
Die neuen Wireless-Aktivlautsprecher Duo aus der Formation-Baureihe von Bowers & Wilkins haben es in sich. Sie bieten eine enorme Klangfülle aus moderaten Abmessungen und ein äusserst attraktives Design.
Dass die Formation Duo keineswegs mit herkömmlichen Aktivlautsprechern zu vergleichen sind, merkt man spätestens bei den Anschlüssen: Einen analogen Eingang sucht man nämlich vergeblich. Die Signalanbindung erfolgt ausschliesslich übers Netzwerk – entweder über den integrierten Ethernet-Anschluss oder gänzlich kabellos per WiFi bzw. «Mesh».
Bowers & Wilkins hat für die Formation-Baureihe (die noch vier weitere Bausteine enthält) ein proprietäres Wireless-System entwickelt: «Mesh» arbeitet unabhängig vom Heim-WiFi, ermöglicht Streaming mit 24 Bit / 96 kHz und garantiert einen minimalen Stereo-Zeitversatz von nur 1 Mikrosekunde sowie Multiroom-Sync innerhalb 1 Millisekunde.
Damit wird nahtloses Musikhören in bester Qualität nicht nur im Wohnzimmer, sondern überall im Haus möglich. In der Praxis funktioniert dies so, dass eine Formation-Komponente – in unserem Fall einer der beiden Duo-Boxen – das Signal per WiFi oder via Ethernet vom Router erhält und dieses dann drahtlos per Mesh an weitere Formation-Geräte weitergibt. Dies entlastet das WiFi-Heimnetzwerk von übermässigem Datenverkehr und sorgt für hohe Übertragungssicherheit.

Problemlose Inbetriebnahme
Die Formation Duo lassen sich im Handumdrehen installieren. Der Aufbau des Mesh-Heimnetzwerks erfolgt sehr einfach über die Formation-App, die es wahlweise für Android oder iOS gibt. Die Applikation ermöglicht die detaillierte Konfiguration der Wiedergabe und enthält auch eine Mehrraum-Steuerung. Sie stellt jedoch weder Musikverwaltung noch Player zur Verfügung. Für das eigentliche Musikstreamen setzt Bowers & Wilkins auf Kompatibilität mit Roon und mit Apples Airplay 2. Ausserdem unterstützt Formation Spotify Connect. Und natürlich ist auch Musikstreamen via Bluetooth möglich. Dies nominell sogar in HiRes, sofern man ein AptX-HD-kompatibles Mobilgerät sein Eigen nennt.
Roon ist eines der vielseitigsten Programme für die Verwaltung und Wiedergabe von Audiodateien im Heimnetzwerk und hat bekannte Musikprovider wie etwa Tidal und Qobuz bereits nahtlos integriert. Es benötigt aber einen «Core», der entweder auf einem PC (Windows/Linus), MAC, QNAP/NAS installiert wird, oder einen dezidierten Roon-Nukleus-Audio-Server, von wo aus die Software auf beliebige Formation-Komponenten – in unserem Fall die Duo – als Endgeräte zugreifen kann. Wer Roon nutzen möchte, muss dafür eine Jahreslizenz für rund CHF 130 oder eine lebenslange Freischaltung für rund CHF 500 erwerben.

Wer die Formation Duo via Airplay 2 nutzen möchte, setzt dafür ein iPad oder iPhone zum Streamen von Musik direkt ab Internet ein und verwendet dazu die App der jeweiligen Musikprovider. Airplay 2 unterstützt Mehrraum-Streaming auch in 24-Bit-Qualität. Ausserdem soll Formation mit Spotify Connect kompatibel sein. Hier ist die Qualität derzeit jedoch auf eine Datenrate von 320 Kbit/s (entspricht MP3) begrenzt.
Was aber fangen Musikliebhaber, die weder Roon noch Airplay 2 verwenden möchten, mit den Formation Duo an? Auch daran hat Bowers & Wilkins gedacht und offeriert den Formation Audio Hub (Preis: CHF 795), über den sowohl analoge wie digitale Quellen Kontakt zu allen anderen Formation-Bausteinen aufnehmen können. Wer also bereits einen Audio-Server oder Netzwerkspieler sein Eigen nennt, kann diesen verlustfrei über ein optisches Digitalkabel mit dem Formation Audio verbinden. Dieser leitet das Signal dann über das Mesh-Netzwerk an die Duo weiter. Dies auch in HiRes-Qualität mit 24 Bit / 96 kHz. Der Hub kann aber noch mehr. Er akzeptiert auch analoge Quellen und ist zudem bi-direktional ausgelegt: Man kann ihn dazu nutzen, Musik ab dem Mesh-Netzwerk digital (Coaxial) oder analog (Cinch) an eine beliebige Wiedergabekomponente (Verstärker, Receiver, Stereo-Anlage) auszugeben. So lässt sich die Mehrraum-Wiedergabe auch über nicht vernetzbare Audio-Endgeräte realisieren.

Schönheit in Schwarz oder Weiss
Für die rundum sehr ästhetische Gestaltung der Formation Duo darf man den Industrie-Designern ein Kränzchen winden. Die vielfältigen Rundungen verleihen der Aktivbox einen besonders wohnraumfreundlichen Touch. Tatsächlich erinnert die Duo an die vor wenigen Jahren lancierte, damals von Designer-Ikone Kenneth Grange entworfene Signature Diamond, die ebenfalls mit leicht nach vorne versetztem Tiefmitteltöner und Rundgehäuse Akzente setzte. Diese Bauweise sorgt für eine besonders weiträumige Abstrahlung, da den Schallwellen keine Gehäusekanten im Wege stehen.

Das Duo-Design kommt noch wesentlich schwungvoller und integrierter als dasjenige der Signature Diamond daher. Möglich wurde diese aparte Form durch eine besondere Fertigungsweise: Das Gehäuse besteht aus zwei gegossenen Kunststoffschalen, die zusammengefügt ein rundes Ganzes bilden. Zum Einsatz kommt ein Verbundmaterial aus Polymer mit Zellulose, welches laut Bowers & Wilkins eine besonders hohe innere Dämpfung aufweisen soll. Die Teilung in zwei Gehäuseschalen war erforderlich, um vielerlei Komponenten einbauen zu können. Denn nebst dem Lautsprecherchassis beherbergt das Gehäuse auch noch die gesamte Elektronik mit Verstärkern, DSP und Netzwerktechnik.
Dass man es mit einem Aktivlautsprecher zu tun hat, merkt man nebst dem unumgänglichen Netzkabel auch noch an vier Tasten vorne am (optisch abgesetzten) Sockel der Box. Darüber kann man manuell die Musikübertragung via Mesh-Netzwerk aktivieren, die Lautstärke variieren sowie die Wiedergabe pausieren. Dies ist insofern wichtig, als keine separate Fernbedienung mitgeliefert wird. Für die Steuerung ist man ansonsten auf Handy oder Tablet angewiesen. Sind diese gerade mal nicht verfügbar, so kann man die Duo notfallmässig auch direkt von Hand dirigieren.

Als Treiber kommen bestens beleumundete Chassis aus dem Hause Bowers & Wilkins zum Einsatz. Den 16,5-cm-Tiefmitteltöner mit Continuum-Membran und die aufgesetzte Hochtonkalotte im massiven Alugussgehäuse kennt man bereits aus der Bowers & Wilkins 705 S2, wo sie für sehr präzisen und besonders räumlichen Klang sorgen. Angetrieben werden sie von zwei stromeffizienten Class-D-Endstufen mit 2 x 125 Watt, die nur geringe Abwärme produzieren. So werden die Duo im Betrieb auch nicht heiss. Die relativ hohe Verstärkerleistung ist speziell im Bass notwendig, um den erwünschten Tiefgang zu erzielen. Bowers & Wilkins spezifiziert für die Duo einen Frequenzgang bis hinunter zu 25 Hz. Um dies in einem geschlossenen Gehäuse von nur gut 20 l zu realisieren, braucht es eine spezielle Bassentzerrung in Form eines dynamischen Equalizers. Dieser limitiert die maximale Auslenkung des Basschassis und bewahrt es bei Tieftonattacken vor Überlastung.

Eindrückliche Klangpracht
Schon der erste akustische Kontakt mit den Formation Duo gestaltet sich absolut vielversprechend. So viel Klangfülle aus so kompakten Abmessungen beindruckt sogar den abgebrühten Kenner. Bereits bei kleiner bis mittlerer Lautstärke agieren die Duo vital und druckvoll. So muss man beim Hörtestklassiker «Sucker Row» aus Mark Knopflers Album «Shangri-La» gar nicht übermässig aufdrehen, um vom Klangerlebnis her auf seine Kosten zu kommen. Andererseits machen die Duo auch laut gehört richtig Spass. Sie klingen selbst bei erstaunlich hohem Pegel noch kontrolliert und präzise. Der Einsatz des «Dynamic EQ» ist dabei nicht wahrzunehmen.

Legt man bei Bassattacken die Hand aufs Gehäuse, spürt man zwar geringe Vibrationen. Solche sind bei der kompakten, geschlossenen Bauweise wohl nicht zu vermeiden. Viel wichtiger ist, dass sie nicht in Resonanzen ausarten. Und gerade hier scheint das gut bedämpfte Gehäuse aus Polymer-Zellulose-Verbund Vorteile gegenüber anderen Konstruktionen zu haben. Natürlich «schluckt» es akustische Energie, der sogenannte Verlustfaktor kann aber bei der technischen Auslegung problemlos miteinberechnet werden.
Bei akustischem Jazz beeindrucken die Duo mit viel Drive und Rhythmusgefühl sowie klarer, dynamischer Ansprache. Hier schon wird bei guten Aufnahmen – exemplarisch etwa «Big Band Basie» von Reference Recordings (Download hier) – eine ausgezeichnete Raumausleuchtung des musikalischen Geschehens wahrnehmbar. Die Musiker des Jazzensembles erscheinen klar ortbar und wunderbar plastisch abgebildet, man kann als Zuhörer mühelos die Illusion aufbauen, live dabei zu sein. Der Jazzbass zeigt Konturen und Tiefgang, das Piano perlt wunderbar vital und die Schlagzeugbecken kommen perfekt ziseliert.
Der Eindruck superber Räumlichkeit bestätigt sich noch mehr bei der Wiedergabe von Kammermusik. So etwa bei Schuberts Trio Opus 100, interpretiert von Vera Beths, Anner Bylsma und Jos van Immerseel (downloadbar hier). Die phänomenale räumliche Transparenz der Duo betont das konzertante Zusammenspiel der Musiker – mit der Konsequenz, dass das Musikhören andächtig bis dramatisch und insgesamt spannender wird.
Dies zeigt sich auch bei Vokalmusik: Beethovens geniale Chorphantasie Op. 80 (downloadbar hier). Diese Aufnahme sprüht nur so vor Intensität und Lebensfreude. Hierbei zeigt sich, dass die Formation Duo kein Kind von Traurigkeit ist und dynamische Passagen sehr authentisch, ohne hörbare Einschränkungen in den Hörraum zaubert.
So auch bei der fantastischen HiRes-Aufnahme der 2. Symphonie von Mahler (Download hier). Dermassen ausdrucksstark habe ich dieses Werk selten gehört, wobei ein guter Teil der gesteigerten Dramatik dem ausgeprägten Tiefgang dieser Aktivboxen zu verdanken ist. Der Ruf nach einem zusätzlichen Subwoofer wird beim potenziellen Besitzer der Duo jedenfalls nicht so schnell auftauchen.

Zu guter Letzt wollten wir auch noch wissen, wie sich der aktive Newcomer gegen das passive Pendant aus dem Hause Bowers & Wilkins schlagen würde. Immerhin offeriert Bowers & Wilkins mit der 705 S2 eine formidable 2-Weg-Box, die mit der gleichen Treiberbestückung aufwartet. Um den Vergleich einigermassen fair zu veranstalten, kombinierten wir dazu den ebenfalls testbewährten Vollverstärker Rotel RA-1572 (nachzulesen hier). Die Aktiv- und die Passiv-Lösung sind preislich durchaus vergleichbar. Ein Paar Formation Duo kostet CHF 4500; die Bowers & Wilkins-/Rotel-Kombi CHF 4235. Wobei man hier gerne noch CHF 200 für ein Paar anständige Lautsprecherkabel miteinberechnen darf. Möchte man die jeweils passenden Originalständer dazu erwerben, dann steht die Passiv-Lösung insgesamt rund CHF 300 günstiger da.
Im direkten Vergleich konnte sich die 705 S2 weder optisch noch klanglich in Szene setzen. Obwohl die 705 S2 gerade in mattem Weiss für sich betrachtet recht wohnraumfreundlich daherkommt, sieht sie neben einer Formation Duo doch eher kantig bis klobig – und trotz aufgesetztem Hochtöner letztlich altbacken aus. Dagegen schmeichelt sich das runde Design der Duo dem Auge richtiggehend ein. Ebenso krass fällt der A/B-Klangvergleich aus. Für sich gehört, tönt die Kombi aus Rotel RA-1572 brillant mit feiner Hochtonzeichnung und recht druckvoll im Bass. Schaltet man zur Duo, so erklingt die Musik nicht nur vitaler und voller, sondern ungleich plastischer und dreidimensionaler. Die Unterschiede in der räumlichen Abbildung sind nicht weniger als dramatisch, ebenso diejenigen beim Druck und Tiefgang im Bass. Der Autor traute seinen Ohren kaum, wie viel an Authentizität die Musikwiedergabe über die Formation Duo gewann. Das bringt einen natürlich zum Grübeln – und letztlich zur Vermutung, dass ein gut konzipierter digitaler Aktivlautsprecher mit fortschrittlicher DSP-Technologie einem passiven Pendant grundsätzlich überlegen sein könnte.
Fazit
Bowers & Wilkins hat sich für die Lancierung ihres ersten «ausgewachsenen» Aktivlautsprechers Zeit gelassen. Die Duo ist Bestandteil des Formation Wireless-Mehrraumsystem, macht aber auch als Stand-alone-Produkt im Wohnzimmer sowohl klanglich wie optisch eine hervorragende Figur. Sie erzielt eine so enorme Klangfülle aus sehr kompakten Abmessungen, wie man sie mit vergleichbaren Passivboxen wohl kaum je generieren kann. Ihr grösster Pluspunkt ist aber die superbe räumliche Abbildung in der Musikwiedergabe. Auch hier ist sie herkömmlichen Lautsprechern deutlich voraus. Wer sich nicht mit der unumgänglichen Wireless-Anbindung oder mit der Roon- und Airplay-basierten Musikwiedergabe anfreunden kann, findet mit dem Formation Audio Hub die passende Schnittstelle zu bestehendem Audio-Equipment.
