Die Lumix G9 II ist die erste Micro-FourThirds-Kamera von Panasonic, die mit einem Phasen-Hybrid-Autofokussystem scharfstellt. Und die zweite MFT-Kamera überhaupt mit einem 25 Megapixel grossen Aufnahmesensor.
Mit der Phasen-Detections-AF-Technologie (PDAF) kommt Panasonic endlich, endlich der langjährigen Forderung nach einem schnellen und vor allem zuverlässigeren Autofokus-System in ihren Kameras nach.
Die Lumix Kameras der G- und GH-Reihe wurden über die Jahre hinweg zu spezialisierten Arbeitsgeräten für Bewegtbilder, die in der Branche einen sehr guten Ruf geniessen. Bis auf den Autofokus, der nach Panasonics «Depth from Defocus»-Kontrast-AF-Technologie arbeitet.
Man konnte damit zwar scharfstellen, doch der Autofokus arbeitete einfach nicht so schnell und zuverlässig wie bei allen übrigen Mitbewerbern mit einem Phasenvergleichs- oder einem Hybrid-AF-System, das Kontrast- und Phasendetektion kombiniert. Besonders bei Videoaufnahmen mit wenig Licht war ein Schärfepumpen zu erkennen, auch wenn es nur sehr kurz war, und das sah einfach nicht professionell aus.
Die Lumix G9 II behebt dies nun endlich und es macht wirklich Spass, mit dem neuen AF zu filmen und zu fotografieren. Bei genügend Licht sitzt die Schärfe schnell und sicher. Kein Vergleich mehr zu früher. Dafür kriegt Panasonic ein grosses Dankeschön.
Im Vollformat-Gehäuse
Man nehme das Gehäuse der Panasonic-Vollformat-Kamera S5 II und kombiniere es mit der Technik der Micro-FourThirds GH6, und schon hat man eine Lumix G9 II – salopp ausgedrückt. Tatsächlich sitzt die G9 II im gleichen Gehäuse wie die S5 II. Nur vorne gibt es einen Knopf mehr und die aktive Kühlung wurde weggelassen.
Im Vergleich zur ersten G9, die seit 2017 auf dem Markt ist und einen 20,3 Megapixel grossen Sensor besitzt, trumpft die Mark II mit einem 25,2-Megapixel-Live-MOS-Sensor der neusten Generation auf. So schiesst man Fotos mit einer Grösse von maximal 5776 x 4336 Pixel und bringt damit schon so manche APS-C-Kamera in Bedrängnis.
Als weiteren Unterschied fehlt der neuen das grosse Schulterdisplay des Vorgängers. An dessen Stelle befindet sich nun das separate Modus-Wahlrad. Das vordere Einstellrad wie auch die Videotaste wurden ebenfalls weiter vorne platziert und der Ein/Aus-Schalter liegt neu unter dem Modus-Wahlrad. Auf den Zweifach-Umschalter an der Front der G9 wurde bei der Mark II auch verzichtet.
Gemäss Panasonic stehen G-Modelle in erster Linie für Fotoaufnahmen und GH-Modelle für Video. Die Firma vermarktet die G9 II denn auch als Topmodell für Fotografie. Die Kamera beherrscht jedoch so viele Videofunktionen, dass sie sich genauso gut fürs Filmen eignet. Meiner Meinung nach sogar noch besser als eine videolastige GH6, vor allem wegen der neuen Autofokus-Technik.
Als Panasonic vor rund sechzehn Jahren Micro-FourThirds einführte, war es eigentlich als ein leichtes und kleines Spiegellos-Kamerasystem gedacht. Bei der GH-Reihe und mit der G9 wich die Firma jedoch immer weiter davon ab.
So kommt auch die Lumix G9 II mit ihren Massen von 134,3 x 102,3 x 90,1 mm (BHT) wuchtig daher und hat vor allem in der Tiefe um mehr als einen halben Zentimeter gegenüber der G9 zugenommen. Das Kameragehäuse blieb mit 658 Gramm gleich schwer. Es besteht grösstenteils aus Metall, viele Abdichtungen schützen es gegen das Eindringen von Staub und Spritzwasser. Frostbeständig ist es bis zu -10 Grad Celsius. Es besitzt jedoch keine IP-Schutzklassen-Zertifizierung wie viele OM-System-Kameras (Olympus).
Als Vorteil bietet ein grösseres Gehäuse mehr Platz für Bedienungselemente und grosse Hände finden besseren Halt. Obwohl die G9 II gegenüber einer GH6 um mehr als 150 Gramm leichter ist, war sie den meisten Damen, denen ich sie in die Hände gab, doch etwas zu schwer.
Wenn sich die G9 II von der Gehäusegrösse her kaum mehr von einer Vollformatkamera unterscheidet, darf man sich auch fragen, wo denn der Vorteil von MFT geblieben ist, sind doch nur noch die Objektive dazu im Vergleich zum Vollformat meistens kleiner und leichter.
Bildberuhigung und Speicherkarten
Die Lumix G9 II übernimmt viel Technik und Ausstattung von der GH6 und schaut auch einiges bei den Lumix-S-Vollformat-Modellen ab. Gegenüber der G9 wurde neben der höheren Sensorauflösung vor allem der Videobereich massiv erweitert, die Serienbildgeschwindigkeit mit kontinuierlicher Fokussierung auf 60 Bilder pro Sekunde erhöht sowie die High-Resolution-Fotofunktion optimiert.
Die 6K/4K-Fotofunktion des Vorgängers wurde weggelassen, bzw. in die Serienbildaufnahme mit elektronischem Verschluss übernommen. Die praktische Post-Fokus-Funktion fehlt leider ganz. Damit konnte man unter anderen im Nachhinein den Schärfebereich im Bild bestimmen.
Der 3-Zoll-Touchscreen lässt sich aufklappen sowie seitlich ausschwenken. Er besitzt mit 1,84 Millionen Bildpunkten die gleiche Auflösung wie das Display der GH6. Deren OLED-Sucher-Auflösung wurde bei der G9 II mit 3,68 Millionen Bildpunkten ebenfalls beibehalten.
Das Bildstabilisierungssystem der G9 II wurde weiter verbessert und kombiniert den 8-stufigen B.I.S. (Body Image Stabilizer), den 7,5-stufigen 5-Achsen Dual I.S. und den Active I.S. für eine laut Hersteller unglaubliche Videobildstabilisierung. Zusammen bieten diese Funktionen eine noch bessere Unterstützung für Handheld-Aufnahmen, sodass man oft auf ein Stativ oder eine Gimbal-Stabilisierung verzichten kann.
Im Gegensatz zur GH6 unterstützt die G9 II keine CFexpress-Karten. Die beiden Kartensteckplätze nehmen nur SD-, SDHC- und SHXC-Kärtchen auf. Dadurch können die folgenden Arten von Videos nicht in der Kamera direkt auf SD-Karten aufgenommen werden, sondern benötigen eine über USB-C angeschlossene externe SSD: MOV-Video mit einer Bitrate von 800 Mbps oder höher, Apple ProRes-Video mit einer anderen Auflösung als Full-HD sowie Zeitlupen- und Zeitraffer-Video mit Einzelbildkompression «All-Intra».
Seit der Firmware-Version 2.0 können auch 12-Bit-RAW-Videodaten mit einer maximalen Auflösung von 5,8K über HDMI an einen kompatiblen externen Rekorder ausgegeben werden. Unterstützt werden zurzeit bestimmte Atomos- («Ninja», «Shogun») und Blackmagic-Design- («Video Assist 5», «Video Assist 7») Modelle.
Strom und Blitz
Die Lumix G9 II unterstützt USB 3.2 Gen 2 für Hochgeschwindigkeits-Schreiben und -Auslesen. Der Anschluss ist USB-PD-kompatibel (Power Delivery), was eine flexible Stromversorgung ermöglicht. Im Lieferumfang der Kamera ist kein separates Ladegerät mehr inbegriffen. Der 2200-mAh-Akku DMW-BLK22 muss daher in der Kamera über das mitgelieferte USB-Kabel und den Netzadapter oder einer anderen USB-Stromquelle aufgeladen werden.
Als Zubehör ist der Batteriegriff DMW-BG1 für rund 350 Franken erhältlich. Er ist mit einem 8-Richtungs-Joystick ausgestattet und mit der Lumix G9II sowie den Vollformatkameras Lumix S5II und S5IIX kompatibel. Im Kameramenü kann ausgewählt werden, welcher Akku zuerst verwendet werden soll, wenn sowohl in der Kamera als auch im Batteriegriff ein Akku installiert ist.
Wie bei professionellen Kameras üblich, besitzt auch die G9 II kein eingebautes Blitzgerät. Es sieht zwar so aus, als ob sich hinter dem Lumix-Schriftzug eines befindet, doch es wurde schlicht weggelassen. Und wo sich vorne bei der G9 noch ein Blitz-Synchro-Anschluss befand, steht nun das G9 II Logo.
Wer blitzen möchte, muss sich ein externes Blitzgerät anschaffen. Ich habe mein MFT-kompatibles Blitzgerät von OM System (Olympus) angeschlossen und konnte es problemlos mit der G9 II verwenden.
Vollständiger Leitfaden
Die aktuellen filmenden Fotokameras nehmen in einer höheren Qualität auf als die meisten TV-Anstalten senden können. Sie bieten unzählige technische, gestalterische und künstlerische Möglichkeiten, aus denen ausgewählt werden kann. Dies ist auch bei der Lumix G9 II so.
Viele Videofunktionen der Kamera richten sich an professionelle Filmemacher. Durch ihren verhältnismässig günstigen Preis wird sie auch von manchen ernsthaften Videoamateuren eingesetzt werden. Damit diese bei den vielen Film- und Videobranchenbegriffen im Menü nicht nur Bahnhof verstehen, empfiehlt es sich sehr, das Handbuch etwas genauer zu studieren, auch wenn es 844 (!) Seiten umfasst.
Es kann bei Panasonic im Web heruntergeladen werden und wird dort als «Vollständiger Leitfaden» bezeichnet. In der aktuellen Version sind am Schluss auch die Neuerungen des Firmware-Updates 2.0 aufgeführt.