Die mediale Ankündigung, dass nach vier Jahren «Schaffens- und Coronapause» sich nun wieder die Gelegenheit bieten würde, in den mit gediegenen Teppichen ausgekleideten Hotelzimmern des renommierten Mövenpicks von über 30 Herstellern/Verkäufer und rund 160 Audio-Marken quasi auf einem geballten «Plattenteller» serviert zu bekommen, vermochte Emotionen zu wecken.
So wartete am besagten Samstagmorgen um 10 Uhr eine beachtliche Schar, vorwiegend Männer im mittleren Alter, wie Schulbuben darauf, bis der Pausengong zum Eintreten lud. Es stürmten denn einige schnurstracks in die Lobby, griffen sich kurzerhand ein Programmheft und strebten weiter zielsicher auf einen der zwei Floors, auf denen in den verschiedenen Zimmern und kleinen Konferenzräumen delikate, audiophile Kost geboten wurde.
Eigentlich gab es keinen Grund zur Eile, denn die Messe dauerte bekanntlich zwei Tage – da wurde einem nichts «weggehört». Dennoch wollte auch ich zeitig in den noch nicht überfüllten Räumen meine «Favoriten-Anlagen» in aller Ruhe geniessen können. Apropos Ruhe: Ich empfand die Lautstärke den ganzen Tag hindurch weitestgehend angenehm. Das hat sicher auch damit zu tun, dass in den meisten Räumen die Lautstärke moderat, also nachbarschaftstauglich dosiert war. Und ja, natürlich nervte es, wenn dauernd die Türklinken in die Schlösser fielen, um Augenblicke später wieder geöffnet zu werden, so dass der Umgebungsschall aus den angrenzenden Räumen sich unliebsam einmischt.
Die früher permanent gefallene Entschuldigung von den Ausstellern für ihre offenbar nicht ganz so perfekte Perfomance, dass «speziell ihr Raum ein akustischer Alptraum sei», hörte ich dafür kaum mehr. Ein über alle Frequenzen vorhandenes Absorber-Angebot, teilweise elegant als Bilder getarnt, waren vermutlich im positiven Sinne mitschuldig.
Wem das «Gewusel» aber dennoch zu viel wurde, hatte mindestens drei Möglichkeiten, sich diesem zu entziehen und etwas Ruhe zu finden. Im Boardroom im Untergeschoss und im 3. OG, Raum 329, konnte man Kopfhörer von 20 Marken und jeglicher Preis-Couleur miteinander vergleichen und katatonisch in die selbstgewählte Musik-Welt abtauchen.
Im «Meet und Relax»-Raum, der von der Schweizer Analog Audio Association installiert wurde, konnte man in gedämpfter Atmosphäre nostalgisch anmutende Analog-Anlagen bestaunen und in einem reichen Sortiment nach Vinyl-Trouvaillen wühlen. Snacks und Kaffee wurden einem dort, wie auch in der Hotel-Lobby und dem angrenzenden Hotel-Restaurant serviert.
Die Klassiker
Schön war es, dass man alte und neue Bekannte treffen konnte – ich meine Audio-Marken, Produkte, aber auch Händler und «User». Starten wir die Reise mit bewährten Vertretern der Audio-Zunft. Voran sei der kleine, britische Harbert P3ESR XD, also ein Zweiweglautsprecher, erwähnt. Dieser Lautsprecher wird wohl nie nerven, eignet sich bis zu mittleren Pegeln für jede Art von Musik und spricht eher den Genusshörer als den Chefanalytiker an. Mir fehlte lediglich ein wenig der «Wums» unten rum – oder anders gesagt: das Bass-Fundament. Die runde, analoge Klangcharakteristik wurde sicher auch von Plattenspieler und Röhrenverstärker, die in der Kette spielten, mitgeprägt. Für rund 3000 Euro ist das schon fast ein Sonderangebot, das man für kleine und mittlere Räume sicher prüfen sollte.
Die Marke Diapason bietet Handwerkskunst aus Italien, welche zwar nicht ganz so hochglänzend daherkommt, wie wir es von anderen Italienern, z. B. von Sonus Faber, kennen, welche ihre Lautsprecher mit x Schichten Bootslack auf Hochglanz polieren. Dafür liegt die Diapson auch preislich etwas darunter. Bei der Hörprobe war das grösste Exemplar angeschlossen: die Dynamis für 55'000 Franken das Paar und 100 kg Kampfgewicht – ein rechter Brocken.
«Mr. Workshop», Matthias Böde, demonstrierte an dieser Anlage den Unterschied zwischen einer UHQCD (Ultimate High Quality CD) und einer herkömmlichen CD. UHQCD werden mit einer völlig neuen Methode der Disc-Replikation hergestellt: Die CDs werden aus Photopolymer gegossen und mit UV-Licht ausgehärtet. Als Kratz-Schutz wird eine weitere Schicht hochreinen Polycarbonats aufgebracht. Fazit: Eine UHQCD bringt definitiv eine klangliche Verbesserung in allen Bereichen und kann erfreulicherweise mit einem konventionellen CD-Player abgespielt werden.
Fyne Audio – «very british», mit Coax-Chassis und einem Stammbaum, der wohl unschwer zu leugnen ist (Tannoy). Präsentiert wurde die sehr edel gefertigte F1 10, markant durch ihre «gewellten Gummi-Sicken», für rund 20'000 Euro. Für den optionalen Super-Hochtöner kommen aber nochmals schlappe 4000 Franken dazu.
Das Superhochtöner-Konzept scheint Furore zu machen, denn auch ELAC rüstete seine Lautsprecher mit einem Superhochtöner auf, welcher quasi als Rundstrahler konzipiert ist und den Hochton nicht bündeln soll.
Bei Avantgarde Acoustic wurden die neue Duo SD sowie die neue aktive Zero Itron präsentiert. Avantgarde-typisch fallen sie rein optisch schon durch ihre übergrossen Kugelwellenhörner auf. Leider habe ich die Vorführung verpasst und werde diese Unterlassungssünde bei nächster Gelegenheit bei Aug & Ohr in Zürich wieder sühnen.