Scharfstellen, verfolgen und Augen erkennen
Das gegenüber dem Vorgänger leicht wuchtigere Gehäuse der X-T4 halten normal grosse Hände nach wie vor gut im Griff. Bei grösseren Klauen wünscht man sich einen etwas tieferen Griff, denn die X-T4 verfügt über einen relativ schmalen Griffwulst.
Abhilfe kann hier der optionale Batteriegriff VG-XT4 schaffen. Da er die Kamera nicht nur nach unten, sondern auch auf der rechten Seite nach vorne verlängert, gibt er dem Benutzer mehr Grip beim horizontalen Halten und dient als bequemer Handgriff für Hochformataufnahmen.
Im Vergleich zu den Batteriegriffen anderer Hersteller lassen sich mit dem VG-XT4 insgesamt drei Batterien, zwei im Griff plus diejenige in der Kamera, gleichzeitig verwenden. Bei vielen anderen Marken muss der Akku in der Kamera beim Anschluss eines Batteriegriffs entfernt werden. Laut Fujifilm sind bei Verwendung des optionalen Batteriegriffs VG-XT4 mit zwei zusätzlichen NP-W235-Akkus bis zu 1700 Aufnahmen möglich. Nachgezählt habe ich nicht.
Obwohl der Griff sehr praxisbezogen konstruiert ist, kann er nicht mehr wie beim VG-XT3 auch als externes Schnellladegerät für die eingelegten Akkus dienen. Zum Aufladen muss der Griff an der Kamera befestigt sein. Immerhin lassen sich die Akkus im Griff weiterhin rasch und bequem seitlich herausnehmen, auch wenn die Kamera auf einem Stativ festgeschraubt ist.
Automatisch oder manuell scharfgestellt
Wer bei der X-T4 auf den Auslöser drückt, wird positiv überrascht. Der Verschluss arbeitet sanfter und vor allem leiser als beim Vorgänger. Auch Serienbild-Aufnahmen erinnern nun nicht mehr so stark an Maschinengewehrsalven.
Die Fujifilm X-T3 hat bereits einen bemerkenswert schnellen und treffsicheren Autofokus. Seine Leistung wurde laut Hersteller bei der X-T4 nochmals verbessert. Ein neuer AF-Algorithmus und eine verbesserte Phasenerkennung sorgen für eine schnelle AF-Geschwindigkeit von nur 0,02 Sekunden. Sehr dynamische Motive werden nun mit doppelt so hoher Präzision erfasst und innerhalb des Bildes automatisch von der Kamera verfolgt.
Die intelligente Gesichts- und Augenerkennung wurde ebenfalls weiterentwickelt. Sie greift Porträtfotografen unter die Arme und stellt Schärfe und Belichtung für Gesichter von Menschen an beliebiger Stelle im Bild ein. Damit wird auch verhindert, dass die Kamera bei Gruppenporträts auf den Hintergrund scharfstellt. Der Fotograf kann dabei bestimmen, ob die Kamera automatisch auf ein Auge scharfstellt oder dem linken oder rechten Auge den Vorzug gibt.
Die Erkennung funktioniert auch bei kontinuierlicher Scharfstellung (AF-C) und beim Videofilmen. Weder eine aufgesetzte Lesebrille noch ein etwas schräger, nicht direkter Blick in die Kamera brachte die Erkennung ins Schleudern. Im praktischen Vergleich kam die X-T4 schon sehr nahe an die Alpha-Kameras von Sony heran, der aktuellen Gesichts/Augen-Erkennungs-Referenz.
Was der X-T4 noch fehlt und bei den meisten Mitbewerbern zum Standard gehört, ist die automatische Augenerkennung bei tierischen Motiven. Mit der X-T4 muss die Schärfe noch selbst auf das Büsi-Auge eingestellt werden.
Die Gesichts- und Augenerkennung wurde ab Werk auf die Funktionstaste «Fn1» gelegt und lässt sich dadurch sehr schnell ein- und ausschalten. Diese Funktionstaste auf der Kameraoberseite befindet sich bei der X-T4 nicht mehr unter, sondern rechts neben dem Auslöser. Sie ist auch nicht mehr mit «Fn» beschriftet wie noch bei der X-T3. Es steht gar nichts mehr drauf.
Wer den Schärfepunkt selber bestimmen möchte, steuert das Fokusfeld mittels Fokushebel, dem «Knubbel» oder Joystick oberhalb der Menü-Taste, auf das Motiv im Display. Dies gelingt sehr zügig und genau. Dabei bleibt man mit dem Auge dauernd am Sucher und kann die Feldgrösse mit dem hinteren Einstellrad verändern. Ein Drücken auf den Fokushebel zentriert das Fokusfeld im Bild.
Die zweite Möglichkeit der gezielten Fokussierung ist das direkte Tippen aufs Motiv im Display. Dabei wird gleich der Autofokus aktiviert und, sofern im Menü eingestellt, eine Aufnahme ausgelöst. Im Serienbildmodus werden dabei so lange Bilder aufgenommen, bis man den Finger wieder vom Display nimmt.
Für das manuelle Scharfstellen hält die Kamera mehrere Hilfen bereit. Neben einer Entfernungsanzeige in Sucher und Display gibt es ein schwarz-weisses oder farbiges Schnittbild in der Mitte des Bildfelds, dessen vier Teile sich bei korrekter Fokussierung in Übereinstimmung befinden. Oder es werden scharfgestellte Konturen farbig hervorgehoben (Fokus-Peaking). Weiter gibt es das «Digital-Microprisma»: Ein unscharfes Rastermuster in einem Kreis zeigt an, dass das Motiv nicht fokussiert ist. Das Raster wird wieder scharf, sobald auch das Motiv scharf ist.
Schliesslich lässt sich der gewählte Fokussierbereich automatisch vergrössern, sobald im manuellen Fokusmodus der Scharfstellring am Objektiv gedreht wird. Zusammen mit der Konturhervorhebung lässt sich dann sehr rasch und genau manuell scharfstellen. Die Schnittbild- und Microprisma-Methode lag mir nicht so besonders.
Serienbilder und Sport-Modus
Bei Serienaufnahmen führt die Fujifilm X-T4 die Schärfe sehr zuverlässig nach. Vorausgesetzt, man studiert die zahlreichen Parameter und passt sie an die jeweilige Aufnahmesituation an.
So gibt es beim kontinuierlichen Autofokus (AF-C) definierte Einstellungen für unterschiedliche Arten sich bewegender Objekte. Diese Einstellungen kombinieren die drei Parameter «Verfolgungs-Empfindlichkeit», «Geschwindigkeitsänderung des Motivs» und «Fokussierbereichs-Vorrang im AF-Modus «Zone».
Parameter 1 bestimmt, wie lange die Kamera abwarten soll, bis der Fokus neu ermittelt wird. Parameter 2 definiert, wie empfindlich die Verfolgung auf Änderung der Geschwindigkeit des Objekts reagiert. Parameter 3 hält fest, welcher Fokussierbereich im Autofokus-Modus «Zone» Vorrang hat.
Die X-T4 hat bereits fünf Voreinstellungen gespeichert, um dem Fotografen die Entscheidung zu erleichtern. Zusätzlich gibt es eine frei definierbare Einstellung. In der Bilderstrecke sind die einzelnen Einstellungen erklärt.
Wer sich etwas genauer mit den vielen Parametern beschäftigt und Kombinationen ausprobiert, wird mit der X-T4 sehr gelungene Serienbilder erhalten. Im Praxistest an der Autobahn wurde im Verfolgungsmodus bei den anvisierten Fahrzeugen in den meisten Fällen konsequent die Schärfe gehalten und vom linken zum rechten Bildrand nachgeführt. Einen Ausreisser gab es bei einem kleineren Auto, das bei einer Aufnahme unscharf, bei der nächsten jedoch gleich wieder knackscharf dargestellt wurde.
Wer ins Bild hineinzoomt, kann bei diesen Aufnahmen problemlos das Nummernschild ablesen und die Insassen durch die Scheiben erkennen. Bei kleineren Motiven wie etwa bei Vögeln im Flug hatte der Autofokus mehr Mühe, die Schärfe zu halten. Hier hatten sowohl die Geschwindigkeit, die Grösse und Farbe des Vogels wie auch der Kontrast zum Hintergrund (blauer einheitlicher Himmel oder dunkler Waldrand) einen Einfluss aufs Resultat.
In der Einstellung «Schnelle Serienaufnahme» schiesst die Fujifilm X-T4 mit bis zu 15 Bildern pro Sekunde mit mechanischem Verschluss. Der elektronische Verschluss erlaubt es, mit 20 Bildern in voller Bildauflösung oder mit bis zu 30 Bildern pro Sekunde und einem Sensor-Crop von 1,25 zu fotografieren. Die Auflösung beträgt dann noch 16,6 statt 26 Megapixel.
Der «Sportsucher-Modus» erleichtert das Aufnehmen eines sich bewegenden Motivs. Die X-T4 blendet dabei eine Flächenmarkierung in der Mitte des Bildes ein, die einem 1,25-fachen Crop entspricht, und nimmt den Bereich innerhalb der Markierung auf. Damit sieht man die Bewegungen des Motivs mit grösserem Umfeld und kann besser abschätzen, wo und wann es sich in die Markierung hineinbewegt.
Dies ist besonders nützlich für die Sport- und Tierfotografie und erleichtert die perfekte Momentaufnahme. Der Sportsucher-Modus lässt sich nicht mit elektronischem Verschluss anwenden.
Bei wichtigen Foto-Events hilft die Funktion «Pre-Aufnahme». Dabei beginnt die X-T4 zu fotografieren, sobald der Auslöser halb gedrückt wird. Sie speichert eine Reihe von Aufnahmen, bis der Auslöser ganz heruntergedrückt wird. Somit sollten nie mehr wichtige Aufnahmen verpasst werden. Diese Funktion ist nur mit dem elektronischen Verschluss möglich.
Hell und dunkel
Dank der hohen Sucher-Auflösung können die Fotos auch unter strahlender Sonne sicher beurteilt werden. Wer dies schon mal auf dem Display einer Spiegelreflexkamera versucht hat, wo es ja anders nicht geht, wird den elektronischen Sucher sehr zu schätzen wissen.
Beim Fotografieren oder Filmen im Dunkeln stört man sich oft am sehr hellen Display, das einen unangenehm blendet oder das Gesicht beleuchtet. Für diese Situationen lässt sich die X-T4 in einen Nachtmodus versetzen. Der entsprechende Menüpunkt dazu ist nicht so leicht zu finden. Wer kann sich schon unter «Informat Kontrastanpassung» etwas vorstellen? Nach Anwählen von «dunkles Umgebungslicht» leuchtet der Monitor der Kamera diskret in augenschonendem Schwarz und Rot.