Seit mittlerweile fast zwei Jahrzehnten ist das Klangschloss zu einer festen Grösse für audiophile Musikliebhaber geworden. Mit viel Engagement und Herzblut organisieren Markus Thomann (im Bild oben) und sein Team diesen aussergewöhnlichen Event in den ehrwürdigen Gemäuern des Schloss Greifensee im Zürcher Oberland. Mit Ausnahme der zwei pandemiebedingten Ausfälle organisiert er das Klangschloss nunmehr seit 2006.
Das Schloss aus dem 16. Jahrhundert schafft mit seinem historischen Ambiente den perfekten Rahmen für den Genuss hochwertiger Musikanlagen. In den stilvollen Räumen sowie in den angrenzenden Bereichen des Landenberg-Museums präsentierten dieses Jahr 17 Aussteller über drei Tage hinweg ihre Produkte.

Die Anzahl der vorgestellten Musikanlagen ist durch die Anzahl der verfügbaren Räume im Schloss und im angrenzenden Landenberghaus beschränkt. Aber vielleicht ist es gerade dieser Fokus auf Qualität statt Quantität, welcher das Klangschloss zu einem so angenehmen Event macht.
Statt rastlos in den Gängen zu wandeln und mal hier oder dort kurz reinzuschnuppern beziehungsweise zu hören, was dem gängigen Habitus an den grossen Audiomessen entspricht, lädt das Klangschloss zur Muse und zu ungestörtem Probehören ein. So hat man die seltene Gelegenheit, die vorgeschlagenen Musikanlagen auch mal länger entspannt anzuhören, um sich einen vertieften Eindruck zu verschaffen.
Die hohe Qualität der Präsentationen und der ungezwungene Austausch zwischen Ausstellern und Publikum zählen seit jeher zu den herausragenden Merkmalen des Klangschlosses. Gerade der familiäre Charakter macht das Klangschloss so besonders – mitunter fühlt man sich wie an einem Community-Event.
Wer sich für Klangqualität interessiert, findet hier nicht nur Geräte, sondern Kontakte, Visionen – und echte Leidenschaft.
Vom Live-Konzert zur Musikanlage
Besonders hervorzuheben ist das Konzept, Live-Konzerte mit direkter Wiedergabe der jeweiligen Aufnahmen zu kombinieren. Jeden Tag traten im Konzertsaal verschiedene Ensembles auf: Das Quartett Gläuffig mit modernem Schweizer Folk, Dimitri Monstein mit jazzig-klassischen Kompositionen und Zoë Më mit feinfühligem Poesie-Pop.
Die Gelegenheit, das begnadete Quartett Dimitri Monstein kennenzulernen und in deren wunderbaren Klangwelten abzutauchen, war mein persönliches Highlight der Landberg-Sessions. Man kann nur daran erinnern: Besuchen Sie Live-Konzerte in Ihrer näheren Umgebung. Nichts ersetzt die emotionale Unmittelbarkeit und die lebendige Präsenz eines Live-Konzerts.
Zweimal am Tag wurde eine der aufgenommenen Sessions als Stream den Ausstellern zur Verfügung gestellt. Das Publikum hatte so die Möglichkeit, den Originalklang mit der Wiedergabe über die High-End-Musikanlagen zu vergleichen.
Die Aufnahmen erfolgten mit einem puristischen Set-up: Zwei Kugelmikrofone montiert an einer Jecklin-Scheibe, lieferten das Signal, das über Röhrenvorverstärker von Pawel Acoustics auf eine Studer-A80-Bandmaschine aufgezeichnet wurde. Parallel erfolgte eine digitale Aufzeichnung mit einem mobilen Recorder von Nagra. Es wurde bewusst auf jede Form der Nachbearbeitung verzichtet – ehrlicher geht es kaum.

Der Weg vom Live-Erlebnis zur Wiedergabe im Wohnzimmer – also von akustischer zu elektrischer Energie und zurück – bleibt eine der grossen Herausforderungen hochwertiger Audiowiedergabe. Tonal haben moderne Systeme diese Hürde weitgehend genommen: Sie klingen ausgewogen und transparent, geben selbst feine Nuancen im Timbre und in der Spielweise überzeugend wieder.
Komplexer wird es bei Raumabbildung und Dynamik. Die räumliche Wirkung eines Live-Konzerts lässt sich im heimischen Hörraum kaum authentisch nachempfinden. Die Rauminformationen der Aufnahme werden durch die Reflexionen im Wiedergaberaum überlagert, was das Klangbild diffuser erscheinen lässt.
Auch das mittlerweile fast 70 Jahre alte Stereokonzept bringt systembedingte Grenzen mit sich – trotz früherer Versuche mit Quadrofonie oder Mehrkanaltechnik. Stereo ist fest mit dem HiFi-Ideal verknüpft, was Alternativen erschwert.
Weitergehende Konzepte, wie sie die Ustermer Firma Illusonic anbietet und auch am Klangschloss zu hören war, zeigen auf, wie es gehen könnte. Doch sie haben es schwer angesichts der Verankerung des Zwei-Lautsprecher-Prinzips in der Branche und bei den Hörgewohnheiten.
Analog-Welt mit Vinylbörse
Ein weiteres Highlight war die vom Verein AAA (Analogue Audio Association Switzerland) organisierte Schallplattenbörse im Untergeschoss des Landenberghauses. Hier stöberten Sammler und Musikliebhaber nach Raritäten und tauschten sich aus. Das «Analog-Bistro» sorgte für ein entspanntes Ambiente unter Vinylfreunden.
Gerade vor Event-Start eingetroffen sind die liebevoll hergestellten Doppel-LPs der Landenberg-Sessions 2024, die nun auch im Klangschloss-Shop bestellt werden können. Zum Shop

Ein besonderes Schmankerl: Ein Teil der historischen Sammlung mit Studer- und Revox-Geräten von Walter Stutz war angrenzend ausgestellt. Die Sammlung gewährt tiefe Einblicke in die eindrückliche Geschichte des Schweizer Studio- und HiFi-Produzenten.
Man kann Walter Stutz nicht genug würdigen für sein sensationelles Engagement. Nur dank seines Einsatzes und der Übernahme des 2009 aufgelösten firmeneigenen Museums blieben die einzigartigen Geräte aus der Frühzeit der professionellen Audiotechnik erhalten.
Viele der Geräte entstanden aus den neu entstandenen Ansprüchen in der Pionierzeit der elektronischen Medien. Sie bildeten die Grundlage der ersten Konzerteinspielungen und Übertragungen des Schweizer Radios. Inzwischen obliegt es dem «Förderverein Studer Revox Museum», die Sammlung langfristig zu sichern und zu erhalten sowie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ein Besuch ist dringend empfohlen.

Kopfhör-Küche
Ein fester Bestandteil des Klangschlosses ist inzwischen die in einem separaten Raum im Parterre untergebrachte «Kopfhör-Küche». Wie bei Markus und seinem Team nicht anders zu erwarten, liess man sich auch hier etwas für Besucher Sinnvolles einfallen: Alle Modelle – darunter Vertreter von Stax, Audeze, HiFiMan und Focal – waren an denselben Musikserver von Weiss angeschlossen und konnten so direkt miteinander in ruhiger Umgebung verglichen werden.

Vorträge
In bewährter Kontinuität zu den Vorjahren, in denen es um musikalische Meriten der 1960er ging, führt Fachjournalist Lothar Brand auch diesmal unter dem Motto «Der Blick 50 Jahre zurück auf die Rock- und Popmusik geht weiter!» durch musikalische Perlen und ausgewählte Aufnahmen – diesmal aus dem Jahr 1975. Mit seinem gewohnt ansteckenden Enthusiasmus bereichert er die Präsentation mit zahlreichen Anekdoten und persönlichen Erinnerungen zu den vorgestellten Alben.
