Video vom Feinsten
Eine Fujifilm-X-Kamera ist in erster Linie ein fotografisches Gerät – so jedenfalls lautete kurz und klar die Philosophie. Bis 2016. Dann kam die X-T2 und brachte als erste X-Kamera Video in 4K/UHD-Qualität mit 3840 x 2160 Pixeln. Und konnte über den HDMI-Ausgang sogar mit einer «F-log»-Gamma-Option aufzeichnen.
Die X-H1 führte dann neben dem Cinema-4K-Format (DCI) mit 4096 x 2160 Pixeln in 24p als erste Kamera der X-Serie auch den Eterna-Filmlook ein, deren feine Farbwiedergabe und detailreiche Tiefen dem Filmer in der Nachbearbeitung viele kreative Freiheiten eröffnet. Die X-T3 hat nun nochmals kräftig Gas gegeben und toppt im Videobereich nicht nur die bestehenden X-Modelle, sondern fährt auch so manchem Mitbewerber wie etwa einer Panasonic GH5 gehörig an den Karren.
So unterstützt die X-T3 als weltweit erste spiegellose Systemkamera beim Filmen 4K/60P 4:2:0 10-Bit interne Aufnahmen auf SD-Karten sowie 4K/60P 4:2:2 10-Bit über den HDMI-Anschluss auf einen externen Recorder. Neben dem weit verbreiteten H.264/MPEG-4 AVC Codec ist bei der X-T3 auch H.265/HEVC für eine stärkere und modernere Datenkompression wählbar. Dies ermöglicht die Verwendung von hohen 200-Mbps-Bitraten bei der Aufnahme von 4K/60P 4:2:0 10 Bit sowie eine simultane HDMI-Ausgabe während der Aufnahme.
Die verfügbaren Videokomprimierungsoptionen sind All-Intra und Long GOP. Bei Verwendung von All-Intra wird das Video mit 400 Mbps aufgezeichnet. Und natürlich verfügt auch die X-T3 über den speziell für Videos geeigneten Filmsimulationsmodus «Eterna».
Gemäss Herstellerangaben ist die Lesegeschwindigkeit des X-T3-Sensors etwa 50 Prozent schneller als die der aktuellen Modelle, was ein schnelles Auslesen von 4K/60P-Videos bei 17ms ermöglicht. Die Rolling-Shutter-Verzerrung wurde weiter reduziert, um ein sich schnell bewegendes Objekt sauber aufzuzeichnen. Die nun durch die Kamera unterstützte Farbtiefe von 10 Bit erhöht die Menge möglicher Farbinformationen im Vergleich zu 8 Bit um das 64-Fache. Dies wird mit einem Dynamikbereich von 400 Prozent (ca. 12 Blendenstufen) kombiniert, um anspruchsvolle Motive, wie z. B. eine Landschaft bei Sonnenuntergang, mit hoher Gradation zu erfassen.
Das Bildrauschen wird mit der neuen Funktion «4K Interframe Rauschminderung» besser identifiziert und erreicht durch das Verwenden von Differenzdaten zwischen benachbarten Frames eine leistungsfähigere Rauschunterdrückung als bisher.
In der Praxis ist mir dies beim Filmen eines weihnächtlichen Chlaus-Umzugs beim Eindunkeln besonders positiv aufgefallen. Die Aufnahmen sind zwar nicht rauschfrei, doch für ISO 4000 erstaunlich klar. Die Stimmung kommt gut rüber, und die Farben wie auch das Weiss werden trotz wenig Licht noch natürlich und kräftig dargestellt. Durch den lichtstarken APS-C-Sensor sind die Resultate auch unter ungünstigen Lichtverhältnissen durchaus akzeptabel.
Laut Fujifilm soll ein Firmware-Update für die X-T3 auf Ende 2018 die Videoaufzeichnung in Hybrid Log Gamma (HLG) im ITU-R BT.2100 Standard unterstützen.
Als Reaktion auf Benutzer-Feedback soll das Firmware-Update auch ermöglichen, Filmsimulation und F-Log-Material gleichzeitig auszugeben. Das bedeutet, der Kameramann oder Kunde sieht nicht nur die flauen F-Log-Aufnahmen während des Filmens, sondern kann sich mittels Filmsimulation im wahrsten Sinne des Wortes bereits ein Bild über das Aussehen des Endprodukts machen.
Auflösung, Bildrate und Zeitlimiten
Die Fujifilm X-T3 beherrscht alle aktuellen Videoauflösungen und -formate. Gespeichert werden die Aufnahmen im MOV-Container in Auflösungen von echtem 4K DCI (17:9) mit 4096 x 2160 Pixeln, in 4K UHD (16:9) mit 3840 x 2160, in Full-HD (17:9) mit 2048 x 1080 und in Full-HD (16:9) mit 1920 x 1080 Pixeln. Die Framerate bei All-I-Komprimierung ist für die beiden 4K-Auflösungen auf maximal 30 Bilder pro Sekunde (fps) beschränkt, dafür wird mit dem besten Datendurchsatz von 400 Mbps aufgenommen.
Die höchste Framerate für die 4K-Auflösungen beträgt 60 fps, bei 4K DCI muss dazu im HEVC/H.265-Codec gefilmt werden. Bei Frameraten von 50 und 60 fps und 4K-Auflösung kann längstens 20 Minuten, bei 24 bis 30 fps längstens 30 Minuten am Stück gedreht werden. Dann muss ein erneuter Druck auf den Auslöser erfolgen. In Full-HD-Auflösung beträgt die Limite generell 30 Minuten.
Bei der High-Speed-Aufnahme mit 120 oder 100 fps ist eine Aufzeichnungsdauer von maximal 6 Minuten möglich. Die Auflösung ist dabei auf Full-HD (2048 x 1080 Pixel) beschränkt.
Scharf und kreativ
Mit fünf Menüseiten zu je acht Positionen sind die Film-Einstellungen noch gnädig ausgefallen. Dank übersichtlicher Zusammenfassung findet man sich schnell zurecht, wobei einige Videobegriffe etwas von der branchenüblichen Bezeichnung abweichen. Die Videoaufnahmen lassen sich vollständig manuell oder mit automatischer Unterstützung regeln. Die Analogfilm-Simulationen der Fotoabteilung sind auch fürs Videofilmen anwendbar, obwohl hier die Eterna-Filmsimulation voll und ganz überzeugen kann.
Fürs Videofilmen dreht man das Rad für die Aufnahmebetriebsart ganz nach rechts, dann steht es auf dem Filmkamera-Symbol. Eine spezielle Start/Stop-Taste für Videoaufnahmen gibt es nicht. Dazu dient der Foto-Auslöser.
Das Fehlen eines separaten Video-Auslösers ist auch mein grosser Kritikpunkt. Wer zum Beispiel an Hochzeiten fotografiert und filmt, muss jeweils umständlich und zeitraubend zwischen beiden Funktionen umschalten. Die jeweils eingestellten Werte für Blende und Verschlusszeit gehen dabei verloren. Man kann sie auch nicht wie viele andere Parameter zwischenspeichern. Beim Fotografieren zwischendurch schnell eine Videoszene aufnehmen ist so nicht möglich. Hat man das Betriebsarten-Rad endlich auf dem Filmkamera-Symbol stehen, ist nun das Fotografieren blockiert.
Wer das erste Mal gemäss Handbuch die Videoeinstellungen vornimmt, wird enttäuscht feststellen, dass der Autofokus gar nicht nachgeführt wird. Die Anleitung ist hier etwas irreführend. Sie empfiehlt, den Fokus-Schalter auf Einzel-AF zu schieben, vergisst jedoch zu erwähnen, die Gesichtserkennung einzuschalten. Erst dann wird bei Personenaufnahmen, bzw. Gesichtern, die Schärfe automatisch nachgeregelt.
Besser ist es jedoch, gleich den kontinuierlichen Autofokus (AF-C) zu wählen. Dann wird dauernd fokussiert, und gegenüber einer X-T2 jetzt klar schneller und genauer. Das Autofokus-Verhalten lässt sich auch beim Filmen auf die jeweilige Situation feintunen, indem AF-Geschwindigkeit und Verfolgungs-Empfindlichkeit angepasst werden.
Den Video-AF-Modus stellt man am besten auf Vario-AF, dann arbeitet er bei genügend Licht und Kontrast sehr treffsicher, wenn auch manchmal ein kurzes Pumpen festzustellen war. Im Beispielvideo «Flugzeug» ist gut zu erkennen, wie die Schärfe bei schmalen Stör-Objekten im Vordergrund auf dem Flugzeug bleibt, bei breiteren Objekten jedoch kurz abgelenkt wird.
Im Mehrfeld-AF-Modus wählt die Kamera die Schärfe im Bild selber aus. Diese Zufalls-Fokussierung kann man getrost vergessen. Sehr gut funktionierte hingegen der «Push-AF» über den Touchscreen. Ein Fingertipp darauf und die Schärfe wird dorthin verlagert. Wer möchte, kann damit auch gleichzeitig die Videoaufnahme starten.
Durch den hochauflösenden und sehr klaren OLED-Sucher ist das manuelle Scharfstellen zudem eine wahre Freude. Verschiedene Schärfe-Ebenen können gezielt angefahren und kreativ eingesetzt werden, da sie sich bei offener Blende und dank des APS-C-Sensors sehr unterscheiden.
Auch beim Filmen lassen sich per Wischbewegung über das Display die vier Touch-Funktionen aufrufen. Ich musste jedoch etwas üben, bis ich heraushatte, wie viel Druck es dafür braucht. Fürs Videofilmen belegt man die Wisch-Gesten am besten mit dem Histogramm zur Belichtungskontrolle, der Wasserwaage und der Mikrofon-Einstellung. Neu kann (endlich) auch eine Zebra-Anzeige mit wählbarer Helligkeitsschwelle eingeblendet werden.
Lautlos, stabil und Cinema-like
Nach Einschalten des Menüpunkts «Video-Stummschaltsteuerung» lassen sich die Einstellungen per Touchscreen vornehmen, um zu vermeiden, dass von der Kamerabedienung herrührende Geräusche mit dem Film aufgenommen werden. Die Einstellräder sind dann ausser Betrieb. Die gesamte Bedienung erfolgt durch Antippen des gewünschten Symbols am rechten Rand des Displays. Die Werte, zum Beispiel Mikrofonpegel oder ISO-Empfindlichkeit, werden ebenfalls durch Wischen oder Tippen eingestellt.
Ehrlich gesagt konnte ich mich mit dieser Art Bedienung nicht richtig anfreunden. Da nicht alle neun Symbole gleichzeitig auf dem Display Platz finden, muss zur Auswahl erst geblättert, bzw. «auf- und abgewischt» und dann auf das gewünschte gedrückt werden. Das macht es unnötig kompliziert und fehleranfällig. Es stehen auch stets alle neun Symbole bereit. Nur die oft gebrauchten anzeigen zu lassen, ist leider nicht möglich.
Ach ja, wer partout nichts mit Fingertippen und Wischen übers Display am Hut hat, darf die gesamten Touch-Funktionen auch abschalten und die X-T3 ausschliesslich über Rädchen, Ringe und Tasten bedienen.
Ein Mikrofon und ein Stereo-Kopfhörer mit dem üblichen 3,5-mm-Stecker können direkt an der linken Kameraseite eingestöpselt werden. Gleich unter diesen Buchsen befinden sich der USB-Anschluss (Typ-C) und die HDMI-Ausgangsbuchse, leider in der kleinsten und «handhabungsfeindlichsten» Micro-Ausführung. Das trübt dann den professionellen Eindruck der Fujifilm-Kamera schon etwas. Hier bietet sogar die neue Canon EOS R mehr, will heissen die grössere HDMI-Buchse im kontaktsicheren Mini-Format.
Praktisch dafür bei der X-T3: Wem die Abdeckklappe der Buchsen mit den Anschlusskabeln in die Quere kommt, hängt sie einfach aus und entfernt sie. Das beherrscht nicht mal die Canon, auch keine Panasonic GH5.
Dafür bietet Letztere einen eingebauten Bildstabilisator, was sowohl der Canon EOS R wie auch der Fujifilm X-T3 fehlt. Also heisst es hier wieder Stativ schleppen, Schulterrig einsetzen oder die Kamera auf einen Gimbal setzen. Nur so sind verwacklungsfreie, professionelle Aufnahmen möglich.
Das ist mir bei den ersten Filmversuchen aus der Hand mit dem nicht stabilisierten Fujinon-Objektiv XF 16-55mm F2.8 richtig klar geworden. Besonders bei Aufnahmen in 4K, wo auch kleinste Verwacklungen umso mehr auffallen. Hier vermisste ich die ausgezeichnete 5-Achsen-Bildstabilisierung einer Fujifilm X-H1 sehr. Mangels Gimbal und Schulterrig verwendete ich fortan bei mobilen Videoeinsätzen mit der X-T3 ein Einbeinstativ.
Beim Filmen mit Blendenautomatik treten geringe Helligkeitssprünge im Bild auf. Hier kann die in erster Linie für Fotos ausgelegte Optik nicht stufenlos regeln. Am besten wird mit fester Blende gefilmt, oder ganz im Sinne von Fujifilm, die professionelle Fujinon-Cine-Objektive eingesetzt. Natürlich lassen sich auch schon mit einem normalen Fotoobjektiv wie etwa unserer Testoptik XF 16-55 mm F2.8 oder der Telekanone XF 200 mm F2 ausgezeichnete Filmsequenzen aufnehmen. Man muss sich einfach deren Einschränkungen bewusst sein.
Wer mit grossem Kino oder Broadcast liebäugelt, greift zu Fujinon-Cine-Objektiven, wie zum Beispiel den neuen MKX18-55 mm T2.9 und MKX50-135 mm T2.9. Die genügen mit ihren effektiven Lichtstärken (T für Transmission) von T2.9 über den gesamten Brennweitenbereich auch höchsten Ansprüchen. Zusammen mit einer X-T3 sind sie ein perfekt abgestimmtes Team und in dieser Preisklasse und Sensorgrösse praktisch alternativlos.