Viele Zeitgenossen haben sich ja längst von der analogen Musiksammlung verabschiedet. Für junge und alte «Digitalos» offeriert Pro-Ject daher die ultra-kompakte Vorstufe Pre Box S2 Digital, die ausschliesslich digitale Quellen – wahlweise optisch, koaxial oder per USB – entgegennimmt. Diese bereitet sie bestmöglich über eine aufwändige DAC-Sektion auf und gibt sie wahlweise – via Stereo-Cinch – an Aktiv-Lautsprecher bzw. Endverstärker oder – via 6,3-mm-Klinkenbuchse – an einen Kopfhörer aus.
Sehr durchdacht dabei: Stöpselt man ein Kopfhörerkabel ein, so werden die Cinch-Ausgänge automatisch stumm geschaltet. Ausserdem merkt sich das Gerät die jeweilige Lautstärke-Einstellung unabhängig. Das ist nicht ganz unwichtig, denn bei der relativ bescheidenen Ausgangsleistung von maximal 68 mW (an 32 Ohm) hat man den Volumenregler im Kopfhörerbetrieb meist sehr weit offen. Zieht man nun im laufenden Betrieb den Stecker heraus, kommt es dennoch nicht zu bösen Überraschungen von Seiten etwaig angeschlossener Endverstärker oder Aktivlautsprecher.
Im Hörtest harmonierte die Pre Box S2 Digital als Kopfhörerverstärker nicht besonders gut mit einem AKG K701. Zu wenig Headraum und ein allzu schlankes Tieftonfundament machten deutlich, dass man hier einen besser passenden Hörer benötigt. Als solcher erwies sich ein niederohmiger Fidelio X1 von Philips. Der kommt tonal von Haus aus etwas dickbauchig daher und profitiert von der schlanken Gangart der Pre Box S2. Der Vergleich zur grösseren Schwester PreBox DS2 Digital (Test hier) zeigte dann doch die Grenzen des Miniatur-Amps auf. Er konnte nicht mit der gleichen Souveränität und räumlichen Losgelöstheit aufwarten. Dennoch reicht das klangliche Niveau für Gelegenheitshörer allemal aus. Denn schlecht klingt die Pre Box S2 als Kopfhörer-Verstärker nun wahrlich auch nicht.
Grosser Aufwand beim integrierten DAC
Deutlich souveräner agierte die Pre Box S2 im Einsatz als Vorverstärker und DAC. Was allerdings auch nicht verwundert, wenn man den technischen Aufwand betrachtet, den die Pro-Ject-Leute betrieben haben. Der topmoderne DAC-Chip ESS9038 in Doppel-Konfiguration dekodierte HiRes-Files mit Datenraten bis zu 786 kHz bzw. DSD512, sofern man die Pre Box S2 als treibergestützte USB-Soundkarte für PC/Notebook einsetzt. Hierbei setzt Pro-Ject auf das optimierte Zusammenspiel mit dem Software-Player Foobar2000. Die Installation der DSD-Wiedergabe ist bei Foobar zwar etwas kompliziert, aber im Handbuch der Pre Box sehr detailliert erklärt (nachzulesen hier). Aber auch über Roon kann man die Box gezielt für die audiophile Soundwiedergabe einsetzen. Dank eines proprietären, digitalen Taktgenerators sollte potenziell klangschädigender Jitter (digitale Taktschwankungen) überhaupt kein Thema sein.
Die Pre Box S2 hinterlässt punkto Verarbeitung rundum einen sehr guten Eindruck. Auch der Innenaufbau ist absolut professionell. Wer sich dafür und für die technischen Besonderheiten interessiert, kann dies hier nachlesen. Die Fernbedienung im Kreditkarten-Format hat man schnell im Griff. Im Zusammenspiel mit Foobar oder Roon kann man hierüber auch die Wiedergabe steuern (Play, Pause, Titelsprung).
Auf Schönklang ausgelegt
Grundlegend kann man die Pre Box S2 wahlweise im von Pro-Ject empfohlenen «Best Audio Quality»-Modus betreiben und erspart sich so unter Umständen ein als mühsam empfundenes Klangtuning. Alternativ darf man die Charakteristik des Digitalfilters aus acht verschiedenen Stellungen nach persönlichem Gusto auswählen und so recht viel Einfluss auf den resultierenden Klangcharakter gewinnen. Immer vorausgesetzt, man hat eine hochwertige, analytische Wiedergabekette zur Verfügung.
Zur Auswahl steht neben anderen der proprietäre Filter «Optimal Transient», der von Pro-Ject entwickelt wurde. Bei Standard-HiRes-Files (24 Bit / 96 kHz) gefiel dieser mit sehr angenehmen, fast schon dezenten Höhen und sehr hoher räumlicher Transparenz. Allerdings etwas auf Kosten der Vitalität der Wiedergabe. Hier punktete die Filterstellung «Minimum Phase Slow», die sehr plastisch, konturiert abbildete und im Hochtonbereich quirliger daher kam.
Unter dem Strich am besten (besser noch als der «Best Audio Quality»-Modus) gefiel jedoch die Filterstellung «Slow Roll Off»: Runde, charmante Höhen, ohne jegliche Härte, dennoch expressiv und lebendig. Die räumliche Tiefe ist zwar nicht extrem ausgeprägt, aber die ausgeprägte Nahzeichnung von Solisten und Einzelinstrumenten hat einen sehr sympathischen Touch: Die Musikwiedergabe bekommt ein schönes Bouquet, gewinnt einen anheimelnden Charakter, wie man ihn sonst eigentlich nur durch Einsatz von Röhren-Elektronik realisieren kann.
Damit wiederlegt die Pre Box S2 auch das gängige Vorurteil, dass Geräte mit Sabre ESS DACs eher analytisch klingen würden. Das Gegenteil ist hier der Fall, wie der Vergleich mit der grösseren Schwester Pre Box DS2 Digital (Test: hier) aufzeigt. Diese ist mit DA-Wandlern von AKM ausgestattet, klingt oben rum quirliger und insgesamt präziser, mit besserer Raumausleuchtung. Dennoch kann die kleine S2 Digital mit eigenen Meriten aufwarten: So viel ausdrucksstarke Klangschönheit aus digitalen Quellen bekommt man für einen ähnlichen Preis sonst nicht geboten.
Fazit
Veritable Wunder gibt es nur selten. So ersetzt der integrierte Kopfhörerverstärker der Pre Box S2 – bei wirklich hohen Ansprüchen – nicht den Stand-alone-Headphone-Amp. Und auch mit Vorverstärkern/DACs der 1000-Franken-Klasse kann die winzige Pre Box S2 objektiv betrachtet nicht mithalten. Subjektiv punktet sie aber – gerade auch im Verbund mit einer eher analytischen Kette – mächtig, indem sie der Musikwiedergabe ein wunderbares Timbre mit feinen Höhen und sympathischer Nahzeichnung verleiht. So schönen «Digitalklang» sucht man in dieser Preisklasse sonst vergeblich.