Die kanadische Edelschmiede Classé hat bewegte Zeiten hinter sich. Nach einem sehr erfolgreichen Abstecher in die Class-D-Technologie besinnt man sich nun wieder auf ein anderes bewährtes Verstärkerprinzip: Der neue Stereo-Endverstärker der Delta-Serie arbeitet bis zu einer Leistung von 2 x 12,5 Watt im Class-A-Betrieb. Etwas näher an seinem Vorgänger CP-800 scheint auf den ersten Blick der Delta Pre. Aber auch der neue Vorverstärker übertrifft den alten technisch in jeder Hinsicht.
Seit der Erstpräsentation der neuen Delta-Serie auf der letztjährigen High End in München ist doch einige Zeit vergangen. Nun kommt die exklusive Delta-Serie endlich auf den Markt. Mit ein Grund: Sie vereint einen so hohen Stand der Technik, wie man ihn nur selten antrifft. Nicht nur das Feintuning im Classé-Headquarter in Montreal hat wohl viel Zeit beansprucht. Auch die adäquate Fertigung auf diesem Qualitätsniveau ist nicht ohne: Sie erfolgt bei den renommierten Shirakawa Audio Works in Nordjapan, wo beispielsweise auch die High-End-Gerätschaften von Marantz vom Band laufen.
Vorverstärker mit allen Schikanen
Wo andere exklusive Hersteller wie etwa Accuphase bei ihren Verstärkern und Vorverstärkern integrierte DA-Wandler oder Phono-Stufen nur als (teure) Extras anbieten, hat der Delta-Pre die komplette Signalverarbeitung auf höchstmöglichem Niveau sowohl für digitale wie für analoge Quellen im Gerät bereits fest eingebaut. Dies mit dem berechtigten Argument, dass nur so ein durchgängiges Schaltungskonzept mit möglichst kurzen Signalwegen und möglichst hoher Rauschfreiheit zu realisieren sei. Dazu gehört, dass das Layout durchgängig symmetrisch realisiert ist: Sogar Plattenspieler können symmetrisch über XLR angeschlossen werden.
Aber nicht nur deshalb werden Besitzer teurer Tonzellen (mit symmetrischem Phono-Kabel) aufmerken. Der Delta-Pre offeriert zudem die äusserst bequeme Konfiguration des Phono-Eingangs über das Touch-Display: Die Eingangsimpedanz lässt sich bei Phono MC in acht Schritten zwischen 7,5 Ω und 1 kΩ frei wählen. Die Abschlusskapazität bei Phono MM sogar in neun Schritten. Der Clou: De facto hat man zwei völlig unabhängig konfigurierbare Phono-Eingänge (1 x Cinch, 1 x XLR) zur Verfügung. Lediglich der Verstärkungsfaktor beträgt bei Phono MC fixe 60 dB, bei Phono MM/MC High-Output 41,5 dB. Nominelle 93 dB Geräuschspannungsabstand (bezogen auf 5 mV Eingangsspannung) lassen aufhorchen bzw. vergeblich hinhorchen: Störgeräusche während des Phono-Betriebs sind beim Delta-Pre ein Fremdwort. Wobei die symmetrische Anschlussvariante eines Moving-Coil-Tonabnehmers den Vorteil hat, etwaige Brummeinstreuungen prinzipbedingt zu eliminieren.
Auch die Hochpegel-Abteilung des Delta-Pre wurde auf Höchstleistung getrimmt: Der lineare Frequenzumfang reicht (im Bypass-Modus) bis zu sagenhaften 2 MHz. Rauschen liegt 130 dB unter dem Nutzsignal. Möglich wurde dies durch die Realisierung von extrem kurzen Signalwegen und die ausgeklügelte Machart der Hauptplatine, die in sechs Lagen aufgebaut ist. Die oberste und unterste Schicht beherbergen je die Signalspur, Schicht zwei und fünf die benachbarte Masseführung, und die inneren beiden Lagen die Stromversorgung. Ein neu entwickeltes, mehrfach stabilisiertes Linearnetzteil versorgt die analogen Schaltkreise – völlig unabhängig von der Digitalsektion.
Grosses Augenmerk legten die Entwickler sowohl beim Vor- wie beim Endverstärker auf die Verringerung von Intermodulationsverzerrungen sowie auf die Reduzierung harmonischer Verzerrungen höherer Ordnung. Dies wirkt sich insbesondere im Bypass-Modus aus: Analoge Eingangssignale werden hier ohne jegliches Processing möglichst rein verstärkt. Die Verzerrungen liegen im gesamten Übertragungsbereich deutlich unter 0.0003 Prozent, einem beeindruckenden Wert.
Freilich bietet Classé wie gewohnt auch Klangregler, parametrische Equalizer und Subwoofer-Bassmanagement an, die jedoch auf der digitalen Ebene einsetzen. Analoge Signale müssen dazu erst AD-gewandelt werden. Auch dieses Processing soll beim Delta Pre gegenüber dem Vorgänger verbessert worden sein, so dass man beispielsweise die Tilt-Funktion (tonale Klangbalance) bei Bedarf guten Gewissens auch bei analogen Quellen einsetzen kann. Bei digitalen Quellen geschieht diese Einstellung verlustfrei. Aussergewöhnlich aufwändig ist die Lautstärkeregelung ausgelegt. Sie lässt sich hochpräzise in 0,25-dB-Schritten ausführen und ist technisch so ausgelegt, dass die Feindynamik auch bei sehr geringer Lautstärke gewahrt bleibt. Die gewünschte Lautstärke lässt sich via App sehr schnell und gezielt einstellen – ein wichtiges Feature im Musikalltag.
High-End-DAC mit an Bord
Die Digitalsektion verfügt mit zwei DAC-Chips des Typs AKM 4497 über genügend Rechenleistung, um alle Digitalquellen bis und mit DSD 256 (über PC-USB) präzise auf die analoge Ebene zurückzuwandeln. Hierbei hilft ein aufwändiges Reclocking – der Takt der eingehenden Digitalsignale wird eigens neu generiert. Davon profitieren insbesondere auch optische und koaxiale Digitalsignale (wie sie etwa von Streamern angeliefert werden). Hier konnte Classé den anfallenden Jitter (Taktschwankungen) auf sagenhafte 40 Picosekunden reduzieren. Optional ist für den Delta Pre sogar ein HDMI-Modul erhältlich, worüber man beispielsweise Fernsehton oder auch Blu-ray-Tonsignale (PCM) verlustfrei wiedergeben kann.