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Der Lösungsansatz: die Signalwellenform

Wenn Hören stark subjektiv geprägt ist und die üblichen Messergebnisse nur schwer interpretierbar sind, dann ist es der beste Ansatz, die Signalwellenform als Referenz heranzuziehen. Die Signalwellenform (Hüllkurve) ist die Summe aller Einzelfrequenzen eines Musiksignals. Hier sind alle Parameter abgebildet, die wir mit Messmitteln erfassen können. Sie ist letztendlich das, was wir hören. Die Schallplattenrille ist die mechanisch gespeicherte Signalwellenform. Die Wellenform kann mit einem Oszilloskop oder mit modernen Audio-Tools auf einem Computer visualisiert werden.

Grafische Darstellung der Signalwellenform. Hier sind alle Aspekte eines Musikstückes darstellbar und messbar.Grafische Darstellung der Signalwellenform. Hier sind alle Aspekte eines Musikstückes darstellbar und messbar.
Wirksame Veränderungen an einem Gerät oder einer Anlage haben auch immer eine Auswirkung auf die Signalwellenform. Oder auch nicht, wenn die Massnahme keine Wirkung hat.Wirksame Veränderungen an einem Gerät oder einer Anlage haben auch immer eine Auswirkung auf die Signalwellenform. Oder auch nicht, wenn die Massnahme keine Wirkung hat.

Jede wirksame Modifikation innerhalb eines Audiosystems ist als Veränderung der Signalwellenform erkennbar. Hier kommt uns der Nulltest zu Hilfe. Wenn wir die originale Wellenform mit der nach einer Modifikation veränderten Wellenform vergleichen, dann können wir mit dem Nulltest die Differenz ermitteln. Dieser Nulltest kann mit einer Software wie «Delta Wave» realisiert werden. Sind beide Signale identisch, dann ist das Resultat null – daher der Name Nulltest. Sind sie nicht identisch, dann entsteht ein Differenzsignal, das ausgewertet werden kann – grafisch und numerisch. Man kann das resultierende Differenzsignal auch als Audiodatei speichern und anhören.

Vor dem Nulltest wird ein etwaiger Zeit- und Pegelversatz durch die «Delta Wave»-Software korrigiert.Vor dem Nulltest wird ein etwaiger Zeit- und Pegelversatz durch die «Delta Wave»-Software korrigiert.
Das Differenzsignal wird analysiert und liefert ein beachtliches Set an Werten. Davon sind der PK-Metric-Wert in dB und die grafische Darstellung des Differenz-Spektrums am aussagekräftigsten.Das Differenzsignal wird analysiert und liefert ein beachtliches Set an Werten. Davon sind der PK-Metric-Wert in dB und die grafische Darstellung des Differenz-Spektrums am aussagekräftigsten.

Die Auflösung des Nulltests ist wesentlich höher als die Hörfähigkeit des Menschen. Nicht alle Differenzen, die der Nulltest aufzeigt, sind auch hörbar. Oder umformuliert: Alle hörbaren Differenzen sind mit dem Nulltest nachweisbar, aber nicht alle mit dem Nulltest errechneten Differenzen sind hörbar. Man kann nun empirisch Wertebereiche festlegen und anhand dieser Bereiche abschätzen, wie gut die Differenzen hörbar sind. Die Hörbarkeit ist abhängig von:

  • der Grösse der Wellenformveränderung und der Art der Veränderung. Frequenzgangfehler sind schwieriger hörbar als Fehler im Zeitbereich (Phase, Flankensteilheit).
  • der Hörfähigkeit, Hörerfahrung und momentanen Verfassung des Hörers.
  • der Auflösung des Wiedergabesystems (Qualität, Aufstellung, Systemkonzept).
  • der Qualität der Musikaufnahme. Hier geht es um die Aufnahmetechnik, dem Mastering-Prozess und um das Aufnahmekonzept.
  • dem Musikgenre. Extrempole: Raumaufnahme mit akustischen Instrumenten (Klassik, teilweise Jazz) oder Mainstream-Pop mit hoch prozessierten und Dynamik-komprimierten Musikstücken (Lieder).
Erfassen des Musiksignals am Vorverstärker-Ausgang. Die Vergleichskurven werden an unterschiedlichen Stellen der Wiedergabekette abgenommen (digital oder analog). Das Musiksignal wird mit einer Digital Audio Workstation (DAW) aufgezeichnet.Erfassen des Musiksignals am Vorverstärker-Ausgang. Die Vergleichskurven werden an unterschiedlichen Stellen der Wiedergabekette abgenommen (digital oder analog). Das Musiksignal wird mit einer Digital Audio Workstation (DAW) aufgezeichnet.
Hier wurde eine Musikdatei mit sich selbst verglichen. Dies ergibt null Differenz, was im Differenzspektrum als einheitliche, makellose Farbfläche angezeigt wird.Hier wurde eine Musikdatei mit sich selbst verglichen. Dies ergibt null Differenz, was im Differenzspektrum als einheitliche, makellose Farbfläche angezeigt wird.
Der PK-Metric-Wert errechnet sich aus mehreren unterschiedlichen Messresultaten und ist das Mass der Übereinstimmung der beiden Kurvenformen. Je höher der dB-Wert, desto deckungsgleicher sind die Wellenformen. Der PK-Metric-Wert errechnet sich aus mehreren unterschiedlichen Messresultaten und ist das Mass der Übereinstimmung der beiden Kurvenformen. Je höher der dB-Wert, desto deckungsgleicher sind die Wellenformen.

Der Nulltest ersetzt den Hörtest nicht. Er ist hilfreich, um objektivere Höreindrücke zu erhalten und die Selbst- und Fremdbeeinflussung eher zu kontrollieren, respektive ausblenden zu können. Aber eine vollständige Kontrolle dieser Aspekte wird uns nie gelingen. So bleibt immer ein Graubereich. Der Nulltest hilft, die Diskussion zu versachlichen.

Ein krasses, aber eindeutiges Beispiel

Beim Audiozubehör ist es leicht, sich selbst zu beeinflussen oder beeinflusst zu werden und auf Placebo-Effekte hereinzufallen. Im Gegensatz zu elektronischen Komponenten, die messtechnisch fassbar sind und mit Schaltungskonzepten eine Plausibilität der Wirkung (Nutzen) herleiten können, ist die Wirkung von passiven Produkten, wie Racks oder Absorberfüssen, nicht immer nachvollziehbar. Da heisst es schnell: einfach hinhören. Beliebte Tuning-Elemente sind Stecker, um nicht benutze Eingange kurzzuschliessen, um so externe Störsignale abzublocken. Grundsätzlich nachvollziehbar.

Der Autor hat spezielle RCA- und Netzwerkstecker einem Nulltest unterworfen, die vom Hersteller mit sagenhaften Klangverbesserungen beworben werden. Man findet auch Testreports, welche die Wirkung bestätigen (sollen). Hier die Resultate des Nulltestes der RCA-Stecker, die an nicht benutzte Geräteeingänge gesteckt werden (der Preis pro Paar liegt im oberen dreistelligen Franken-Bereich).

Aufnahmen mit und ohne RCA-Stecker. Signalveränderungen durch die Wiedergabe- und Aufnahmekette wirken auf beide Aufnahmen gleich. Somit ergibt sich eine grundsätzliche Veränderung durch das System und eine relative Veränderung mit und ohne RCA-Stecker.Aufnahmen mit und ohne RCA-Stecker. Signalveränderungen durch die Wiedergabe- und Aufnahmekette wirken auf beide Aufnahmen gleich. Somit ergibt sich eine grundsätzliche Veränderung durch das System und eine relative Veränderung mit und ohne RCA-Stecker.
Die Originaldatei hat CD-Auflösung (bis 22,05 kHz). Die Aufnahme wurde im Format 24Bit/96kHz gemacht. Daher sind keine Signalanteile oberhalb der CD-Grenzfrequenz von 22,05 kHz vorhanden.Die Originaldatei hat CD-Auflösung (bis 22,05 kHz). Die Aufnahme wurde im Format 24Bit/96kHz gemacht. Daher sind keine Signalanteile oberhalb der CD-Grenzfrequenz von 22,05 kHz vorhanden.
Eine Korrelationstiefe von deutlich über 100 dB bedeutet keine hörbaren Veränderungen. Die Stecker sind wirkungslos. Zum Vergleich: die CD hat 96 dB Dynamikumfang, ein Tonband ohne NR rund 75 dB, die Schallplatte liegt im Bereich von 60 dB.Eine Korrelationstiefe von deutlich über 100 dB bedeutet keine hörbaren Veränderungen. Die Stecker sind wirkungslos. Zum Vergleich: die CD hat 96 dB Dynamikumfang, ein Tonband ohne NR rund 75 dB, die Schallplatte liegt im Bereich von 60 dB.

Diese Stecker haben nur Auswirkungen auf den Kontostand des Käufers und Verkäufers. All die angeblich gehörten Klangverbesserungen wurden im Hirn des Hörers erzeugt – Placebo! Dies belegt der Nulltest. Auch bei näherer Betrachtung der angegebenen Wirkungsweise durch Mineralien fehlt die Plausibilität für eine Klangbeeinflussung. Im Stecker drin sind keine leitenden oder magnetisch sensitiven Materialien. Es besteht keine elektrische Verbindung zwischen dem signalführenden Stift und der Masse.

Es geht bei der Beurteilung hier nicht um diese Snake-Oil-Stecker, sondern, dass trotz der Wirkungslosigkeit über diverse Klangwahrnehmungen, Klangverbesserungen berichtet wird. Ein klarer Beleg von Selbstbeeinflussung und garantiert Fremdbeeinflussung. Würde den Probanden vor der Hörsession der Nulltest vorgelegt, würden sie keine Unterschiede hören – «ich lasse mich doch nicht veräppeln». Satirisch formuliert: Man kann seinen Ohren nicht immer trauen, denn das Hirn funkt dazwischen.