Die Renaissance der Kompaktkassette erhält neuen Schwung durch eine ungewöhnliche transatlantische Allianz. Die Schweizer Revox Group übernimmt durch eine Kooperation mit der amerikanischen National Audio Company die europäische Produktion hochwertiger Audiokassetten und erweitert damit nach den grossen Bändern ihre Produktion für analoge Speichermedien.
Das Herzstück der Zusammenarbeit bildet eine originale Kassettenbandproduktionsstrasse von National Audio, die in der Revox-Manufaktur in Villingen-Schwenningen installiert wird. Diese Verlagerung der Fertigungstechnologie soll Europa wieder zu einem relevanten Standort für die Kassettenproduktion machen, nachdem die meisten Hersteller ihre Aktivitäten in diesem Segment längst eingestellt haben.
Die National Audio Company, seit 1969 als grösster amerikanischer Kassettenproduzent etabliert, bringt jahrzehntelange Erfahrung in der professionellen Bandherstellung ein. Das Unternehmen aus Springfield, Missouri, setzte bereits in den späten 1980er-Jahren mit seinen «Audio Pro»-Kassetten Standards und erkannte früh ein Potenzial des Nischenmarktes.
Revox erhält durch die Vereinbarung sämtliche Produktrechte ausserhalb Nordamerikas und wird drei verschiedene Kassettenbandqualitäten anbieten, einschliesslich einer Typ-II-Version mit Chromkompatibilität. Eine Besonderheit, da die meisten verbliebenen Kassettenhersteller lediglich Standard-Eisenoxid-Formulierungen produzieren.
Die in Europa gefertigten Kassettengehäuse sollen Klangeigenschaften ermöglichen, die seit Jahrzehnten nicht mehr in Serienproduktion verfügbar gewesen seien. Ob Revox nach dem Riesenerfolg mit grossen Spulengeräten tatsächlich ein Kassettendeck lanciert? Man muss es fast annehmen. Man verfügt über beträchtliche Expertise im Kassettenbereich durch das legendäre Kassettendeck B215, das zwischen 1985 und 1994 produziert wurde und in Fachkreisen als absolute Referenz galt. Revox führe seit Jahrzehnten Revisionen seiner Geräte mit Originalersatzteilen durch und bietet das B215 komplett generalüberholt an, wodurch ein neuwertiges Produkt entstehe. Der Anfang ist also bereits gemacht.

Der Markteintritt ist für das vierte Quartal 2025 geplant, wobei Revox bereits mit einem grossen Musiklabel zusammenarbeitet. Das Produktspektrum umfasst sowohl Leerkassetten als auch bespielte Musikkassetten unter der hauseigenen Marke «Revox | Horch House». Zusätzlich sollen Dienstleistungen für Labels, Verlage und OEM-Kunden angeboten werden.
Ob sich diese Rückbesinnung auf ein vermeintlich überholtes Medium kommerziell bewährt, wird sich zeigen müssen. Der Hype der letzten Jahre um die grossen Spulen-Bandmaschinen und ein Blick auf Ricardo mit den hohen Occasions-Preisen lassen jedoch vermuten, dass Revox einen durchaus lukrativen Nischenmarkt erschliessen könnte. Aktuell ist TEAC der einzige Hersteller, der stationäre Neugeräte bei Kassettendecks anbietet.