
Die erste Ausgabe des Joy S119 Netzwerk-Receivers von Revox wurde bereits im Mai 2012 von Christian Hunziker im avguide.ch-Test "Joy to the world" unter die Lupe genommen. Obwohl die MKII-Version bedeutende Erweiterungen erfuhr, ist das Prinzip dieses Netzwerk-Receivers gleich geblieben. Er verbindet nach wie vor Streaming-Technik mit einer audiophilen Endstufe.
Was ist neu?
Neu ist die APT-X Bluetooth Schnittstelle für hochwertige kabellose Übertragung von Online-Diensten wie Spotify, Pandora, etc. von Smartphones und Tablets. Während der Digital/Analog-Wandler früher mit maximal 24 bit/96 kHz arbeitete, sind es nun 24 bit/192 kHz.
Via die Joy S208 Funk-Fernbedienung und den Joy Apps für Smartphones und Tablets ist nun die Bedienung des Revox Joy CD-Spielers mit Rückmeldung im Display möglich.
Um alle Quellen mit gleicher Lautstärke hören zu können, sind alle Eingänge inklusive dem DAB/FM-Tuner pegelbar. Unterstützt werden nun auch dynamische Playqueues. Seit dem letzten Bericht ist zudem viel Softwarepflege hinzu gekommen.
Was kann der Joy S119 MKII?
Der Joy S119 MKII enthält eine audiophile Endstufe mit 2 x 60 Watt und bietet die Möglichkeit, sämtliche handelsüblichen Revox Lautsprecher entsprechend der Platzierung im Raum anzupassen und sogar noch mittels DSP zu linearisieren.
Als Netzwerk-Receiver bietet der Joy S119 natürlich Zugriff auf Programme aus dem Heimnetzwerk sowie dem Internet, sprich Internetradio. Übers Ethernet Netzwerk lässt sich im Zusammenspiel mit DLNA- und UPnP AV-kompatiblen Servern Musik von externen Speichern streamen.
Via USB können mobile Musicplayer und Sticks angeschlossen werden. Wer DAB+ und FM hören will, leiste sich das optionale Revox Joy DAB+/FM-Tuner-Modul.
Bedienung mit Pfiff

Für die Bedienung der Joy-Produkte gibt es zwei Möglichkeiten: Die Verwendung der luxuriösen Revox Joy S208 Funk-Fernbedienung oder Apps für iPhone/iPad oder Android-Geräte. Mittels sogenannter Playqueues erhält man eine Jukebox-Funktion, mit der man eine umfangreiche Liste an Lieblingsmusik generieren kann.
Mit einer einzigen S208 Fernbedienung können bei Bedarf bis zu 24 im Hause verteilte Revox Joy Produkte bedient werden. Hier alle die zahlreichen Möglichkeiten zu erwähnen, ist nicht möglich. Bemerkt werden soll jedoch, dass die Bedienung dieser Anlage während der ganzen Testzeit - trotz der unglaublichen Vielzahl an Möglichkeiten - viel Lob erhielt und kaum einen Grund zur Kritik gab.
Am Display der Fernbedienung wird zudem die Bitrate des gerade abgehörten Programmes angezeigt. So ist es höchst aufschlussreich zu sehen, mit welcher Datenrate eine Sendung ab Internetradio (z.B. 128 kbit/s), DAB+ oder eine High-Resolution-Aufnahme ab Heimnetzwerk oder Stick (4500 kbit/s!) übertragen wird.
Kontaktfreudig

Während die Front des Joy S119 MK II einfacher nicht sein könnte, verrät die Rückseite praktisch alles über die Vielseitigkeit dieses Gerätes. Hier sind die Anschlüsse für LAN, WLAN und USB zu finden und zudem klassische Audio Ein- und Ausgänge wie zwei analoge Aux-Eingänge, ein geregelter Vorverstärker- samt Subwoofer-Ausgang. So kann der Joy S119 auch als Vorverstärker, zum Beispiel für das Ansteuern aktiver Lautsprecher, verwendet werden. Digitale Audioeingänge gibt's für den Anschluss von Produkten wie den Joy Audio Server oder auch einen Apple TV. Zudem stehen zwei optische und zwei koaxiale SPDIFF-Eingänge zur Verfügung. Ein Audio/Steuerungseingang für den CD-Player erlaubt die vollständige Integration des Joy CD Players.
Die inneren Werte

Da aufgrund des exzellenten Wirkungsgrades der Class-D-Endstufe keine übermässige Wärme generiert wird, entfallen grosse Kühlkörper oder gar lärmende Lüfter. Dass hier Power geliefert werden kann, verrät der üppige Ringkerntransformator. Was den energiebewussten Hörer zudem freut, ist die Tatsache, dass die Leistungsaufnahme im Standby-Betrieb auf bis auf 0,5 Watt reduziert werden konnte. Sowohl der Joy S119 als auch der Joy CD-Spieler sind tadellos verarbeitet und die Innereien eine wahre Augenweide.
Technik: Class-D-Verstärker ohne "Digitalklang"
Class-D-Verstärker sind nicht, wie vielfach angenommen, "digital" arbeitende Verstärker. In der Information des pulsweiten-modulierten Signales steckt kein digitaler Code, sondern die Information über die Form der analogen Schwingung. Doch diese Technik hat ihre klanglichen Tücken.
Revox Verstärker-Spezialist Jürgen Lindemann arbeitet schon seit über 13 Jahren an Class-D-Verstärkerkonzepten. So befindet sich Revox augenblicklich in der vierten Generation dieses Endstufen-Typs. Das grelle Klangbild vieler Class-D-Konstruktionen soll - laut Revox Chefentwickler Wolfgang Kelpin - meist auf zu hohen Intermodulationsverzerrungen beruhen. Diese werden unter anderem - pardon, jetzt wird's etwas technisch - dadurch erzeugt dass das Takt- und das Audiosignal 1:1 zusammen in einer einzigen Regelschleife behandelt werden.
Doch bei Revox geht man einen anderen Weg: Takt- und Audiosignal werden durch ein raffiniertes Filter-Verfahren getrennt voneinander gegengekoppelt. Dieses Regelverhalten entspricht eigentlich einem gut gemachten analogen Verstärker. Um geringstmögliche Verzerrungen zu erhalten, legt Revox bei der Auslegung des Ausgangsfilters zudem grossen Wert auf das Sättigungsverhalten der verwendeten Spulen.
Immer noch gefragt: CD

Da es offenbar immer noch viele Musikhörer gibt, die ihre CDs so lieben wie andere ihre Vinyl-Scheiben und nicht daran denken, sie zu rippen und auf eine Festplatte abzufüllen, brachte Revox den Joy CD-Player auf den Markt. Und da man sich bei Revox in Sachen CD-Spielern über all die Jahren ein grosses Know-how erworben hat, wurde dieses hier auch mit professionellen Ambitionen umgesetzt.
Der CD-Spieler mit seiner zusätzlichen RS232-Schnittstelle besitzt ein hochwertiges Sony-Pickup und ein qualitativ dazu passendes und weich aufgehängtes Laufwerk. Für den integrierten Burr Brown Wandler mit nativen 24 Bit/192 kHz ist die Wandlung des CD-Signals geradezu ein Kinderspiel. Um Jitter vorzubeugen, wird der Clock sehr nahe am Wandler erzeugt. Generell wurde bei der Auslegung dieser in modernster SMD-Technik gehaltenen Konstruktion auf kürzeste Signalwege geachtet. Zudem wurde die digitale Signalübertragung streng symmetrisch gehalten, wie es in der professionellen Studiotechnik der Fall ist.
Scala 120: FAF plus Top-Klang

Mit der Scala 120 schlägt man bei Revox puncto Design ganz andere, neue Töne an. Während Revox momentan fast ausnahmslos den viereckigen Säulen huldigt, kommen bei der auf einem weissen Glasfuss stehenden Scala 120 neuartig gerundete Formen zum Einsatz.
Tatsache ist, dass viereckige Boxen weitaus billiger und einfacher zu produzieren sind als komplex verrundete Formen. So hat der Designer mit seiner ausgefallenen Form nicht nur dem Audio-Entwickler Wolfgang Kelpin eine sehr anspruchsvolle Aufgabe gestellt, sondern auch den Schreiner- und Lackierer-Meistern harte Nüsse zum Knacken aufgegeben.
Zur Fertigung des hochkomplexen Holzgehäuses mussten neue Fräsverfahren entwickelt werden, und zur Verklebung waren besondere Klebe- und Presstechniken notwendig. Die Gehäusewände bestehen hier aus sieben verleimten Holzschichten. Durch seine Formgebung und die mehrfachen Versteifungen am Gehäuse verhindert man stehende Wellen, die zu gut hörbaren Resonanzen führen können. Betont wird die ausgefallene Form durch die gewählten Farben wie Silber/Anthrazit, Schwarz und Weiss.
Blick hinter die Kulissen

Wer sich dafür interessiert, was die Scala unter ihrer praktisch undurchsichtigen, aber sehr schalldurchlässigen Frontabdeckung verbirgt, muss schon ganz genau hinsehen, denn die fest und präzis angebrachte Frontabdeckung ist nicht entfernbar. Bestückt sind die Scala 120 im Hochtonbereich mit einer relativ grossen 3 cm-Gewebekalotte. Interessant ist, dass Wolfgang Kelpin die Kalotte als unterstes Chassis auf der Front - also unter Kopfhöhe - angebracht hat. Darüber befinden sich vier identische 9 cm Bass-Mittelton-Chassis, die über eine 2,5 Wege-Filterung angesteuert werden. Das bedeutet, dass im Bass alle vier 9 cm- Chassis im Chor Schall abstrahlen und zusammen im Bassbereich eine beachtliche Membranfläche ergeben. Ab 250 Hz verabschieden sich die beiden oberen Chassis. Die beiden unteren spielen jedoch weiter bis rund 2500 Hz, wo dann die Kalotte den Hoch- und Obertonbereich übernimmt.
Wer misst, misst nicht immer Mist

Natürlich konnten wir nicht darauf verzichten, mal das Messmikrofon vor die Scala 120 zu stellen, um prüfen zu können, ob die Messresultate mit den Hörergebnissen übereinstimmen. Im Wohnraum gemessen, verläuft der Frequenzgang verblüffend linear. Die Gewebekalotte geht ohne eine ausgeprägte Resonanz bis über 20 kHz und zeigt trotz ihrer Grösse ein recht gutes Abstrahlverhalten. Obwohl die Hochtonkalotte auf der Front relativ tief angebracht ist, verläuft der Frequenzgang auf Kopfhöhe am linearsten. Ein Kompliment an Wolfgang Kelpin, der das mit einer raffinierten Filterung hingezaubert hat.
Wunderbar warm, oder klangneutral?
Etwas schwärmerisch verkünden die Revox Werbeleute, dass die Scala 120 "wunderbar warm abgestimmt" sei. Und so ist man denn auch mehr als gespannt, was diese Schallwandler an der Joy-Elektronik tatsächlich klanglich bieten würden.
Doch bereits nach den ersten paar Minuten Hörzeit in einem eher kleineren Abhörraum bei freier Aufstellung ist klar: die Skala 120 wandeln nicht auf der "Softy-Welle", sondern klanglich auf dem goldenen Mittelweg, mit geringfügiger Tendenz - und da haben die Revox-Werbeleute nicht ganz unrecht - nach "warm".
So klingen die Scala 120 - mit oder ohne die DSP-Entzerrung des Joy S119 MKII - nicht so analytisch wie ein gnadenlos jedes Detail aufzeigender Studio-Monitor, sondern - wie man es von einem Heim-Lautsprecher erwartet - ganz einfach klanglich schön und angenehm. Dank dieser für einen Heimlautsprecher idealen Klang-Abstimmung sind die Scala 120 wahre Allrounder und bei praktisch jeder Art von Musik im Element.
Der Klang erscheint zudem von den Boxen gelöst, dezent brillant und feingezeichnet. Es sei denn, man höre sich die betont grelle Aufnahme des Streicher-Ensembles Pomo D'Oro mit Werken von Vivaldi an. Ja dann zeigen die Scala 120 gnadenlos die Wahrheit und warten, trotz High-Resolution mit 96 kHz/24 bit, mit unterkühlten, stählern-harten Streicherklängen auf. Ganz anders dann die hervorragende High-Resolution Aufnahme auf dem Klarinetten-Album "Portraits" von Andreas Ottensamer mit dem Rotterdam Philharmonic Orchestra, wo es bezüglich Klangschönheit wahre Höhenflüge gibt.
Wer von der Joy-Endstufe den von vielen Class-D Verstärkern bekannten, leicht unterkühlten Touch erwartet hatte, sieht sich getäuscht: Dieser Klang wirkt echt "analog", das heisst auch im Langzeithören angenehm, nie nervend und dennoch spritzig und vital. Von der Stimmenwiedergabe - seien es Solo- oder grossräumige Chorpassagen bei Beethovens Neunter - darf man ruhig etwas schwärmen.
Da geht die Post ab

Sehr schön geht die Post bei jazzigen Klängen ab. Harry James Big Band, insbesondere seine legendäre Trompete, erklingt mit edlem, goldenem Glanz, und der Saxophonsatz röhrt mit dem ihm eigenen, charakteristischen Sound vor sich hin. Sehr schön auch, wie der Kontrabass das Klanggeschehen mit einem soliden und druckvollen Fundament unterlegt.
Es sei hier jedoch erwähnt, dass sich dieser recht druckvolle Bass erst nach genügender Einspielzeit einstellt! Natürlich hat er im allertiefsten Frequenzkeller seine Grenzen. Doch auch sakrale Orgelmusik erfreut mit einer verblüffenden Räumlichkeit und mit sauberen, recht tiefen Bässen. So kam der Wunsch nach einem Subwoofer (nach erfolgter Einspielzeit) nie auf.
Dass die Anlage verblüffend potent ist, zeigt sie bei rockig-poppigen oder sogar Techno-Sounds. Hier kann sie bei der Heim-Party durchaus mal ordentlichen Dampf machen und mit massiven Pegeln aufwarten, ohne durch üble Verzerrungen und einem grellen Sound zu nerven.
Fazit
Nach ausgiebiger Hör- und Erprobungszeit dieser Testkombination darf man mit gutem Gewissen behaupten, dass Revox der Spagat zwischen Design und audiophiler Klangqualität gelungen ist. Die Preise dieser zum guten Teil in der Schweiz entwickelten und in Deutschland exzellent gefertigten Geräte sind damit absolut gerechtfertigt.