TESTBERICHT
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Höchstleistung elegant verpackt

Trotz der recht üppigen Abmessungen wirkt der Cinema 30 von vorne betrachtet keineswegs furchteinflössend. Dennoch wird auch schon rein visuell klar, dass man es mit einem Hochleistungspaket zu tun hat. Tatsächlich ist die Ausgangsleistung von nominell 140 Watt pro Kanal (RMS an 8 Ohm beim Zweikanalbetrieb) vielleicht weniger ehrfurchtgebietend als die Tatsache, dass deren 11 Endstufen integriert sind.

Vorverstärkerseitig lassen sich sogar 13.4-Kanäle verarbeiten. Damit lassen sich sowohl heute wie in Zukunft wohl alle Soundlandschaften gemäss den Vorgaben der diversen modernen Sound-Codices vollumfänglich realisieren. Der Cinema 30 bietet hier fast alles an, bis hin zu den exotischen Formaten Auro-3D, MPEG-H oder auch 360 Reality Audio. Obwohl es diesbezüglich ja noch kein sehr grosses Software-Angebot gibt, macht diese Vollausstattung jetzt schon Sinn, da der Käufer für die kommenden Formate bereits bestens gerüstet ist.

Ein neu entwickeltes DAC-Board mit doppelten 8-Kanal-32-Bit-Chips von ESS Sabre ist für die HiRes-DA-Wandlung zuständig.Ein neu entwickeltes DAC-Board mit doppelten 8-Kanal-32-Bit-Chips von ESS Sabre ist für die HiRes-DA-Wandlung zuständig.

Ein leistungsfähiger Dual-Core-Rechenchip von Analog Devices (Typ: Sharc ADSP-21593) besorgt die vielfältigen Aufgaben der digitalen Signalverarbeitung. Diese verfügt auch über ausgefeilte «Surround-Aufpolierer», die sowohl Stereo- wie 5.1-Tonspuren auf das gewünschte Mehrkanal-Format inklusive «Heigth»-Kanäle upmixen. Insofern macht ein 7.1-Lautsprecher-Setup mit zusätzlichen Decken-Lautsprechern (zwei oder vier Stück) im Zusammenspiel mit diesem AV-Verstärker sehr viel Sinn. Ebenso ist die Kombination mit einem oder mehreren Subwoofern fast unerlässlich, denn erfahrungsgemäss können auch grössere Frontlautsprecher dedizierte LFE-Signale nicht authentisch wiedergeben.

Der Cinema 30 verfügt über ein fortschrittliches Subwoofer-Management für bis zu vier separate Subwoofer, die sich individuell einmessen und kalibrieren lassen und so die ultimative Tieftonwiedergabe im gesamten Hörraum realisieren können. Verschiedenste Subwoofer-Settings sind möglich, so optional auch der neue direktionale Subwoofer-Modus, der das Zusammenspiel mit den umliegenden Lautsprechern verbessern soll. Grössere Kinoräume profitieren von mehreren Subwoofern; diese ermöglichen eine gleichmässige, raumfüllende Basswiedergabe und steigern den räumlichen Eindruck des Heimkinosounds enorm.

Durchdacht und kompromisslos: Der Innenaufbau des Cinema 30 zeugt vom grossen Know-how des japanischen Traditionsherstellers.Durchdacht und kompromisslos: Der Innenaufbau des Cinema 30 zeugt vom grossen Know-how des japanischen Traditionsherstellers.

Um eine hohe Ausgangsleistung auch im Mehrkanal-Betrieb zu realisieren, haben die Marantz-Ingenieure beim Cinema 30 einen beachtlichen Aufwand betrieben. So kommen im Netzteil ein satt dimensionierter Ringkern-Transformator sowie speziell für Audio-Stromversorgungen entwickelte Siebelkos mit einer Gesamtkapazität von 22'000 µF zum Einsatz. Neue Hochleistungstransistoren docken über eine Kupferplatte an einem massiven Stranggusskühlkörper an.

Für zuverlässige Kühlung im Leistungseinsatz fächeln (unhörbare) Ventilatoren von unten Luft zu. Auch die mechanische Konstruktion ist beim Cinema 30 u. a. mit doppellagigem Chassis, verkupfertem Aussenchassis und zusätzlichen Bodenplatten für Trafo und Endstufenblöcke absolut kompromisslos ausgelegt. Zugunsten hoher Klangtreue arbeitet der Marantz in der Eingangswahl, Lautstärkeregelung und Endstufen-Zuweisung mit analogen Schaltkreisen, basierend auf hochwertigen ICs. Nicht benötigte Verstärkerzweige werden deaktiviert, was das Netzteil entlastet und Strom spart. Nicht benötigte Vorstufenausgänge werden ebenfalls abgeschaltet.

Die Anschlussperipherie des Cinema 30 ist enorm vielfältig. Sogar analoge Video-Eingänge werden angeboten.Die Anschlussperipherie des Cinema 30 ist enorm vielfältig. Sogar analoge Video-Eingänge werden angeboten.

Die Anschlussperipherie kann sich wahrlich sehen lassen: Sieben Line-Eingänge und ein (sehr rauscharmer) Phono MM erfreuen Nutzer analoger Musikquellen. Dazu passt, dass im Direct-Modus der analoge Signalpfad ohne (digitale) Umwege verarbeitet wird. Dies ergibt besonders Sinn, wenn man ein Paar der Endstufen für eine puristische Stereo-Hörzone einsetzen möchte.

Andererseits kann man natürlich auch analoge Quellen mittels DSP auf geschmackvollen Mehrkanal-Sound hochrechnen lassen. Vier Digitaleingänge nehmen sich fast schon bescheiden aus. Aber natürlich laufen die meisten Signale zu einem AV-Verstärker über HDMI. Und hier ist der Cinema 30 mit deren sieben Stück – allesamt 8K/HDCP2.3-zertifiziert – bestens ausgestattet. Die diversen High-Dynamic-Range-Modi sowie die angesagten Game-Modi werden ebenfalls unterstützt. Über den HDMI-Monitor-Ausgang 1 kann man einen ARC-/eARC-kompatiblen Fernseher anschliessen, über HDMI-Monitor 2 gleichzeitig einen Beamer. Unabhängig davon kann man eine zweite Video-/Hörzone mit einem 4K-HDMI-Signal versorgen.

Bombastisch und audiophil

Um die klanglichen Qualitäten des Cinema 30 vollständig auszuloten, ist Lautsprecher-seitig das Beste gerade gut genug: So hatten wir die brandneue, überragend verarbeitete 702 S3 Signature von Bowers & Wilkins zur Verfügung (Test demnächst hier auf avguide.ch), die dank innovativem Mittel- und Hochtöner ein Maximum aus jeglichem Musikmaterial herausholt und mit ihren drei leistungsfähigen Tieftönern auch ohne Subwoofer-Unterstützung selbst in grösseren Hörräumen satte Heimkino-Sounds entfaltet.

Dennoch hörten wir zusätzlich auch mit Subwoofer – und zwar mit dem Besten vom Besten: nämlich einem DB1D ebenfalls von Bowers & Wilkins. Für die Qualität der Musikwiedergabe entscheidend ist vor allem auch der Center-Lautsprecher. Hier offeriert Bowers & Wilkins passend zu den 702 Signature neu den HTM71 S3 Signature. Diesen hatten wir für unseren Hörtest zwar nicht zur Verfügung, jedoch das tonal ähnliche (Standard-)Modell aus S3-Serie. Als Height- und als Surround-Lautsprecher kamen je zwei Stück AM-1-Monitore zum Einsatz.

Monumentaler Klang, edles Design: Die neuen 702 S3 Signature von Bowers & Wilkins bewähren sich auch in Heimkinos der absoluten Spitzenklasse.Monumentaler Klang, edles Design: Die neuen 702 S3 Signature von Bowers & Wilkins bewähren sich auch in Heimkinos der absoluten Spitzenklasse.

Zunächst hörten wir echte 5.1-Mehrkanal-Aufnahmen ab SACD, die dem Cinema 30 von einem Universalplayer via HDMI zugespielt wurden. Dabei konnten wir Lautsprecherkonfigurationen sowohl mit als auch ohne Subwoofer abrufen. Ebenso war es möglich, per Druck auf die «Pure Direct»-Taste die Raumeinmessung Audyssey MultEQ XT32 ausser Kraft zu setzen. Theoretisch verspricht der «Pure Direct»-Modus eine bessere Klangqualität, da die digitale Nachbearbeitung der Musiksignale überbrückt wird. In der Praxis ergab sich jedoch ein ganz anderes Bild: Die 5.1-Wiedergabe ohne Raumkalibrierung agierte zwar sehr präsent und präzise, die räumliche Abbildung von Solostimmen oder Einzelinstrumenten erschien jedoch vergleichsweise flach.

Wie von Zauberhand: Audyssey MultEQ XT32 linearisiert die Wiedergabe auch in akustisch schwierigen Umgebungen. Links der Frequenzgang der 702 S3 Signature ohne Einmessung, rechts mit.Wie von Zauberhand: Audyssey MultEQ XT32 linearisiert die Wiedergabe auch in akustisch schwierigen Umgebungen. Links der Frequenzgang der 702 S3 Signature ohne Einmessung, rechts mit.

Mit zugeschaltetem Audyssey hatte das musikalische Geschehen deutlich mehr Plastizität und räumliche Tiefe. Beispielsweise die Solostimme von Tierney Sutton (ab der Mehrkanal-SACD «something cool») gewann wie durch Zauberhand an Ausdruckskraft und Konturen. Auch die Klangfarben wirkten authentischer. Der klangliche Zugewinn durch die Raumeinmessung ist auch bei der Wiedergabe von Stereo-Aufnahmen so klar und deutlich, dass selbst Puristen den Vorteil von Audyssey MultEQ XT32 nicht in Abrede stellen werden.

Herrlich dynamischer Funk-Jazz: Tierney Suttons Album «something cool».Herrlich dynamischer Funk-Jazz: Tierney Suttons Album «something cool».

Bei der fantastischen Mehrkanal-Aufnahme «Membra Jesu Nostri» der Netherlands Bach Society konnte die Kombi Marantz Cinema 30 und Bowers & Wilkins 702 S3 Signature zeigen, was sie punkto Klangkultur drauf hatte. Unglaublich, mit wie viel Feinsinn und musikalischer Andacht diese Sakralmusik in Szene gesetzt wurde. Hi-Res-Mehrkanal-Aufnahmen über diese Kombination gespielt sind das Mass der Dinge, wenn es um den Einbezug des Hörers in eine authentische Aufnahme-/Konzertsituation geht. Mit aktivem Subwoofer und per DSP hinzugerechneten Höhen-Lautsprechern gewann die Aufnahme zusätzlich an räumlicher Weite und Tiefe, aber auch im 5-Kanal-Betrieb blieben diesbezüglich kaum Wünsche offen.

Emotional berührend: Frühbarocke Sakralmusik von Buxtehude in bestechender HiRes-Surroundaufnahme.Emotional berührend: Frühbarocke Sakralmusik von Buxtehude in bestechender HiRes-Surroundaufnahme.

Die gleiche Aufnahme ab SACD-Zweikanal-Tonspur erklang ebenfalls bestechend schön und anmutig; die Frage, ob man hier Surround-Sound hinzupolieren möchte, ist lediglich eine Entscheidung des persönlichen Geschmacks. Besonders die Dolby-Surround-Erweiterung gefällt beim Cinema 30, da der Raumklang-Effekt wohl dosiert ist und dadurch immer noch natürlich wirkt. Dies gilt natürlich auch bei der Nutzung von Streaming-Diensten. Leider bietet das integrierte HEOS-Streaming-Portal Qobuz immer noch nicht an. Hingegen kann man damit problemlos HiRes-Aufnahmen ab einem USB-Stick abspielen, dies bis zu einer Auflösung von 24-Bit/192-kHz bzw. DSD128.

Der Cinema 30 lässt sich wahlweise via übersichtlicher Fernbedienung oder per App steuern.Der Cinema 30 lässt sich wahlweise via übersichtlicher Fernbedienung oder per App steuern.

Zu guter Letzt durfte sich der Cinema 30 auch noch bei einschlägigen Dolby-Atmos-Trailern austoben. Zwar zeigt sich hier, dass man um einen dedizierten Subwoofer nicht herumkommt, will man das ultimative Heimkino-Erlebnis in den eigenen vier Wänden realisieren. Aber auch ohne Tiefbass-Unterstützung (der DB1D kam erst unterhalb 40 Hz zum Einsatz) beeindruckte die Marantz-/Bowers&Wilkins-Kombi mit ungemein druckvollem, dabei äusserst präzisem Bass. Selbst bei grenzwertigen Pegeln (die unweigerlich die Nachbarn alarmieren werden) agiert der Cinema 30 sauber und stets gelassen, er schüttelt bei Action-Szene Sound-Tumulte mit schier unbegrenzter Dynamik unbeeindruckt aus dem Ärmel. Fast noch eindrücklicher war jedoch, welches Klangambiente er bei atmosphärischen Szenen kreiert. Anspruchsvolles Heimkino lebt eben nicht nur von Krawall, sondern auch von knisternder Spannung mit feinsten Zwischentönen.

Echtes Highlight unter den AV-Verstärkern der Topklasse: Der Marantz Cinema 30 überzeugt sowohl im Heimkino-Einsatz als auch bei der Musikwiedergabe.Echtes Highlight unter den AV-Verstärkern der Topklasse: Der Marantz Cinema 30 überzeugt sowohl im Heimkino-Einsatz als auch bei der Musikwiedergabe.

Fazit

Der Marantz Cinema 30 ist klar in die Referenzklasse einzuordnen. Mit seiner kompletten Ausstattung und der ausgezeichneten Wiedergabequalität richtet er sich nicht nur an anspruchsvolle Home-Cineasten, sondern genauso an audiophile Musikliebhaber, die ein Maximum aus guten Mehrkanal- und Zweikanal-Aufnahmen herausholen möchten.

Übersicht zu diesem Artikel
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STECKBRIEF
Modell:
Cinema 30
Profil:
Audiophil abgestimmter 11.4-AV-Verstärker der absoluten Spitzenklasse, der mit umfangreicher Ausstattung, hohen Leistungsreserven und einfacher Installation/Bedienung punktet. Dank durchgängiger 8K/HDMI-Kompatibilität ist der Cinema 30 zukunftssicher ausgelegt. Seine Leistungsreserven reichen auch für sehr grosse Räume. Er tönt aber leise gehört atmosphärisch und packend und punktet genauso im anspruchsvollen Heimkino-Einsatz wieder bei der HiRes-Musikwiedergabe.
Pro:
Sehr gut verarbeitet, edel designt.
Alle modernen Tonformate mit an Bord, insgesamt komplette Ausstattung.
Sehr hohe Leistungsreserven und überzeugende Klangqualität bei jeder Lautstärke.
Sehr guter Phono-Eingang
Einfache Installation und Bedienung.
Sehr gute Audyssey-MultEQ-XT32-Raumkalibrierung.
Vorbereitet für Dirac-Live-Raumeinmessung.
Automatische Stromsparfunktion.
HEOS-Streaming integriert.
Contra:
HEOS ohne Qobuz-Unterstützung.
Preis:
4,350.00 CHF
Hersteller:
Jahrgang:
2024
Vertrieb:
Masse:
442 x 457 x 189 mm
Gewicht:
19,4 kg
Farbe:
Silber, Schwarz
Airplay:
Ja
Internetradio:
Ja
Analog Input:
6 x Cinch, Phono MM
Analog Output:
13.4-Surround-Out, Zone 2, Zone 3
Audioformate:
HiRes bis 192 kHz Samplingfrequenz, DSD128
DA-Wandler:
ESS Sabre 32 Bit
DLNA:
über HEOS
Decoder:
Dolby Atmos, DTS:X, Auro-3D
Digital Input:
2 x optisch, 2 x koaxial
HDMI:
8 x /HDCP 2.3 mit 8K/HDR/Dolby-Vision-Unterstützung
Leistungsaufnahme:
max. 780 W
Leistungsaufnahme Standby:
0,2 W
Prozessor:
Sharc ADSP-21593
Remote App:
Android und iOS
Video Input:
Componenten, Composit
Video Out:
2 x HDMI 8K, Zone 2