TESTBERICHT
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Publikationsdatum
28. Mai 2020
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MEDIEN

«Fotografierst du jetzt wieder analog auf chemischem Film?», fragt mich ein Bekannter und deutet auf die Kamera in meinen Händen. Tatsächlich sieht die neue Fujifilm X-T4 mit ihren mechanischen Rädchen und Tasten einem klassischen Fotoapparat aus der Analogzeit zum Verwechseln ähnlich. Besonders in der silbernen Ausführung, die mir Fujifilm Switzerland zusammen mit dem Fujinon-Objektiv XF 16–80 mm F4 R OIS WR für den Test zur Verfügung stellte.

Die neue Kamera bleibt dem Old-Fashion-Look ihrer X-T-Vorgänger treu, ebenso dem APS-C-Format und der etwas speziellen Bedienung über robuste Drehräder an der Kameraoberseite und einem Blendenring direkt am Objektiv. Von der X-T3 hat sie auch den 26,1 Megapixel grossem X-Trans-CMOS-Sensor mit der maximalen Fotogrösse von 6240 x 4160 Pixel geerbt.

Stellt man die Fujifilm X-T4 neben die X-T3, sind sie von vorne kaum voneinander zu unterscheiden. Auf der Rückseite sieht man dann die erste grosse Neuerung. Die X-T4 besitzt als erste Fujifilm-Kamera ein Display, das sich auch seitlich ausklappen und nach vorne drehen lässt. Bei den bisherigen Modellen war dies nicht möglich, ihr Display konnte zwar auch im Hochformat aufgeklappt, jedoch nicht umgedreht werden. Die Fujifilm X-T4 wird dadurch nun auch für Youtuber, Vlogger und Selfie-Fans zu einer interessanten Alternative.

Das dreh- und schwenkbare Touch-Display lässt sich auch mit der Displayfläche nach innen zuklappen. Damit ist es optimal gegen Kratzer und Stösse beim Transport geschützt.

Dreht auch nach vorne: Das Touch-Display der Fujifilm X-T4 lässt sich seitlich öffnen und um 270 Grad drehen. Daran werden Youtuber, Vlogger und Selfie-Fans ihre Freude haben.Dreht auch nach vorne: Das Touch-Display der Fujifilm X-T4 lässt sich seitlich öffnen und um 270 Grad drehen. Daran werden Youtuber, Vlogger und Selfie-Fans ihre Freude haben.

Stabilisierung eingebaut

Die zweite grosse Neuheit verbirgt sich im Innern der Kamera. Die Fujifilm X-T4 besitzt einen eingebauten Bildstabilisator nach dem Sensor-Shift-Prinzip. Sie ist damit die zweite Fujifilm-APS-C-Kamera, neben der um einiges voluminöseren X-H1, die über eine sogenannte IBIS («In Body Image Stabilisation») verfügt. Davon profitieren viele Fujinon-Festbrennweiten, die nicht mit einem optischen Stabilisator («OIS») im Objektiv ausgestattet sind.

Laut Fujifilm arbeitet der neue Fünf-Achsen-IBIS achtmal präziser als in der X-H1 und ist etwa 30 Prozent kleiner und 20 Prozent leichter. Damit soll er einen Verschlusszeitenvorteil von bis zu 6,5 Blendenstufen bringen, wenn die Kamera mit den entsprechenden Fujinon-XF/XC-Objektiven verwendet wird. Eine Bildstabilisierung über 6,5 Stufen wird mit 18 der 29 XF/XC-Objektiven erreicht.

Im Test konnte so auch bei längeren Verschlusszeiten für Aufnahmen bei wenig Licht oder mit niedrigen ISO-Werten ohne Verwacklungen aus der Hand fotografiert werden. Mit dem angeflanschten Objektiv war die Wirkung zudem optimal, da der IBIS und der OIS zusammenarbeiteten. Das verbraucht natürlich auch mehr Strom.

Ich hatte die Stabilisierung deshalb auf «NUR AUFNAHME» gestellt, dann ist sie nur in Betrieb, wenn der Auslöser bei AF-C halb gedrückt oder die Kamera ausgelöst wird. Bei Einstellung «DAUERHAFT» wäre sie die ganze Zeit aktiv. Für Aufnahmen ab Stativ lässt sie sich ganz abschalten.

Mehr Leistung, weniger Zubehör

Die Fujifilm X-T4 ist mit 607 Gramm rund 70 Gramm schwerer als die X-T3. Die Gehäuseabmessungen sind sehr ähnlich, aber nicht identisch. Die Neue ist etwas breiter (2 mm) und tiefer (5 mm) gebaut. Ihr Body ist wie gewohnt vollständig aus einer Magnesiumlegierung gefertigt, gegen Staub und Spritzwasser geschützt und kälteresistent bis zu einer Temperatur von minus zehn Grad.

Die X-T4 kommt mit einem neuen Lithium-Ionen-Akku. Der NP-W235 besitzt eine Kapazität von 2200 mAh und löst den bekannten Akku der X-Serie, den NP-W126S (1260 mAh) ab. Der neue ist um einiges dicker, das heisst, die bisherigen Akkus können nicht mehr für die X-T4 weiterverwendet werden.

Mit dem NP-W235 lassen sich je nach eingestelltem Leistungsmodus der Kamera (eco, normal, verstärkt) zwischen 500 und 600 Fotos aufnehmen. Durch den stärkeren Akku gibt es als Zubehör auch einen neuen vertikalen Batteriegriff für die X-T4. Der VG-XT4 fasst zwei zusätzliche Akkus und bietet neben einem Auslöser auch einen Fokus-Joystick, eine AEL-Taste, eine AF-On-Taste, ein vorderes und hinteres Einstellrad, eine Schnellmenü-Taste sowie eine Fn-Taste. Die Anordnung der Bedienelemente ist identisch zur Kamerarückseite, sodass ein fliessender Wechsel zwischen Hochformat- und Querformataufnahmen möglich ist.

Energiebooster: Mit zwei weiteren Akkus im optional erhältlichen Batteriegriff VG-XT4 lässt sich die Leistung der Fujifilm X-T4 maximieren. Nur an ihm befindet sich auch eine «richtige» Kopfhörerbuchse.Energiebooster: Mit zwei weiteren Akkus im optional erhältlichen Batteriegriff VG-XT4 lässt sich die Leistung der Fujifilm X-T4 maximieren. Nur an ihm befindet sich auch eine «richtige» Kopfhörerbuchse.

Wie schon beim Akku kann auch der Batteriegriff zur X-T3, der VG-XT3, nicht an der X-T4 verwendet werden. Leider hat Fujifilm bei der X-T4 wieder den gleichen Fehler wie schon bei der X-T2 und X-H1 gemacht. Auch dort gibt es eine direkte Tonausgangsbuchse nur am optionalen Multifunktions-Batteriegriff. Die X-T4 besitzt zwar einen Mikrofonanschluss an der Kamera, jedoch keinen direkten Kopfhörereingang. Dafür dient die USB-C-Buchse, an die man erst das mitgelieferte Klinkenbuchsen-Adapterkabel anschliesst und dort den Kopfhörer einstöpselt.

Damit blockiert man sich jedoch den Akku-Ladevorgang, denn dieser USB-C-Anschluss dient auch als Stromanschluss. Besonders doof ist dies, weil der Kamera kein separates Akkuladegerät mehr beiliegt, sondern nur noch ein Netzteil und das USB-C-Verbindungskabel. Unterwegs den Ton prüfen und gleichzeitig die Kamera per USB-C über ein Powerpack betreiben, geht somit nicht. Ausser, man investiert zusätzlich in den VG-XT4 für rund 350 Franken. Dies finde ich einen echten Rückschritt zur X-T3, wo sich Mikrofon- und Kopfhörereingang direkt an der Kamera befinden.

Neben einem fehlenden Akkuladegerät ist auch das zur X-T3 mitgelieferte Aufsteckblitzgerätchen EF-X8 nicht mehr im Lieferumfang der X-T4 enthalten. Doch dies ist einigermassen zu verschmerzen.

Die Fujifilm X-T4 vertraut weiterhin auf SD-Speicherkarten und baut dafür zwei UHS-II-konforme Kartenfächer ein. Neu liegen diese übereinander und nicht mehr parallel nebeneinander wie bei der X-T3. Das doppelte Speicherkartenfach erlaubt auch die parallele Aufzeichnung von zwei identischen Video-Dateien zu Back-up-Zwecken.