TESTBERICHT
Der Simply Italy von Unison Research kostet 2280 CHF.Der Simply Italy von Unison Research kostet 2280 CHF.

Sie werden warm wie der Eingang zur Hölle und sollen Himmelsharfen zum Klingen bringen. Die Rede ist von Röhrenverstärkern. Ihre Musikalität wird gepriesen und ihre Zuverlässigkeit verteufelt. Sie geben dann und wann Anlass zu breiten Debatten. Unison Research aus Italien lässt sich dadurch nicht beirren und bietet mit dem Simply Italy das Röhren-Nirwana zum Einsteigertarif.

Wer sich für Röhrenverstärker interessiert, aus welchen Motiven auch immer, muss ein paar Dinge berücksichtigen: Die Lautsprecher benötigen je nach Leistung des Verstärkers einen überdurchschnittlichen Wirkungsgrad von 90 dB plus und noch wichtiger, ein ausgeglichenes Impedanzverhalten. Der Röhrenverstärker muss zuverlässig arbeiten und nicht nur schön aussehen. Letzteres tun die meisten. Seine Klangqualität soll nicht von einer möglichst exotischen Röhren-Wahl, mitunter aus *NOS-Beständen abhängig sein, stattdessen soll er mit Röhren aus aktueller Fertigung gut klingen.

*NOS: New Old Stock. - Alte Lagerbestände aus der Zeit, als Röhren überall zum Einsatz kamen.

Unison Research aus Italien gehört zu den sehr profilierten Röhrenspezialisten in Europa. Das Unternehmen steht nicht nur für hohe Musikalität beim Klangerlebnis, sondern auch für durchdachte und zuverlässige Bauweise, gepaart mit italienischer Eleganz. Simply Italy ist der kleinste Vollverstärker des Herstellers und kann optional mit USB-DA-Wandler ausgerüstet werden. Das gibt es nun auch bei Röhrenverstärkern immer öfter und es spricht die Musikhörer an, die eine praktische Lösung ohne mehrere Einzelkomponenten wünschen.

Der Simply Italy von Unison Research kostet 2280 CHF und mit USB-DA-Wandler 2610 CHF. Das ist schon auf den ersten Blick ein sehr günstiges Angebot und wird manch ein No-Name-Produkt dieser Kategorie aus dem Rennen werfen.

Simply Italy ohne Schutzgitter. Die vorgegebene Beschriftung der Eingänge ist etwas unzeitgemäss. Klassisch halt.Simply Italy ohne Schutzgitter. Die vorgegebene Beschriftung der Eingänge ist etwas unzeitgemäss. Klassisch halt.

Single-Ended

Das Schutzgitter ist optisch sehr gut gelungen und erfüllt seinen Zweck optimal.Das Schutzgitter ist optisch sehr gut gelungen und erfüllt seinen Zweck optimal.

Der Simply Italy von Unison Research ist ein Eintakt-Verstärker (Single-Ended), der das gesamte Signal (positive und negative Halbwelle) mit jeweils einer Verstärkerröhre verstärkt. Im Vergleich zu leistungsfähigeren Gegentaktverstärkern (Push-Pull) entstehen keine toleranzbedingten Unterschiede bei der Verstärkung der positiven und der negativen Halbwellen, aber man hat weniger Leistung zur Verfügung.

Die Ansteuerung erfolgt in Class-A. Die Vorstufe ist eine ECC-82-(12AU7)-Doppeltriode pro Kanal, die Endstufe eine EL34-Pentode pro Kanal. Letztere kann als Pentode mit höherer Leistung betrieben werden oder puristisch als Triode. Dafür gibt es zwischen den EL34 einen Umschalter für diesen Ultra-Linear-Modus. Daran kommt man, wenn man mit dem mitgelieferten Inbusschlüssel das dekorative und zweckmässige Schutzgitter entfernt. Die Ausgangsleistung von 12 Watt an 6 Ohm bezieht sich auf den Pentodenbetrieb. Im Triodenbetrieb dürften 2 x 6 Watt verfügbar sein.

Die Ausgangsimpedanz von 6 Ohm, darauf ist der Ausgangsübertrager ausgelegt, entspricht dem Mittel der gebräuchlichen Nominalimpedanz von 4-Ohm- bzw. 8-Ohm-Lautsprechern und dürfte bei beiden Impedanzen gut passen. Diese Vereinfachung ist praktisch: Es braucht nicht zwei verschiedene Sekundärwicklungen mit separaten Lautsprecherausgängen für die beiden Impedanzen.

Die bewährten EL34-Pentoden sind sehr zuverlässig und werden von mehreren Herstellern in hoher Qualität produziert. Unison Research bestückt den Simply Italy mit geprüften und paarweise selektierten Röhren. Auch die ECC-82-Doppeltrioden sind sehr bewährt und dauerhaft. Eigentlich sind es zwei Trioden in einem Gehäuse. Damit lässt sich die doppelte Spannungsverstärkung pro Kanal erzielen.

Die Verstärkerschaltung ist so ausgelegt, dass die Röhren schonend betrieben werden. Dadurch ist die Lebensdauer maximal. Bei den ECC 82 kann man eine Lebensdauer von 10'000 Betriebsstunden erwarten. Bei den EL34 ca. 2000 Betriebsstunden. Wenn Sie jeden Tag im Jahr eine Stunde Musik hören, brauchen Sie die EL34 nur alle 5,5 Jahre auszutauschen, die ECC 82 alle 27 Jahre. EL-34-Röhren (Standardtypen) sind relativ kostengünstig. Ein selektiertes Paar kostet vielleicht etwa 50 CHF.

Wichtig ist natürlich, den Verstärker nur einzuschalten, wenn man Musik hört. Die Zeit, die der Simply Italy benötigt, um dann optimal zu klingen, beträgt ca. 10 Minuten.

Funktion und Bedienung

Simply Italy von hinten.Simply Italy von hinten.

Der optionale USB-DA-Wandler im Simply Italy unterstützt Samplingraten von bis zu 384 kHz bei 24 Bit Wortbreite für alle PCM-Formate und DSD bis zu 5.6448 MHz. Steuert man den USB-DAC über einen Mac an, benötigt man keinen Treiber. Bei Linux-Rechnern ebenfalls nicht. Nutzt man einen auf Windows basierenden Computer, dann muss ein Treiber installiert werden. Unison Research stellt den Treiber als Download zur Verfügung. Musikserver und Streaminggeräte erkennen den DAC problemlos.

Die Inbetriebnahme ist denkbar einfach. Die vier Line-Eingänge und der USB-Eingang finden sich auf der Geräterückseite, wie auch die Lautsprecherausgänge und der Netzstecker. Mehr ist nicht zu sagen. Einfacher geht's nicht.

Die Konstruktion des Verstärkers ist sehr solide und überzeugend, und die Holzfront ist dekorativ. Sie gibt dem Gerät eine organisch-musikalische Note. Die kursive Beschriftung passt gut zu dem Design, das eher an ein Musikinstrument erinnert als an ein technisches Gerät.

Der Kippschalter für die Betriebsart Pentodenbetrieb oder Tripodenbetrieb befindet sich exakt zwischen den EL34-Röhren unter dem Schutzgitter. Dieses muss entfernt werden, und das geht sehr einfach mit einem langen Inbusschlüssel. Es wäre etwas bequemer, wenn man den Schalter z.B. auf der Frontplatte angeordnet hätte. So muss man das Schutzgitter zuerst abschrauben. Nach meiner Erfahrung schaltet man die Betriebsart gerne dann und wann um. Der ultralineare Triodenbetrieb eignet sich besonders gut für intimere Musikdarbietungen, von Cembalo bis Kammermusik, und der Pentodenbetrieb eben für alles andere. 

Das Schutzgitter schützt vor Verbrennungen an den EL34-Röhren, die bis 70 Grad heiss werden können. Kleinkinder sind von den Röhren schon fast magisch angezogen, daher macht das Schutzgitter Sinn. Natürlich wird es mit der Zeit auch heiss, aber nicht so wie die Röhren selber, und es bietet ja auch noch einen mechanischen Schutz. Das Schutzgitter erfüllt seine Funktion optimal und ist optisch gut gelungen.

Die EL34-Röhren sind von massiven, gebogenen Blechkörpern umgeben, welche die Strahlungswärme gegen vorne reflektieren. Auch das funktioniert sehr gut und sieht auch schön aus, weil das orange Glimmen der Röhrenheizungen optisch noch verstärkt wird. Der klein wirkende Röhrenverstärker ist überhaupt eine Augenweide und entbehrt jeder optischen Übertreibung.

Die Fernbedienung ist für ein komplettes System ausgelegt und hat zahlreiche kleine Tasten. Mit Ausnahme der Lautstärkenregelung hat sie beim Simply Italy keine weitere Funktion und wirkt daher überladen. Eine kleine Fernbedienung wäre praktischer.

Hörerlebnis

Die zwei Lautsprecher von Blumenhofer Acoustics erwiesen sich als ideale Spielpartner.Die zwei Lautsprecher von Blumenhofer Acoustics erwiesen sich als ideale Spielpartner.

Die für den Hörtest verwendeten Lautsprecher weisen einen Wirkungsgrad von ca. 90 dB (1 Watt/1 Meter) auf, und das Impedanzverhalten ist bei 8 Ohm Nominalimpedanz gemütlich. Damit liess sich in einem 60-m2-Hörraum erstaunlich laut spielen. 12 Watt sind bei einem Röhrenverstärker auch nicht so wenig, da sich Verzerrungen erst ab etwa 1% Klirr hörbar bemerkbar machen. Man kann 12 «Röhrenwatt» gut und gern mit 30 «Transistorenwatt» gleichsetzen.

In einem ersten Durchgang interessierte mich die Basskontrolle, normalerweise eine Schwäche der Röhrenverstärker. Der Simply Italy hielt sich wacker und brachte Marcus Millers Bassgewalt mit einiger Wucht und Präzision von der Bühne. Das ist nicht perfekt, aber absolut tauglich, zumindest bei den verwendeten Lautsprechern. 

Im ultralinearen Triodenbetrieb mit Musik eines Kammerorchesters wird die Klangbühne etwas kleiner, aber fokussierter und die Klangfarben gewinnen noch an Kraft hinzu. Auch Solo-Klavier und die klassischen Stimmen gewinnen. Für die grossen Orchester ist der Pentodenbetrieb zu bevorzugen und natürlich auch für Rock, Pop und Big Band.

Der tonale Charakter neigt zu einem leicht dunklen Timbre. Das ist sehr ansprechend, aber nicht so spritzig. Das zeigte sich bei beiden Lautsprechern und wirkte sich bei der Blumenhofer Tempesta sehr positiv aus, weil sie mit ihrem Hochtonhorn immer eine gewisse Dominanz vorträgt. Der Unison Simply Italy zügelt das Temperament ein wenig und das rastet dann insgesamt gut ein.

Das etwas abgerundete Klangbild darf aber nicht in irgendeine Ecke bezüglich Eignung interpretiert werden. Rock und Pop klingen ebenfalls sehr schön. Der Simply Italy ist kein Leisetreter, sondern ein Allrounder mit einem guten musikalischen Verständnis.

Die räumliche Klangbühne ist hervorragend in jeder Dimension. Die Übergänge sind fliessend, nicht gestaffelt. Wer will das schon. Man sagt den Röhrenverstärkern ja gerne nach, dass sie Räumlichkeit besonders gut können, aber da habe ich auch schon anderes erlebt. Der Unison kann es jedenfalls grossartig.

Die Grobdynamik findet am ehesten Grenzen. Perkussion ist nicht so sein Ding. Wer das realistische Live-Snaredrum knallen lassen will, und dies laut, der schaut vielleicht in eine andere Ecke. Man nimmt das aber eher als Eigenschaft wahr und nicht als Mangel.

Fazit

Kleiner, feiner, praktischer Röhrenallrounder: Simply Italy.Kleiner, feiner, praktischer Röhrenallrounder: Simply Italy.

Für den Preis des Unison Simply Italy bekommen Sie bestenfalls einen fernöstlichen No-Name-Röhrenamp, und dahin würde ich nicht gehen wollen. Man spürt beim Unison die Kompetenz und die Passion des Herstellers. Der integrierte USB-DAC, sofern man diese Option benötigt, macht den Verstärker begehrenswert. Da wurde nicht einfach eine DAC-Platine eingekauft und eingebaut. Das stimmt und klingt.

Natürlich kann ich keine Aussage über die Betriebssicherheit machen, aber ich habe ein sehr gutes Gefühl dabei, weil sich auch die Wärmeentwicklung in Grenzen hält. Bei einer Leistungsaufnahme von 85 Watt zieht der Unison 37mA aus dem Netz. Das war früher eine Glühbirne. Da können auch die stirnrunzelnden Öko-Energie-Freaks eine Auge zudrücken.

Vor allem, wenn sie die Musik hören.

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