Knöpfe, Schalter, Rädchen, Touchscreen
Professionelle Sport- und Wildtier-Fotografinnen und -fotografen sind sich ans Schleppen massiver Objektive und voluminöser Kameragehäuse gewöhnt. Daran ändert auch die neue Nikon Z 9 nichts. Mit über 1300 Gramm für das Gehäuse allein ist sie die schwerste aller spiegellosen Vollformat-Systemkameras.
Wie bei Profikameras üblich, besitzt auch die Z 9 einen integrierten Hochformatgriff mit entsprechenden Bedienungselementen. Damit ist sie mit Abmessungen von 149 x 149.5 x 90.5 Millimetern zwar etwas kleiner als eine Nikon D 6 DSLR, bleibt aber die bislang grösste Kleinbild-Systemkamera ohne Spiegel.
Nichtsdestotrotz oder gerade deswegen lag sie ausgezeichnet in meiner Hand. Die Finger umfassen die Griffe im Quer- und Hochformat sicher und bequem und finden festen Halt am Gehäuse.
Wer bisher mit einer Nikon D 6 fotografiert hat, wird sich schnell an die Z 9 gewöhnen. Gehäuseform und Anordnung der Bedienungselemente sind ähnlich, obwohl einige Tasten umplatziert wurden. Am auffälligsten ist das Fehlen des rückwärtigen Displays unterhalb des Monitors sowie der Wegfall sämtlicher Knöpfe auf der linken Seite des Displays der D 6.
Die Entriegelung des Speicherkartenfachs wird zudem bei der Z 9 anders ausgeführt. Ich benötigte einige Anläufe, bis ich es «intus» hatte. Die beiden Slots nehmen CFexpress Type B und XQD-Memory-Karten auf. Für die Karte im zweiten Fach können vier verschiedene Speichervarianten gewählt werden. So kann sie als «Overflow» oder Backup dienen oder es können RAW-Bilder und JPEG-Fotos getrennt und in unterschiedlicher Qualität abgespeichert werden.
Doppel gemoppelt
Sonst sind alle Tasten da, die sich Profis gewohnt sind. Es gibt eigene AF-ON-Knöpfe für horizontale sowie vertikale Haltung der Kamera, ebenso sind jeweils zwei Multifunktions-Joysticks, zwei der Nikon-typischen «i»-Tasten, zwei ISO-Knöpfe, die beiden vorderen und hinteren Einstellrädchen und natürlich auch zwei Auslöser vorhanden.
Die doppelten Bedienungselemente am Hochformatgriff können ausgeschaltet werden, was ich einige Male vergass und mich dann wunderte, wieso die Z 9 plötzlich ein Foto schoss, obwohl ich den oberen Auslöser überhaupt nicht berührt hatte. Ich war unbeabsichtigt an die zweite Auslösetaste gekommen. Das Bild zeigte eine wundervolle Ansicht des Strassenbelags.
Den Live-View-Wähler mit der Live-View-Taste, der bei der D 6 den Spiegel hochklappte, benötigt die Z 9 natürlich nicht mehr. Die Foto/Video-Umschaltung geschieht nun mit dem Selektor rechts neben dem Sucher. Im Selektor ist auch die «Display»-Taste untergebracht.
Auf der Oberseite der Kamera befinden sich links der Aufnahmebetriebsartenwähler sowie Tasten für Blitz-, Modus-, Serienbilder- und Mehrfachaufnahme-Einstellungen. Rechts vorne sind unter dem Ein/Aus-Schalter und Auslöser die Videotaste, die ISO-Einstellung und die Belichtungskorrektur angeordnet.
Darunter zeigt das Kontrolldisplay die wichtigsten aktuellen Kameraeinstellungen an, getrennt nach Foto- und Videoaufnahme. Um Energie zu sparen, werden das Kontrolldisplay wie auch der Monitor und die Sucheranzeige nach 30 Sekunden gedimmt und dann ganz gelöscht. Kurz den Auslöser antippen erweckt sie wieder zum Leben. Wird die Kamera ganz ausgeschaltet, verbleibt nur noch die Anzeige der Anzahl möglicher Fotos und die Speicherkartenbelegung auf dem Kontrolldisplay.
Der elektronische OLED-Sucher besitzt mit rund 3,7 Millionen Punkten nicht die grösste Auflösung seiner Klasse, bietet mit seiner 0,8-fachen Vergrösserung jedoch ein richtig grosses Bild und dank der 100%-Abdeckung einen sehr guten Überblick. Durch das Fehlen von Dunkelphasen bleibt er immer hell und hat mich wirklich positiv überrascht. Es gibt damit keinen Grund mehr, dem optischen Sucher nachzuweinen.
Der Augensensor des Suchers lässt sich so konfigurieren, dass er sich nur einschaltet, wenn man ihn tatsächlich vors Auge hält. Wird auch noch der Monitor deaktiviert, spart man am meisten Energie.
Display klappbar
Noch vor einigen Jahren waren bewegliche Touchdisplays an Profi-Kameraboliden undenkbar. Zu filigrane Mechanik und anfällig auf Beschädigung und Verschmutzungen. Die Kunden sehen dies heute anders und nachdem Canon die EOS R 3 sogar mit dreh- und schwenkbarem Selfie-Display liefert, gibt es auch an der Nikon Z 9 einen in vier Richtungen klappbaren Monitor.
Er lässt sich sowohl horizontal wie vertikal nach unten und oben neigen und ermöglicht damit ohne grosse Verrenkungen Aufnahmen in Frosch- und Vogelansicht. Und mit dem ausgeklappten Display vor dem Bauch lässt sich sehr schön unauffällig und wo nötig absolut lautlos fotografieren. Nicht mal der Finger muss zum Auslöser, man tippt einfach kurz auf den Touchscreen und schon ist die Aufnahme im Kasten.
Das Display der Z 9 kann jedoch nicht in Selfie-Position nach vorne geschwenkt werden. Für Profis ist diese Funktion wohl eher nebensächlich. Ich hätte mir sie dennoch gewünscht, denn nur so liesse sich der Monitor auch mit dem Display nach innen zugeklappt vor Verschmutzung und Beschädigung geschützt transportieren.
Der Monitor der Z 9 ist mit 8 cm gleich gross wie der Touchscreen der Nikon D 6, besitzt mit 2,1 Millionen jedoch etwas weniger Punkte als dieser. Dennoch erkennt man auch in der Sonne problemlos etwas darauf, da sich seine Helligkeit in 11 Stufen regeln lässt.
Tasten oder Tippen
Die Anordnung der Bedienungselemente spiegelt die jahrelange Nikon-Erfahrung wider. Unabhängig davon, ob ich die Kamera quer oder hoch hielt, ich hatte sie immer fest im Griff und konnte alle Rädchen und Tasten bequem erreichen. Selbst die drei zwischen Griff und Bajonett «eingezwängten» Funktionstasten sind nach etwas Übung blind zu ertasten.
Die Nikon Z 9 lässt sich auch über den Touchscreen sehr einfach bedienen. Dazu muss meist nicht einmal das Menü aufgerufen werden. Viele Anzeigen auf dem Display sind während des Fotografierens oder Filmens direkt per Antippen veränderbar.
Wie schon bei der Nikon Z 6 und Z 7, bzw. deren Nachfolgern, lässt sich auch bei der Z 9 direkt per Fingertipp aufs Display das gewünschte Motiv scharfstellen und wenn gewünscht beim Fingerentfernen gleich eine Aufnahme auslösen. Oder auch nur das AF-Feld bestimmen, ohne zu fokussieren und ohne auszulösen.
Während ich bei günstigeren Nikon-Kameras immer einige Tasten umprogrammiert und auch den Touchscreen oft benutzt habe, war dies bei der Z 9 überhaupt nicht nötig. Für alle wichtigen Funktionen sind eigene Tasten, Joystick und Rädchen vorhanden. Hat man sich deren Position einmal eingeprägt, braucht man kaum mehr den Blick vom Sucher zu nehmen. Auch den Touchscreen habe ich die meiste Zeit links liegen lassen.