Vorstoss ins bewegte Bild
Videofilmen war bislang nie eine grosse Stärke der X-Kameras. Sie waren in erster Linie fotografische Geräte. Die X-T2 brachte mit 4K/UHD-Video erste zögerliche Versuche Richtung professionellem Filmen.
Ganz anders die neue X-H1. Sie wird klar als das ideale Werkzeug für Multimedia-Produktionen kommuniziert. Ihre Videofunktion verfügt über insgesamt 20 Funktions- und Leistungsverbesserungen und ist damit laut Hersteller ideal für professionelle Filmaufnahmen konzipiert.
Als erste Kamera der X-Serie bietet sie die Eterna-Filmsimulation, deren feine Farbwiedergabe und detailreiche Tiefen dem Filmer in der Nachbearbeitung viele kreative Freiheiten eröffnet. Ich fand die Videofilme im Eterna-Look auch unbearbeitet schon sehr ansprechend.
Dass es Fujifilm ernst meint mit Videofilmen, zeigt auch die Möglichkeit, mit der X-H1 im Cinema-4K-Format mit 4096 x 2160 Pixel und 24p zu drehen. Hinzu kommen Full-HD-Aufnahmen mit 120 Bildern pro Sekunde für flüssige Zeitlupen, die F-log- und Timecode-Aufzeichnung sowie die 4K-F-Log-Aufnahme direkt auf SD-Karte.
Für eine optimale Bildqualität lassen sich Videos darüber hinaus mit einer hohen Bitrate von 200 MBit/s in 4K/UHD (3840 x 2160) mit 25p aufzeichnen. Leider gibt es keinen 10-Bit-Codec, auch nicht über den HDMI-Ausgang; es bleibt bei 8 Bit. Ebenso fehlt eine weniger stark komprimierende All-I-Option bei der Codec-Auswahl.
Weiter Richtung Kino geht es bei der X-H1 mit den neuen professionellen Fujinon-Cine-Objektiven MKX18–55 mm T2.9 und MKX50–135 mm T2.9 für das X-Bajonett, die beide für Mai/Juni 2018 angekündigt sind. Ausserdem ist die Kamera kompatibel zu allen bestehenden Objektiven der XF- und XC-Serie, welche bis Ende des Jahres noch um das lichtstarke Teleobjektiv XF 200 mm F2 R LM OIS WR und das Ultra-Weitwinkel-Zoomobjektiv XF 8–16 mm F2.8 R WR erweitert wird.
Vielfältiges und kreatives Filmen
Natürlich lassen sich auch schon mit einem normalen Foto-Objektiv wie etwa unserem Testobjektiv XF 16–55 mm F2.8 ausgezeichnete Filmsequenzen aufnehmen – wenn man einige Besonderheiten berücksichtigt.
Zum Ersten sollte der optionale Batteriegriff verwendet werden. Nur an ihm befindet sich die Kopfhörerbuchse zur Tonkontrolle. Und nur mit ihm verdoppelt sich bei 4K/UHD-Video die durchgehende Aufnahmezeit auf 30 Minuten.
Fürs Filmen dreht man das Rad für die Aufnahmebetriebsart ganz nach rechts, bis es auf dem Filmkamera-Symbol steht. Eine spezielle Start/Stop-Taste für Videoaufnahmen gibt es nicht. Dazu dient der Foto-Auslöser, durch dessen Leichtgängigkeit ich öfters ungewollt eine Videoaufnahme gestartet habe.
Das Fehlen einer separaten Videotaste ist auch mein grösster Kritikpunkt. Wer zum Beispiel an Hochzeiten fotografiert und filmt, muss jeweils umständlich und zeitraubend zwischen beiden Funktionen umschalten. Es lässt sich nicht auf Tastendruck beim Fotografieren zwischendurch schnell eine Videoszene aufnehmen. Hat man das Betriebsarten-Rad endlich auf dem Filmkamera-Symbol stehen, ist nun das Fotografieren blockiert.
Die Film-Einstellungen sind mit vier Menüseiten noch gnädig und übersichtlich ausgefallen. Einige Videobegriffe weichen etwas von den branchenüblichen Bezeichnungen ab. Durch die klassische Bedienung lassen sich auch Videoaufnahmen vollständig manuell oder mit automatischer Unterstützung regeln. Die Analogfilm-Simulationen der Fotoabteilung sind auch fürs Videofilmen anwendbar, obwohl hier die Eterna-Filmsimulation voll und ganz überzeugt.
Das Autofokus-Verhalten lässt sich auch beim Filmen auf die jeweilige Situation feintunen, indem die AF-Geschwindigkeit und die Verfolgungs-Empfindlichkeit angepasst werden.
Den Autofokus stellt man am besten auf Vario-AF, dann arbeitet er bei genügend Licht und Kontrast sehr treffsicher, wenn auch manchmal ein kurzes Pumpen festzustellen war (siehe Beispielvideo «Tageslicht»). Durch den lichtstarken APS-C-Sensor sind auch die Resultate bei weniger Licht durchaus akzeptabel. Im Beispielvideo «Innenraum» springt während des Schwenks die Schärfe sehr schnell auf das Eiffelturm-Modell im Hintergrund und gleich darauf zurück auf den Vordergrund.
Im Mehrfeld-AF-Modus wählt die X-H1 die Schärfe im Bild selber aus. Diese Zufalls-Fokussierung kann man getrost vergessen. Sehr gut funktionierte hingegen der «Push-AF» über den Touchscreen. Ein Tipp auf das Motiv im Display und die Schärfe wird dorthin verlagert. Wer möchte, kann damit auch gleichzeitig die Aufnahme starten.
Durch den sehr klaren OLED-Sucher ist das manuelle Scharfstellen eine wahre Freude. Damit lassen sich gezielt verschiedene Schärfe-Ebenen anfahren, die sich bei offener Blende dank des APS-C-Sensors gut abheben und kreativ einsetzen lassen.
Per Wischbewegung über das Display lässt sich ein Histogramm zur Belichtungskontrolle, eine Wasserwaage oder die Mikrofon-Einstellung aufrufen. Dazu gehört jedoch etwas Übung, bis man heraushat, wie viel Druck es dafür braucht. Eine Waveform- oder Zebra-Anzeige sucht man vergeblich.
Der Bildstabilisator leistet auch beim Filmen aus der Hand gute Dienste. Manchmal war ein leichtes Nachschaukeln feststellbar. Für 4K/UHD-Aufnahmen ist ein Stativ empfehlenswert, da durch die höhere Auflösung jedes noch so kleine Zittern auffällt.
Beim Filmen mit Blendenautomatik treten geringe Helligkeitssprünge im Bild auf. Hier kann die Foto-Optik nicht stufenlos regeln. Am besten mit fester Blende filmen oder die Cine-Objektive einsetzen.
In ruhiger Umgebung ist zudem ein schwaches Rauschen aus der Kamera zu hören. Dies gehört zum Bildstabilisator und ist auch vorhanden, wenn man ihn im Menü ausschaltet. Bei tonkritischen Videoaufnahmen sollte man deshalb mit externen Mikrofonen arbeiten.
Apropos leise: Beim Filmen lassen sich die Einstellungen per Touchscreen vornehmen, um zu vermeiden, dass von der Kamerabedienung herrührende Geräusche mit dem Film aufgenommen werden. Die Einstellräder sind dann ausser Betrieb. Die gesamte Bedienung erfolgt durch Antippen des gewünschten Symbols am rechten Rand des Displays. Die Werte werden ebenfalls durch Wischen oder Tippen eingestellt.
Ehrlich gesagt konnte ich mich mit dieser Art Bedienung nicht richtig anfreunden. Da nicht alle neun Symbole gleichzeitig auf dem Display Platz finden, muss zur Auswahl erst geblättert, bzw. auf- und abgewischt und dann auf das gewünschte Symbol gedrückt werden. Das macht das Ganze unnötig kompliziert und fehleranfällig. Es stehen stets alle neun Symbole bereit. Nur die oft gebrauchten anzeigen zu lassen, ist leider nicht möglich.