TESTBERICHT
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Klangzauber einer Stradivari

Zwei Streicheraufnahmen in HiRes, bei denen sich nur allerbeste High-End-Komponenten bewähren können.Zwei Streicheraufnahmen in HiRes, bei denen sich nur allerbeste High-End-Komponenten bewähren können.

Die erste wohltuende Überraschung: Der korpulente Hörer sitzt überraschend leicht am Kopf und drückt auch nirgends. So angenehm habe ich noch selten einen derart grossen, halboffenen Kopfhörer am Ohr empfunden. Nun wartet eine grosse Sammlung an exzellenten HiRes-Aufnahmen auf ihre Wiedergabe.

Und was eignet sich als Prüfstück einer solchen Hörer-Amp-Kombination besser als Joshua Bells eine Million Dollar teure Stradivari auf dem Album «Joshua Bell spielt Bach»?

Also Vorhang auf! Bells Stradivari spielt die ersten paar Takte von Bachs Chaconne aus der Partita BWV 1004 in d-moll BWV 1004. Ja, das ist eine Stradivari mit ihrem prächtigen und unverwechselbaren Klang. Der Obertonbereich erscheint mir eine Spur betont. Doch wer nahe an einer Violine sitzt, ist ja bekanntlich erstaunt, über deren Brillanz bei hohen Passagen gerade auf der E-Saite. Neben diesen brillanten Höhen erscheinen warme, exzellent durchzeichnete Mitten und eine tiefe Lage mit fast unglaublichem Körper. So klingt Holz aus dem 17. Jahrhundert! Im Laufe des Stücks gesellt bei dieser Bearbeitung des ursprünglich für Solo-Violine geschriebenen Werks das Orchester hinzu – und die Klipsch-Geräte laufen zur Höchstform auf. Ein wahres Feuerwerk an Klangfarben entführt mich in die bachsche Klangwelt.

Haben mich die hornbestückten Klipsch-Lautsprecher gerade bei der Wiedergabe der Streicher bisher nicht restlos begeistern können, so überzeugt mich hier eine freie, offene und unerhört feingezeichnete Darbietung. Und diese Auflösung ist echt, und nicht durch einen angehobenen Hoch- und Obertonbereich vorgetäuscht, wie das bei etlichen High-End-Hörern der Fall ist. Diese auf Pseudo-Brillanz getunten Kopfhörer klingen nicht etwa echt hochauflösend, sondern schlicht grässlich, grell und aggressiv.

Cellissimo

Und weiter gehts mit einer ebenfalls wunderschönen Streicheraufnahme, den Vivaldi-Cello-Konzerten mit Enrico Dindo. Erneut hebe ich bei der Wiedergabe des unglaublich körperhaft dargestellten Cellos ab. Auch hier verblüfft ein feingezeichneter Obertonbereich mit unglaublich vielen Details. Wie hier der Cellist die Saiten anpackt und seinem Cello eine virtuose Klangorgie entlockt, ist doch sehr bemerkenswert. Zudem werden feinste Zupfer des sehr leisen Begleit-Cembalos kristallklar hörbar. Das zeugt von höchster Auflösung, und dies ohne Schärfe oder Überzeichnung! Diese Detailtreue kenne ich eigentlich nur von elektrostatischen Kopfhörern. Im tiefen Frequenzkeller legen die Kontrabässe ein herrliches Fundament unter diese barocken Klänge. Nicht nur Feinzeichnung ist die Stärke dieses Kopfhörers, auch dessen unerhörte Breitbandigkeit.

Ganz klar, dass sakrale Orgelwerke mit unerhörtem Volumen erscheinen. Punkto Räumlichkeit gibt es Hörer, die noch einen Klacks weiträumiger zum Konzert aufspielen können. Doch die hörbare Breite und Tiefe des Klangbildes ist hier ganz klar von der Aufnahme abhängig. Der Hörer macht keinen künstlichen Raum, sondern stellt die Akustik des Aufnahmeraums dar – klar und ohne zu bluffen. Wie der Hörer den ganzen Frequenzumfang einer grossen Kirchenorgel hörbar macht, kann auch abgebrühte Orgel-Fans begeistern.

Bluesige Sounds in HiRes

Knopfler/MacLeod: Zwei hervorragende Aufnahmen, die unterschiedlicher nicht klingen könnten.Knopfler/MacLeod: Zwei hervorragende Aufnahmen, die unterschiedlicher nicht klingen könnten.

Ein klanglicher und musikalischer Höhenflug ergibt sich bei der Wiedergabe von Mark Knopflers «Tracker» in HiRes 192kHz/24Bit. Ein satter, aber dezenter Bass, sanfte Mitten und Höhen, denen jegliche digitale Aggressivität fehlen, umschmeicheln nicht nur meine Trommelfelle, sondern auch jene von Kollegen, die hell begeistert sind. Hier hat man das Gefühl, der Sound komme ab Vinyl oder einer schnellen, analogen Bandmaschine. Dies ist kein Wunder, denn Mark Knopfler hat an diesen Aufnahmen lange im Studio mit diversen Mikrofonen, Instrumenten und Wandlern getüftelt, bis ihm der Klang gefiel.

Ganz andere, mehr Live-artige Klänge gibt es bei Doug MacLeods «There's a Time». Hier hört man keine erstklassige Mischpultakrobatik, sondern ein kleines Ensemble, das ohne Overdubs, Effektgeräte und dergleichen in einem Saal zum einmaligen Live-Event aufspielt. Unglaublich realistisch die rauchige Blues-Stimme von MacLeod, begleitet vom Drummer Jimi Bott und vom Bassisten Denny Croy. Sehr gut hört man die Unterschiede der verschiedenen von MacLeod verwendeten Gitarren.

Zwei hervorragende Aufnahmen in HiRes, deren klangliche Unterschiede ich bisher über keinen anderen Wandler so genau habe hören können.

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