TESTBERICHT
Seite 3 / 7

Gewichtheben und Däumchendrehen

Alte Schule: Mechanische Einstellräder und ein Blendering am Objektiv lassen analoge Zeiten aufkommen.Alte Schule: Mechanische Einstellräder und ein Blendering am Objektiv lassen analoge Zeiten aufkommen.

Die vertraute EMT-Kombi spielte alles in allem immer etwas stringenter und direkter als der T700 von Revox. Der T700 verzeiht mehr, was sich zum Beispiel bei der legendären Mercury-Aufnahme von Bachs Cello-Sonaten mit Janos Starker bemerkbar machte. Das Cello klingt immer wunderbar: singend und auch trocken bis vollmundig. Aber die räumliche Exaktheit dieser Aufnahme ist suboptimal. Mit dem T700 wirkt es angenehm weniger auffällig. Die in jeder Beziehung geniale wie moderne Live-Einspielung «Retrospective» von Hilary Hahn zeigt auf, was der T700 kann. Er macht den Raum richtig zurecht und man fühlt sich dennoch sehr wohl, wie bei einer schönen Tasse Tee.

Der neue Revox brachte auch alte Live-Aufnahmen wie «Village Gate» von Coleman Hawkins zum Swingen. Das Timing stimmt und der Boden ist fest und wuchtig. Auch bei hohen Pegeln lässt sich der T700 nicht aus der Ruhe bringen. Die Zarge absorbiert Störschwingungen recht gut und man kann auch mal dranklopfen, ohne dass es gleich übertrieben aus den Lautsprechern poltert.

Ich konnte mich überzeugen, dass das Laufwerk wirklich sehr gut gemacht ist, dass der Tonarm ebenfalls ins Konzept passt und dass man mit der Wahl der Ortofon Quintett Bronce einen breiten Hörgeschmack getroffen hat. Wer sich mit MC-Tonabnehmern auszukennen glaubt, der hat hier auf jeden Fall eine geräumige Spielwiese und kann die Klangperformance des T700 sehr wohl noch entwickeln.

Individuelles Konzept: Wem das mechanische Einstellen nicht liegt, darf die GFX 50S auch «moderner» und mit Automatiken bedienen.Individuelles Konzept: Wem das mechanische Einstellen nicht liegt, darf die GFX 50S auch «moderner» und mit Automatiken bedienen.

Mechanisch oder elektronisch

Ich habe das Zweifach-Zoom angeflanscht und ziele durch den Sucher auf ein landendes Flugzeug. Der eingeblendete künstliche Horizont zeigt mir an, ob ich «im Wasser» bin. Über den Blendenring am Objektiv stelle ich wie zu Analogzeiten meine gewünschte Lichtmenge ein, am rechten Wählrad auf der Kamera die Verschlusszeit und am linken Rad den ISO-Wert. Alles richtig mechanisch mit hörbarem Einrasten der Rädchen. Das Info-Display oben auf der Kamera zeigt ein grosses M an. Ich befinde mich im manuellen Modus.

Für Modus A, also Zeitautomatik mit Blendenvorwahl, drehe ich das Verschlusszeiten-Rad auf A (Automatisch) und wähle die gewünschte Blende wie gehabt direkt am Objektiv. Drehe ich hingegen den Blendenring am Objektiv auf A und ändere die Verschlusszeit am Wählrad, befinde ich mich im S-Modus, also Blendenautomatik mit Zeitvorwahl. Das Info-Display zeigt gross ein S an.

Möchte ich mit der Programmautomatik arbeiten (Modus P), stelle ich Blendenring wie Zeitrad auf A. Bei Bedarf kann ich nun mittels hinterem Einstellrad eine andere Kombination aus Belichtungszeit und Blende auswählen, ohne die Bildhelligkeit zu ändern (Programm-Shift). Den ISO-Wert habe ich immer noch manuell über das linke Rad eingestellt.

Drehe ich dieses auf A, wird der ISO-Wert automatisch den Aufnahmebedingungen angepasst. Beeinflussen kann ich die Automatik durch drei unterschiedliche ISO-Voreinstellungen für die Basis-Empfindlichkeit, den maximalen ISO-Wert und die längste Belichtungszeit. Im Modus P und mit ISO-Automatik erhalte ich so eine Fast-Vollautomatik an der GFX 50S.

Wer bisher mit Kompaktknipsen oder anderen Kamerasystemen fotografierte, wird sich vielleicht mit dieser «Old Fashion»-Bedienung schwertun. Doch auch dafür hat Fujifilm vorgesorgt. Drehe ich den Blendenring und das ISO-Wählrad auf Position C und stelle die Verschlusszeit auf T, habe ich über die beiden Einstellrädchen alles im Griff. Mit dem hinteren stelle ich die Zeit ein, mit dem vorderen die Blende. Nach Drücken auf das vordere kann ich den ISO-Wert wählen, nochmals drücken, und ich bin wieder bei der Blende.

Das Tolle daran: Während alledem muss ich das Auge nicht vom Sucher nehmen. Das wurde auch meine bevorzugte manuelle Arbeitsweise mit der GFX 50S.

Ein weiterer Vorteil der spiegellosen Kamera: Ich sehe nicht nur die Auswirkungen meiner Einstellungen bereits vor der Aufnahme, ich kann das geschossene Foto auch gleich überprüfen und sogar unter strahlender Sonne sicher im Sucher beurteilen. Wer dies schon mal auf einem Display versucht hat, wird diese Möglichkeit sehr zu schätzen wissen.

Was sehr gut gefällt: Die Belichtungskorrektur im Foto-Modus endet nicht schon bei +/-3, man kann mit -5 bis +5 Lichtwerten in Drittelstufen experimentieren.

Was weniger gefällt: Die Tasten für die Belichtungskorrektur und den Drive-Modus sind sehr klein ausgefallen, vom winzigen Knopf für die Info-Display-Beleuchtung ganz zu schweigen. Ob man diese mit dicken Handschuhen gleich trifft, wage ich zu bezweifeln.

Etwas unglücklich wurden zudem der Quick-Menü-Knopf und die Funktionstaste Fn3 in die Daumenauflage platziert. Ich habe sie mehrmals aus Versehen betätigt, als ich die Belichtungszeit per Daumen ändern wollte. Schliesslich habe ich im Handbuch einen Hinweis gefunden, wie sich die Auswahltasten auf einfache Art vorübergehend sperren lassen. Damit wird gleichzeitig auch der Quick-Menü-Knopf deaktiviert.

Über die Nichtbeschriftung der Funktionstasten und der vier Auswahltasten des Steuerkreuzes lässt sich ebenfalls streiten. Klar, jeder Benutzer kann sie unterschiedlich belegen. Doch wenn man erst im Handbuch nachschauen muss, wo sich denn welche befindet, ist das weniger optimal.

Was noch aufgefallen ist: Ich habe die Kamera einige Male aus der Tasche geholt und im Sucher war alles unscharf. Die leichtgängige Dioptrienkorrektur hat sich verstellt. Leider lässt sie sich nicht fixieren.

Die winzige Micro-HDMI-Buchse passt nicht wirklich in diese Preisklasse. Hier wünschen sich Profis einen robusten Anschluss in Standardgrösse. Platz wäre vorhanden.

Etwas verwirrt war ich auch, als im Sucher Hausdächer und Brückengeländer zu flirren und schillern begannen. Anruf bei Fujifilm, alles in Ordnung, ohne Tiefpassfilter zeigt der Sucher natürlich ein Moiré im Bild, wenn ein Muster mit feinen Linien eine ähnliche Frequenz wie das Sensorgitter des Suchers aufweist. Auf den gespeicherten Fotos ist durch den viel höher auflösenden Bildsensor davon natürlich nichts mehr zu sehen, fast nichts. Unter bestimmten Umständen, etwa bei sehr kleinkarierten Mustern auf Krawatten oder Anzügen, könnten sich Störungen ins Bild schleichen. Mode beeinflusst Bildqualität.

Wer diskret fotografieren möchte, sollte den Monitor benutzen. Die GFX 50S mit hochgeschwenktem Sucher ist einfach zu auffällig. Die Person spürt förmlich, wie sie vom Fotografenauge ins Visier genommen wird. Wer hingegen von oben herab auf den aufgeklappten Monitor guckt, fällt viel weniger auf. Die Distanz suggeriert, dass er sich einfach Bilder auf der Kamera anschaut.

Strom und Anschlüsse: Gut platziert sind die Akku-Einschübe (Bild links). Die Akkus lassen sich einzeln wechseln, ohne den Zusatzgriff abschrauben zu müssen. Beim HDMI-Anschluss wäre eine Standardgrösse statt der fummeligen Micro-Buchse profihafter.Strom und Anschlüsse: Gut platziert sind die Akku-Einschübe (Bild links). Die Akkus lassen sich einzeln wechseln, ohne den Zusatzgriff abschrauben zu müssen. Beim HDMI-Anschluss wäre eine Standardgrösse statt der fummeligen Micro-Buchse profihafter.