
Die hübsche Braut lehnt am Kamin im ehrwürdigen, aber eher düsteren Speisesaal des ehemaligen Rot-Kreuz-Hospizes in Lissabon. Durch das hohe Fenster fällt nur spärlich Tageslicht in den Raum. Fujifilm-X-Photographer Scott Johnson, ein gewiefter Londoner Hochzeitsfotograf und unser Coach für diesen Workshop, ermuntert uns fröhlich: «Lasst den ISO-Wert niedrig und belichtet einfach etwas länger.»
Sein Vertrauen in den eingebauten Bildstabilisator der neuen Fujifilm X-H1 mit Sensor im APS-C-Format scheint unerschütterlich zu sein. «Damit fängt ihr die gediegene Lichtstimmung dieses Raums perfekt ein und blitzt das Ambiente nicht einfach weg.»
Wir fotografieren ohne Stativ, also freihand. Etwas skeptisch drehe ich deshalb an meiner X-H1-Kamera herum, ziele auf die Braut und halte den Atem an. Der Auslöser lässt sich butterweich durchdrücken und das Foto wird mit einer Belichtungszeit von 1/8 Sekunde bei offener Blende und ISO 500 gespeichert.
Das Resultat verblüfft, auch beim Hineinzoomen ins Bild sind weder Unschärfen noch Verwischungen festzustellen. Gut, die Braut hat sich auch kaum bewegt, aber trotzdem: Dieser Bildstabilisator arbeitet sehr gut.
Als erstes Modell der X-Serie verfügt die Fujifilm X-H1 über eine integrierte 5-Achsen-Bildstabilisierung. Sie soll gemäss Hersteller in Kombination mit den meisten Fujinon-XF-Objektiven bis um 5,5 Stufen längere Belichtungszeiten ermöglichen.
Dieses neue Bildstabilisierungssystem (IBIS: In Body Image Stabilization) verfügt über drei axiale Beschleunigungssensoren, drei axiale Gyrosensoren und einen sehr leistungsfähigen Dual-Prozessor, der auf Basis der gemessenen Daten rund 10'000 Berechnungen pro Sekunde durchführt. In Kombination mit dem effektiven Kompensationsmechanismus soll damit eine besonders präzise Bildstabilisierung und eine kompromisslose Bildqualität erreicht werden.
Jetzt ist auch der Bräutigam hinzugekommen, und wir Fotografen – etwas mutiger geworden durch die ersten Bildergebnisse – probieren die unterschiedlichsten Belichtungskombinationen mit der X-H1 aus. An der Kamera ist auch der optionale Batteriehandgriff VPB-XH1 angeschraubt, als Objektiv kommt das Fujifilm XF 16–55 mm F2.8 zum Zug. Auf Kleinbildformat umgerechnet deckt es den Bereich von 24 bis 84 mm ab.
So ausgerüstet wird die Kamera sehr «anhänglich», will heissen: ziemlich schwer (besten Dank an Marcel von Fujifilm Schweiz für diesen Ausdruck). Rund 1780 Gramm trägt man mit sich herum. Die Kamera ist also kein Leichtgewicht, doch Profis nehmen dies gerne in Kauf. Zum Vergleich: Die Vollformat-Kamera Canon EOS 5D Mk IV mit Batteriegriff und 24–70-mm-Objektiv bringt volle 2290 Gramm auf die Waage. Ein gutes Pfund mehr!
Im Vergleich zum bisherigen Star in der X-Serie, der Fujifilm X-T2, hat die H1 einiges an Umfang zugenommen. Zwar nur unwesentlich in Breite und Höhe, aber mit 86 mm ist sie beinahe doppelt so tief wie die T2.
Das Gehäuse der X-H1 besteht aus einer stabilen Magnesiumlegierung, die um 25 Prozent dicker ist als bei der X-T2. Dadurch ist die Kamera zwar deutlich robuster und stabiler, wirkt jedoch auf manche Fotografen etwas klobig und kantiger im Vergleich zur X-T2. Geschmackssache halt.
Die X-H1 ist staub- und spritzwassergeschützt, und auch bei kalten Temperaturen bleibt sie laut Hersteller bis minus 10 Grad Celsius voll funktionstüchtig. Die äussere Beschichtung besitzt aufgrund grösserer Partikel eine Oberflächenhärte von 8H und ist damit besonders unempfindlich gegen Kratzer.
Ein eingebautes Blitzlicht sucht man vergebens. Es wird genau wie bei der X-T2 das kleine Aufsteckblitzgerät EF-X8 mitgeliefert.

Das Beste aus zwei Welten

Viele Fujifilm-Fans und Gerüchteköche hatten einen Nachfolger der X-T2 erwartet. Statt einer X-T2s oder X-T3 ist dann die X-H1 gekommen, eine Kombination aus der Mittelformatkamera GFX-50S und der X-T2.
So erinnert die Rückseite der H1 stark an die T2. Nur einige Knöpfe wurden umplatziert. Zum Beispiel die Q-Taste, die jetzt wie bei der 50S in der Daumenauflage sitzt. Die beiden Einstellräder auf der Oberseite stammen ebenfalls von der T2 ab, das zusätzliche Schulterdisplay hingegen von der Mittelformatkamera. Bei einer Grösse von 3,25 cm (1,28 Zoll) lassen sich die wichtigsten Aufnahmeparameter darauf jederzeit gut ablesen.
Das 7,6 cm (3 Zoll) grosse Touch-Display verfügt über 1,04 Millionen Bildpunkte. Es lässt sich nicht nur nach oben und unten kippen, sondern auch seitlich ausschwenken. Dies erleichtert das Fotografieren speziell im Hochformat erheblich.
Youtuber und Selfie-Fans werden jedoch keine Freude daran haben. Der Bildschirm kann nicht vollständig hoch- oder umgeklappt werden. Dafür lässt er sich einfacher und schneller als noch bei der T2 seitlich aufklappen. Hier wurde nachgebessert.
Die beiden mechanischen Wahlräder, komplett aus Aluminium gefertigt, sind doppelstöckig und können mit einem «Lock & Release»-Mechanismus verriegelt werden. Mit ihnen werden Verschlusszeit, ISO-Empfindlichkeit, Belichtungsmessmethode und Aufnahmebetriebsart eingestellt. Das für die Belichtungskorrektur zuständige dritte Drehrad, das an der T2 noch vorhanden war, musste bei der H1 dem Schulterdisplay weichen und wurde durch eine kleine Taste vorne neben dem Auslöser ersetzt.
Die Drehräder sind seitlich geriffelt, die oberen Funktionen sind gut einstellbar. Die unteren Rädchen gehen etwas harziger, und wenn sie sich in ihren Endpositionen nahe am Sucheraufbau befinden, braucht es spitzige Finger, um sie wieder zurückzustellen.
Auf der Vorderseite der X-H1 fällt vor allem der gegenüber einer X-T2 deutlich verlängerte Handgriff auf. Die Kamera lässt sich besser und sicherer halten. Der griffige Fokuswahlschalter befindet sich wie bei der T2 vorne rechts neben dem Bajonett.
An der rechten Kameraseite stehen zwei Karteneinschübe für SD-Speicherkarten bereit. Beide lassen sich mit UHS-II-Karten benutzen und können unterschiedlich konfiguriert werden. Standard ist das Schreiben auf die zweite Karte, wenn die erste voll ist. Zur Sicherheit kann auch auf beiden Karten gespeichert werden, oder auf einer die JPG-Dateien und auf der anderen das RAW-Format.
An der linken Kameraseite befinden sich die Anschlüsse für Mikrofon (3,5 mm), Micro-USB, Fernsteuerung und HDMI, leider nur in Micro-Ausführung. Hier wünschte ich mir die Standardgrösse, vor allem beim Videofilmen für den Anschluss eines Monitors oder eines externen Recorders. Ein Micro-HDMI-Anschluss ist immer eine Fummelei und so gar nicht professionell, finde ich.
Wer mit der H1 filmen möchte, kommt auch kaum um den optionalen Batteriehandgriff VBP-XH1 herum. Zum einen verbessert er per «Boost»-Schalter die Auslösereaktion und die Bildrate bei Serienaufnahmen mit mechanischem Auslöser, zum andern wird bei 4K-Filmaufnahmen die Aufnahmedauer auf rund 30 Minuten verlängert. Und schliesslich gibt es nur an ihm einen Kopfhöreranschluss.
In den Handgriff passen zwei Akkus, so dass insgesamt drei Batterien, inklusive derjenigen in der Kamera, gleichzeitig verwendet werden können. Die Akkuleistung soll damit für bis zu 900 Bilder reichen, nachgezählt habe ich nicht.
Der Batteriegriff ist zudem sehr praxisbezogen konstruiert. So dient er auch als Schnellladegerät für die beiden eingelegten Akkus. Diese lassen sich rasch und bequem herausnehmen, auch wenn sich die Kamera auf einem Stativ befindet.
Der Griff ist ebenfalls staub- und spritzwassergeschützt und bleibt bis zu -10 Grad Celsius einsatzbereit. So ausgerüstet ist die X-H1 auch für Sport- und Action-Fotografen eine seriöse Überlegung wert.

Klassisches X-Konzept

Wer bereits eine Kamera aus der Fujifilm X-T- oder X-Pro-Serie besitzt, wird auch mit der X-H1 gleich loslegen können. Doch Foto-Einsteiger oder -Umsteiger von anderen Systemen müssen sich erst mit der X-Bedienungsphilosophie anfreunden.
Ein Programmwahlrad mit P, S, A, M oder intelligenter Automatik gib es nicht. Ebenso fehlen Symbole für Porträts, Landschaften oder Sport. Die X-H1 möchte ganz klassisch bedient werden. Dazu stehen vier mechanische Wählräder auf der Kameraoberseite, je ein Einstellrad auf der Vorder- und Rückseite, mehrere Knöpfe sowie ein Joystick zur Verfügung. Hinzu kommen sechs frei belegbare «echte» sowie vier Touch-Funktionstasten, die mittels Wischbewegung über den Bildschirm ausgelöst werden.
Man kann damit die Einstellungen direkt ändern, ohne das Auge vom Sucher nehmen zu müssen. Auch die Menü-Navigation lässt sich so ausführen, denn die X-H1 verfügt über einen wirklich guten 1,27 cm (0,5 Zoll) grossen OLED-Sucher mit 3,69 Millionen Bildpunkten.
Damit kann gleich das eben geschossene Foto betrachtet werden, ohne die Kamera von der Nase zu nehmen und aufs Display schauen zu müssen. Und die Aufnahmen lassen sich auch unter gleissender Sonne sicher im Sucher beurteilen. Wer dies schon mal auf dem Display einer Spiegelreflexkamera versucht hat, bei denen es ja anders nicht geht, wird den elektronischen Sucher sehr zu schätzen wissen.
Wer die «ersten Schritte» im Handbuch gelesen hat, weiss nun, dass es keine Voll-Automatik mit Szenenerkennung gibt. Am nächsten kommt dem die Programmautomatik, eben der Modus P, kombiniert mit der automatischen ISO-Wahl durch die Kamera.
Den Programm-Modus stellt man ein, indem das Belichtungsrad auf der Kameraoberseite und der Blendenring am Objektiv auf A gedreht werden. Nun erscheint ein P im Display und man kann wie gewohnt weitere Zeit-Blenden-Kombinationen, welche die gleiche Belichtung bewirken, per Drehrad auswählen (Programm-Shift).
Durch die entsprechenden Einstellungen an Blendenring und Belichtungsrad werden auch die übrigen Modi S, A und M erreicht. Belichtungskorrekturen gelingen über Halten der kleinen Plus/Minus-Taste neben dem Auslöser und dem Drehen des hinteren Rädchens.
Ich habe dies nicht recht hingekriegt und deshalb im Menü die Taste so umkonfiguriert, dass sie nach einmaligem Drücken in der Belichtungskorrektur blieb und ich mittels vorderem Drehrad den Wert ändern konnte. Das vordere Rädchen wählte ich, weil es mir mit dem Daumen nie recht gelang, das hintere Rad sicher zu verstellen. Andere Fotografen werden da vermutlich weniger Mühe haben.
Dies zeigt jedoch auch deutlich, dass sich die X-H1 sehr weitreichend den Bedienungswünschen des Benutzers anpassen lässt. Je nach Gusto lässt sich ein Mix aus mechanischer und elektronischer Bedienung konfigurieren.
Neben den Funktionstasten lässt sich auch beim Schnellmenü bestimmen, welche Elemente angezeigt werden sollen. Wem dies noch nicht ausreicht, darf unter «Mein Menü» seine eigenen, häufig verwendeten Optionen zusammenstellen.
Schneller und präziser scharfstellen

Gemäss Fujifilm verfügt der Autofokus der X-H1 über einen verbesserten Algorithmus, der die Genauigkeit und Geschwindigkeit der Scharfstellung in Situationen mit wenig Licht deutlich verbessert. So wurde die Empfindlichkeit des Phasendetektions-AF um ca. 1,5 Blendenstufen von 0,5 LW auf -1,0 LW erweitert, sodass sich dieser nun auch mit Objektiven mit Offenblende bis F11 nutzen lässt.
Motive mit feinen Strukturen wie Gefieder oder Fell, die vom Phasendetektions-AF bislang nicht optimal erfasst werden konnten, sollen sich jetzt schnell und präzise fokussieren lassen.
Auch die Leistung des kontinuierlichen Autofokus (AF-C) beim Zoomen wurde erheblich verbessert, was unter anderem in Situationen vorteilhaft ist, in den sich das Hauptmotiv unvorhersehbar bewegt. Schöne Marketing-Worte, denen wir gleich auf den Grund gehen werden.
Also zurück zu unseren Workshops in Lissabon. Im schön getäferten «Saal des Obersten Rates» zeigt uns X-Photographer Pal Laukli den Einsatz von Blitzlicht und kontinuierlichem Autofokus.
Dazu führt uns ein Tanzpaar elegante Figuren und schnelle Sprünge vor. Das Gegenlicht durchs Fenster unterstreicht mit feinen Säumen die Konturen der Tänzer. Zur Aufhellung dient ein Studioblitzgerät, das drahtlos ausgelöst wird.
Anders als der Fotograf vor mir bitte ich die Tänzer, sich vor allem im Bodennähe zu bewegen. Dank des ausklappbaren Bildschirms der H1 brauche ich mich nicht zu verrenken und kann bequem aus tiefem Blickwinkel fotografieren. Wie würde sich hier wohl ein «Spiegelreflexler» mit seinem festen Display verbiegen müssen?
Der Autofokus der Kamera folgt den Tänzern brav und verhaut sich während meiner 70 Aufnahmen nur dreimal in der Schärfe. Wieder fällt mir der butterweiche und sehr leise Auslöser auf. Ab und zu reagierte er jedoch zu empfindlich und löste ungewollt aus.
Die Anzahl der Fokussierpunkte bleiben gegenüber der X-T2 unverändert. Man kann zwischen einem 7x13-Raster (91 Punkte) und einem 13x25-Raster (325 Punkte) im Einzel-AF-Modus wählen.
Das Bewegen des Fokusfeldes gelingt wie bei der X-T2 sehr zügig und genau über den Fokushebel, dem «Knubbel» oberhalb der Menütaste. Dabei bleibt man mit dem Auge dauernd am Sucher und stellt auch weitere Funktionen wie zum Beispiel die AF-Messfeldgrösse mit dem Drehrädchen ein. Die linke Hand am Objektiv kann sich ganz auf die Wahl des Bildausschnitts konzentrieren.
Neu gegenüber der T2 lässt sich dank des Touchscreens der H1 auch mit diesem fokussieren, Fokusfelder verstellen und auslösen. Und wie es sich für eine Profi-Kamera gehört, lassen sich Belichtung (AF-L) und Scharfstellung (AF-ON) getrennt über eigene Tasten speichern.
Eine intelligente Gesichtserkennung greift Porträtfotografen unter die Arme. Dabei kann bestimmt werden, ob die Kamera automatisch auf eines der beiden Augen scharfstellt, oder ob man dem linken oder rechten Auge den Vorzug gibt.
Dauerfeuer
Die höchste Bildrate von schnellen 14 Bildern pro Sekunde erreicht die X-H1, wenn die Verschlusswahl auf «nur elektronisch» steht. Dazu ist der Batteriegriff übrigens nicht nötig. Er dient vor allem zur Unterstützung der Stromversorgung der Kamera, verkürzt im Leistungsmodus die Auslöseverzögerung und erhöht die Bildrate bei Serienaufnahmen mit dem mechanischen Verschluss.
Neben einer schnellen Bildfolge sollte auch jedes einzelne Foto knackscharf werden. Dazu gibt es beim kontinuierlichen Autofokus (AF-C) fünf Voreinstellungen und eine frei definierbare Einstellung für unterschiedliche Arten sich bewegender Objekte.
Dabei werden drei Parameter kombiniert: Verfolgungsempfindlichkeit, Beschleunigungserfassung und Zonen-Bereichsumschaltung. In der Bildstrecke sind die einzelnen Einstellungen erklärt.
Ein weiterer wichtiger Punkt bei Serienaufnahmen ist die Rahmengrösse bei der «AF-Zone». Die Kamera stellt dann auf ein Objekt in der gewählten Fokuszone scharf. Fokuszonen beinhalten mehrere Fokussierpunkte, um das Fokussieren auf Objekte in Bewegung zu erleichtern.
Wer sich etwas genauer mit den vielen Parametern beschäftigt und die verschiedenen Kombinationen ausprobiert, wird mit der X-H1 sehr gelungene Serienbilder erhalten. Dank der Zusatzleistung des Batteriegriffs konnte ich eine Fotoserie mit 22 RAW-Aufnahmen bei 14 Bildern pro Sekunde durchziehen. Dabei verfolgte ich durch Mitschwenken ein Auto im Kreisverkehr. Ein einziges Bild kam dabei etwas unscharf heraus.
Bei den Serienaufnahmen des Radpanzers liess sich die H1 auch nicht durch hellere Objekte im Hintergrund oder durch Strassenschilder vor dem Fahrzeug aus der Ruhe bringen. Sie klebte förmlich am Panzer und zeigt jedes Detail in natürlichen Farben.
Neben einer hohen und niedrigen Serienbildrate steht bei der H1 auch noch eine mittlere Geschwindigkeit mit maximal 6 Bildern pro Sekunde zur Auswahl.
Manuelle Fokussierung
Beim manuellen Scharfstellen stellt die X-H1 drei Hilfen bereit. Zum einen lässt sich der gewählte Fokussierbereich automatisch vergrössern, wenn der Scharfstellring gedreht wird. Dann gibt es ein schwarzweisses oder farbiges Schnittbild, dessen Teile sich bei korrekter Scharfstellung in Übereinstimmung befinden. Oder die scharfgestellten Kanten und kontrastreichen Konturen werden farbig hervorgehoben (Focus Peaking). Die Farbe ist dabei wählbar auf Weiss, Rot, Blau oder Gelb, und zwar in zwei Anzeigestärken.
Am besten gelang mir das manuelle Scharfstellen mit der Vergrösserung zusammen mit der Konturhervorhebung. Die Schnittbild-Methode lag mir nicht besonders.
Während der manuellen Fokussierung kann mit der Schärfespeicherungstaste sofort wieder zum Autofokus zurückgekehrt werden. Umgekehrt geht es nach Aktivierung der entsprechenden Option. Solange der Auslöser halb gedrückt wird, kann gleichzeitig manuell scharfgestellt werden.
Reihe, Filter, Panorama
Die Belichtungsreihen (Bracketing) der X-H1 befinden sich auf der zweitletzten Position rechts auf dem Betriebsarten-Rad. Es stehen Belichtungs-, ISO-, Filmsimulations-, Weissabgleichs- und Dynamikbereichs-Serien zur Auswahl. Die Fotos können durch Einzelauslösung oder als durchgehende Serie bei der ersten Auslösung aufgenommen werden.
Wer das Betriebsarten-Rad in die gegenüberliegende Position dreht, befindet sich im «ADV.»-Modus, was immer dies heissen soll. Hier kann aus vielen Filtereffekten ausgewählt werden. Ob das Profi-Fotografen benötigen, sei mal dahingestellt. Es ergeben sich jedenfalls lustige Spielereien mit Farben, Kontrasten und Unschärfen. Ich hätte mir lieber eine kamerainterne HDR-Funktion gewünscht, denn die suchte ich vergeblich bei der X-H1.
Nach einem weiteren Dreh am Rad lassen sich mit der Kamera Panoramabilder erstellen – mit Wahl von Winkel und Schwenkrichtung. Etwas Übung gehört jedoch dazu, bis ein «sauberes» Panorama zustande kommt. Zu Beginn habe ich oft zu schnell oder zu langsam geschwenkt, was die X-H1 mit Aufnahmeabbruch quittierte.
Vorstoss ins bewegte Bild

Videofilmen war bislang nie eine grosse Stärke der X-Kameras. Sie waren in erster Linie fotografische Geräte. Die X-T2 brachte mit 4K/UHD-Video erste zögerliche Versuche Richtung professionellem Filmen.
Ganz anders die neue X-H1. Sie wird klar als das ideale Werkzeug für Multimedia-Produktionen kommuniziert. Ihre Videofunktion verfügt über insgesamt 20 Funktions- und Leistungsverbesserungen und ist damit laut Hersteller ideal für professionelle Filmaufnahmen konzipiert.
Als erste Kamera der X-Serie bietet sie die Eterna-Filmsimulation, deren feine Farbwiedergabe und detailreiche Tiefen dem Filmer in der Nachbearbeitung viele kreative Freiheiten eröffnet. Ich fand die Videofilme im Eterna-Look auch unbearbeitet schon sehr ansprechend.
Dass es Fujifilm ernst meint mit Videofilmen, zeigt auch die Möglichkeit, mit der X-H1 im Cinema-4K-Format mit 4096 x 2160 Pixel und 24p zu drehen. Hinzu kommen Full-HD-Aufnahmen mit 120 Bildern pro Sekunde für flüssige Zeitlupen, die F-log- und Timecode-Aufzeichnung sowie die 4K-F-Log-Aufnahme direkt auf SD-Karte.
Für eine optimale Bildqualität lassen sich Videos darüber hinaus mit einer hohen Bitrate von 200 MBit/s in 4K/UHD (3840 x 2160) mit 25p aufzeichnen. Leider gibt es keinen 10-Bit-Codec, auch nicht über den HDMI-Ausgang; es bleibt bei 8 Bit. Ebenso fehlt eine weniger stark komprimierende All-I-Option bei der Codec-Auswahl.
Weiter Richtung Kino geht es bei der X-H1 mit den neuen professionellen Fujinon-Cine-Objektiven MKX18–55 mm T2.9 und MKX50–135 mm T2.9 für das X-Bajonett, die beide für Mai/Juni 2018 angekündigt sind. Ausserdem ist die Kamera kompatibel zu allen bestehenden Objektiven der XF- und XC-Serie, welche bis Ende des Jahres noch um das lichtstarke Teleobjektiv XF 200 mm F2 R LM OIS WR und das Ultra-Weitwinkel-Zoomobjektiv XF 8–16 mm F2.8 R WR erweitert wird.

Vielfältiges und kreatives Filmen
Natürlich lassen sich auch schon mit einem normalen Foto-Objektiv wie etwa unserem Testobjektiv XF 16–55 mm F2.8 ausgezeichnete Filmsequenzen aufnehmen – wenn man einige Besonderheiten berücksichtigt.
Zum Ersten sollte der optionale Batteriegriff verwendet werden. Nur an ihm befindet sich die Kopfhörerbuchse zur Tonkontrolle. Und nur mit ihm verdoppelt sich bei 4K/UHD-Video die durchgehende Aufnahmezeit auf 30 Minuten.
Fürs Filmen dreht man das Rad für die Aufnahmebetriebsart ganz nach rechts, bis es auf dem Filmkamera-Symbol steht. Eine spezielle Start/Stop-Taste für Videoaufnahmen gibt es nicht. Dazu dient der Foto-Auslöser, durch dessen Leichtgängigkeit ich öfters ungewollt eine Videoaufnahme gestartet habe.
Das Fehlen einer separaten Videotaste ist auch mein grösster Kritikpunkt. Wer zum Beispiel an Hochzeiten fotografiert und filmt, muss jeweils umständlich und zeitraubend zwischen beiden Funktionen umschalten. Es lässt sich nicht auf Tastendruck beim Fotografieren zwischendurch schnell eine Videoszene aufnehmen. Hat man das Betriebsarten-Rad endlich auf dem Filmkamera-Symbol stehen, ist nun das Fotografieren blockiert.
Die Film-Einstellungen sind mit vier Menüseiten noch gnädig und übersichtlich ausgefallen. Einige Videobegriffe weichen etwas von den branchenüblichen Bezeichnungen ab. Durch die klassische Bedienung lassen sich auch Videoaufnahmen vollständig manuell oder mit automatischer Unterstützung regeln. Die Analogfilm-Simulationen der Fotoabteilung sind auch fürs Videofilmen anwendbar, obwohl hier die Eterna-Filmsimulation voll und ganz überzeugt.
Das Autofokus-Verhalten lässt sich auch beim Filmen auf die jeweilige Situation feintunen, indem die AF-Geschwindigkeit und die Verfolgungs-Empfindlichkeit angepasst werden.
Den Autofokus stellt man am besten auf Vario-AF, dann arbeitet er bei genügend Licht und Kontrast sehr treffsicher, wenn auch manchmal ein kurzes Pumpen festzustellen war (siehe Beispielvideo «Tageslicht»). Durch den lichtstarken APS-C-Sensor sind auch die Resultate bei weniger Licht durchaus akzeptabel. Im Beispielvideo «Innenraum» springt während des Schwenks die Schärfe sehr schnell auf das Eiffelturm-Modell im Hintergrund und gleich darauf zurück auf den Vordergrund.
Im Mehrfeld-AF-Modus wählt die X-H1 die Schärfe im Bild selber aus. Diese Zufalls-Fokussierung kann man getrost vergessen. Sehr gut funktionierte hingegen der «Push-AF» über den Touchscreen. Ein Tipp auf das Motiv im Display und die Schärfe wird dorthin verlagert. Wer möchte, kann damit auch gleichzeitig die Aufnahme starten.
Durch den sehr klaren OLED-Sucher ist das manuelle Scharfstellen eine wahre Freude. Damit lassen sich gezielt verschiedene Schärfe-Ebenen anfahren, die sich bei offener Blende dank des APS-C-Sensors gut abheben und kreativ einsetzen lassen.
Per Wischbewegung über das Display lässt sich ein Histogramm zur Belichtungskontrolle, eine Wasserwaage oder die Mikrofon-Einstellung aufrufen. Dazu gehört jedoch etwas Übung, bis man heraushat, wie viel Druck es dafür braucht. Eine Waveform- oder Zebra-Anzeige sucht man vergeblich.
Der Bildstabilisator leistet auch beim Filmen aus der Hand gute Dienste. Manchmal war ein leichtes Nachschaukeln feststellbar. Für 4K/UHD-Aufnahmen ist ein Stativ empfehlenswert, da durch die höhere Auflösung jedes noch so kleine Zittern auffällt.
Beim Filmen mit Blendenautomatik treten geringe Helligkeitssprünge im Bild auf. Hier kann die Foto-Optik nicht stufenlos regeln. Am besten mit fester Blende filmen oder die Cine-Objektive einsetzen.
In ruhiger Umgebung ist zudem ein schwaches Rauschen aus der Kamera zu hören. Dies gehört zum Bildstabilisator und ist auch vorhanden, wenn man ihn im Menü ausschaltet. Bei tonkritischen Videoaufnahmen sollte man deshalb mit externen Mikrofonen arbeiten.
Apropos leise: Beim Filmen lassen sich die Einstellungen per Touchscreen vornehmen, um zu vermeiden, dass von der Kamerabedienung herrührende Geräusche mit dem Film aufgenommen werden. Die Einstellräder sind dann ausser Betrieb. Die gesamte Bedienung erfolgt durch Antippen des gewünschten Symbols am rechten Rand des Displays. Die Werte werden ebenfalls durch Wischen oder Tippen eingestellt.
Ehrlich gesagt konnte ich mich mit dieser Art Bedienung nicht richtig anfreunden. Da nicht alle neun Symbole gleichzeitig auf dem Display Platz finden, muss zur Auswahl erst geblättert, bzw. auf- und abgewischt und dann auf das gewünschte Symbol gedrückt werden. Das macht das Ganze unnötig kompliziert und fehleranfällig. Es stehen stets alle neun Symbole bereit. Nur die oft gebrauchten anzeigen zu lassen, ist leider nicht möglich.
Betrachten, bearbeiten, fernsteuern

Einmal mehr hat mich – und nicht nur mich – die Bildqualität direkt aus einer Fujifilm-X-Kamera sehr positiv überrascht. Die Aufnahmen im JPEG-Format wirken sehr natürlich und haben eine angenehme Farbabstimmung. Sie kommen nicht so «elektronisch» daher wie bei anderen Systemen.
Das liegt zum einen an den tollen Analogfilm-Simulationen – ein Alleinstellungsmerkmal von Fujifilm – und mag zum andern am guten Objektiv liegen. Schliesslich leistet auch in der X-H1 ein X-Prozessor Pro zusammen mit dem von Fujifilm selbst entwickelten X-Trans-CMOS-Sensor in APS-C-Grösse ganze Arbeit.
Die Besonderheit dieses Sensors liegt darin, dass statt des sonst üblichen Vierermusters (Bayer-Matrix) ein 6x6-Raster bei der Farbfilteranordnung verwendet wird. Dies reduziert die Anfälligkeit für Farbmoirés, die auftreten, wenn sich zwei regelmässige Strukturen (die des Motivs und die des Sensors) überlagern.
Beim Betrachten der X-H1-Aufnahmen an einem 4K-Monitor fielen mir die satten Farben, die exakte Farbwiedergabe und der grosse Kontrastumfang auf. Vor allem die genaue Wiedergabe von Hauttönen überzeugte. Das beinahe völlige Fehlen von blaugrünen oder pinken Farbsäumen an starken Hell/Dunkel-Übergängen im Bild (chromatische Aberrationen) erstaunte ebenfalls.
In dunkeln Szenen, fotografiert mit hohen ISO-Werten, hielt sich das Rauschen angenehm zurück. Da kaum Farbrauschen vorhanden war, wirkte das Helligkeitsrauschen sehr natürlich.
Alle Beispielbilder stammen direkt und unverändert aus der X-H1, wurden mit der Standard-Filmsimulation «Provia» aufgenommen und nur in der Grösse reduziert. Fotografiert wurde immer aus freier Hand.
Kurz gefasst: Wer mit der X-H1 überlegt und korrekt belichtet, kann die JPEG-Fotos direkt aus der Kamera ohne weitere Bearbeitung verwenden. Diese Arbeitsweise hat sich auch unser englischer Coach und Hochzeitsfotograf angeeignet. Sein Motto: Wer an einem Event mehrere hundert Fotos schiesst, erspart sich damit Stunden an zusätzlicher Arbeit mit Raw-Entwickeln am Computer.
Natürlich darf man mit der Kamera auch im Raw-Format fotografieren. Dann lassen sich neben vielen anderen Einstellungen nachträglich auch die Filmsimulationen ändern und das Foto als neue JPEG-Datei speichern. Dies geht zum einen in der Kamera selbst, zum andern – und viel komfortabler – in einer Raw-Konverter-Software.
Dazu gibt es die neue Software Fujifilm X Raw Studio, die via USB-Kabel den Bildprozessor der X-H1 nutzt, um Raw-Dateien schnell und in hoher Bildqualität in JPEG-Bilder umzuwandeln.
Wer Adobes Photoshop oder Lightroom besitzt, wird auch im dazu gehörenden Raw-Konverter fündig. Die Filmsimulationen lassen sich dort über die Kamera-Kalibrierung auswählen. Allerdings sind einige Fotografen von den Umwandlungs-Resultaten der Fujifilm-Raw-Dateien in der Adobe-Software nicht besonders begeistert.
Angebunden oder drahtlos
Das «Tethered Shooting» ist mit der X-H1 ebenfalls möglich. Um die Kamera drahtlos oder via USB verbinden und steuern zu können, ist eine entsprechende, teils kostenpflichtige Software von Fujifilm (Tethered Shooting Software HS-V5) oder von Drittfirmen wie Adobe (Fujifilm Tether Shooting Plug-in) nötig.
Eine Nummer kleiner gehts mit der kostenlosen App Fujifilm Camera Remote. Sie steuert viele Kameraeinstellungen drahtlos per Smartphone oder Tablet und eignet sich ideal für Gruppenfotos oder Selbstporträts.
Neben der drahtlosen Foto- oder Videoaufnahme lassen sich auch Bilder aus der Kamera ins Smartphone übertragen oder die Koordinaten des Aufnahme-Standorts dem Foto zuordnen (Geotagging). Manchmal hakt es noch etwas bei der Verbindungsaufnahme oder bei der Rückmeldung von der Kamera.
Fazit

Auf den ersten Blick könnte man die Fujifilm X-H1 als eine etwas aufgedunsene X-T2 halten. Doch der Hersteller zielt mit ihr konsequent ins professionelle Lager. Dazu gehören neben der erhöhten Serienbildgeschwindigkeit auch das robuste Gehäuse und der verbesserte Handgriff.
Die Bedienung im Retrolook ist gewöhnungsbedürftig, und für Smartphone-gewohnte Wischfinger wohl eine Herausforderung. Doch dieser Anwendergruppe kommt Fujifilm mit dem Touchscreen der X-H1 entgegen. Ob dieser auch von den Profis goutiert wird, ist eine andere Frage.
Der eingebaute 5-Achsen-Bildstabilisator, der sehr gute, hochauflösende Sucher und die erweiterten Videomöglichkeiten werden viele Anwender begeistern.
Die Fotos im Analogfilm-Look – beziehungsweise deren digitale Simulation – konnten bei der X-H1 einmal mehr völlig überzeugen.
Fujifilm kommt mit der X-H1 einen grossen Schritt näher ans Profilager. Wer auf den Bildstabilisator verzichten kann und mit Filmemachen nicht viel am Hut hat, der darf aber nach wie vor zur kompakten und leichteren X-T2 greifen.