TESTBERICHT
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Publikationsdatum
22. Juni 2020
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Gerne gebe ich es zu: Portable Kopfhörerverstärker hatten für mich lange etwas Ambivalentes. Zum Mitnehmen waren sie mir oft zu unhandlich und zu schwer. Und zu Hause am Desktop oder im Wohnzimmer fehlten mir die Features der stationären Kopfhörer-Amps. Wozu also das Ganze? Musik ab Smartphone kann doch per se nicht wirklich Musikgenuss vermitteln.

Nun ja, das änderte sich inzwischen fundamental. Mobile Bandbreite ist ausreichend vorhanden. Tidal und Qobuz streamen übers Mobilnetz problemlos in Highres-Audio-Qualität. Und das nicht grundlegend schlechter als zu Hause. Meinen Grado SR60e nehme ich inzwischen überall hin mit. Fehlt noch? Ja genau, ein praktikabler mobiler Kopfhörverstärker, mit dem sich Highres-Audio über das Smartphone erst richtig nutzen lässt.

Denn ganz ohne geht es nicht. Die erste Krux liegt schon mal in der Lautstärkenregelung des Smartphones. Pegelstellung des Audiovolumens am Smartphone erfolgt auf der digitalen Ebene und wirkt somit direkt auf die digitale Wortbreite des Audiosignals. Bei kleiner Lautstärke reduziert sich die Auflösung locker um mehrere Bits.

Umso kleiner die Lautstärke, desto höher der Anteil digitaler Artefakte mit entsprechend klanglichen Resultaten. Digitale Verwerfungen klingen hässlich. Highres-Audio-Streaming von Qobuz oder Tidal wird so ad absurdum geführt. Externe Kopfhörerverstärker wie der getestete iFi Audio Hip-Dac regeln die Lautstärke analog und erhalten so die volle digitale Auflösung.

Schmuck und portabel

Seit 2013 stellt iFi Audio mehrfach preisgekrönte USB-DACs, digitales Zubehör und Kopfhörerverstärker her. Der Hip-Dac ist das neueste Produkt und ergänzt die neuen Zen-DACs für den Desktop um eine mobile Variante. Der kleine und rein batteriebetriebene USB-DAC und Kopfhörer-Amp gefällt auf den ersten Kontakt.

Mit 10 cm Länge, einer Breite von 7 cm und knapp 1,4 cm Höhe sowie einem Gewicht von 125 Gramm ist er ein kompaktes Leichtgewicht, das man gerne mitnimmt. Dank seinen runden Seiten eckt er weder in der Tasche noch in der Jacke an.

iFi Audio Hip-Dac: Flachmann für mobiles Highres-Audio.iFi Audio Hip-Dac: Flachmann für mobiles Highres-Audio.

Trotz des geringen Gewichts ist er sehr robust. Das petrolblaue Gehäuse mit seiner Oberfläche aus Aluminium liegt aussergewöhnlich angenehm in der Hand. Die Assoziation mit einem «Flachmann» ist vom iFi-Audio-Designteam durchaus gewollt und findet sich daher auch in der Namensgebung. Der bronzene Lautstärkeregler thront denn auch mittig auf der Front wie ein Drehverschluss. Fehlt nur noch eine dezente Gehäusekrümmung zur kompletten Illusion eines allzeit begleitenden Spenders von Hochprozentigem. Aber wir wollen die Analogie ja nicht auf die Spitze treiben.

Technologie

Der Hip-Dac verfügt über viel Technologie, die den teureren iFi-Geräten entlehnt ist und die man dank konsequenter Integration nun auch auf der vergleichsweise kleinem Platine der portablen Variante unterbrachte. 

Das Board des iFi Audio Hip-Dac mit Burr-Brown-Wandler und XMOS-USB-Plattform.Das Board des iFi Audio Hip-Dac mit Burr-Brown-Wandler und XMOS-USB-Plattform.

Das Herzstück des Hip-Dacs ist der gleiche Burr-Brown-«bitperfect»-Digital-Analog-Wandler wie im Flaggschiff Pro iDSD. Zusammen mit der USB-Audio Plattform AMR XMOS unterstützt er hochauflösendes PCM bis zu 384 kHz sowie DSD256 und MQA-encodierte Streams, wie sie von der Tidal-Master-Serie angeboten werden. Die Firmware ist eine Eigenentwicklung von iFi Audio.

Wie bei DACs von iFi Audio üblich, wird das anliegende Format mit einer farblichen Kodierung über zwei LEDs links und rechts vom Drehpotentiometer angezeigt. Zum Beispiel zeigt Blau ein DSD-Signal oder Magenta einen MQA-Audiostream an. Ein Feature, das ich immer sehr schätze, denn gerade ab Smartphone ist nicht immer klar, ob das Highres-Audio-Format auch wirklich ausgegeben wird.

Eine Farbcodierung zeigt das Format des Audiosignals an.Eine Farbcodierung zeigt das Format des Audiosignals an.

Dual-Mono-Aufbau

Alles andere als eine Selbstverständlichkeit ist die vollsymmetrische Signalführung. Der iFi Audio Hip-Dac ist einer der ganz wenigen portablen Kopfhörer-Amps, die mit durchgehendem Dual-Mono-Aufbau im analogen Verstärkerteil aufwarten. Plus- und Minus-Signal werden für beide Kanäle ohne gemeinsames Massepotenzial separat geführt, was den Anteil am Übersprechen der Kanäle reduziert. Immer vorausgesetzt, man verwendet auch ein symmetrisches Kabel mit Pentacon-4,4-mm-Stecker. Für diesen hält der Hip-Dac die entsprechende Buchse bereit.

4,4-mm-Pentacon-Stecker und Buchse am iFi Audio Hip-Dac für eine symmetrische Kopfhörerverbindung.4,4-mm-Pentacon-Stecker und Buchse am iFi Audio Hip-Dac für eine symmetrische Kopfhörerverbindung.

Kopfhörer mit asymmetrischem Klinkenstecker nutzen den 3,5-mm-Anschluss, für den sich iFi Audio mit dem «Single-Ended Compatible Balanced-Balanced»-Design auch etwas überlegt hat: Der patentierte Schaltungskniff simuliert eine quasi-symmetrische Verbindung am 3,5-mm-Stecker. Trotz der Masseverbindung liege man bei den Werten für das Übersprechen und den Rauschabstand nahe an der symmetrischen Variante. Besitzer von aufs äusserste ausgereizten, aber auch störungsempfindlichen IEMs wird das freuen.

Gerne gesehen hätte ich auch noch einen Line-Out auf der Rückseite für den Anschluss von Aktivlautsprechern.

X-Bass und Power-Match

Zwei weitere iFi-Audio-typische Features sind «X-Bass» und «Power-Match», die jeweils über Drucktasten an der Front aktiviert werden. Power-Match erhöht die Leistungsabgabe, abhängig von der Impedanz des anliegenden Kopfhörers. Ein hochohmiger IEM oder ein Over-Ear-Magnetostat besitzen einen komplett unterschiedlichen Strombedarf. Dem wird bei der Aktivierung von «PowerMach» Rechnung getragen und entsprechend Leistung zur Verfügung gestellt.

X-Bass und Power-Match.X-Bass und Power-Match.

Schon beim Test des Zen DAC würdigten wir die X-Bass-Schaltung. Im Gegensatz zu einem Equalizer hebt sie nicht einfach den Pegel im Tieftonbereich an, sondern akzentuiert durch eine Kombination von Kompression und Hüllkurvenbearbeitung Transienten im Bassbereich. Das Vorgehen ist im Studiobereich bekannt und weit intelligenter als eine Betonung mittels Equalizer, der quasi als Nebenwirkung noch die Mittellage verfärbt, eine Phasendrehung verursacht und den Pegel absenkt, wobei noch ein paar Bits Auflösung verloren gehen.

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