
Gerade mal 17,3 x 13,0 Millimeter oder 2,25 Quadratzentimeter klein ist ein Micro-FourThirds-Bildsensor. Darauf platziert Panasonic bei der neuen Lumix GH6 zum ersten Mal überhaupt mehr als 20 Megapixel.
Ein neuer 25-Megapixel-Sensor und ein neuer Prozessor erlauben dem aktuellen Flaggschiff der Micro-FourThirds-Kameras Highend-Videoaufnahmen im 4K-Format mit 120 Vollbildern pro Sekunde (120p) oder 5,7K 60p in 10-Bit Farbtiefe. Highspeed-Full-HD-Aufnahmen sind mit bis zu 300p für eindrucksvolle Zeitlupen möglich.
Für noch mehr Flexibilität in der Nachbearbeitung steht intern sogar der Apple ProRes 422 HQ mit 5,7K 30p als Codec zur Verfügung. Tonaufnahmen lassen sich nun intern auf 4 Kanälen aufzeichnen. Dank einer aktiver Kühlung liefert die Lumix GH6 auch in heissen Situationen unbegrenzte Aufnahmezeit.
Weiter geht es mit der dualen Bildstabilisierung, die jetzt laut Hersteller verwacklungsfreie Fotos mit um 7,5 Blendenstufen längeren Verschlusszeiten und hochauflösende 100-MP-Bilder aus der freien Hand ermöglicht.
Ein grosser OLED-Sucher, ein aufklapp- und ausschwenkbarer Monitor, zwei Speicherkartenplätze und ein wetterfestes Gehäuse aus Magnesium runden die Ausstattung ab.
Die Lumix GH6 übernimmt viel Technik und Ausstattung seiner MFT-Vorgänger, schaut einiges bei den Lumix S Vollformat-Modellen aus dem gleichen Haus ab und übertrifft diese sogar in einigen Punkten. Zudem wurden verschiedene Funktionen optimiert, aber auch zwei bewährte der Vorgänger weggelassen.

Touchdisplay, OLED-Sucher und Ventilator
Als Panasonic vor rund fünfzehn Jahren Micro-FourThirds einführte, war dieses eigentlich als ein leichtes und kleines Spiegellos-Kamerasystem gedacht. Bei der GH-Reihe wich die Firma mit jedem neuen Modell jedoch immer weiter davon ab.
So ist auch die Lumix GH6 mit ihren Massen von 138 x 100 x 100 mm vor allem in der Tiefe um mehr als einen Zentimeter grösser als eine GH5 II. Sie hat mit 823 Gramm auch rund 100 Gramm mehr auf den Rippen. Männerhände können die GH6 noch gut stemmen, doch allen Damen, denen ich sie in die Hände gab, war sie dann doch etwas zu schwer.

Wie schon beim Gehäuse der GH5 setzt Panasonic auch beim neuen Topmodell auf einen Volldruckguss-Front-/Heckrahmen aus Magnesiumlegierung. Damit hält die Kamera auch kräftigeren Stössen stand. Zudem wurde sie gegen Staub, Wasser und Frost abgedichtet.
Trotz Gewichtszunahme gegenüber dem Vorgänger liegt die GH6 gut und ausgewogen in der Hand, auch im Hochformat. Der Touchscreen lässt sich nicht nur in die Selfie-Position ausschwenken und nach vorne drehen, er kann auch am Kamerarücken verbleiben und in zwei Stufen von ihm abgewinkelt werden. Damit sieht man in der optischen Achse aufs Motiv. Und da er sich auch dann noch ausschwenken lässt, kommen einem keine angeschlossenen HDMI- oder USB-Kabel mehr in die Quere. Eine geniale Lösung!

Der 3-Zoll-Touchscreen besitzt mit 1,84 Millionen Bildpunkten dieselbe Auflösung wie die GH5 II und etwas mehr als noch die GH5. Auch die 3,68 Mio. Bildpunkte des OLED-Suchers wurden beibehalten. Durch den Einbau eines Lüftermechanismus für die Wärmeableitung steht der Sucher bei der GH6 nun weiter vor, damit sich auch grössere Nasen weniger am Display stossen.
Der Lüfter wird vor allem im Videobetrieb aktiv. Man kann ihn in verschiedenen Leistungsstufen regulieren und er ist im Einsatz auch gut und störend zu hören. Dagegen hilft der Anschluss externer Mikrofone, die bei Profis ohnehin üblich sind.

Bedienung verbessert
Die Tasten und Wahlschalter auf der Oberseite der GH6 blieben grösstenteils am selben Ort wie beim Vorgänger. Nur die rote Videotaste wurde etwas nach hinten verlegt. Anstelle der Funktionstaste gibt es nun einen eigenen Knopf für das Aufrufen des Tonmenüs.
Zudem steht das hintere Drehrad nun mehr vom Gehäuse ab und ist dadurch um einiges besser und sicherer zu bedienen als noch bei der GH5 II. Wer genau hinschaut, erkennt auf dem linken Wahlschalter, dass die beiden Symbole für 6K/4K-Foto und Post-Fokus-Aufnahme der GH5 II bei der GH6 fehlen, bzw. durch zwei Serienbilder- und dem HiRes-Foto-Modus ersetzt wurden.
Der beliebte 6K/4K-Foto- und der Post-Fokus-Modus wurden bei der GH6 komplett weggelassen. Sie können auch nicht im Menü aufgerufen werden. Das ist schade.
Auf der Rückseite gibt es die meisten Veränderungen. So besitzt die GH6 eine separate AF-ON-Taste, der Joystick wurde etwas nach unten verlegt, wo er besser zu erreichen ist, der Fokusfeld-Knopf wurde in den Fokuswahl-Schalter noch oben verlegt, und die bei der GH5 kaum zu erfühlende Display-Taste erhielt endlich eine erhabene Position unter dem Menü-Steuerrad.
Links neben dem Sucher gibt es neu eine Tastenverriegelungs-Funktion und die Sucher/Monitor-Umschaltung wurde direkt am Sucher platziert.

Die Lumix GH6 ist mit zwei unterschiedlichen Kartensteckplätzen ausgestattet. Die CFexpress-Karte (Typ B) unterstützt die interne Aufzeichnung von Videos mit hoher Bitrate bei 800 Mbit/s oder mehr, einschliesslich 5,7K/30p ProRes 422 HQ und C4K/60p ALL-I. SD-Speicherkarte mit UHS II V90 unterstützen die interne Aufzeichnung von Videos mit 600 Mbit/s oder weniger.
Für SD-Speicherkarte und CFexpress-Karte können unterschiedliche Aufzeichnungsmodi wie Relay-Aufnahme, Backup-Aufnahme und zugeteilte Aufnahme (z. B. eine Karte für JPEG-, eine für RAW-Bilder) gewählt werden.
Als Videoanschluss kommt die grosse und robuste HDMI-Buchse, Typ A, zum Einsatz. Um das versehentliche Ausstecken beim Drehen zu vermeiden, ist ein Zugentlastungsstecker für das HDMI- und USB-Kabel im Lieferumfang enthalten.

Dicker Akku
Die Kamera unterstützt USB 3.2 Gen 2 für Hochgeschwindigkeits-Schreiben und -Auslesen. Der Anschluss ist kompatibel mit USB PD (Power Delivery), was eine flexible Stromversorgung ermöglicht. Der kräftige 2200-mAh-Hochleistungsakku DMW-BLK22 kann sowohl über das mitgelieferte Ladegerät als auch im Kameragehäuse per Netzstrom oder USB aufgeladen werden.
Die Lumix GH6 kann auch mit den DMW-BLF19 Akkus aus der GH5 verwendet werden. Dann bestehen jedoch einige Funktionseinschränkungen und die Aufnahme-Kapazität ist niedriger. Beides erlebte ich einige Male während meiner Tests.
Positive Kleinigkeiten: Wenn der Akku eingelegt wird, während das Ladegerät nicht an einer Stromquelle angeschlossen ist, leuchten die Ladeanzeigen für den Akkuladestand für eine kurze Zeit auf. Damit lässt sich schnell überprüfen, ob ein Akku noch genügend «Pfuus» für die nächste Aufnahme besitzt.
Zudem wurde das Akkufach der GH6 nicht mehr quer wie bei der GH5, sondern längs in den Handgriff eingebaut. Damit lässt sich der Akku auch dann wechseln, wenn die Kamera mit einer etwas breiteren Adapterplatte auf dem Stativ befestigt ist.
Wie bei professionellen Kameras üblich, besitzt auch die GH6 kein eingebautes Blitzgerät. Dafür einen Blitz-Synchro-Anschluss, über den sie sich mit dem mitgelieferten BNC-Konverterkabel per Time Code synchronisieren lässt. Das erleichtert die nonlineare Bearbeitung von Filmmaterial, das mit mehreren Kameras aufgenommen wurde.
Fotoeinsatz

Wie alle Kameras der Lumix GH-Reihe ist die GH6 auf Videoaufnahmen spezialisiert. Nichtsdestotrotz lässt es sich mit ihr auch ausgezeichnet fotografieren. Und mit der höchsten Sensorauflösung aller MFT-Kameras macht es erst noch besonders viel Spass.
Mit dem neuen 25,2-Megapixel-Live-MOS-Sensor ohne LPF (Low-pass Filter) sind nun Bilder mit einer Grösse von maximal 5776 x 4336 Pixel möglich. Damit bringt man schon manche APS-C-Kamera in Bedrängnis.
Nun bedeuten mehr Pixel auf gleichem Raum weniger Sensorfläche pro Pixelelement. Laut Panasonic soll der neue Bildprozessor (Venus Engine) trotzdem hochauflösende Bilder mit natürlicher Rauschtextur, grossem Dynamikumfang und satter Farbwiedergabe ermöglichen. Und dank höherer Auslesegeschwindigkeit sind schnellere Serienbilder möglich und Rolling-Shutter-Verzerrungen werden minimiert.
Meine Testkamera besass noch die Firmware-Version 1.1. Nach den ersten Aufnahmen war ich dann wirklich verblüfft. Eine solch gute Bildqualität hätte ich dem kleinen Sensor nicht zugetraut. Weiteren Personen mit «Micro-FourThirds-Erfahrung» erging es ebenso. Die Farben der JPEG-Bilder gefielen bereits in der Standard-Einstellung. Für einige wirkten sie sehr natürlich, besonders in den Hauttönen – und nicht mehr so «elektronisch aggressiv» wie noch beim Vorgänger.
Panasonic hat offensichtlich bei der GH6 die interne Farbverarbeitung durch den Bildprozessor überarbeitet. Die Farben erscheinen gegenüber den bisherigen GH-Modellen in wärmeren Nuancen, manchmal etwas zu stark gesättigt, aber immer noch realitätsnah. Für mich sind die Farben der Lumix GH6 in Standard-Einstellung sehr nahe an die Canon «Color Science» gerückt.
Die zweite Überraschung brachte der Bildstabilisator bzw. die Stabilisatoren. Besitzt das Objektiv einen eigenen Stabilisator, arbeitet dieser mit dem optischen Stabilisator des Gehäuses zusammen und erlaubt so längere Belichtungszeiten aus der Hand.
So gelangen mir mit dem Kit-Objektiv am Teleanschlag (120 mm Brennweite, auf 35-mm-Format umgerechnet) bei Blende f/4.0 und ISO 500 freihändig mit 1/40 Sekunde knackscharfe und farbig sehr ausgewogene Bilder von Gesichtern der Vortragenden im nicht sehr hellen Auditorium. Dabei hatte ich noch die Gesichts/Augen-Erkennung eingeschaltet, damit auch die Schärfe auf dem Punkt sass. Hier hat Panasonic sehr gute Arbeit geleistet.
Übermütig geworden, wählte ich beim Warten auf den Bus spätabends die maximale Offenblende des Kit-Objektivs von f/4.0 bei Teleanschlag, ISO 2000 und 1/6 Sekunde Belichtungszeit aus der Hand. Die Ergebnisse sind unten zu bestaunen. Wie immer sind es unbearbeitete JPEG-Aufnahmen direkt aus der Kamera, nur auf Web-Format verkleinert und wo angegeben auf einen Ausschnitt reduziert.
Die obigen Beispiele zeigen einige Fotos mit aktivierter Motiverkennung beim Autofokus. Sie erkennt in Echtzeit Menschen oder Tiere und bei der Aufnahme von Personen zusätzlich zu Augen, Gesichtern und Körpern auch Köpfe. Auch dies erfolgt deutlich schneller und sicherer als noch bei den Vorgängern, kann jedoch nicht mit denselben Funktionen in Kameras von Mitbewerbern mithalten. Vor allem das Nachführen und Wiedererkennen von Gesichtern benötigte noch seine Zeit.
Geschwindigkeit
Mit der höheren Auslesegeschwindigkeit des neuen Sensors liefert die Lumix GH6 auch Serienbilder per elektronischem Verschluss mit 75 Bildern pro Sekunde und einer Auflösung von 25,2 Megapixeln. Der Haken dabei: Der Fokus wird nur beim ersten Bild automatisch eingestellt und bei den folgenden Bildern nicht mehr nachgeführt.
Wer Serienbilder mit Autofokus-Nachführung (AF-C) wünscht, ist auf den mechanischen Verschluss angewiesen und damit auf mickrige 8 Bilder pro Sekunde beschränkt. Hier zeigt die neue Olympus OM-1 mit ihren 50 Bildern pro Sekunde inklusive AF/AE-Tracking eindrucksvoll, wo der Hammer hängt. Zudem erkennt dieses Modell neben Vögeln, Hunden und Katzen auch Rennwagen, Motorräder, Flugzeuge, Helikopter und Züge.
Wo sie wiederum von der GH6 übertrumpft wird, ist beim hochauflösendem Modus. Hier bietet die Olympus zusammengesetzte 50 Megapixel grosse Fotos aus der Hand oder 80 Megapixel ab Stativ. Die GH6 kann mit 100 Megapixel grossen Bildern aus der Hand aufwarten.
Diese 11'552 x 8672 Pixel grossen Fotos werden aus mehreren blitzschnell hintereinander aufgenommenen Bildern zusammengerechnet. Bei Aufnahmen aus der Hand wird dabei automatisch eine Bewegungsinterpolation vorgenommen, damit schnelle Objekte zwischen den Bildern nicht verschwommen oder verwischt dargestellt werden. Bis zu einer gewissen Geschwindigkeit dieser Objekte wie Autos, Fussgänger, Velofahrer, aber auch Fahnen oder Blätter im Wind, funktioniert es erstaunlich gut. Bei Stativaufnahmen kann diese Funktion ein- oder ausgeschaltet werden.

Hier ein Vergleich zwischen einer herkömmlichen 25-Megapixel-Aufnahme und einem 100 Megapixel HiRes-Bild. Die Ausschnitte sind jeweils in 100-%-Darstellung. Darauf folgend das komplette Bild mit rot markiertem Ausschnitt.
Die höhere Auflösung erkennt man vor allem bei den Bäumen und der Wiese, die deutlicher gezeichnet werden, aber auch in den Strukturen der Wände und an der Reklametafel.
Neben Landschaften verblüffen auch Produkte als 100-Megapixel-Fotos mit unglaublicher Detailtreue und Feinheiten.
Die JPEG-Aufnahme mit 25 Megapixel belegt rund 12 MByte auf der Speicherkarte, die RAW-Datei davon 40 MByte, das JPEG-HiRes-Foto mit 100 Megapixel verbraucht 46 MByte und die RAW-Datei davon volle 157 MByte!
Rauschunterdrückung
Bereits mit der Lumix G9 zeigte Panasonic eindrücklich, welche Qualität sich aus dem kleinen MFT-Sensor herausholen lässt. Dass sich das Rauschen bei Aufnahmen mit wenig Licht trotz fünf Megapixel höherer Auflösung bei der GH6 angenehm im Rahmen hält, ist schon bemerkenswert. So sind Bilder bis rund 3200 ISO je nach Motiv noch absolut brauchbar. Störendes Rauschen wird effektiv unterdrückt und feine Bilddetails bleiben erhalten. Bei höheren ISO-Werten geht die Sättigung etwas zurück und das nun starke Rauschen wird kräftig «platt gebügelt», die Details weichgezeichnet.
Auch das Fehlen bunter «Sprenkel» in grauen und dunklen Flächen hat mich positiv überrascht. Und die berüchtigten Farbsäume an Hell-dunkel-Übergängen sind kaum sichtbar. Hier leistet der neue Bildprozessor ganze Arbeit. Kurz gesagt, die GH6 liefert zurzeit die beste Bildqualität bei Micro-FourThirds-Kameras von Panasonic.
Wer seine Fotos stärker bearbeiten möchte, nimmt am besten im RAW-Format auf und hat danach noch deutlich mehr Reserven zur Verfügung, bis hin zum Ändern der Bildstile in der Kamera selbst.
High-Speed-Shutter und Personalisierung
Mit dem elektronischen Verschluss sind Aufnahmen mit bis zu 1/32'000 Sekunde möglich. Damit lassen sich zum Beispiel «Wassergeister» einfangen, bzw. Wassertropfen im Bild einfrieren. Dafür sollte genügend Licht vorhanden sein, damit der ISO-Wert nicht zu hoch eingestellt werden muss. Die folgenden Fotos «entspringen» einer Serie von mehreren Bildern, die ich am Dorfbrunnen erstellt habe.
An der Bedienungsphilosophie der neuen Kamera wurde nichts geändert. Wer bereits eine GH4, 5 oder 5 II besitzt, wird sich sofort heimisch fühlen. Neulinge fotografieren mit der GH6 erst mal im intelligenten Automatikmodus, abgekürzt «iA». Hier werden die optimalen Einstellungen für Motiv und Szene von der Kamera selbst gewählt. Zu den meisten Menüeinstellungen erscheint nach Drücken der DISP-Taste ein kurzer Hilfetext.
Dreht man das griffige, blockierbare Modusrad aus der Automatik heraus, stehen Programm-, Blenden-, Zeit-Automatik sowie manuelle Belichtung, die Videoposition «kreativer Filmmodus» sowie vier Speicher für benutzerdefinierbare Einstellungen zur Verfügung.
Für oft verwendete Anpassungen wie Weissabgleich, ISO-Wert, Belichtungsausgleich, Fokus-Feld und -Modi, AF-ON, Schnellmenü oder Sucher/Monitor-Anzeigen stehen eigene Tasten bereit. Das Ändern der Werte ist auf mehrere Arten möglich. Ob Direkttasten-Fan, Joystick-Däumling oder Display-Tatscher, hier darf jeder seine eigenen Bedienungsvorlieben wählen – oder er kombiniert alles zusammen.
Wem die Standardbelegung der Tasten nicht behagt, darf beinahe alle nach eigenem Gusto umprogrammieren. Sogar Joystick und Cursortasten können angepasst werden. Die Anpassung selbst ist unkompliziert. Einfach die gewünschte Taste etwas länger gedrückt halten, und schon wird die aktuelle Tasteneinstellung mit ihren Belegungsoptionen angezeigt.
Natürlich kann dafür auch der Menüpunkt «Fn-Tasteneinstellung» aufgerufen werden. Neben den 15 Tasten am Gehäuse gibt es noch fünf weitere, virtuelle Funktionstasten, die als Touch-Symbole am rechten Rand des Aufnahmebildschirms erscheinen.
Unter «Mein Menü» kann man zudem seine häufig verwendeten Menü-Aufrufe zusammenstellen, falls einem die Tastenanpassungen nicht genügen. Reicht dies immer noch nicht aus, lässt sich auch das «Quick-Menü» mit persönlichen Einstellungen belegen.
Wer oft zwischen unterschiedlichen Foto- und Videoaufnahmen wechselt, freut sich über die sechs Benutzerspeicherplätze, die sich mit eigenen Setups belegen lassen. So habe ich als Beispiel im Speicher C1 alle Einstellungen für UHD-Videos in 422 10-bit abgelegt. Und in C2 die Superzeitlupen-Funktion bei Full-HD-Video. Dabei lässt sich sogar die Beschriftung der Speicherplätze im Menü anpassen! Mit einem Dreh am rechten Wahlrad wird der gewünschte Speicher abgerufen und die Einstellungen in die Kamera geladen.
Mit dem linken Drehrad stellt man Einzelbild, Serienbild langsam oder schnell, High-Res-Foto oder Selbstauslöser ein. Natürlich beherrscht die GH6 auch Zeitraffer, Animation und Bracketing. Es sind automatische Belichtungsreihen mit unterschiedlichen Werten für Helligkeit, Weissabgleich, Weissabgleich-Farbtemperatur, Fokus und Blende möglich.

Filme machen

Im Videobereich macht der Lumix GH6 im Micro-FourThirds- und APS-C-Lager niemand etwas vor. Allein schon die Auswahl an Videoformaten ist beeindruckend – über 60 habe ich –, die alle intern aufgezeichnet werden können. Und mit dem Firmware-Update ab 5. Juli 2022 sollen noch weitere hinzukommen! Auch für das Aufnehmen auf externe Recorder.
Die GH6 ist die erste Lumix-Kamera, die intern 5,7K 30p Video im Apple ProRes 422 HQ Codec speichern kann. Mit 5,7K 4:2:0 10-bit 60p/50p und anamorphotischen 4:3-Modi in 5,8K 30p/25p/24p (oder 4,4K 60p) 4:2:0 10-bit bietet sie zudem höhere Auflösungen und höhere Bitraten und erfüllt so die Anforderungen an Bildqualität, Vielseitigkeit und Bandbreite, die für Film, Fernsehen und alle Arten der Videoproduktion erforderlich sind. Mehr Technisches dazu auf der nächsten Seite.
Verschiedene Zeitlupen-Varianten ermöglichen kreative Funktionen wie das «Speed Ramping» und halten selbst schnellste, für das Auge sonst unsichtbare Bewegungen eines Motivs fest.
Bei dieser Vielzahl an Einstellmöglichkeiten geht rasch die Übersicht verloren. Deshalb gibt es zum einen eine Filterfunktion im Videoformat-Menü und zum andern können oft benutzte Videoformate in einer Liste gesammelt werden. Wird dieses Listen-Menü mit den «Mein Menü»-Einstellungen kombiniert, ist man schnell in der Auswahlliste seiner Lieblingsformate.
Problemkind AF-C
Aus den anfänglichen Lumix-GH-Hybridkameras für Foto und Video wurden über die Jahre hinweg auf Bewegtbilder spezialisierte Arbeitsgeräte, die in der Branche einen sehr guten Ruf geniessen. Bis auf den kontinuierlichen Autofokus, der auch bei der GH6 immer noch nach Panasonics «Depth from Defocus»-Kontrast-AF-Technologie arbeitet.
Die gute Nachricht: Panasonic hat den kontinuierlichen AF bei der GH6 überarbeitet und um einiges schneller gemacht. Zudem lässt sich jetzt eine Fokusbegrenzung einstellen. Damit wird verhindert, dass zum Beispiel bei einem Interview die Schärfe plötzlich in den Hintergrund abhaut. Zusammen mit der Gesichts- und Augenerkennung funktioniert der AF-C nun um einiges besser als noch bei den Vorgängern.
Die schlechte Nachricht: Noch immer arbeitet der AF-C der GH6 nicht so zuverlässig wie alle seine Mitbewerber mit einem Phasenvergleichs- oder einem Hybrid-AF-System, welches Kontrast- und Phasendetektion kombiniert. Besonders bei Videoaufnahmen sieht das Schärfepumpen, auch wenn es nur sehr kurz ist, einfach nicht professionell aus.
Die ganze Problematik lässt sich umgehen, wenn man manuell scharfstellt, was engagierte Filmemacher sowieso tun. Dies ist meist nur beim szenischen Filmen möglich, wo man die Aufnahme beliebig oft wiederholen kann.
Wer ein «run & gun»-Filmer ist, Sportveranstaltungen, Hochzeiten oder Wildlife dokumentiert, ist zumindest teilweise auf den kontinuierlichen Autofokus angewiesen, will er nicht wichtige, meist unvorhersehbare «Action» verpassen. Es lohnt sich deshalb, sich etwas genauer mit den AF-Einstellungen der GH6 zu befassen und so seine Kamera auf unterschiedliche Aufnahmesituationen hin zu konfigurieren, damit auch das Scharfstellen in den meisten Fällen stimmt.
Scharfstellen in der Praxis
Wie üblich startete ich im Modus «kreatives Filmen» den Schärfeverlagerungstest und erlebte gleich die erste Überraschung. Die Lumix GH6 hat es als erste aller meiner bisher ausprobierten GH- und S-Modelle(!) von Panasonic tatsächlich geschafft, durch eine – ähem, etwas schmutzige – Fensterscheibe hindurch nach draussen zu fokussieren bzw. die Schärfe jeweils schön dorthin und wieder zurückzuverlagern!
Das gelang bisher nur allen anderen Marken wie Sony, Canon, Nikon, Fujifilm und auch Olympus – jedoch noch keiner Panasonic. Die blieben einfach auf dem Fensterrahmen «fokussiert» stehen. Damit verfügt die GH6 meiner Meinung nach über den besten Autofokus aller MFT- und Vollformatfotokameras von Panasonic.
Wie wichtig eine Anpassung der AF-Parameter ist, zeigte sich bei den Aufnahmen draussen im Sonnenlicht von Wiesen- und Busch-Hintergrund auf eine Blume im Vordergrund. Dies gelang in den AF-Standard-Einstellungen, Geschwindigkeit 0 und Empfindlichkeit 0 mehr recht als schlecht. Manchmal wurde die Blume zügig erkannt und fokussiert, dann wieder überhaupt nicht oder erst nach einem «Anschubsen» per AF-ON- oder Auslöser-Taste während des Filmens. Mit dem bekannten Hin- und Her-Wabbern der Schärfeebene.
Dann stellte ich die Empfindlichkeit auf +1. Danach flutschte die Verlagerung bei vier von fünf Versuchen bestens. Leider ist eben diese Ungewissheit bzw. Unsicherheit nach wie vor vorhanden. Einmal wird problemlos auf das neue Motiv scharfgestellt, dann wieder nicht.
Liegen die Schärfeebenen nahe und parallel zur Kamera, wird zügig scharfgestellt. Muss jedoch vom Hintergrund auf ein Detail im Vordergrund gefahren werden, dauert es entsprechend länger und es kommt vermehrt zu kurzem Schärfepumpen.
Interessant war auch, dass beim Schwenken von rechts nach links mehr korrekte AF-Verlagerungen gelangen als von links nach rechts. Dann nochmals probiert und nun gelangen wieder beinahe alle Verlagerungen, unabhängig von der Schwenkrichtung. Es ist manchmal einfach zum Haareraufen.
Natürlich spielt auch das eingestellte Fokusfeld eine Rolle. Bei einzelnen Motiven habe ich mit der «1-Feld»- oder «1-Feld+»-Wahl die besten Ergebnisse erzielt, abhängig von der Grösse des Sujets.
Motiverkennung
Bei Personenaufnahmen ist das Einschalten der Motiverkennung für die Scharfstellung sehr hilfreich. Die Funktion «HUMAN» – ja, auch so in der deutschen Anleitung bezeichnet – unterscheidet zwischen menschlichen Gesichtern, Augen und Körpern. Bei «FACE/EYE» werden nur menschliche Gesichter und Augen erkannt, und bei «ANIMAL+HUMAN» neben Menschen auch Tiere. Das Handbuch zählt dazu speziell Vögel, Hunde einschliesslich Wölfe usw. und Katzen, einschliesslich Löwen usw. auf. Ich hatte jedoch auch Erfolg bei Ziegen, Mäusen, Enten und Gänsen.
Wird für das Fokusfeld nicht der AF-Gesamtbereich gewählt, erkennt die GH6 auch Menschen oder Tiere, die nur zum Teil in das AF-Feld hineinreichen, markiert diese gelb und fokussiert darauf. Werden dabei innerhalb des Fokusfelds Augen erkannt, wird auf das sich näher zur Kamera befindliche Auge fokussiert und mit einem weissen Fadenkreuz markiert.
Im Gegensatz zu anderen Kameramarken ist es bei der GH6 nicht möglich, das Auge zu wechseln, auf das scharfgestellt wird.

Bei Wahl des AF-Gesamtbereichs werden Gesicht, Augen und Körper (ganzer Körper oder obere Hälfte) sowie Körper von Tieren von der Kamera automatisch erkannt und der Fokus wird angepasst. Durch Berühren des weissen AF-Feldes oder Bewegen des Joysticks kann auf das gewünschte Feld gewechselt werden.

Entenjagd
Beim Tracking mit kontinuierlichem Autofokus entscheiden Kontraste, Farb- und Grössenunterschiede zwischen verfolgtem Objekt und Hintergrund sehr stark, wie lange der AF-C dranbleibt. So folgte er einer schwimmenden Ente zuverlässig, bis er durch starke Licht-Reflexionen auf dem Wasser durcheinandergebracht wurde und den Fokus verlor.
Bei Viechern mit weissen Federn, die sich deutlich vom Hintergrund abhoben, liess er sich kaum abschütteln. Noch etwas zuverlässiger geht er zu Werke, wenn auch die Menschen/Tier-Motiverkennung aktiv ist. Bei der Entenverfolgung blieb die Panasonic GH6 die meiste Zeit hartnäckig am Motiv und «trackte» sie auch durch Äste und Blätter hindurch, bis diese zu dicht wurden.
Mein Fazit beim Autofokus der GH6: Mit eingeschalteter Motiverkennung ist der Unterschied bei der Treffsicherheit und Zuverlässigkeit des AF-C nicht mehr soo gross im Vergleich zu Sony, Canon, Nikon oder Olympus, aber halt immer noch vorhanden. Am meisten hat mich beim AF-C der GH6 das technisch bedingte kurze AF-Pumpen und Wabbern gestört. Weniger empfindlichen Zuschauern wird dies kaum auffallen.
Beim manuellen Scharfstellen unterstützt einem die GH6 mit einer Lupenfunktion, die das Bild automatisch beim Drehen des Fokusrings oder beim Drücken auf die Fokusfeld-Taste oder den Joystick vergrössert darstellt. Zusätzlich kann eine Kantenhervorhebung (Fokus-Peaking) in wählbarer Empfindlichkeit und Farbe angezeigt werden. Und schliesslich lässt sich noch eine Aufnahmedistanz-Gitterlinie einblenden.
Ausgezittert
Beim Filmen kann anstelle der optischen Stabilisatoren (O.I.S) in der Kamera oder im Objektiv ein elektronischer 5-Achsen-Hybrid-Bildstabilisator verwendet werden. Der Bildwinkel wird dabei zwar ein wenig kleiner, dafür ist er mit allen Objektiven kompatibel und die Beruhigungswirkung ist verblüffend.
Die Wirksamkeit dieses elektronischen Bildstabilisators kann durch Zuschalten der Funktion «Bildstabil. verstärken» noch erhöht werden. Mit diesem Effekt wird die Bildkomposition stabil gehalten werden, wenn man von einer festen Perspektive aus, ohne zu Schwenken, aufnehmen möchte. Als Beispiel habe ich an einem Vortrag den Redner mit dem Kit-Objektiv in Telestellung (Brennweite 120 mm, auf 35 mm Vollformat umgerechnet) aus freier Hand von meinem Sitzplatz aus aufgenommen.
Beim zweiten Beispiel wurde aus der Hand mit aktivem 5-Achsen-Hybrid-Bildstabilisator geschwenkt.
Broadcast- und Kinotauglich

Im letzten Jahrtausend war die Videowelt noch in Ordnung, einfach und normiert. Hobbyfilmer und professionelle Kameraleute filmten hierzulande gleichermassen mit Camcordern im 4:3-PAL-Format mit 576 Zeilen und 50 Halbbildern pro Sekunde. Die Profis konnten dabei sündhaft teures Equipment einsetzen. Der Unterschied zur Videoqualität bei den Amateuren war auch für einen Laien deutlich sichtbar.
Heute nimmt ein Freizeitfilmer mit einer filmenden Fotokamera in einer höheren Qualität auf als die TV-Anstalten senden können. Die Kameras bieten unzählige technische, gestalterische und künstlerische Möglichkeiten, aus denen er auswählen muss. So auch die Panasonic Lumix GH6.
Viele Videofunktionen der Kamera richten sich an professionelle Filmemacher. Durch ihren verhältnismässig günstigen Preis wird sie auch von manchen engagierten Videoamateuren eingesetzt werden. Damit diese bei den vielen Film- und Videobranchenbegriffen im Menü nicht nur Bahnhof verstehen, empfiehlt es sich sehr, das Handbuch etwas genauer zu studieren, auch wenn es über 800 Seiten umfasst.
ProRes 422, Farbtiefe, Chromasubsampling
Nun wird es etwas technisch. Die Lumix GH6 besitzt einen Multiformat-Sensor. Er verfügt mit brutto 26,5 Megapixel über genügend Fläche, um Bilder mit identischem Bildwinkel bei gleicher Brennweite unabhängig vom gewählten Seitenverhältnis 4:3, 17:9, 16:9 oder 3:2 aufzuzeichnen. Dadurch kommen sowohl Videofilmer als auch Fotografen mit 25,2-Megapixel-Nettoauflösung über alle Bildformate hinweg in den Genuss des gleichen diagonalen Bildwinkels ohne Einschränkung im Weitwinkel-Bereich. Zudem können die Pixel ohne grosses Herunterrechnen oder Weglassen eins zu eins übernommen werden.
Die Lumix GH5 II kann mit einer maximalen Videoauflösung von C4K-Video mit 4096 x 2160 Pixel filmen. Mit der GH6 sind nun 5,7K mit 5728 x 3024 Pixel im 17:9-Format oder 5.8K mit 5760 x 4320 Pixel im 4:3-Anamorph-Format möglich.

Wer die beste 5,7K-Videoqualität möchte, darf unkomprimiert im Apple ProRes 422 HQ Codec aufzeichnen. Dann werden pro Sekunde jedoch bis zu 1,9 Gigabit oder 1945,6 Megabit an Daten auf die CFexpress-Karte geschrieben! Zum Vergleich: Das MiniDV-Format mit 720 x 576 Pixel schrieb 1995 pro Sekunde noch 25 Megabit aufs Band.
Bei dieser Datenmenge ist schnell jedes Speicherkärtchen voll und jeder Standard-PC beim Bearbeiten am Anschlag. Ich habe gleich wieder auf das MOV-Format umgestellt, das 5,7K im HEVC-Code mit «nur» noch 300 Megabit pro Sekunde aufzeichnet.
Im MOV-Datenformat stellt die GH6 die meisten Videoqualitätsstufen bereit. Dabei ist die Farbtiefe ausnahmslos auf 10 Bit festgelegt. Die Farbtiefe entscheidet darüber, wie viele Farbabstufungen dargestellt werden können. Bei 8 Bit sind es 256, bei 10 Bit 1024. Eine hohe Farbtiefe vermeidet Treppchenmuster und Banding-Effekte. Ausserdem sind besonders dunkle und helle Stellen im Bild detailreicher und bieten mehr Reserven bei der Nachbearbeitung.
Eine weitere Qualitätssteigerung ist die 4:2:2 Farbunterabtastung, auf gut Deutsch auch Chromasubsampling genannt, gegenüber von 4:2:0. Die 4 im Verhältnis bedeutet dabei, dass die beiden Farbkomponentensignale jeweils mit einem Viertel der Auflösung des Helligkeitssignals gespeichert werden. Die zweite Ziffer steht für die Abtastrate der beiden Farbkanäle Cb und Cr in der oberen Reihe eines Pixelblocks. Die dritte Ziffer beschreibt denselben Wert, jedoch für die untere Pixelreihe. Kurz gefasst ergibt 4:2:2 die «kräftigeren» Farben, benötigt jedoch mehr Speicherplatz.
Wer seine eigenen Videoaufnahmen bisher «nur» in 4:2:0 8-Bit aufnahm, wird beim Betrachten der 4:2:2 10-Bit Videos der Lumix GH6 auf einem grossen 4K-OLED-TV ins Schwärmen kommen. Die Aufnahmen wirken sehr natürlich, Farben erstrahlen richtig gesättigt und trotzdem sehr fein abgestuft. Im Vergleich zu normalen Videos erscheinen sie äusserst plastisch, beinahe schon dreidimensional, was nicht nur mir positiv aufgefallen ist. Leider können diese Qualität nicht viele Computermonitore, Smartphones oder Tablets eins zu eins darstellen.
Dynamik-Booster
Nein, hier geht es nicht ums Impfen. Die Lumix GH6 kann den Sensor mit zwei nativen ISO-Empfindlichkeiten auslesen und damit Echtzeit-HDR-Kompositionen mit einer Belichtung ausgeben. Dadurch kann ein Video mit grösserem Dynamikumfang aufgenommen werden.
Diese Dynamikbereich-Anhebung ist jedoch nur bis zu einer Bildrate von maximal 60 Bildern pro Sekunde möglich. Zudem wird dabei im Standard-Bildstil die Untergrenze der ISO-Empfindlichkeit auf 800 limitiert, zusammen mit Bildstil HLG und V-Log sogar auf 2000.

Man kommt beim Filmen am Tag kaum ohne starke ND-Filter aus, will man eine «cinematische» Unschärfe des Hintergrunds hinbekommen. Ich habe einen variablen ND-Filter vors Objektiv geschraubt und konnte damit die Belichtung beim Filmen mit Offenblende optimal steuern.
Für die Kontrolle der Videoaufnahme können Wave-Form-Monitor, Vector-Scope, numerische Helligkeitsanzeige, Zebramuster, roter Aufnahmerahmen und Sicherheits-Rahmenmarkierung in verschiedenen Seitenverhältnissen eingeblendet werden. «Aufnahme-läuft»-Anzeigen, sogenannte Tally-Lichter, gibt es auf der Vorder- und Rückseite der GH6. Ein Farbbalken-Generator mit pegelbarem Testton ist ebenfalls eingebaut. Und damit sind wir bei der Tonaufnahme.

Vier-Kanal-Audio
Erstmals bei Lumix-Kameras sind 4-Kanaltonaufnahmen in 48- oder 96-kHz in 24-Bit möglich. Dazu wird der optionale DMW-XLR1-Adapter, den es bereits für die GH5 gibt, benötigt. Damit lassen sich zum Beispiel ein Funkmikro an XLR-1 und ein Richtmikrofon an XLR-2 betreiben und gleichzeitig über die internen oder zwei weitere, an der Kamera-Mikrofonbuchse angeschlossene externe Mikrofone Umgebungsgeräusche aufnehmen.
Für die Tonaussteuerung und -kontrolle hat sich Panasonic eine einfache wie geniale Lösung einfallen lassen. Über eine eigene Audiotaste an der Oberseite der Kamera lassen sich alle für die Tonaufnahme benötigten Funktionen blitzschnell bildschirmfüllend aufrufen, einstellen und ebenso schnell wieder entfernen. Diese praktische Möglichkeit habe ich noch bei keiner anderen Kamera gesehen. Eine Kopfhörerbuchse besitzt die GH6 selbstverständlich auch.

Spezielle Videoaufnahmen
Neben gewöhnlichen Aufnahmen wartet die Lumix GH6 mit besonderen Videotechniken auf, die im Kapitel «Aufnahme spezieller Videos» auf rund 40 Seiten im Handbuch beschrieben werden. Die meisten davon sind ausschliesslich im kreativen Filmmodus möglich und oft auf bestimmte Formate oder Speicherkarten- oder Akkutypen beschränkt.
Meistens wird man von der Kamera darauf hingewiesen, wieso etwas in dieser Konstellation nicht funktioniert, leider aber nicht immer. Wer zum Beispiel in 4K/UHD mit 120p filmen möchte, sieht diese Menüposition ausgegraut und kann sie nicht einstellen, wenn gleichzeitig die Dynamikbereich-Anhebung aktiv ist. Da es keinen Hinweis darauf gibt, wieso dies so ist, probiert man erst mal herum, bis man die Lösung im Kleingedruckten der Anleitung findet: Bei aktiver Dynamikbereich-Anhebung sind nur Bildraten bis 60p möglich.
Beim Einstellen der variablen Bildrate auf 300p für faszinierende Zeitlupenvideos verzweifelte ich auch beinahe. So konnte ich am Vormittag problemlos damit filmen, beim Wiederaufrufen derselben Funktion am Nachmittag war plötzlich nur noch eine Bildrate bis 50p möglich. Die Dynamikbereich-Anhebung war nicht eingeschaltet und auch sonst eigentlich alles korrekt.
Schliesslich erinnerte ich mich daran, dass ich über Mittag den Original-Akku der GH6 zum Aufladen herausgenommen und mit einem GH5-Akku ersetzt hatte. Seine Leistung reichte nur zu einer 50p-Einstellung. Kaum war der GH6-Akku wieder drin, konnte ich glücklich die 300p anwählen.
Zeitdehnung und -verkürzung
Die GH6 ermöglicht es, coole Zeitlupen- und Zeitraffervideos aufzunehmen, indem man eine Bildrate beim Filmen benutzt, die sich von der Aufnahmebildrate unterscheidet. Wähle ich dazu noch Full-HD als Videoformat, kann ich zwischen 1 und 300 Bilder pro Sekunde einstellen. Bei 300p erfolgt eine 12-fache Verlangsamung, die Filme werden dann mit nur noch 8 Prozent der normalen Geschwindigkeit wiedergegeben.
Als Einschränkung muss man dabei manuell scharfstellen und es wird kein Ton aufgezeichnet. Mit etwas Übung und Geduld gelingen dennoch interessante Zeitstudien. Was sonst dem Auge verborgen bleibt, sorgt bei verlangsamter Betrachtung für so manches Aha-Erlebnis oder Schmunzeln.
Neben variabler Bildrate sind auch Zeitlupenvideos mit fixer hoher Bildrate möglich. Diese funktionieren dann mit Autofokus und Audioaufnahmen.
V-Log, LUT, HLG
Mit Bildstilen wird die farbige Anmutung der Aufnahmen bestimmt, wenn gewünscht getrennt für Fotos und Videos. Wer «einfach nur filmen» und die Videos gleich vorzeigen möchte, wählt einen zum Motiv passenden Bildstil wie Landschaft, Porträt, Lebhaft, Natürlich, Monochrom oder einen Kinolook wie L.ClassicNeo oder Cinema-like – und gut ist.
Wer seine Aufnahmen nachbearbeiten und «color graden» möchte, greift zu flachen Bildprofilen, die genügend Reserven für eine intensive Farbkorrektur bieten. Die GH6 hält dafür, im Gegensatz zu den V-Log-Light-Varianten ihrer Vorgänger ein «richtiges» V-Log für den besonders grossem Farbraum der professionellen VariCam-Serie von Panasonic bereit.
Die flache Gammakurve von V-Log zeigt im Sucher und auf dem Monitor ein blasses, milchiges Bild. Dieses wird durch sogenannte LUTs (Look-Up Tables) in der Nachbearbeitung auf Normwerte korrigiert und mit dem gewünschten Bildlook versehen. LUT-Daten im «.vlt»- und «.cube»-Format können von der Panasonic-Support-Website heruntergeladen werden.
Damit das «richtige» Aussehen schon während der Aufnahme überprüft werden kann, lassen sich LUT-Dateien auch in die GH6 laden und am Monitor und im Sucher anzeigen. Es können bis zu 4 LUT-Datensätze registriert werden. Ein LUT mit der standardisierten Rec.709-Norm ist bereits in der GH6 vorinstalliert.

Wird der Bildstil auf «Hybrid-Log-Gamma» eingestellt, ermöglicht die GH6 auch Aufnahmen im High Dynamic Range (HDR) mit der HLG-Technologie (Hybrid-Log-Gamma). Der damit erzielbare höhere Kontrastumfang ist verblüffend und faszinierend anzuschauen. Natürlich muss der Fernseher oder Monitor dafür HLG-kompatibel sein, also den Standard ITU-R BT.2100 unterstützen, sonst gibt es die Bilder nur in SDR (Standard Dynamic Range). Mein OLED-Fernseher schaltete jedenfalls problemlos auf HDR um, sobald er ein HLG-Videosignal aus der Lumix GH6 zugespielt bekam.
Unter «Spezielle Videoaufnahmen» fällt auch die Möglichkeit der GH6, Videos mit 5,8K- oder 4,4K-Auflösung im anamorphen Standard mit einem Seitenverhältnis von 4:3 aufzunehmen. Während einer anamorphen Aufnahme ist es möglich, die entstauchten Bilder und den Bildwinkel anzuzeigen, die sich beim Zuschneiden nach der Entstauchung ergeben. Ebenso lässt sich der geeignete Bildstabilisator für die verwendeten anamorphotischen Objektive bestimmen.
WiFi, Bluetooth und Lumix Sync-App
Die Lumix GH6 ist mit Bluetooth und WiFi 2,4 GHz und 5 GHz ausgestattet. Das gewährleistet nicht nur eine stabile Verbindung für eine reibungslose Fernbedienung via Smartphone oder Tablet, auch die Übertragungsgeschwindigkeit von Foto-/Videodaten wird durch das 5-GHz-Band erhöht.
Die Kompatibilität mit Bluetooth 5.0 BLE (Bluetooth Low Energy) ermöglicht eine ständige Verbindung bei minimalem Stromverbrauch. Damit lässt sich eine einfache Auslöser-Fernbedienung oder eine «Kamera-Fern-Aufwach-Funktion» aufbauen.
Mit zwei meiner älteren Android-Tablets wollte die Lumix Sync-App nicht zusammenarbeiten. Erst mit Smartphones ab Android 7 klappte dann die Verbindung.

Die Panasonic-Software «Lumix Tether» erlaubt kabelgebundene Aufnahmen über einen Rechner. Dazu wird der Rechner mit der Kamera per USB verbunden. Dann lässt sie sich komfortabel fernsteuern und das Bild während der Aufnahme auf dem grossen PC-Bildschirm anzeigen. Ausserdem kann die HDMI-Ausgabe bei der Tethering-Aufnahme an einen externen Monitor oder Fernseher erfolgen. «Lumix Tether» unterstützt PCs ab Windows 10 (64-Bit) und macOS ab 10.13 bis 11.4. Die Schnittstelle sollte mit USB 3.1 kompatibel sein.
Fazit

Die umfangreichen Einsatzmöglichkeiten der Panasonic Lumix GH6 lassen sich in diesem Testbericht nur unvollständig beschreiben. Besonders bei den Videoformaten sind unzählige Kombinationen möglich. Wer die Kamera kauft, tut gut daran, wenigstens einmal das gesamte Manual durchzusehen.
Professionelle Filmemacher wie auch engagierte Hobbyfilmer erhalten mit der GH6 ein exzellent ausgestattetes Werkzeug mit vielen professionellen Funktionen, die man auch in teureren Geräten vergeblich sucht. Allein die interne Aufnahmen mit Apple ProRes 422 HQ und 4K-Zeitlupen in 120p in einer Kamera dieser Grösse sind schon sensationell. Ebenso konnten der verbesserte Bildstabilisator, die Dynamikbereich-Anhebung und die optimierte Platzierung einzelner Tasten überzeugen.
Fotografen erhalten mit der GH6 zum ersten Mal überhaupt eine Micro-FourThirds-Kamera mit 25 Megapixel Auflösung. Dass damit sogar 100 Megapixel grosse HiRes-Fotos aus der Hand möglich sind, ist ein weiteres verblüffendes Feature. Dem gegenüber steht eine für Fotografen enttäuschende Autofokus-Serienbild-Leistung von mickrigen 8 Bildern pro Sekunde.
Weniger gefallen hat der nach wie vor nicht zuverlässige Autofokus beim Filmen. Eine Umstellung auf die Phasendetektionsmessung oder eine Kombination damit würde die GH6 wohl zum Überflieger für Filmemacher und Videoproduzenten machen.
Durch die vielen Funktionen wird zudem der Akku sehr gefordert. Ein oder zwei zusätzliche Packs sind deshalb fast schon zwingend. Die Funktionseinschränkungen bei bestimmten Videoaufnahme-, Speicherkarten- oder Akku-Kombinationen sollten durch Firmware-Updates zumindest reduziert werden, damit zeitraubende Ursachenforschung nicht mehr nötig ist.
Mit der Lumix GH6 hat Panasonic die Messlatte für Hybridkameras deutlich angehoben. Das Micro-FourThirds-Topmodell bringt zwar nicht in allen Disziplinen die perfekte Leistung, doch mit einer Kombination aus höherer Auflösung, professionellen Videofunktionen und gutem Handling in einem robusten Gehäuse wird es zum idealen Allround-Werkzeug bei Film- und Videoproduktionen. Dass die Kamera noch etwas bauchiger wurde, verzeiht man ihr gerne.
avguide.ch meint
Auf Youtube erklärten vor einiger Zeit selbsternannte Foto-Experten das Micro-FourThirds-Format für tot. Die neue Panasonic Lumix GH6 wie auch die Olympus OM-1 zeigen jedoch deutlich, wie quicklebendig es ist.
Inzwischen sind die Totengräber von damals zurückgekrebst und äussern sich sogar begeistert über die GH6. Das Spitzenmodell unter Panasonics MFT-Kameras überzeugt mit innovativen Foto- und Videofunktionen und erfüllt fast alle Erwartungen, die Filmemacher und Videoproduzenten an sie stellen. Bei einigen Ausstattungsmerkmalen konkurriert es sogar mit hochwertigen Filmkameras.
Die GH6 beweist, dass noch einiges in der Micro-FourThirds-Technik steckt. Wenn Panasonic wie gewohnt fleissig mit Firmware-Updates Kundenwünsche erfüllt, hat die Kamera das Zeug, bei filmenden Systemkameras wieder zum Standard zu werden.