahl, unterdrückt mit der "Anti-Schock-Einstellung" Vibrationen oder löst lautlos aus. Letzteres ist ideal für Fotos bei klassischen Konzerten oder in Kirchen, wo einem das dauernde Klickern der Spiegelreflexkameras schon mal auf den Keks gehen kann. Besonders bei Trauungen.

Serienaufnahmen im Pro-Modus beginnen bereits, wenn der Auslöser halb heruntergedrückt wird. Presst man ihn ganz herunter, um mit der Speicherung auf die Karte zu beginnen, werden auch diese Bilder davor mitgespeichert. Die Anzahl der Bilder vor dem Auslösen, maximal 14 sind möglich, darf man selber bestimmen. Ebenso eine Limite für die Gesamtaufnahmezahl.

Bei hoher Serienbilderrate werden für Fokus, Belichtung und Weissabgleich die bei der ersten Aufnahme jeder Serie gespeicherten Werte verwendet. Das heisst, das Motiv oder die Aktion sollte sich möglichst wenig vor- oder zurückbewegen, da der Autofokusmodus auf S-AF, also auf Einzelfokussierung ohne Nachführung, eingestellt wird.

In der Olympus-Werbung wird für die sagenhaften 60 Bilder in Serie deshalb gerne das Beispiel der mit Pfeilen durchbohrten Luftballone genommen. Die Kamera ist dabei fix auf die Ballone gerichtet, die Pfeil-Aktion findet nur in horizontaler Richtung bei gleichbleibendem Abstand zur Kamera statt. Dank Pro-Modus hat man den gewünschten Augenblick perfekt im Griff und das Platzen der Ballone im Kasten.

Noch etwas gibt es dabei zu beachten: Der Sucher kommt mit dem Anzeigen dieser Serienbilder nicht nach und man fotografiert kurz im Blindflug. Dadurch weiss man auch nicht genau, wann die Serie fertig ist. Ein Countdown oder sonstiger Bilderzähler ist nicht vorhanden. Durch den Lautlos-Modus fehlt natürlich auch eine akustische Rückmeldung.

Wichtig beim Fotografieren mit der niedrigen Serienbilderzahl ist die korrekte AF-Einstellung, die sich oft nur durch Ausprobieren ermitteln lässt. Die Landung der Möwe auf dem Geländer habe ich zum Beispiel mit "C-AF+TR" (kontinuierlicher AF und Tracking) aufgenommen. Die Kamera stellt auf das aktuelle Motiv scharf, folgt ihm und bleibt darauf scharf gestellt, solange der Auslöser in dieser Position gehalten wird.

Bei der Fütterungsszene hingegen kam nur "C-AF" zum Einsatz, da ich nicht auf eine einzelne Möwe zielte, sondern möglichst viele Vögel scharf ablichten wollte. Dazu stellte ich auch die Zahl der AF-Felder auf den grössten Wert ein.

Dieser wurde von 81 des Vorgängers auf 121 bei der E-M1 Mark II erhöht. Es sind alles Kreuzsensoren, erkennen also horizontale wie vertikale Kanten zur Scharfstellung. Die Kamera schaltet für die Fokussierung automatisch zwischen Kontrast- oder Phasenerkennung um, je nach Motivtyp und Lichtverhältnissen.

Das Autofokus-Verhalten während der Fokusnachführung kann feingetunt werden. Es lassen sich drei Abstandsbegrenzungen zwischen 0 und 999 Meter für den AF speichern und eine AF-Sperre definieren. Diese sagt aus, wie "fest" oder "lose" sich der AF an das Motiv krallen soll. "+2" wählt man bei Motiven, die sich voraussichtlich unregelmässig vor- und zurückbewegen und es wenig andere Objekte hat, die dazwischen kommen könnten.

Bei Motiven mit einigermassen gleichbleibender Geschwindigkeit, wie Pferde- und Hunderennen oder Autos ist eher "+1" angesagt. Sind vor allem vertikale oder horizontale Bewegungen mit vielen Störfaktoren durch andere Dinge zu erwarten, kann "-2" helfen. Hier ist ausprobieren angesagt, denn je nach Wert hat die Kamera manchmal nicht mehr auf das Motiv zurückgefunden und stattdessen den Hintergrund scharf gestellt.

Benutzern von Nikon-Kameras werden diese Autofokus-Einstellungen bekannt vorkommen. Sie sind sehr ähnlich aufgebaut. Bei der OM-D E-M1 Mark II lässt sich innerhalb von ± 20 Schritten auch noch eine Feinanpassung der Fokusposition für den Phasenunterschieds-AF vornehmen.

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