Kompromissloser Verstärker
Der Aethos hat ein durchgängiges Dual-Mono-Design. Abgesehen vom gemeinsamen Gehäuse und der Stromversorgung sind die zwei Verstärkerpfade konsequent getrennt. Die Endstufen können sehr hohe Ströme für kurze Zeit bereitstellen. Die Eigenschaft ist eine wichtige Voraussetzung für hohe Dynamik und Stabilität an verschiedenen Lasten/Lautsprechern. Für die Endverstärkung arbeiten pro Kanal jeweils vier Sanken-Leistungstransistoren.
Der Kopfhörerverstärker verspricht ebenfalls von höchster Güte zu sein. Er ist auf nahezu alle dynamischen Kopfhörer mit den üblichen Impedanzen von 32 bis 300 Ohm spezialisiert. Wenn man einen Verstärker wie den Aethos besitzt, sollte man nicht noch einen separaten Kopfhörerverstärker kaufen müssen.
Hörtest
Als einzige Quelle für den Hörtest diente der Aurender A10 (5990 CHF) mit seinem hervorragenden DAC. Ein Musikserver mit Bestand: avguide.ch testete den A10 bereits im Jahr 2017. Als Lautsprecher kamen die Spendor A7 (3990 CHF/Paar) zum Zug und am Ende zum Vergleich noch die Classic 100 von Spendor (10'990 CHF/Paar). Mit dem Rega Aethos für 4290 CHF und der günstigeren Lautsprecher-Variante ergibt sich ein Systempreis von 14'270 CHF ohne Kabel. Die verwendeten Kabel, vorwiegend Cardas, beförderten den Systempreis dann auf knapp unter 20'000 CHF. Das ist eine realistische Investition für High-End-Audio.
Ich musste schmunzeln: Auf dem Aurender A10 war noch eine Playliste von mir gespeichert, von 2017, als ich den A10 getestet hatte. Wenn man sich beruflich viel mit Musikwiedergabe beschäftigt, ändert man seine Gewohnheiten und Präferenzen dann und wann. Mir ergeht es jedenfalls so. Und plötzlich fand ich viele der alten Tracks wieder, die ich schon länger nicht mehr präsent hatte.
Zum Beispiel «She Makes Me Feel so Good» von Lyle Lovett (Album: «Joshua Judges Ruth») oder die Nummer «Back to Back» der Montgomery Brothers (Album: «Groove Yard»). Und wenn es für mich ein Jazz-Album gibt, das «Groove» verkörpert, dann jenes. Die Nummer ist so gut, dass sie fast immer gut herüberkommt, egal wo man sie abspielt, sogar auf Kopfhörer (hihi ...). Doch steckt der Teufel im Detail: Die Präsenz und die im Raum entstehende Aura der Instrumente (gesungen wird da nicht) war nahezu unvergleichlich, eigentlich nie gehört. Ich war echt platt und dachte, die Klangbühne hätte eine vierte Dimension. Ein unsinniger Erklärungsversuch.
Dann weiter die Violinsonate Nummer 10 von Ludwig van Beethoven auf einer Aufnahme von Wilson Audio mit David Abel. Man findet sie übrigens auf Qobuz in HiRes (Hier der Link). Auch bei dieser Kammermusikaufnahme war der Raum durchschreitbar und nicht bloss erkennbar. Man hatte fast Boden unter den Füssen. Die Symphonie Imaginaire von Jean Philippe Rameau, eine imaginäre Komposition aus seinem barocken Werk (er war der J. S. Bach Frankreichs) präsentierte sich mit enorm viel Verve und eben auch so raumfüllend und einnehmend.
Mit der Spendor Classic 100 ging es dann noch in die Vollen mit «Partition» von Beyoncé. Es ging dabei mehr um Basskontrolle als um Schönheit. Der Aethos ging ungebremst ans Werk, will heissen, dass Kontrolle nichts mit Bremsen zu tun hatte – eher mit Beschleunigung. Die Bass-Impulse waren sehr exakt und ausgesprochen realistisch.
Fazit
Insgesamt kann man den Aethos von Rega so beschreiben: Der Verstärker macht einen unverschämt guten Raum (oder Bühne) und klingt tonal sehr musikalisch und geradezu süffig. Er scheint mit unterschiedlichen Lautsprechern keine Mühe zu bekunden und weiss, wie man mit der elektroakustischen Energie beim Bass umgeht. Der Aethos ist hervorragend gebaut und verkörpert gleichzeitig pures Understatement. Ob sich Rega damit einen Gefallen tut, ist nicht sicher. Der berühmte britische Hersteller hat ein wenig dieses «Einsteiger-Image» mit dem Attribut von viel Qualität fürs Geld. Ein Vollverstärker wie der Aethos braucht sich jedoch vor diesen übertriebenen US-Protzkisten nicht zu verstecken. Er ist einfach für Leute gemacht, denen es um die Musik geht.