TESTBERICHT
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Verblüffende Klangtransparenz

Natürlich waren wir gespannt, ob und wie sich der hohe technische Aufwand bei den teuren Edel-Verstärkern klanglich auszahlen würde. Dazu hörten wir uns die (über Nacht warmgelaufene) Classé-Delta-Kombi während ein paar Stunden im Zusammenspiel mit einem Paar Bowers & Wilkins 802 D3 intensiv an. Und waren schon bei den ersten Takten der Musik absolut beeindruckt ob einer exorbitanten Klangtransparenz, welche man so nicht alle Tage geboten bekommt. Die räumliche Durchhörbarkeit einer guten Aufnahme wie etwa Beethovens Klavierkonzert Nr. 4 mit Yevgeny Sudbin (downloadbar hier) verblüfft.

Die Aufnahme von Beethovens Klavierkonzert Nr. 4 mit Yevgeny Sudbin entfaltet eine verblüffende Abbildungstreue.Die Aufnahme von Beethovens Klavierkonzert Nr. 4 mit Yevgeny Sudbin entfaltet eine verblüffende Abbildungstreue.

Natürlich sind die B&W 802 D3 bekanntermassen Ausnahmetalente, was die Fähigkeit einer präzisen Abbildung des musikalischen Geschehens betrifft. Das haben wir auch kürzlich schon beim Test der neuen Michi-Verstärker von Rotel (nachzulesen hier) feststellen dürfen. Was diese Lautsprecher in Kombination mit den Classé Delta in den Hörraum zaubern, ist jedoch nochmal ein ganz anderes Kaliber. Bei den Michi hatten wir zufrieden konstatiert: «Die Durchhörbarkeit der Musik ist exzellent, Einzelinstrumente erscheinen klar umrissen und mühelos ortbar, dennoch perfekt in die Gesamtdarbietung eingebettet.» Die gleiche Aussage gilt auch für die Classé Delta – allerdings potenziert, sozusagen hoch zwei.

Insbesondere punkto Feinzeichnung und Detailauflösung setzen die Kanadier nochmals einen ganz eigenen Massstab, der nur schwer zu toppen sein dürfte.        Bei aller (anfänglich fast erschreckenden) Transparenz geht der Wohlklang dennoch nicht verloren. Die musikalische Ansprache erfolgt nämlich völlig mühelos, ohne jegliche Anstrengung. Musikalische Details werden nicht auf dem Silbertablett artifiziell hervorgehoben, sondern entfalten sich ätherisch leicht. Das ist ganz grosse Kunst und bestätigt gleichermassen die prinzipielle Überlegenheit der Class-A-Arbeitsweise des Endverstärkers wie auch den hohen schaltungstechnischen Aufwand beim Vorverstärker.

Weltklasse-Inszenierung mit dem Schweizer Klaviertrio.Weltklasse-Inszenierung mit dem Schweizer Klaviertrio.

Einigermassen erstaunlich ist das auch das Gefühl für die richtige Lautstärke, welches sich beim Abhören über die Classé-Kombi einstellt. So etwa bei anspruchsvoller Kammermusik wie Beethovens Klaviertrio Nr. 4 (sehr empfehlenswerte Aufnahme mit dem Schweizer Klaviertrio, downloadbar hier). 

Die Classé-/B&W-Kombi setzt diese «Gassenhauer» mit atemberaubender Spielfreude und spannender Dramatik in Szene und wahrt dabei doch den intimen kammermusikalischen Rahmen. Die Abbildung der Musiker im Hörraum ist verblüffend echt. Und erstaunlicherweise weiss man dabei ganz genau, welche Abhörlautstärke exakt die richtige ist. Die mehr als dB-genaue (mühelos via App vorzunehmende) Feinjustierung leistet dabei hervorragende Dienste. Dies zeigt einmal mehr: Es geht bei der High-End-Musikwiedergabe nichts über eine ausgefeilte, praxistaugliche Lautstärkeregelung.

Die Classé Delta beherrschen im Übrigen auch «Schönklang» und fördern den begehrten Genussfaktor beim Anhören guter Aufnahmen wie etwa Händels «Tra le Fiamme» (downloadbar hier) mit Hille Perl an der Viola da Gamba und Dorothee Mields (Sopran). Die Artikulation der Stimme kommt mit wunderbarem Timbre, ebenso authentisch wie der Klang dieses historischen Streichinstruments.

Diese Neuaufnahme von Violinkonzerten Vivaldis ist zwar sehr vital, aber auch etwas vordergründig geraten. Mit dem Tiltregler des Delta Pre kann man die tonale Balance perfekt ausgleichen.Diese Neuaufnahme von Violinkonzerten Vivaldis ist zwar sehr vital, aber auch etwas vordergründig geraten. Mit dem Tiltregler des Delta Pre kann man die tonale Balance perfekt ausgleichen.

Aber wie schlägt sich die Kombination bei weniger gut gelungenen Aufnahmen? Aktuelles Beispiel: Vivaldis Violinkonzerte (Ausgabe Nr. VIII) beim Label Naïve mit Julien Chauvin und Le Concert de la Loge (downloadbar hier): Die Streicher sind hier insgesamt zu präsent, zu vordergründig aufgenommen, worüber selbst die äusserst feine Definiton und das schöne Timbre nicht hinweg täuschen können. Auch solche Aufnahmen kann man mit dem Classé Pre problemlos „retten“, indem man über den „Tilt“-Klangregler die tonale Balance sehr feinfühlig zugunsten eines volleren und weniger aufdringlichen Klangs verschieben kann. Ein probates Mittel zm klanglichen Feintuning, welches man gerne und – zumal auf der digitalen Ebene – verlustfrei einsetzt.

Genrewechsel zu akustischem Jazz: Auch beim Hörtestklassiker «Canción Contra La Indecisión» (downloadbar: hier) fällt wiederum die plastisch-dreidimensionale Abbildung auf, welche dieser Studio-Aufnahme fast schon einen Live-Charakter verleiht. Der Kontrabass kommt staubtrocken und unglaublich definiert. Man kann die charakteristischen Bassläufe perfekt nachverfolgen. Die extrem konturierte Gangart im Tieftonbereich, zu der die Classé-Verstärker die 802 D3 antreiben, ist aussergewöhnlich. Hier macht sich der hohe Dämpfungsfaktor positiv bemerkbar. Aber auch das Pianospiel von Bo Stenson zeigt überragende Spielfreude sowie ausgesprochen rhythmisches Timing. Dieses Jazz-Juwel wird von der Classé-B&W-Kombi äusserst vital und plastisch in den Hörraum gezaubert.

Sowohl analog auf Vinyl wie remastered in HiRes ein einzigartiges Erlebnis: Die legendäre Live-Aufnahme «Montreux Alexander».Sowohl analog auf Vinyl wie remastered in HiRes ein einzigartiges Erlebnis: Die legendäre Live-Aufnahme «Montreux Alexander».

Zu guter Letzt durfte noch der Phono-Eingang zeigen, was er drauf hat. Angeschlossen wurde ein Benz Ruby 2 – ein Tonabnehmer, der punkto Auflösung und Dynamik extrem punkten, bei unpassender Eingangsimpedanz aber übertrieben präsent agieren kann. Der optimale Wert war am Delta Pre im Handumdrehen gefunden. Bei1 kOhm Abschlusswiderstand zeigte eine legendäre Vinylscheibe wie «Montreux Alexander» eine wunderbar livehaftige Darbietung, die punkto expressiver Spielfreude und Swing sogar die digital gestreamte Version (downloadbar hier) in den Schatten stellte.

Letztere punktete dafür mit einer noch ausgeprägteren Stereo-Perspektive. Vinyl zoomte sozusagen an die Musiker heran, was aber bei dieser Musikart sehr goutiert wurde. Das Benz Ruby zeigte sich am Delta Pre von seiner besten Seite und bewies einmal mehr, dass Vinyl gerade für anspruchsvolle Musikliebhaber nach wie vor ein Thema ist. Störgeräusche bei Phono sind für den Classé Delta Pre im Übrigen ein Fremdwort, obwohl in diesem Fall asymmetrisch angeschlossen wurde. Man muss den Pre schon sehr weit aufdrehen und ganz nahe an die Lautsprecher herangehen, um ein minimales Hintergrundrauschen zu vernehmen.

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