Bassmeister
Dieser Hörer kommt, im Gegensatz zu Mode-Produkten, in schlichter Verpackung, und das schafft sofort Vertrauen. Offenbar hat man es bei Beyerdynamic nicht nötig, die Hörerschaft mit kultigen Schachteln zu blenden, die sowieso rasch in den Abfalleimer wandern.
Aus der Verpackung kommt ein relativ grosser und schmuckloser Hörer. Allerdings erfährt man, dass zu diesem Kopfhörer farbige Covers, Ringe, Ohr- und Kopfpolster hinzugekauft werden können. Und tatsächlich gibt es im Internet zahlreiche Design-Varianten zu sehen, die echt spassig sind.
Aber das Design sollte ja bei einer seriösen und traditionellen Firma wie Beyerdynamic nicht an erster Linie stehen, sondern der Klang. Und da haut Beyerdynamic voll auf die Pauke und behauptet, das der Custom One ein „professioneller Kopfhörer sei, der sowohl im Studio als auch im privaten Gebrauch einsetzbar sei“. Kämen diese Versprechungen von einem der kultigen Newcomer, so könnte man jetzt ein Gähnen wohl kaum unterdrücken. Doch bei Beyerdynamic darf man gespannt sein.
Die echte Besonderheit dieses geschlossenen, ohrumschliessenden Kopfhörers soll in einer variablen Bassreflexöffnung liegen. Mit Schiebereglern, die unten an den Muscheln angebracht sind, soll das Klangbild von schlank bis satt verstellt werden können.
Die beweglichen Gabelgelenke und der verstellbare Bügel aus Federstahl erlauben zudem eine perfekte Anpassung an jede Kopfform. Weiche und austauschbare Kopfpolster sorgen für ein angenehmes Aufliegen der Muscheln. Die ersten Höreindrücke konnten kaum überzeugen. Der klar dominierende Bass bei David Sanbornes Time again haute die Hörer auf höchst unangenehme Art und Weise glatt aus den Socken und allgemein wurde vermutet, dass da Beyerdynamic wohl ebenfalls auf den „Dröhn"-Zug gesprungen ist.
Doch halt! Da wurde ja was ganz vergessen: Die Bass-Klangregelung durch die „Custom Sound Slider“, also den Schiebereglern an den Unterseiten der beiden Muscheln. Diese wurden nun geschlossen und schon erschien der Klang wie durch Zauberhand schlank und glasklar vom tiefsten Bass bis zum höchsten Diskant. Also wirklich: Hut ab vor den Beyerdynamic Konstrukteuren. Mit genial einfachen, aber gekonnten Mitteln, haben sie eine Bass-Regelung mit geradezu sensationeller Wirksamkeit geschaffen. Leider ist festzustellen, das das Öffnen der Schiebeschalter die Dämpfung der Umgebungsgeräusche drastisch vermindert, denn der eigentlich geschlossene Hörer mutiert dadurch zum halboffenen System. Dies als minimaler Nachteil der Regelung.
Und weiter geht's mit anspruchsvoller Klassik. Hier kann der Hörer ebenfalls punkten. Auch wenn er die Klangschönheit und Auflösung eines Momentums nicht ganz erreichen kann, überzeugt er ebenfalls durch Ausgewogenheit und Räumlichkeit.
Und wenn's dann knallhart bei rockigen und gar Techno-Sounds zu und her geht, zeigt der Hörer seine fast grenzenlose Potenz: Auch hohe Schallpegel liefert er absolut verzerrungsfrei. Und wer auf Bassorgien steht, öffne die Custom Sound Slider. Das einzige was Schaden nehmen kann, sind die Gehörsnerven. Also bitte: Nicht zu lange hohe Pegel fahren.
Summa summarum ein sehr guter, ausserordentlich potenter Kopfhörer mit genialer Bassregelung zu einem fairen Preis von 239 Franken.