Die Kassetten-Renaissance erhält unerwartete Unterstützung aus dem Schwarzwald. Revox nimmt in Villingen die europäische Produktion von Audiokassetten auf und positioniert sich damit als einer der wenigen verbliebenen Hersteller hochwertiger Leerkassetten.
Die Grundlage bildet eine Kooperation mit der amerikanischen National Audio Company aus Springfield, Missouri, die seit 1969 als grösster US-Kassettenproduzent am Markt tätig ist. Eine komplette Produktionsstrasse von National Audio wurde in der Revox-Manufaktur installiert, womit Revox nach eigenen Angaben zum Betreiber einer der grössten Kassettenfertigungsanlagen Europas wird. Die letzte deutsche Kassettenproduktion bei EMTEC in Ludwigshafen wurde vor mehr als 22 Jahren eingestellt.
Die Wiederaufnahme der Kassettenfertigung fügt sich in Revox' Strategie ein, analoge Tonträger selbst zu produzieren. Nach den Master-Tape-Spulenbändern erweitert Revox das Portfolio nun um Kompaktkassetten. Der Markteintritt erfolgt zunächst mit Typ-I-Kassetten in den Lauflängen C60 und C90, bezeichnet als Grandmaster Audio Cassette. Weitere Varianten seien in Vorbereitung, wobei Revox als einziger Anbieter drei verschiedene Bandqualitäten ankündigt, darunter auch eine Typ-II-Version mit Chromkompatibilität. Wann diese verfügbar sein wird, bleibt offen.
Das Herzstück der Grandmaster-Kassette bildet ein fünffach verschraubtes Gehäuse aus europäischer Produktion, das laut Revox einen stabilen Bandlauf gewährleisten soll. Die Gehäuse stammen vom italienischen Zulieferer Musicbox S.R.L., der sich als letzter verbliebener Hersteller von C-0-Leergehäusen bezeichnet. Im Unterschied zu klassischen Steckgehäusen verspricht die verschraubte Konstruktion geringere mechanische Toleranzen.
Das Kassettenband wird exklusiv für Revox produziert, es basiere auf der «legendären Grandmaster Formel», wie man betont. Die Kassetten seien für die Einstellung Ferro/Normal Position Typ I optimiert und würden auf jedem Kassettendeck funktionieren. Dass ein neues Typ-I-Band tatsächlich «ausgezeichneten analogen Klang» liefert, wie Revox verspricht, wird sich in der Praxis zeigen müssen. Eisenoxid-Formulierungen galten schon zu Hochzeiten der Kassette als Einstiegsvariante mit Einschränkungen bei Dynamik und Hochtonwiedergabe.
Jede Kassette kommt in einer transparenten Snap-Box mit dreifach gefalteter J-Card, die vier Beschriftungsfelder bietet. Ein zweiteiliges Aufkleber-Set in «hoher Qualität» ergänzt das Paket. Die komplette Montage erfolge in Handarbeit in der Revox-Manufaktur in Villingen, was geringe Stückzahlen und intensive Qualitätskontrolle ermögliche.
Die Grandmaster Audio Cassette ist seit Anfang Dezember über Revox | Horch House bestellbar unter horchhouse.eu. Die Auslieferung beginnt ab 17. Dezember 2025 in der Reihenfolge der Bestelleingänge. Angeboten werden zwei Packungsgrössen: Das C60-Fünferpack kostet 45 Euro, das Zehnerpack 79 Euro. Die C90-Variante ist für 50 Euro (fünf Stück) respektive 89 Euro (zehn Stück) erhältlich. Die Kassetten können über Horch House bestellt werden, das auch in die Schweiz liefert.
Revox verfügt mit dem legendären B215 über einschlägige Expertise, das zwischen 1985 und 1994 produzierte Deck gilt als Referenz. Ein Nachfolger wäre die logische Ergänzung zur Kassettenproduktion, zumal derzeit nur TEAC stationäre Neugeräte anbietet.

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