In PCM bei Qobuz wiedergeboren

Der britische Geiger und Dirigent Andrew Manze wird zu den Interpreten gezählt, die auf sogenannt authentische Spielweisen setzten, die also mindestens versuchen so zu spielen, wie das zu Zeiten der entsprechenden Komponisten üblich war. Aber da man aus dieser Zeit keine Aufnahmen, sondern höchstens Beschreibungen zu Rate ziehen kann, eröffnet sich ein weites Feld für sehr unterschiedliche Ansichten und Behauptungen. Im Gegensatz zu anderen Musikern, die sich der authentischen Spielweise verschrieben haben, sind hier keine von völlig unmusikalischen Musikwissenschaftlern propagierten akademischen Mätzchen zu hören, die nicht nur in meinen, sondern auch in vielen anderen Ohren grauenhaft und absolut geschmacklos klingen.
Nein! Andrew Manze spielt zwar auf eine ganz besondere Art, doch klingt es immer grundmusikalisch und natürlich. Manze geizt mit dem Vibrato und setzt es nur dann ein, wenn er es wirklich für angebracht hält. So spielt er oft schnurgerade Töne, die nur ganz kurz vor dem Ausklingen noch ein dezentes Vibrato erhalten. Das klingt nicht nur ausserordentlich schön, sondern auch viel lebendiger, als wenn der Geiger jeden Ton mit gleich intensivem Vibrato spielt.
Und in Sachen bogentechnischer Feinheiten ist Manze der absolute Meister! Wie er im Pianissimo den Bogen mit federleichtem Druck über die Saiten streichen lässt und ihnen ein zartes Hauchen entlockt, erstaunt immer wieder. Dass auf diese feinste Art und Weise die Saiten überhaupt noch ansprechen, grenzt an ein Wunder. Andrerseits kann er seiner Geige mit sattem Bogenstrich auch mal kräftige, aber immer edle Töne entlocken und holt so die ganze Dynamik aus diesem Instrument.
In PCM bei Qobuz wiedergeboren

Das Album Concertos for the Emperor befindet sich seit Langem als Hybrid-SACD in meiner Sammlung. Vereinzelt ist diese SACD mit wunderschönen Vivaldi-Werken heute noch im Handel zu ergattern. Bei Qobuz ist dieses Album nun als PCM 88,2 kHz / 24 Bit als Download und auch per Streaming erhältlich.
Bei diesen barocken Violin-Konzerten ist Andrew Manze ganz im Element und zeigt seine ganze Virtuosität. Auch das Orchester spielt mit Können und grosser Spielfreude. Ab und zu hätte ich mir gewünscht, dass man den Solisten etwas deutlicher aus dem Orchesterklang herausgehoben hätte. So muss ich der Versuchung widerstehen, den Lautstärkeregler bei Solopassagen etwas aufzudrehen und ihn dann bei den dann allzu laut erscheinenden Orchester-Tutti wieder zurückzudrehen.
Klanglich liegt das Album auf der hellen, brillanten Seite, was diesen barocken Werken gut ansteht, solange die Wiedergabeanlage nicht auch schon mit betonter Brillanz zum Konzert aufspielt. Dann nämlich kann es vorkommen, dass diese Aufnahmen etwas höhenbetont und unterkühlt wirken.
DSD kontra PCM

Nun kommt es zu einem etwas seltsamen, ganz gewiss etwas hinkenden, aber dennoch hochinteressanten Vergleich: Die originale SACD ab SACD-Player gegen die von Qobuz gekaufte PCM-Version ab HiRes-Player. Die SACD wird über den legendären und gut erhaltenen Sony-SACD-Player SCD-XB770 in Stereo abgespielt, die PCM-Version über den Pioneer-HiRes-Player XDP-300R.
Doch der Vergleich überrascht. Beide Versionen klingen hervorragend! Ab SACD erscheinen die Streicherwerke eine Nuance griffiger und konturierter, die PCM-Version klingt jedoch kaum schlechter und bietet im Prinzip den gleichen strahlend-brillanten Klang. Es ist jedoch anzunehmen, dass diese geringfügigen Klangunterschiede nicht nur von den unterschiedlichen Formaten DSD und PCM, sondern auch von den Wandlern der so unterschiedlichen Player her stammen. Doch habe ich Mühe, eine Version als klar besser zu bezeichnen.
Damit glaube ich, wieder einmal zu erfahren, dass PCM in High Resolution nicht schlechter als DSD klingt. Anderslautende Meinungen und Erfahrungen können am Ende dieser Rezension eingetragen werden. Da bin ich ja mal sehr gespannt ... und hoffe doch sehr, dass man mir nicht nur freundlich zunickt, sondern auch energisch widerspricht.