TESTBERICHT
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Broadcast- und Kinotauglich

Bekannt und bewährt: Mit der Panasonic Lumix GH6 lässt sich der im Profi-Kreisen bekannte und beliebte Apple Pro Res Codec direkt intern aufzeichnen.Bekannt und bewährt: Mit der Panasonic Lumix GH6 lässt sich der im Profi-Kreisen bekannte und beliebte Apple Pro Res Codec direkt intern aufzeichnen.

Im letzten Jahrtausend war die Videowelt noch in Ordnung, einfach und normiert. Hobbyfilmer und professionelle Kameraleute filmten hierzulande gleichermassen mit Camcordern im 4:3-PAL-Format mit 576 Zeilen und 50 Halbbildern pro Sekunde. Die Profis konnten dabei sündhaft teures Equipment einsetzen. Der Unterschied zur Videoqualität bei den Amateuren war auch für einen Laien deutlich sichtbar.

Heute nimmt ein Freizeitfilmer mit einer filmenden Fotokamera in einer höheren Qualität auf als die TV-Anstalten senden können. Die Kameras bieten unzählige technische, gestalterische und künstlerische Möglichkeiten, aus denen er auswählen muss. So auch die Panasonic Lumix GH6.

Viele Videofunktionen der Kamera richten sich an professionelle Filmemacher. Durch ihren verhältnismässig günstigen Preis wird sie auch von manchen engagierten Videoamateuren eingesetzt werden. Damit diese bei den vielen Film- und Videobranchenbegriffen im Menü nicht nur Bahnhof verstehen, empfiehlt es sich sehr, das Handbuch etwas genauer zu studieren, auch wenn es über 800 Seiten umfasst.

ProRes 422, Farbtiefe, Chromasubsampling

Nun wird es etwas technisch. Die Lumix GH6 besitzt einen Multiformat-Sensor. Er verfügt mit brutto 26,5 Megapixel über genügend Fläche, um Bilder mit identischem Bildwinkel bei gleicher Brennweite unabhängig vom gewählten Seitenverhältnis 4:3, 17:9, 16:9 oder 3:2 aufzuzeichnen. Dadurch kommen sowohl Videofilmer als auch Fotografen mit 25,2-Megapixel-Nettoauflösung über alle Bildformate hinweg in den Genuss des gleichen diagonalen Bildwinkels ohne Einschränkung im Weitwinkel-Bereich. Zudem können die Pixel ohne grosses Herunterrechnen oder Weglassen eins zu eins übernommen werden.

Die Lumix GH5 II kann mit einer maximalen Videoauflösung von C4K-Video mit 4096 x 2160 Pixel filmen. Mit der GH6 sind nun 5,7K mit 5728 x 3024 Pixel im 17:9-Format oder 5.8K mit 5760 x 4320 Pixel im 4:3-Anamorph-Format möglich.

Von 17:9 bis 4:3: Der Micro-FourThirds-Bildkreis der Panasonic Lumix GH6 deckt alle Videobildformate ab.Von 17:9 bis 4:3: Der Micro-FourThirds-Bildkreis der Panasonic Lumix GH6 deckt alle Videobildformate ab.

Wer die beste 5,7K-Videoqualität möchte, darf unkomprimiert im Apple ProRes 422 HQ Codec aufzeichnen. Dann werden pro Sekunde jedoch bis zu 1,9 Gigabit oder 1945,6 Megabit an Daten auf die CFexpress-Karte geschrieben! Zum Vergleich: Das MiniDV-Format mit 720 x 576 Pixel schrieb 1995 pro Sekunde noch 25 Megabit aufs Band.

Bei dieser Datenmenge ist schnell jedes Speicherkärtchen voll und jeder Standard-PC beim Bearbeiten am Anschlag. Ich habe gleich wieder auf das MOV-Format umgestellt, das 5,7K im HEVC-Code mit «nur» noch 300 Megabit pro Sekunde aufzeichnet.

Im MOV-Datenformat stellt die GH6 die meisten Videoqualitätsstufen bereit. Dabei ist die Farbtiefe ausnahmslos auf 10 Bit festgelegt. Die Farbtiefe entscheidet darüber, wie viele Farbabstufungen dargestellt werden können. Bei 8 Bit sind es 256, bei 10 Bit 1024. Eine hohe Farbtiefe vermeidet Treppchenmuster und Banding-Effekte. Ausserdem sind besonders dunkle und helle Stellen im Bild detailreicher und bieten mehr Reserven bei der Nachbearbeitung.

Eine weitere Qualitätssteigerung ist die 4:2:2 Farbunterabtastung, auf gut Deutsch auch Chromasubsampling genannt, gegenüber von 4:2:0. Die 4 im Verhältnis bedeutet dabei, dass die beiden Farbkomponentensignale jeweils mit einem Viertel der Auflösung des Helligkeitssignals gespeichert werden. Die zweite Ziffer steht für die Abtastrate der beiden Farbkanäle Cb und Cr in der oberen Reihe eines Pixelblocks. Die dritte Ziffer beschreibt denselben Wert, jedoch für die untere Pixelreihe. Kurz gefasst ergibt 4:2:2 die «kräftigeren» Farben, benötigt jedoch mehr Speicherplatz.

Wer seine eigenen Videoaufnahmen bisher «nur» in 4:2:0 8-Bit aufnahm, wird beim Betrachten der 4:2:2 10-Bit Videos der Lumix GH6 auf einem grossen 4K-OLED-TV ins Schwärmen kommen. Die Aufnahmen wirken sehr natürlich, Farben erstrahlen richtig gesättigt und trotzdem sehr fein abgestuft. Im Vergleich zu normalen Videos erscheinen sie äusserst plastisch, beinahe schon dreidimensional, was nicht nur mir positiv aufgefallen ist. Leider können diese Qualität nicht viele Computermonitore, Smartphones oder Tablets eins zu eins darstellen.

Dynamik-Booster

Nein, hier geht es nicht ums Impfen. Die Lumix GH6 kann den Sensor mit zwei nativen ISO-Empfindlichkeiten auslesen und damit Echtzeit-HDR-Kompositionen mit einer Belichtung ausgeben. Dadurch kann ein Video mit grösserem Dynamikumfang aufgenommen werden.

Diese Dynamikbereich-Anhebung ist jedoch nur bis zu einer Bildrate von maximal 60 Bildern pro Sekunde möglich. Zudem wird dabei im Standard-Bildstil die Untergrenze der ISO-Empfindlichkeit auf 800 limitiert, zusammen mit Bildstil HLG und V-Log sogar auf 2000.

ISO-Warnung: Information zum Einsatz der Dynamikbereich-Anhebung bei der Panasonic Lumix GH6.ISO-Warnung: Information zum Einsatz der Dynamikbereich-Anhebung bei der Panasonic Lumix GH6.

Man kommt beim Filmen am Tag kaum ohne starke ND-Filter aus, will man eine «cinematische» Unschärfe des Hintergrunds hinbekommen. Ich habe einen variablen ND-Filter vors Objektiv geschraubt und konnte damit die Belichtung beim Filmen mit Offenblende optimal steuern.

Für die Kontrolle der Videoaufnahme können Wave-Form-Monitor, Vector-Scope, numerische Helligkeitsanzeige, Zebramuster, roter Aufnahmerahmen und Sicherheits-Rahmenmarkierung in verschiedenen Seitenverhältnissen eingeblendet werden. «Aufnahme-läuft»-Anzeigen, sogenannte Tally-Lichter, gibt es auf der Vorder- und Rückseite der GH6. Ein Farbbalken-Generator mit pegelbarem Testton ist ebenfalls eingebaut. Und damit sind wir bei der Tonaufnahme.

Graufilter zwingend: Wer mit der Panasonic GH6 draussen mit Dynamikbereich-Anhebung filmt, ist auf starke ND-Filter angewiesen.Graufilter zwingend: Wer mit der Panasonic GH6 draussen mit Dynamikbereich-Anhebung filmt, ist auf starke ND-Filter angewiesen.

Vier-Kanal-Audio

Erstmals bei Lumix-Kameras sind 4-Kanaltonaufnahmen in 48- oder 96-kHz in 24-Bit möglich. Dazu wird der optionale DMW-XLR1-Adapter, den es bereits für die GH5 gibt, benötigt. Damit lassen sich zum Beispiel ein Funkmikro an XLR-1 und ein Richtmikrofon an XLR-2 betreiben und gleichzeitig über die internen oder zwei weitere, an der Kamera-Mikrofonbuchse angeschlossene externe Mikrofone Umgebungsgeräusche aufnehmen.

Für die Tonaussteuerung und -kontrolle hat sich Panasonic eine einfache wie geniale Lösung einfallen lassen. Über eine eigene Audiotaste an der Oberseite der Kamera lassen sich alle für die Tonaufnahme benötigten Funktionen blitzschnell bildschirmfüllend aufrufen, einstellen und ebenso schnell wieder entfernen. Diese praktische Möglichkeit habe ich noch bei keiner anderen Kamera gesehen. Eine Kopfhörerbuchse besitzt die GH6 selbstverständlich auch.

Gross im Bild: Für die Tonkontrolle gibt es bei der Panasonic Lumix GH6 eine eigene Taste zum Aufruf der bildschirmfüllenden Anzeige.Gross im Bild: Für die Tonkontrolle gibt es bei der Panasonic Lumix GH6 eine eigene Taste zum Aufruf der bildschirmfüllenden Anzeige.

Spezielle Videoaufnahmen

Neben gewöhnlichen Aufnahmen wartet die Lumix GH6 mit besonderen Videotechniken auf, die im Kapitel «Aufnahme spezieller Videos» auf rund 40 Seiten im Handbuch beschrieben werden. Die meisten davon sind ausschliesslich im kreativen Filmmodus möglich und oft auf bestimmte Formate oder Speicherkarten- oder Akkutypen beschränkt.

Meistens wird man von der Kamera darauf hingewiesen, wieso etwas in dieser Konstellation nicht funktioniert, leider aber nicht immer. Wer zum Beispiel in 4K/UHD mit 120p filmen möchte, sieht diese Menüposition ausgegraut und kann sie nicht einstellen, wenn gleichzeitig die Dynamikbereich-Anhebung aktiv ist. Da es keinen Hinweis darauf gibt, wieso dies so ist, probiert man erst mal herum, bis man die Lösung im Kleingedruckten der Anleitung findet: Bei aktiver Dynamikbereich-Anhebung sind nur Bildraten bis 60p möglich.

Beim Einstellen der variablen Bildrate auf 300p für faszinierende Zeitlupenvideos verzweifelte ich auch beinahe. So konnte ich am Vormittag problemlos damit filmen, beim Wiederaufrufen derselben Funktion am Nachmittag war plötzlich nur noch eine Bildrate bis 50p möglich. Die Dynamikbereich-Anhebung war nicht eingeschaltet und auch sonst eigentlich alles korrekt.

Schliesslich erinnerte ich mich daran, dass ich über Mittag den Original-Akku der GH6 zum Aufladen herausgenommen und mit einem GH5-Akku ersetzt hatte. Seine Leistung reichte nur zu einer 50p-Einstellung. Kaum war der GH6-Akku wieder drin, konnte ich glücklich die 300p anwählen.

Zeitdehnung und -verkürzung

Die GH6 ermöglicht es, coole Zeitlupen- und Zeitraffervideos aufzunehmen, indem man eine Bildrate beim Filmen benutzt, die sich von der Aufnahmebildrate unterscheidet. Wähle ich dazu noch Full-HD als Videoformat, kann ich zwischen 1 und 300 Bilder pro Sekunde einstellen. Bei 300p erfolgt eine 12-fache Verlangsamung, die Filme werden dann mit nur noch 8 Prozent der normalen Geschwindigkeit wiedergegeben.

Als Einschränkung muss man dabei manuell scharfstellen und es wird kein Ton aufgezeichnet. Mit etwas Übung und Geduld gelingen dennoch interessante Zeitstudien. Was sonst dem Auge verborgen bleibt, sorgt bei verlangsamter Betrachtung für so manches Aha-Erlebnis oder Schmunzeln.

Neben variabler Bildrate sind auch Zeitlupenvideos mit fixer hoher Bildrate möglich. Diese funktionieren dann mit Autofokus und Audioaufnahmen.

V-Log, LUT, HLG

Mit Bildstilen wird die farbige Anmutung der Aufnahmen bestimmt, wenn gewünscht getrennt für Fotos und Videos. Wer «einfach nur filmen» und die Videos gleich vorzeigen möchte, wählt einen zum Motiv passenden Bildstil wie Landschaft, Porträt, Lebhaft, Natürlich, Monochrom oder einen Kinolook wie L.ClassicNeo oder Cinema-like – und gut ist.

Wer seine Aufnahmen nachbearbeiten und «color graden» möchte, greift zu flachen Bildprofilen, die genügend Reserven für eine intensive Farbkorrektur bieten. Die GH6 hält dafür, im Gegensatz zu den V-Log-Light-Varianten ihrer Vorgänger ein «richtiges» V-Log für den besonders grossem Farbraum der professionellen VariCam-Serie von Panasonic bereit.

Die flache Gammakurve von V-Log zeigt im Sucher und auf dem Monitor ein blasses, milchiges Bild. Dieses wird durch sogenannte LUTs (Look-Up Tables) in der Nachbearbeitung auf Normwerte korrigiert und mit dem gewünschten Bildlook versehen. LUT-Daten im «.vlt»- und «.cube»-Format können von der Panasonic-Support-Website heruntergeladen werden.

Damit das «richtige» Aussehen schon während der Aufnahme überprüft werden kann, lassen sich LUT-Dateien auch in die GH6 laden und am Monitor und im Sucher anzeigen. Es können bis zu 4 LUT-Datensätze registriert werden. Ein LUT mit der standardisierten Rec.709-Norm ist bereits in der GH6 vorinstalliert.

Mit LUTs korrigieren: V-Log-Aufnahmen ohne Ansichtshilfe kommen kontrastarm und milchig daher.Mit LUTs korrigieren: V-Log-Aufnahmen ohne Ansichtshilfe kommen kontrastarm und milchig daher.

Wird der Bildstil auf «Hybrid-Log-Gamma» eingestellt, ermöglicht die GH6 auch Aufnahmen im High Dynamic Range (HDR) mit der HLG-Technologie (Hybrid-Log-Gamma). Der damit erzielbare höhere Kontrastumfang ist verblüffend und faszinierend anzuschauen. Natürlich muss der Fernseher oder Monitor dafür HLG-kompatibel sein, also den Standard ITU-R BT.2100 unterstützen, sonst gibt es die Bilder nur in SDR (Standard Dynamic Range). Mein OLED-Fernseher schaltete jedenfalls problemlos auf HDR um, sobald er ein HLG-Videosignal aus der Lumix GH6 zugespielt bekam.

Unter «Spezielle Videoaufnahmen» fällt auch die Möglichkeit der GH6, Videos mit 5,8K- oder 4,4K-Auflösung im anamorphen Standard mit einem Seitenverhältnis von 4:3 aufzunehmen. Während einer anamorphen Aufnahme ist es möglich, die entstauchten Bilder und den Bildwinkel anzuzeigen, die sich beim Zuschneiden nach der Entstauchung ergeben. Ebenso lässt sich der geeignete Bildstabilisator für die verwendeten anamorphotischen Objektive bestimmen.

WiFi, Bluetooth und Lumix Sync-App

Die Lumix GH6 ist mit Bluetooth und WiFi 2,4 GHz und 5 GHz ausgestattet. Das gewährleistet nicht nur eine stabile Verbindung für eine reibungslose Fernbedienung via Smartphone oder Tablet, auch die Übertragungsgeschwindigkeit von Foto-/Videodaten wird durch das 5-GHz-Band erhöht.

Die Kompatibilität mit Bluetooth 5.0 BLE (Bluetooth Low Energy) ermöglicht eine ständige Verbindung bei minimalem Stromverbrauch. Damit lässt sich eine einfache Auslöser-Fernbedienung oder eine «Kamera-Fern-Aufwach-Funktion» aufbauen.

Mit zwei meiner älteren Android-Tablets wollte die Lumix Sync-App nicht zusammenarbeiten. Erst mit Smartphones ab Android 7 klappte dann die Verbindung.

Gut vernetzt: Die Panasonic Lumix GH6 kann per Sync-App Bilder aufs Handy importieren, per Smartphone Kameraeinstellungen verändern oder via Bluetooth Bilder knipsen und Videoaufnahmen starten.Gut vernetzt: Die Panasonic Lumix GH6 kann per Sync-App Bilder aufs Handy importieren, per Smartphone Kameraeinstellungen verändern oder via Bluetooth Bilder knipsen und Videoaufnahmen starten.

Die Panasonic-Software «Lumix Tether» erlaubt kabelgebundene Aufnahmen über einen Rechner. Dazu wird der Rechner mit der Kamera per USB verbunden. Dann lässt sie sich komfortabel fernsteuern und das Bild während der Aufnahme auf dem grossen PC-Bildschirm anzeigen. Ausserdem kann die HDMI-Ausgabe bei der Tethering-Aufnahme an einen externen Monitor oder Fernseher erfolgen. «Lumix Tether» unterstützt PCs ab Windows 10 (64-Bit) und macOS ab 10.13 bis 11.4. Die Schnittstelle sollte mit USB 3.1 kompatibel sein.

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