Handfeste Bedienung
Nach dem Öffnen der Kameraverpackung kommen einem als Erstes zwei 340 Seiten starke Handbücher entgegen, eines in Deutsch und eines in Französisch. Durch das kompakte Taschenbuchformat lassen sie sich für unterwegs noch gut in einer Kameratasche verstauen. Fujifilm ist eine der wenigen Firmen, die ihren Produkten noch ausführliche gedruckte Anleitungen beilegt. Bei Mitbewerbern gibt es oft nur einen Beipackzettel für die ersten Schritte mit der Kamera, das ausführliche Manual muss als PDF-Datei vom Web heruntergeladen werden.
Nächste Überraschung: Hurra, es liegt kein Klammer-Anbringungswerkzeug mehr im Karton, mit dem man bei den Vorgänger-Kameras erst mühsam zwei Metall-Trageriemenklammern in die Ösen an der Kamera zwängen und dann noch umständlich zwei Schutzabdeckungen darüber pfriemeln musste, bevor man den Schulter-Trageriemen anbringen durfte. Bei der X-T4 ist alles schon vormontiert und der Trageriemen ist im Nu befestigt. Danke, Fujifilm!
Bei der Anordnung der Bedienungselemente hat sich gegenüber der X-T3 kaum etwas geändert. Wer genauer hinschaut, stellt fest, dass auf der Rückseite der Kamera die AF-, AEL- und Quickmenü-Tasten ihre Plätze getauscht haben. Der untere Schalter des Einstellrads für die Belichtungszeit dient neu zur Wahl von Foto- oder Videomodus. Bei der X-T3 wurde damit die Belichtungsmessmethode eingestellt. Dies muss nun über das Menü erfolgen.
Das Verstellen der Sucher-Dioptrie ist nach wie vor gut gesichert. Sie lässt sich nur anpassen, wenn man das Einstellrädchen wie bei einer Uhr vorher herauszieht. Neu hat auch die Augenmuschel eine Arretierung bekommen. Um sie zu entfernen, müssen zwei Entriegelungstasten gedrückt werden. Ein ungewolltes Abstreifen wie etwa beim Herausziehen der Kamera aus der Fototasche wird damit verhindert.
Die Bilddiagonale des neuen drehbaren Touch-Displays misst unverändert 3 Zoll (7,6 cm). Seine Auflösung wurde jedoch von 1,040 auf 1,620 Millionen Bildpunkte bzw. 540'000 RGB-Pixel erhöht. Die Auflösung des hervorragenden OLED-Farbsuchers bleibt mit 3,69 Millionen Punkten unverändert.
Nach alter Väter Sitte
Die Bedienung der Kamera erfolgt hauptsächlich über drei robuste mechanische Wahlräder. Zwei davon sind «doppelstöckig» und lassen sich mit einem «Lock-&-Release-Mechanismus» verriegeln. Mit ihnen werden Verschlusszeit, ISO-Empfindlichkeit, Aufnahmebetriebsart und Foto- oder Video-Modus eingestellt.
Für die Belichtungskorrektur steht das kleinere dritte Rad zur Verfügung. Es lässt sich nicht verriegeln und ist deshalb etwas zäher zu verstellen. Alle Einstellwerte auf den Rädern sind vertieft aufgebracht und sollten dadurch auch nach intensiver Nutzung noch gut ablesbar sein.
Die beiden oberen und das dritte Drehrad sind seitlich geriffelt und schnell und sicher greifbar. Hatte ich bei den unteren Einstellrädern der X-T3 noch bemängelt, dass sie sich in ihren Endpositionen sehr nahe am Sucheraufbau befinden und dadurch nur mit spitzen Fingern zurückzustellen sind, fällt diese Kritik bei der X-T4 weg. Im wahrsten Sinn des Wortes, denn beim rechten unteren Rad gibt es statt vier nur noch zwei Positionen, zwischen denen es sich mühelos hin- und herschalten lässt.
Ein- oder Umsteiger von anderen Systemen werden an Fujifilm-X-Kameras vergeblich nach einer Automatik-Taste, Motivprogrammen oder dem PSAM-Wahlrad suchen. Nach Lektüre der Seiten «Fotos aufnehmen» im Handbuch ist klar: Es gibt die PASM-Modi noch immer, nur werden diese über die einzelnen Räder und Ringe «zusammengedreht».
So gelangt man in den P-Modus, indem die Einstellräder für Belichtungszeit und ISO-Wert auf der Kameraoberseite und der Blendenring am Objektiv auf Position A gedreht werden. Das «P» im Display bestätigt, dass man nun wie gewohnt weitere Zeit-Blenden-Kombinationen (Programm-Shift) per Drehrädchen auswählen kann.
Durch die entsprechenden Einstellungen an Blendenring und Belichtungsrad werden so auch die übrigen Modi wie Blendenautomatik (S), Zeitautomatik (A) oder Manuell (M) erreicht. Belichtungskorrekturen gelingen über das separate Einstellrad, «mechanisch» umfasst der Korrekturbetrag +/- drei Lichtwerte. Steht das Rad auf C (für Benutzerdefiniert), lässt sich die Belichtungskorrektur mittels Drehrädchen auf Werte zwischen -5 und +5 Werten in 1/3-Lichtwertschritten erweitern. Auch die Verschlusszeit wählt man «mechanisch» vor und bestimmt über das hintere Rädchen elektronisch die Zwischenwerte.
Position A (Auto) beim ISO-Drehrad heisst, dass eine von drei selbst bestimmbaren ISO-Limiten aktiv ist und die Werte automatisch den Aufnahmebedingungen angepasst werden. Manuell dürfen Werte zwischen 160 und 12'800 ISO gewählt werden. Für Spezialfälle stehen noch 25'600 oder 51'200 (high) und 80, 100 oder 125 (low) bereit.
Wem diese «mechanische» Bedienung nicht so liegt, kann die wichtigen Einstellungen im umfangreichen Konfigurationsmenü auf das vordere und hintere Drehrädchen legen. So habe ich Blendenring und ISO-Rad auf A geparkt, die nun standardmässig automatisch arbeiten würden, jedoch im Ring- und Rad-Einstellungsmenü von «Auto» auf «Befehl» geschaltet. Das Verschlusszeit-Rad noch auf T stellen, und schon lässt sich mit dem vorderen Rädchen bequem die Blende verstellen, nach einem Druck darauf den ISO-Wert anpassen und am hinteren Rädchen die Verschlusszeit regulieren.
Der Vorteil: Ich kann auch beim Ändern der Werte dauernd durch den Sucher blicken. Mein Auge muss nicht erst auf die Zahlen auf Einstellrad oder Blendenring schauen. Dies ist auch im Dunkeln sehr hilfreich, da es keine Beleuchtung am Blendenring und den Einstellrädern gibt.
Unendliche Kombinationen
Da man die verschiedenen Bedienungsarten kombinieren kann, lässt sich die Fujifilm X-T4 ganz nach der eigenen, persönlichen Arbeitsweise einrichten. Überhaupt besitzt die Kamera sehr viele Einstellmöglichkeiten, was sich auch am Umfang des Handbuchs niederschlägt. Oft benötigte Funktionen können vom Benutzer auf verschiedene Arten für einen schnelleren Zugriff zusammengefasst werden.
Er kann Kameraeinstellungen für wiederkehrende Aufnahmesituationen in sieben unterschiedlichen Kombinationen speichern. Bei der X-T4 wird dabei neu zwischen Foto- und Videobetrieb unterschieden. Weiter sind sechs direkte Funktionstasten an der Kamera, das Drücken des hinteren Drehrädchens sowie vier Wischfunktionen auf dem Display (Touch-Fn) frei belegbar. Dazu steht eine Auswahl aus 50 Funktionen zur Verfügung.
Genügt dies noch nicht, darf man sich unter seinem eigenen Menüpunkt bis zu 16 Elemente abspeichern. Und auch das eigene «Quickmenü» lässt sich aus über 30 Menü-Optionen selber zusammenschustern.
Sollte man mal die Brille vergessen haben, lassen sich unter dem vielsagenden Menüpunkt «MODUS GROSSE INDIKAT» die Zeichen und Symbole im Sucher und auf dem Display vergrössert darstellen. Dabei darf man sogar die gewünschten Anzeigen auswählen, die dann rund doppelt so gross erscheinen.