Die Interpretation
John Wilson überzeugt mit Sinfonia of London vollumfänglich. Das Orchester setzt sich aus handverlesenen Musikern zusammen. Oft sind es Stimmführer aus namhaften englischen Orchestern. Präzises Spiel und saubere Intonation sind entscheidend, ob moderne Kompositionen mit ihren für viele Hörer ungewohnten Harmonien am Ende ein Genuss sind. Hier liefert Wilson und sein Orchester ab, was man sich wünscht: Musikgenuss und auch für den Autor einen leichteren Zugang zu nicht immer auf Anhieb eingängige Werke, die sich nach zwei- bis dreimaligem Reinhören als faszinierende Musikstücke offenbaren. Ravel ist bekannt, Berkeley und Pounds sind unbekannt. Und besonders die Pounds-Symphonie mag zu begeistern. Somit eine echte Neuentdeckung.
Die Chandos-Aufnahme
Dass eine Aufnahme interpretatorisch und aufnahmetechnisch auf Höchstniveau ist, kommt nicht oft vor. Das hier besprochene Album erfüllt dies. Es kann auch als Referenz zur Beurteilung von Top-Audiosystemen dienen. Wenn auch mit der Einschränkung, dass man minimal mit dieser Musik im Speziellen und klassischer Musik im Allgemeinen vertraut sein sollte. Die Bühne des mittelgrossen Orchesters ist gut abgebildet, mit realistischer Positionierung der Instrumente. Das Klangbild ist transparent, tonal ausgewogen und auch bei hohen Pegeln durchhörbar. Sehr hohe Streicherlagen sind zeitweise an der Grenze zur Schärfe. Der leichte Hallanteil (Aufnahmeort Kirche) unterstützt die gute Tiefenortung der Instrumente.
Die Pegel oberhalb von 20 kHz liegen allerdings bei -75 dBFs bis -100 dBFs. Der Dynamikbereich im oben gezeigten Bildausschnitt umfasst rund 57 dB, der akustisch relevante Umfang, die integrierte Lautheit, liegt im Schnitt bei 17,7 LUFS, einem sehr hohen Wert.
Fazit
Das Ravel, Berkeley, Pounds Album mit kontemporärer klassischer Musik ist vollumfänglich empfehlenswert, ein reinhören lohnt sich. Man sollte allerdings schon etwas Hörerfahrung mit klassischer Musik haben und sich auch etwas Zeit und mehrere Hördurchgänge gönnen, um die teilweise ungewohnten Harmonien erfassen und geniessen zu können. Diese Einspielung zeigt auch, welch enormen Umfang und Klangreichtum die Klassik bietet, dessen Anfänge man durchaus in der Polyphonie Gregorianischer Choräle verorten kann und dessen Ende unbestimmt in der Zukunft liegen mag.