Dolby True HD und DTS HD Master Audio
Wer nun denkt, bei den Surround-Formaten sei nun das Ende der Fahnenstange erreicht, der irrt. Mit der Einführung der Blu-ray-Disc und der nicht weiterentwickelten HD-DVD wurden die Surround-Formate verlustfrei. Bis anhin wurden alle digitalen Formate zwar mit diskreten, aber zugleich komprimierten Kanälen aufgezeichnet. Nun bot die vielfach höhere Kapazität der HD-Scheiben die Möglichkeit, auch für den Ton mehr Platz zu sichern. Dies veranlasste die beiden Tonformat-Konkurrenten, neue Lösungen zu entwickeln: DTS HD Master Audio und Dolby True HD waren geboren.
Bei beiden Formaten werden die Daten und nicht der Ton komprimiert, ähnlich wie das bei einem Flac-Format passiert. Wie bei einem auf dem Computer verwendeten ZIP-Format werden redundante Daten zusammengefasst und ermöglichen so kompaktere Dateien, ohne dass etwas verloren geht. Die Platzersparnis liegt so bei rund 40 Prozent. Zugleich nutzen beide Systeme 24 Bit mit einer Abtastrate von bis zu 192 kHz (bei Stereo), was einer Highresolution-Qualität entspricht.
Zeitgleich schickten die beiden Lizenzgeber je noch eine «Light»-Version auf den Markt: DTS HD High Resolution und Dolby Digital Plus, die mit einer geringeren Anzahl Kanäle und einer tieferer Abtastrate mit maximal 96 kHz ausgestattet sind.
Die dritte Dimension
Während für viele Zeitgenossen bzw. Zeitgenossinnen schon fünf Lautsprecher eine gewisse Disharmonie in die Beziehung bringen kann, können eingefleischte Heimkinopersonen nicht genug davon kriegen. Zwar ist das Schauen von 3D-Filmen einmal mehr grandios gescheitert, nicht aber der 3D-Kinoton! Zu den beiden bekannten Gesichtern im Surroundton-Bereich ist nun mit Auro ein dritter hinzugekommen. Auro 3D, Dolby Atmos und DTS:X sind die drei Formate, die in die Höhe gehen. Dolby Atmos und DTS:X sind sich vom Aufbau her ähnlich und besitzen keine fest definierte Anzahl Kanäle, sondern funktionieren objektbasiert. Mit anderen Worten gesagt: Den verschiedenen Tonobjekten werden X-, Y- und Z-Koordinaten zugeordnet. Der Toningenieur kann jedem Tonobjekt einen Ort im virtuellen Raum zuweisen und erst der Decoder im AV-Receiver errechnet für die effektiv vorhanden Kanäle die korrekte Tonausgabe.
Der grosse Vorteil bei diesem Verfahren liegt darin, dass es nur eine Tonabmischung benötigt, egal, wie viele Kanäle dann im Kino oder zu Hause zum Einsatz kommen. Daher ist es für das Dolby-Atmos- und DTS:X-Setup wichtig, dass nicht nur die korrekte Anzahl der Lautsprecher angegeben wird, sondern auch, wo sich diese befinden. Übliche Kanal-Layouts sind 5.1.2 und 7.1.4, wobei die erste Ziffer die «normalen» Surround-Kanäle darstellen, die zweite Ziffer den LFE-Kanal und die dritte die Anzahl Höhenkanäle. Aktuelle Top-Vorstufen bzw. -Prozessoren können bis zu 35 Kanäle verarbeiten! Die gute Nachricht ist, dass Dolby Atmos und DTS-X vom Lautsprecher-Layout her kompatibel sind. Es wird dabei unterschieden zwischen echten Deckenkanälen und Lautsprechern, welche indirekt von unten zur Decke hin strahlen.
Auro 3D, das zur belgischen Barco-Gruppe gehört, geht einen eigenen Weg. Die Anzahl Kanäle (max. 13.1) ist vorgegeben. Ebenso weicht die Anordnung gegenüber Dolby und DTS ab. Zum klassischen 5.1-Layout kommen nochmals fünf Lautsprecher genau oberhalb der normalen Surround-Lautsprecher hinzu und je nachdem kommt noch einer genau in der Mitte der Decke dazu, der die sogenannte «Voice of God» verkörpert. Wegen der unterschiedlichen Anordnung ist das Auro-3D-Format nicht so verbreitet wie seine beiden 3D-Konkurrenzformate. Es gibt auch softwareseitig nicht sehr viel Material, das eine Auro-Codierung aufweist.
Da nun wiederum mehr Lautsprecher im Heimkino verteilt sind, haben Dolby und DTS auch bei den Upmixern neue Versionen am Start. Es ist einfach schade, wenn Lautsprecher stumm vor sich hin vegetieren. Die neuen heissen DTS Neural:X und Dolby Surround. Doch halt, hatten wir das nicht schon? Entweder sind keine brauchbaren neuen Namen mehr herausgekommen oder Dolby hat sich gedacht, so wird alles wieder etwas einfacher. Einfach Dolby Surround. Warum nicht?
Wie viele Kanäle brauche ich?
Auf diese Frage werden wir im Folgeartikel im Detail eingehen. Vorab so viel: Ein gut aufgesetztes 5.1-Surround-System bietet auch heute noch ein gutes Kinoton-Erlebnis. Es ist wie bei den Megapixeln der Digitalkameras: Noch mehr Pixel bedeutet nicht ein besseres Bild. Vielmehr ist das verwendete Objektiv entscheidend. So ist es auch beim Ton: Nicht nur die Anzahl der Kanäle ist wichtig, sondern auch die Lautsprecher und das korrekte Platzieren entscheiden über guten Surround-Sound!