Die Aktiven
Und somit sind wir bereits bei den Aktiv-Lautsprechern angelangt, welche in meiner Wahrnehmung von immer mehr Herstellern angeboten werden. Backes & Müller, quasi das deutsche Urgestein im Bau von aktiven Lautsprechern, war in einem der wenigen mittelgrossen Räume, klotzte aber nur bedingt. Die neue Serie mutete filigraner und durch ihre klare, geometrisch gehaltene Formsprache moderner an. So wurden drei Vertreter ihrer Spezies angeboten: die B&M IO (20'000 Euro), der kleinste Lautsprecher auf einem Ständer, über die NEO (35'000 Euro) und die Jubilé (48'000 Euro), das zweitgrösste Produkt. Sie erinnert von der Grösse und Haptik her an die BM 25line – bloss, dass die Rundungen abgekantet sind.
Ein anderer bekannter deutscher Lautsprecherhersteller aus dem süddeutschen Raum, Nubert, war auch mit einer neuen Aktiven präsent. Wireless-«Mehrklang-Faszination» wurde einem versprochen. In vergangenen Jahren hatte die Marke mit grossen Räumen und grossen Lautsprechern aufgetrumpft. Für einmal war das Angebot äusserlich etwas «schweizerischer» und dezenter abgestimmt – war dann aber qualitativ nicht minder beachtlich. Die Schwaben, die bekanntlich wissen, wie und wo man sparen kann, werben damit, dass sie durch ihren Direktvertrieb ihre Produkte preiswerter anbieten können. Die neue Aktive nuZeo 15 mit total 7 Chassis unter 4800 Euro ist schon eine Kampfansage. Und der Klang war für mich erstaunlich filigran und der Bass zwar immer noch satt, aber nicht übertrieben.
Die Cabasse-Perle «Pelegrina» mit ihrer perlweissen Kugel auf leicht verdrehten Beinen mutet schon «spacy» an. Ich hatte schon einmal selber die kleine «Pearl» bei mir als Gast zu Hause, welche aber nach Diskussionen im Familienrat nicht mehrheitsfähig war und konventionellen Boxen weichen musste. Mir persönlich hatte sie gefallen. Abgesehen von der unorthodoxen Ästhetik bietet sie modernste Technik. Der Preis von rund 30'000 Franken relativiert sich wiederum dahingehend, dass alles, was man zum Hören braucht, mit an Bord ist – inklusive eines hochwertigen Streamers.
Etwas eigenwillig – und dies nicht nur mit Namen – war der aktive, weisse 2.5-Wegler von GGNTKT (wie man dies wohl richtig ausspricht?) bei Sulzer Audio. Das Model M1 wirbt denn auch für immersive Klangerlebnisse. Jederzeit 121 db Spitzenpegel, unkomprimiert und realitätsnah. Ihre trichterförmige Bauweise verspricht Weiträumigkeit durch ein modelliertes Abstrahlverhalten, was in der Praxis bedeutet: weniger Reflexions- und Diffusschall und mehr Präzision trotz vergrössertem Sweetspot – und somit das Gefühl, mitten im Geschehen zu sitzen.
Bei Airplain kriegt man das Gefühl vermittelt, in der «First class» in der ersten Reihe mitzufliegen. Trotz viel Swissness hat die Marke etwas Mondänes an sich. Das integrierte Streaming-Modul wurde in Zusammenarbeit mit Daniel Weiss, von Weiss Engineering, entwickelt. Ihm wurde 2021 für seine Pionierarbeit in der digitalen Audiotechnik der Technical Grammy Award verliehen – also doch etwas Überflieger-Gene. Und ja, die Lautsprecher klingen so neutral, stimmig und analog – das kann als hohe Kunst des aktiven Lautsprecherbaus bezeichnet werden.
Andreas Heggendorn von Wondermusic tüftelt seit Jahren in Mathon (GR) in luftiger Höhe (1590 m ü. M.) und schönster Aussicht in die Bergwelt mit digitalen FIR-Filtern zur Optimierung von Lautsprechern. Er verwendet für die aktiven Hooter 200 Chassis aus der PA-Welt und erreicht dadurch dennoch – oder erst recht – messtechnisch hervorragendste Ergebnisse, deren Klang auch Audiophile begeistern kann.
Thomas Schneider ist Inhaber und Entwickler einer kleinen Manufaktur in Horgen. Für einmal kommt also nicht Piega aus Horgen, sondern «Wireless Audio». Seine Wireless-Tansmission-Line-Lautsprecher sind mit dem höchsten, nahezu verlustfreiem Wireless-Level WISA ausgerüstet und kommunizieren miteinander via 5-GHz-Band und in 96KHz/24Bit-Qualität.
Kuriositäten
Wer allmählich etwas müde Beine vom Tür-zu-Tür-Schlendern hatte, konnte sich bei A-Relax mittels Klangwiege durch ganzheitlich erlebte Musik entspannen. In einfachen Worten: Man liegt auf einer ergonomisch geformten Entspannungsliege, bekommt zwei akustische Trichter auf die Ohren gerichtet und kann die «dritte Dimension» – sprich die Vibrationen im Bein- und Rückenbereich – beliebig stark mittels Drehregler dazuschalten. Dies soll eine neue Dimension des Hörens ermöglichen … entspannend und witzig wars auf alle Fälle.
Als einer der wenigen Kabelanbieter hatte Gotham Cable in seinem Raum ein beachtliches Sortiment an ordentlich aufdrapierten Müsterchen. Ich wusste ehrlich gesagt nicht genau, worauf ich da hätte achten sollen. Das mögen wohl andere anders gesehen oder gehört haben.
Da wäre noch die Bandmaschine von Revox zu erwähnen. Als Nachfolgermodell der legendären B77 wird neu die B77 MK III angeboten. Sie ist für eine kleine Schar gedacht, die sich die maximale Musik-Qualität eines Mastertapes nicht entgehen lassen wollen. 20 Stück sollen im Dezember lieferfertig sein. Der Preis liegt um die 13'000 Franken.
Und etwas Gigantismus und Glimmer gabs dann doch noch. Im hintersten Raum des Untergeschosses wurde einem von Clarisys Audio mit gigantischen grossen Bändchenlautsprechern an superber Elektronik der audiophile Himmel geboten. Für mich klangen sie zwar nicht ganz so neutral – aber magisch und mit hohem Suchtpotential. Würden die Lautsprecher in einem Geschäft an der Zürcher Bahnhofstrasse ausgestellt, hätten sie vermutlich kein Preisschild dran – sie verstehen ...