darTZeel LHC-208
Aber nun zum Testgerät, dem darTZeel LHC-208, dem neuesten «Musikinstrument» aus dem Hause Delétraz! Bis zu diesem Gerät bestand das darTZeel-Sortiment ausschliesslich aus Vor- und Endstufen, gerne auch monumentale Mono-Endstufen sowie integrierte Vollverstärker. Mit dem LHC-208 betritt darTZeel mit dem eingebauten Streamer mit Digital/Analog-Wandler digitales Neuland – und das gleich mit dem attraktiven, eingebauten Touchscreen. Seien wir ehrlich, die kleine, aber feine High-End-Manufaktur darTZeel am Genfersee traut sich was! Anstatt das zu machen, was man in den letzten 20 bis 30 Jahren gemacht hat, nämlich immer wieder Variationen von tollen Verstärkern anzubieten, wagt Hervé Delétraz den mutigen Schritt in die digitale Zukunft, zumindest was die Quelle angeht.
Der LHC-208 kostet CHF 18'100, die zusätzliche Ausgangsplatine kostet CHF 1810 extra. Mit der optional einbaubaren Ausgangsplatine bzw. deren Ausgängen kann der Besitzer das Gerät auch als Vorverstärker nutzen und zum Beispiel eine Endstufe oder aktive Lautsprecher betreiben. Die Fernbedienung ist ebenfalls im Preis inbegriffen, liegt gut in der Hand und erfüllt ihren Zweck absolut.
In der Region von CHF 20'000 tummeln sich viele gute High-End-Verstärker, viele allerdings (noch) ohne DAC und Streamer, daher muss bei der Gesamtbetrachtung ein hochwertiger Streamer/DAC inklusive Kabel immer noch preislich hinzu oder davon abgezogen werden, je nach Vergleichsobjekt. Im darTZeel-Portfolio ist der LHC-208 das Einstiegsangebot, geht’s doch mit dem Vollverstärker CTH-8550 für rund CHF 28'000 weiter und kulminiert bei den darTZeel-Mono-Endstufen NHB-468 zum Paarpreis von CHF 183'000.-
Der «Danalog»-Verstärker darTZeel LHC-208 leistet 200 Watt an 8 Ohm und 300 Watt an 4 Ohm, was ihm eine gute Stromlieferfähigkeit bescheinigt. An meinen 90-dB-Lautsprechern kam er jedenfalls nie auch nur annähernd an seine Grenzen und behielt stets locker die Übersicht.
Noch ein paar Worte zur eingebauten digitalen Technologie: Der eingebaute Digital/Analog-Wandler wandelt Signale bis 24Bit/384KHz und DSD128. Das Clocking läuft ohne PPL-Regelkreis («phase locked loop»), was doch ziemlich speziell ist und irgendwie zur Single-Ended-Topologie des Verstärkers passt.
Der DAC-Chip ist von Texas Instruments. Den Modelltyp selbst fand Delétraz klanglich nicht als Match-entscheidend. Wie viele andere DAC-Entwickler findet er eine stabile, gut konstruierte Stromversorgung für den Klang viel wichtiger. Das Statement kam mir sehr bekannt vor und relativiert damit alle DAC-Chip-Vorlieben der Audio-Fans!
Mal ehrlich, so unter uns, ein eingebauter Digital/Analog-Wandler inklusive Streamer in einem Vollverstärker hat schon was. Ein komplettes Gerät, lediglich ein Stromkabel, ein paar Lautsprecherkabel sowie ein LAN-Kabel angeschlossen – das Ding hochfahren und schon kann es losgehen. Das hat ganz klar etwas Verführerisches, ist extrem alltagstauglich und spart zudem Platz im Rack sowie einige teure Kabel. Klar, einige Audiophile mögen jetzt einwenden, dass es beim Wandler und Streamer noch Potenzial gibt. Schon möglich, aber mit externen Geräten kann ja immer noch aufgerüstet werden – et voilà!
Look and feel
Der 16 Kilogramm wiegende darTZeel LHC-208 geht in puncto Gewicht gerade noch als rückenfreundlich durch. Durch sein kompaktes Gehäuse sieht er aber leichter aus als er effektiv ist. Ich musste dann schon richtig zupacken, als mir André Aebischer das edle Teil mal so in die Hand drückte.
Die Front des LHC-208 ist optisch zweigeteilt, links schauen einem drei grosse, rote Augen an, die eine 6,3-Millimeter-Kopfhörerbuchse, einen IR-Empfänger und eine AUX-Miniklinken-Buchse beherbergen. Rechts davon dominiert der 5-Zoll-(ca. 13 cm)-TFT-Touchscreen die Front und so trifft Moderne auf Tradition! Nach dem Aufstarten begrüsst das Farbdisplay den stolzen Besitzer des «Little Heaven Corner»-Verstärkers mit dem (programmierten) Besitzernamen, très jouette!
Der Touchscreen zeigt unter anderem auch die aktuelle Gerätetemperatur an, was ich zuerst als Spielerei abtat. Aber eigentlich fand ich diese Information dann doch sehr aufschlussreich, dauerte es doch in der Regel ca. 30 Minuten, bis das Gerät seine übliche Betriebstemperatur von 50 Grad erreichte. Bei entsprechender Musse kann man also dem Verstärker beim Aufwärmen zuschauen ... also ich gebe zu, dass ich immer mal wieder auf die Temperaturanzeige schielte. Klanglich fand ich den LHC-208 nach 60 Minuten dann komplett warmgelaufen und prêt a jouer!
Nach der aufgeräumten Front wirkt die Rückseite mit ihren vielen Anschlüssen schon gut belegt. Zwei exotische Anschluss-Varianten fallen dem «noch-nicht-darTZeel»-Kenner auf:
1. Cardas-Lautsprecher-Terminal: Praktisch und klanglich sicherlich nicht die schlechteste Wahl. Delétraz hat sich für die teuerste Rhodium-Variante entschieden. Speziell mit Bananas ist das Anschliessen eine tolle Sache: Reinschieben, Schrauben massvoll anziehen, passt!
2. Die «Zeel-BNC-50 Ohm Input»-Anschlüsse sind gemäss Hervé Delétraz die technisch optimale Anschlusslösung. Er hat dazu vor 20 Jahren ein interessantes Whitepaper zum Thema «Impendanz-Matching» akribisch erarbeitet. Das Resultat seiner Forschung ist dieses 50 Ohm BNC Terminal. Die das nächste Jahr auf den Markt kommende darTZeel-Phono-Vorstufe wird dann die Zeel-BNC-Buchse perfekt bedienen. Da sind wir mal sehr gespannt!
Apps von darTZeel und Mconnect
Die darTZeel- und die Mconnect-App funktionieren mit dem darTZeel-Gerät. Beide Apps tunneln die üblichen audiophilen Musikportale Qobuz und Tidal. Auf diese Weise konnte ich auf mein übliches Qobuz-Test-Repertoire zurückgreifen.