Premium-Kopfhörer in der Preisklasse bis 2000 Franken sind äusserst beliebt. Die Schweizer Verkaufszahlen zeigen, dass es insbesondere die hochpreisigen Produkte sind, die sich häufig verkaufen. Man schätzt Qualität und lässt es sich etwas kosten.
Premium Over-Ear-Kopfhörer versprechen Klangtreue und hohen Tragekomfort. Die umschliessende Form lässt grossflächig Membranen zu, die von kräftige Magneten angetrieben werden. Das ergibt Volumen für den Tiefton und ein sauberes Impulsverhalten. Die Konstruktionsart verhindert Druck auf das äussere Ohr und je nach Preisklasse werden Ohrpolster und Bügel mit edlen Materialien ausgestattet. Das ergibt Tragekomfort und vermeidet «heisse Ohren» bei längerem Musikgenuss.
Wer Zuhause intensiv Musik auf hohem Audioniveau erleben möchte, ohne gleich die Familie oder Partner akustisch zu vereinnahmen, kauft sich einen Over-Ear-Kopfhörer. Da nimmt man das zusätzliche Gewicht in Kauf. Einige leichtgewichtigere Modelle sind zwar portabel und lassen sich auf die Geschäftsreise oder ins Ferienhaus mitnehmen, der Hauptanwendungszweck dürfte jedoch in den eigenen vier Wänden liegen.
Schallwandlertypen
Die Wandlung von elektrischer in akustische Energie ist ein heikler und fehlerbehafteter Vorgang. Um Schallwellen zu erzeugen, benötigt man eine pulsierende Fläche, meist in Form einer mehr oder weniger dünnen Membran, welche Luft in Bewegung setzt. Insbesondere für den Tiefton benötigt man dazu viel Fläche oder Hub. Infolge ihrer Masse neigen Membranen zur Trägheit und zu Überschwingen. Angetrieben werden sie überwiegend magnetisch und damit nicht linear. So entstehen Artefakte, die im elektrischen Signal nicht vorhanden waren. Die Konstruktion und Qualität der Schallwandler bestimmt weitgehend den Klang des Kopfhörers.
Für Schallwandler wurden verschiedene Konzepte entworfen. Am verbreitetsten ist der dynamische Schallwandler. In ihm «fliesst» durch eine auf der Membran aufgeklebte Schwingspule der Strom des Audiosignals. Da sich die Schwingspule in einem konstanten Magnetfeld befindet, entsteht im Rhythmus zum Signal eine Kolbenbewegung, welche Schall erzeugt. In 95 % aller Kopfhörer und 99 % der Lautsprecher findet man einen dynamischen Schallwandler. Er ist einfach und kostengünstig. Der Nachteil ist seine durch die hohe Masse verursachte Trägheit.
Eine Alternative sind Magnetostaten bei denen Stromleiter und Membran identisch sind. Eine dünne und leichte Kunststofffolie wird zwischen zwei starken Festmagneten eingespannt. Auf dieser Membran wird ein mäandrierender Metallstreifen aufgedampft. Fliesst ein Strom durch den Metallstreifen der Folie, wird die Membran im Rhythmus der veränderten magnetischen Kräfte bewegt und Schall erzeugt. Daher die Bezeichnung «Magnetostat».
Magnetostaten haben eine deutlich leichtere Membran als herkömmliche dynamische Wandler mit ihrer Schwingspule. Das führt zu einer verbesserten Feinauflösung mit weniger Überschwingern. Nachteil: Sie benötigen eine grosse Membranfläche. Bei Lautsprechern wird die erforderliche Grösse schnell zum Problem. Für hochwertige Kopfhörer sind Magnetostaten jedoch nahezu perfekt geeignet.
Leider setzen nur noch vereinzelte Hersteller auf das elektrostatische Prinzip, bei dem eine ultraleichte Membran in einem elektrostatischen Feld schwingt und so Schall erzeugt. Der Grund für die Vernachlässigung der «Elektrostaten» ist die komplizierte Handhabung: Neben dem Kopfhörer wird ein dedizierter Verstärker mit Hochspannung für das elektrostatische Feld notwendig.
Bauart
Die Bauart der Kopfhörermuschel mit geschlossener oder offener respektive halb offener Aussenwand verändert seine Charakteristik.
«Offene» Kopfhörer haben eine perforierte oder ganz offene Aussenwand. Das verhindert eine Kompression der Luft während der Auslenkung der Membran. Die Membran kann sich frei bewegen. Zudem entstehen weniger Klangverfälschungen aufgrund von Reflexionen der Schallwellen an der Hörmuschel. Der Nachteil der «offenen» Bauweise: Die Hörer schirmen den Schall fast gar nicht oder nur wenig ab. Aussengeräusche sind deutlich hörbar und auch Mitmenschen nehmen am eigenen Musikerlebnis relativ unmittelbar teil. Eine gewisse Bedämpfung der Membranauslenkung kann zudem erwünscht sein. Sie reduziert die Auslenkung der Überschwinger.
Komplett geschlossene Hörer sind natürlich vorteilhaft, sobald man im öffentlichen Raum unterwegs ist oder sich zu Hause akustisch abgrenzen möchte. Geschlossene Kopfhörer neigen zu einer Überbetonung im Bassbereich, wodurch ihr Klang weniger filigran wahrgenommen wird. Durch die fehlende Belüftung kann es auch zu «heissen Ohren» kommen. Der Tragekomfort ist grundsätzlich eingeschränkter.
Da gilt es abzuwägen, welche Eigenschaften einem wichtiger sind: eine gewisse Abgrenzung oder eine detaillierte Klangentfaltung, die aber eine ruhige Umgebung voraussetzt.
Viele Hersteller wenden denn auch eine gewisse Mischform an: Die Aussenwand ist teilweise mit einer Perforation luftdurchlässig, bietet aber trotzdem noch eine gewisse Abgrenzung zu Aussengeräuschen.
Welches Kabel?
Die meisten Premium-Over-Ear-Kopfhörer sind kabelgebunden. Vereinzelt werden sie auch mit einem Bluetooth-Modul ausgestattet, wie der Apple Airpod Max. Die Datenreduktion in der Bluetooth-Übertragung passt aber eigentlich nicht zum Premium-Anspruch.
Bei kabelgebundenen Kopfhörern unterscheidet man zwischen asymmetrischem und symmetrischem Anschluss an den Kopfhörerverstärker – oder mit den englischen Begriffen: zwischen «unbalanced» und «balanced». Die meisten Kopfhörer werden asymmetrisch über den klassischen Klinkenstecker mit seinen drei Kontaktpunkten verbunden: Je ein Kontakt für das Signal des linken und des rechten Kanals sowie den gemeinsamen Masseleiter, der als Referenz dient. Die gemeinsame Nutzung des Masseleiters kann Probleme betreffend Übersprechen und Interferenzen hervorrufen.
Symmetrische Kabel besitzen keinen gemeinsamen Masseleiter, sondern für jeden Kanal zwei eigenständige Leiter, die um 180 Grad in der Phase zueinander verschoben sind. Im Anschlussstecker werden daher vier Kontakte benötigt, ausgeführt meist in Form eines 4-poligen XLR-Steckers. Etwas moderner und im Durchmesser deutlich kleiner ist der Pentaconn-Stecker.
Der grosse Vorteil einer symmetrischen Leiterführung liegt in der Auslöschung von Störfeldern, die auf Kabel einwirken. In einem Studioumfeld mit sehr vielen Geräten und langen Kabeln ist eine symmetrische Verkabelung Pflicht. Wie gross der Gewinn im heimischen Umfeld mit einem symmetrischen Kopfhörerkabel ausfällt, ist umstritten. Die Kabellängen sind grösstenteils kurz und es sind nur wenige Störfelder vorhanden. Zudem benötigt man einen symmetrisch ausgelegten Kopfhörerverstärker, um die Vorteile auch nutzen zu können. Gleichwohl kamen in den letzten Jahren auch für den Heimgebrauch die symmetrische Kabelführungen für Kopfhörer in Mode.
Einige Kopfhörerkabel werden mit vielen Versprechungen und teuren Materialien zu überhöhten Preisen angeboten. Ein solides und hochwertiges Kabel ist empfehlenswert, das muss jedoch nicht gleich für mehrere Hundert Franken ein Loch in die Kasse reissen. Diese investiert man weit besser in einen hochwertigen Kopfhörerverstärker, wie sie zum Beispiel von Burson oder SPL angeboten werden, um nur zwei Anbieter zu nennen.
In unserer Übersicht auf der nächsten Seite finden sich hochwertige Over-Ear-Kopfhörer im Preisbereich von 350 bis 2000 Franken.