Fotoeinsatz
Wie alle Kameras der Lumix GH-Reihe ist die GH6 auf Videoaufnahmen spezialisiert. Nichtsdestotrotz lässt es sich mit ihr auch ausgezeichnet fotografieren. Und mit der höchsten Sensorauflösung aller MFT-Kameras macht es erst noch besonders viel Spass.
Mit dem neuen 25,2-Megapixel-Live-MOS-Sensor ohne LPF (Low-pass Filter) sind nun Bilder mit einer Grösse von maximal 5776 x 4336 Pixel möglich. Damit bringt man schon manche APS-C-Kamera in Bedrängnis.
Nun bedeuten mehr Pixel auf gleichem Raum weniger Sensorfläche pro Pixelelement. Laut Panasonic soll der neue Bildprozessor (Venus Engine) trotzdem hochauflösende Bilder mit natürlicher Rauschtextur, grossem Dynamikumfang und satter Farbwiedergabe ermöglichen. Und dank höherer Auslesegeschwindigkeit sind schnellere Serienbilder möglich und Rolling-Shutter-Verzerrungen werden minimiert.
Meine Testkamera besass noch die Firmware-Version 1.1. Nach den ersten Aufnahmen war ich dann wirklich verblüfft. Eine solch gute Bildqualität hätte ich dem kleinen Sensor nicht zugetraut. Weiteren Personen mit «Micro-FourThirds-Erfahrung» erging es ebenso. Die Farben der JPEG-Bilder gefielen bereits in der Standard-Einstellung. Für einige wirkten sie sehr natürlich, besonders in den Hauttönen – und nicht mehr so «elektronisch aggressiv» wie noch beim Vorgänger.
Panasonic hat offensichtlich bei der GH6 die interne Farbverarbeitung durch den Bildprozessor überarbeitet. Die Farben erscheinen gegenüber den bisherigen GH-Modellen in wärmeren Nuancen, manchmal etwas zu stark gesättigt, aber immer noch realitätsnah. Für mich sind die Farben der Lumix GH6 in Standard-Einstellung sehr nahe an die Canon «Color Science» gerückt.
Die zweite Überraschung brachte der Bildstabilisator bzw. die Stabilisatoren. Besitzt das Objektiv einen eigenen Stabilisator, arbeitet dieser mit dem optischen Stabilisator des Gehäuses zusammen und erlaubt so längere Belichtungszeiten aus der Hand.
So gelangen mir mit dem Kit-Objektiv am Teleanschlag (120 mm Brennweite, auf 35-mm-Format umgerechnet) bei Blende f/4.0 und ISO 500 freihändig mit 1/40 Sekunde knackscharfe und farbig sehr ausgewogene Bilder von Gesichtern der Vortragenden im nicht sehr hellen Auditorium. Dabei hatte ich noch die Gesichts/Augen-Erkennung eingeschaltet, damit auch die Schärfe auf dem Punkt sass. Hier hat Panasonic sehr gute Arbeit geleistet.
Übermütig geworden, wählte ich beim Warten auf den Bus spätabends die maximale Offenblende des Kit-Objektivs von f/4.0 bei Teleanschlag, ISO 2000 und 1/6 Sekunde Belichtungszeit aus der Hand. Die Ergebnisse sind unten zu bestaunen. Wie immer sind es unbearbeitete JPEG-Aufnahmen direkt aus der Kamera, nur auf Web-Format verkleinert und wo angegeben auf einen Ausschnitt reduziert.
Die obigen Beispiele zeigen einige Fotos mit aktivierter Motiverkennung beim Autofokus. Sie erkennt in Echtzeit Menschen oder Tiere und bei der Aufnahme von Personen zusätzlich zu Augen, Gesichtern und Körpern auch Köpfe. Auch dies erfolgt deutlich schneller und sicherer als noch bei den Vorgängern, kann jedoch nicht mit denselben Funktionen in Kameras von Mitbewerbern mithalten. Vor allem das Nachführen und Wiedererkennen von Gesichtern benötigte noch seine Zeit.
Geschwindigkeit
Mit der höheren Auslesegeschwindigkeit des neuen Sensors liefert die Lumix GH6 auch Serienbilder per elektronischem Verschluss mit 75 Bildern pro Sekunde und einer Auflösung von 25,2 Megapixeln. Der Haken dabei: Der Fokus wird nur beim ersten Bild automatisch eingestellt und bei den folgenden Bildern nicht mehr nachgeführt.
Wer Serienbilder mit Autofokus-Nachführung (AF-C) wünscht, ist auf den mechanischen Verschluss angewiesen und damit auf mickrige 8 Bilder pro Sekunde beschränkt. Hier zeigt die neue Olympus OM-1 mit ihren 50 Bildern pro Sekunde inklusive AF/AE-Tracking eindrucksvoll, wo der Hammer hängt. Zudem erkennt dieses Modell neben Vögeln, Hunden und Katzen auch Rennwagen, Motorräder, Flugzeuge, Helikopter und Züge.
Wo sie wiederum von der GH6 übertrumpft wird, ist beim hochauflösendem Modus. Hier bietet die Olympus zusammengesetzte 50 Megapixel grosse Fotos aus der Hand oder 80 Megapixel ab Stativ. Die GH6 kann mit 100 Megapixel grossen Bildern aus der Hand aufwarten.
Diese 11'552 x 8672 Pixel grossen Fotos werden aus mehreren blitzschnell hintereinander aufgenommenen Bildern zusammengerechnet. Bei Aufnahmen aus der Hand wird dabei automatisch eine Bewegungsinterpolation vorgenommen, damit schnelle Objekte zwischen den Bildern nicht verschwommen oder verwischt dargestellt werden. Bis zu einer gewissen Geschwindigkeit dieser Objekte wie Autos, Fussgänger, Velofahrer, aber auch Fahnen oder Blätter im Wind, funktioniert es erstaunlich gut. Bei Stativaufnahmen kann diese Funktion ein- oder ausgeschaltet werden.
Hier ein Vergleich zwischen einer herkömmlichen 25-Megapixel-Aufnahme und einem 100 Megapixel HiRes-Bild. Die Ausschnitte sind jeweils in 100-%-Darstellung. Darauf folgend das komplette Bild mit rot markiertem Ausschnitt.
Die höhere Auflösung erkennt man vor allem bei den Bäumen und der Wiese, die deutlicher gezeichnet werden, aber auch in den Strukturen der Wände und an der Reklametafel.
Neben Landschaften verblüffen auch Produkte als 100-Megapixel-Fotos mit unglaublicher Detailtreue und Feinheiten.
Die JPEG-Aufnahme mit 25 Megapixel belegt rund 12 MByte auf der Speicherkarte, die RAW-Datei davon 40 MByte, das JPEG-HiRes-Foto mit 100 Megapixel verbraucht 46 MByte und die RAW-Datei davon volle 157 MByte!
Rauschunterdrückung
Bereits mit der Lumix G9 zeigte Panasonic eindrücklich, welche Qualität sich aus dem kleinen MFT-Sensor herausholen lässt. Dass sich das Rauschen bei Aufnahmen mit wenig Licht trotz fünf Megapixel höherer Auflösung bei der GH6 angenehm im Rahmen hält, ist schon bemerkenswert. So sind Bilder bis rund 3200 ISO je nach Motiv noch absolut brauchbar. Störendes Rauschen wird effektiv unterdrückt und feine Bilddetails bleiben erhalten. Bei höheren ISO-Werten geht die Sättigung etwas zurück und das nun starke Rauschen wird kräftig «platt gebügelt», die Details weichgezeichnet.
Auch das Fehlen bunter «Sprenkel» in grauen und dunklen Flächen hat mich positiv überrascht. Und die berüchtigten Farbsäume an Hell-dunkel-Übergängen sind kaum sichtbar. Hier leistet der neue Bildprozessor ganze Arbeit. Kurz gesagt, die GH6 liefert zurzeit die beste Bildqualität bei Micro-FourThirds-Kameras von Panasonic.
Wer seine Fotos stärker bearbeiten möchte, nimmt am besten im RAW-Format auf und hat danach noch deutlich mehr Reserven zur Verfügung, bis hin zum Ändern der Bildstile in der Kamera selbst.
High-Speed-Shutter und Personalisierung
Mit dem elektronischen Verschluss sind Aufnahmen mit bis zu 1/32'000 Sekunde möglich. Damit lassen sich zum Beispiel «Wassergeister» einfangen, bzw. Wassertropfen im Bild einfrieren. Dafür sollte genügend Licht vorhanden sein, damit der ISO-Wert nicht zu hoch eingestellt werden muss. Die folgenden Fotos «entspringen» einer Serie von mehreren Bildern, die ich am Dorfbrunnen erstellt habe.
An der Bedienungsphilosophie der neuen Kamera wurde nichts geändert. Wer bereits eine GH4, 5 oder 5 II besitzt, wird sich sofort heimisch fühlen. Neulinge fotografieren mit der GH6 erst mal im intelligenten Automatikmodus, abgekürzt «iA». Hier werden die optimalen Einstellungen für Motiv und Szene von der Kamera selbst gewählt. Zu den meisten Menüeinstellungen erscheint nach Drücken der DISP-Taste ein kurzer Hilfetext.
Dreht man das griffige, blockierbare Modusrad aus der Automatik heraus, stehen Programm-, Blenden-, Zeit-Automatik sowie manuelle Belichtung, die Videoposition «kreativer Filmmodus» sowie vier Speicher für benutzerdefinierbare Einstellungen zur Verfügung.
Für oft verwendete Anpassungen wie Weissabgleich, ISO-Wert, Belichtungsausgleich, Fokus-Feld und -Modi, AF-ON, Schnellmenü oder Sucher/Monitor-Anzeigen stehen eigene Tasten bereit. Das Ändern der Werte ist auf mehrere Arten möglich. Ob Direkttasten-Fan, Joystick-Däumling oder Display-Tatscher, hier darf jeder seine eigenen Bedienungsvorlieben wählen – oder er kombiniert alles zusammen.
Wem die Standardbelegung der Tasten nicht behagt, darf beinahe alle nach eigenem Gusto umprogrammieren. Sogar Joystick und Cursortasten können angepasst werden. Die Anpassung selbst ist unkompliziert. Einfach die gewünschte Taste etwas länger gedrückt halten, und schon wird die aktuelle Tasteneinstellung mit ihren Belegungsoptionen angezeigt.
Natürlich kann dafür auch der Menüpunkt «Fn-Tasteneinstellung» aufgerufen werden. Neben den 15 Tasten am Gehäuse gibt es noch fünf weitere, virtuelle Funktionstasten, die als Touch-Symbole am rechten Rand des Aufnahmebildschirms erscheinen.
Unter «Mein Menü» kann man zudem seine häufig verwendeten Menü-Aufrufe zusammenstellen, falls einem die Tastenanpassungen nicht genügen. Reicht dies immer noch nicht aus, lässt sich auch das «Quick-Menü» mit persönlichen Einstellungen belegen.
Wer oft zwischen unterschiedlichen Foto- und Videoaufnahmen wechselt, freut sich über die sechs Benutzerspeicherplätze, die sich mit eigenen Setups belegen lassen. So habe ich als Beispiel im Speicher C1 alle Einstellungen für UHD-Videos in 422 10-bit abgelegt. Und in C2 die Superzeitlupen-Funktion bei Full-HD-Video. Dabei lässt sich sogar die Beschriftung der Speicherplätze im Menü anpassen! Mit einem Dreh am rechten Wahlrad wird der gewünschte Speicher abgerufen und die Einstellungen in die Kamera geladen.
Mit dem linken Drehrad stellt man Einzelbild, Serienbild langsam oder schnell, High-Res-Foto oder Selbstauslöser ein. Natürlich beherrscht die GH6 auch Zeitraffer, Animation und Bracketing. Es sind automatische Belichtungsreihen mit unterschiedlichen Werten für Helligkeit, Weissabgleich, Weissabgleich-Farbtemperatur, Fokus und Blende möglich.