Start mit Vorschusslorbeeren
Der CL2 Planar von RHA ging mit tüchtigen Vorschusslorbeeren in diesen Test.
Ohne bewusst Schleichwerbung machen zu wollen gebe ich gerne zu, dass ein anderes Modell, der RHA True Connect, der im avguide.ch-Test mit sechs anderen True-Wireless-Kopfhörern so gut abgeschnitten hat, zu meinem ständigen Reisbegleiter geworden ist und mir unterwegs viel Freude bereitet.
Sein Klangbild ist warm-brillant, Streicher erklingen mit Charme, und generell betört dieser Hörer mit seinem angenehm vollen Klangbild. So war ich dann mehr als gespannt auf den CL2 mit seinem einzigartigen Micro-Planar-Treiber. Zum beachtlichen Preis von rund 900 Franken sollte dieser Hörer ja nochmals tüchtig einen draufsetzen.
Push it to the limits
Das Messprotokoll spricht eine ganz klare Sprache: Die krasse Anhebung im Bereich von 2 kHz bis rund 5 kHz beträgt bis zu 12 dB! Das widerspricht grundsätzlich dem High-Fidelity-Gedanken, der als Ziel eine möglichst hohe Klangtreue hat, bei der kein Frequenzbereich betont oder abgesenkt werden sollte.
Im Web ist denn auch einiges über die Philosophie dieses Klangs zu erfahren. Laut RHA sei der Peak im Hochtonbereich absichtlich(!) so gelegt worden. Die Klarheit des Planartreibers in den unteren Frequenzen (Bass zu MidBass) sei so gross, dass der obere Mittenbereich um 1.5 kHz bis 5 kHz etwas schwach wirken könne. So hätte man den Hörer auch ohne diese Anhebung angehört, den Klang jedoch als «just a bit boring» empfunden. Schlussendlich habe man diese Anhebung so belassen. RHA schreibt weiter: «The driver is fully capable of a very full and exiting sound so we wanted to push it to the limits».
Doch warten wir ab, was die Testhörer zu diesem Klangbild zu sagen haben. Denn schlussendlich sind Hörerfahrungen wichtiger als alle Messprotokolle und Versprechungen des Herstellers.
Extremes Klangtuning
Der Klang des CL2 befremdete praktisch alle Testhörer. Es waren mehrheitlich negative Urteile zu hören wie grell, dünn, verfärbt, etc. Egal, wie die Testpersonen versuchten, sich die Stöpsel noch besser abschliessend in die Gehörgänge zu stopfen – der Klang irritierte jeden Testhörer.
Streicher wirken gläsern, ja sogar eiskalt. Den Instrumenten fehlt jegliche klangliche Wärme und Schönheit. Bei David Sanbornes «Tequila» ist wohl ein sehr tiefer, klarer Bass zu hören, doch Sanbornes Sopransaxophon habe ich noch nie so aggressiv und nervend gehört. Generell wird der präzise, tiefe Bass von knallharten, hinaufgeputschten Gitarren, Synthesizerpassagen und Bläsern übertönt.
Dafür kommen perkussive Instrumente wie Beckenimpulse, Holzclaves, Djembés und generell alle Schlaginstrumente extrem vital und schnell. Bei Schlagzeug-Besen glaubt man jedes Härchen einzeln hören zu können. Die Auflösung ist exzellent. Was man diesem Klang auch noch zu Gute halten muss, ist ein gnadenloses Aufzeigen aller klanglichen Mängel der Aufnahme und der Spielfehler der Musiker.
Doch ist dieser Klang nicht geeignet, dem Zuhörer stimmungsvolle Momente mit entspannender Musik zu bescheren. Nein, dieser Klang peitscht auf und macht nervös.
So hoffe ich rein persönlich, dass RHA in nicht allzu ferner Zukunft noch einen CL-2 Planar ohne diese Hochton-Anhebung, also mit gemässigterem Klangtuning, anbieten wird.
Fazit
Der CL2 von RHA schockierte praktisch alle Testhörer in unserem Hörtest. Obwohl sich die Hersteller und Klangtuner bei der klanglichen Auslegung dieses erstklassig und an und für sich genial gefertigten Hörers viel gedacht haben, empfanden unsere Testhörer dieses Klangtuning als sehr höhenbetont, was bei der Wiedergabe von perkussiven Instrumenten positiv bei den meisten anderen Instrumenten und vor allem bei Klassik-Ensembles negativ bewertet wurde. Es scheint, als wären die RHA-Klangtuner beim CL2 Planar in Sachen Brillanz-Tuning massiv übers Ziel hinausgeschossen.