Langsamer fotografieren
Smartphone-Knipser und Besitzer einer Kompakt- oder Spiegelreflexkamera müssen sich bei der GFX 50S in mehreren Dingen umgewöhnen. Am besten schaltet man gleich einige Gänge zurück. Schnell mal draufhalten und ein Foto aus der Hüfte schiessen ist zwar möglich, jedoch wird man vom Resultat kaum begeistert sein.
Durch seine systembedingte Trägheit zwingt einem das Mittelformat eine langsamere Vorgehensweise im Vergleich zum Kleinbild auf. Bereits beim ersten Auslösen spürt man, dass hier eine grössere «Masse» bewegt wird, alles etwas länger dauert und irgendwie auch satter tönt.
Dennoch darf man sich vom gewohnten Mittelformat-Fotografier-Stil mit seiner Unhandlichkeit verabschieden. Die 50S ist viel beweglicher und erlaubt ganz neue Blickwinkel.
Dabei muss man sich immer bewusst sein, dass die 50S keine Bildstabilisierung kennt, weder in der Kamera und bislang nur in einem Objektiv. Man braucht also eine sehr ruhige Hand, wenn man ohne Stativ unterwegs ist. Wer gestochen scharfe Aufnahmen wünscht, sollte für die Belichtungszeit mindestens den berühmten Kehrwert der Brennweite einstellen, besser noch etwas kürzer. Sonst sorgen Zittern und Verwackeln schnell für Bewegungsunschärfe und unsaubere Wiedergabe von Details.
Durch den grossen Sensor bleibt zudem der Schärfebereich auch bei hohen Blendenwerten sehr gering. Damit lässt sich ein Hintergrund sehr komfortabel freistellen, also in der Unschärfe versinken lassen. Umgekehrt ist eine genaue Fokussierung für knackscharfe Fotos sehr wichtig.
Die GFX 50S unterstützt einem dabei mit ihrem Kontrastautofokus, der standardmässig ein 9x13-Raster (117 AF-Punkte) nutzt, das sich auf 424 Punkte (25 x 17) erweitern lässt. Der Kontrast-AF ist gegenüber einer Phasenvergleichsmessung zwar nicht rasend schnell, doch die 50S reagierte je nach Lichtverhältnis und Motiv beim Fotografieren recht zügig und stellte meist in Sekundenbruchteilen scharf. Dabei gibt sie zwei Piepsignale ab, und das Fokusmessfeld und die Fokusanzeige leuchten grün. Kann nicht scharfgestellt werden, zeigt das Messfeld rot, das Symbol «!AF» erscheint und die Fokusanzeige blinkt weiss. Das typische Fokuspumpen konnte ich in dunklen Situationen manchmal feststellen, es hielt sich aber in Grenzen.
Über den Touchscreen oder den Joystick kann der Fokussierpunkt sehr schnell angepasst werden. Mit dem hinteren Einstellrad legt man dabei die Grösse des Fokusmessfelds fest. Zur Kontrolle lässt sich der momentane Fokussierbereich für präzises Scharfstellen grösser anzeigen.
Auch beim manuellen Fokussieren vergrössert die Kamera beim Drehen des Scharfstellrings automatisch den ausgewählten Fokussierbereich. Zusätzlich kann ein «Fokus-Peaking», im Menü mit «Glanzlicht Fokus» bezeichnet, zur Unterstützung aktiviert werden. Dank des sehr guten Suchers lässt sich damit schnell und genau manuell auf den Punkt scharfstellen.
Serienbilder sind mit der GFX 50S auch möglich. Die drei Bilder pro Sekunde reissen einem kaum vom Hocker, sind aber für eine Mittelformatkamera schon sehr rasant. Da der Autofokus dabei gut mitkommt, liegt das Problem eher in der Anzahl RAW-Aufnahmen, die sich hintereinander aufzeichnen lassen. Bei komprimierten RAWs ist nach 13 Fotos, bei unkomprimierten nach 8 Fotos Schluss. JPEGs lassen sich endlos aufnehmen, bis die Karte voll ist.
Bei Einzelfotos wie bei Serienbildern lässt sich der Autofokus dem Sujet anpassen. Es stehen Einzelpunkt-, Zonen- und Weit/Tracking-AF zur Verfügung. Sogar eine intelligente Gesichts- und Augenerkennung ist vorhanden, mit der Wahlmöglichkeit, auf welches Auge denn fokussiert werden soll.
Selbstverständlich beherrscht die 50S neben Serienbildern auch das «Bracketing». Es sind automatische Belichtungsreihen mit unterschiedlichen Werten für Helligkeit, Weissabgleich, ISO-Empfindlichkeit, Dynamikbereich und Filmsimulation möglich.
Menüsystem und Tasten-Anpassung
Das Menüsystem der GFX 50S ist umfangreich und sehr ähnlich aufgebaut wie bei der Fujifilm X-T2. Wer damit vertraut ist, wird problemlos mit der Navigation zurechtkommen, für andere kann es durch die vielen Ober- und Untermenüs anfangs unübersichtlich wirken. Nur schon das Fokus-Menü hat 16 Unterpunkte.
Für mich persönlich ist der Aufbau logisch und durchdacht. Hauptmenü und Untermenüs links, Einstellungen rechts. Mit den Auswahltasten oder den beiden Einstellrädern lässt sich schnell durch die Register- und Menüpunkte scrollen.
Es gibt viele Möglichkeiten, die Kamera an die Gewohnheiten des Benutzers und an unterschiedliche Aufnahmesituationen anzupassen. Häufig gebrauchte Menübefehle speichert man unter dem «MY»-Register ab, einen Menü-Schnellzugriff gibt's über die Q-Taste, und schliesslich stehen noch sieben Speicherplätze für individuelle Konfigurationen parat. Das Quick-Menü lässt sich natürlich auch den eigenen Wünschen anpassen und per Fingertipp über den Touchscreen bedienen.
Wem dies nicht ausreicht, darf auch noch 9 Funktionstasten und das hintere Einstellrad nach seinem Gusto umbelegen. In den Setup-Menüs kann neben dem Verhalten der Tasten auch bestimmt werden, welche Informationen im Sucher und auf dem Monitor angezeigt werden.