Inbetriebnahme und Space Tune
Die Inbetriebnahme funktioniert auch, wenn man die Schnellstartanleitung nicht durchliest. Ob man nun die beiden Speaker zuerst am Stromnetz anschliesst oder wie empfohlen erst, nachdem man die App heruntergeladen hat (Technics Audio Center): es geht immer. Nachdem ich den Startbildschirm der App geöffnet hatte, erkannte ich sogleich das Lautsprechersystem, so wie es im Netzwerk sichtbar wurde. Im Verlauf der kurzen Einrichtung definiert man die Position des Hauptlautsprechers am kleinen Schiebeschalter auf dessen Rückseite. Das ist der mit dem Bedienfeld auf dem Deckel und allen Eingängen an der Rückwand. Abgesehen davon sind die beiden Speaker identisch. Hat man irgendwie Mist gebaut, kann man das Setup rückgängig machen, indem man 5 Sekunden das NET-Symbol gedrückt hält.
Alternativ wählt man eine Kabelverbindung vom Router zum LAN-Eingang und eine Kabelverbindung zwischen den Lautsprechern (P/S Link). Der Vorteil der Kabelverbindung ist die Erhöhung der maximalen Samplingrate von 96 kHz auf 192 kHz im Netzwerkbetrieb. Das bringt punkto Wiederqualität meiner Meinung nach nichts, hat aber den technischen Vorteil, dass bei 192 kHz FLACs keine Konvertierung der Sample Rate stattfindet. Das System akzeptiert an dessen Eingang je nach Format auch höhere Samplingraten.
Will man zusätzlich auch kabelgebundene Quellen nutzen, erschliessen sich einige Möglichkeiten: Der HDMI-ARC-Eingang ist wichtig für TV/AV-Betrieb. Der USB-C-Eingang ist wichtig bei Desktop-Anwendungen für den PC. S/PDIF geht mit einem optischen Toslink-Eingang. Analog AUX geht an einer 3.5-mm-Jack-Buchse. Das freche Highlight ist aber ein integrierter MM-Phonovorverstärker (mit Masseklemme). Technics hat die Vinylfreunde nicht vergessen. Wer sich mit einem Subwoofer vergnügen will, findet einen RCA-Ausgang für dessen Anschluss.
Ich empfehle im Anschluss eine sorgfältige Aufstellung der Lautsprecher. Man kann sie auch in ein Kallax reinwürgen (als Regallautsprecher). Am häufigsten landen sie vermutlich auf dem Sideboard/Lowboard links und rechts neben dem TV, nahe an der Rückwand. Hohe Ständer sind für HiFi sehr zu empfehlen. Die Aufstellung soll deshalb sorgfältig erfolgen, weil man mit Space Tune eben nur «tunen» kann. Aber es macht Spass. Der Einmessvorgang dauert einige Zeit; mehrere Testsignale werden via Smartphone-Mikrofon empfangen und von der App ausgewertet. Man kann sich auch auf eine der Standort-Grundeinstellungen beschränken. Freistehend, wandnah, nahe Raumecke (L/R, auch unterschiedlich) und im Regal. Für den Hörgeschmack gibt es einen einfachen Equalizer.
Streaming und Quellen
Das System ist auf Streaming spezialisiert. Die integrierten Streamingquellen erschliessen Radio, Spotify, Amazon Music, TIDAL, Qobuz, Deezer, Podcasts, Roon ready und Google Cast. Mit der Radiofunktion bin ich sehr zufrieden. Das geht ab wie die Post. Auch die öffentlich-rechtlichen Sender hier in Frankreich lassen sich problemlos «empfangen» und die lästige Werbung am Anfang der Senderwahl hielt sich in Grenzen. Radio ist sehr wichtig und die verwendeten Radiotuner sind nicht immer das Gelbe vom Ei.
Mein bevorzugter Musikstreamingdienst ist Qobuz. Dieser läuft, mit der Technics-App aufgerufen, einwandfrei. Die Oberfläche ist eher nüchtern gestaltet, aber das kann man mögen. Als «Geräte» schloss ich meinen PC mit dem Roon Core an, und zwar mit dem USB-C-Kabel. So absolvierte ich auch den Hörtest. Die anderen Eingänge blieben bei mir unberührt. Auf dem Heimnetzwerk fand ich mein NAS und den dortigen Musikordner. Testweise konnte ich alphabetisch durchhangeln und Musik problemlos abspielen. Auch mein Streaminggerät von Innuos fand ich und konnte auch alle Songs auf dessen SSD-Speicher abrufen und spielen. Es lief alles einwandfrei.
Hörplatz
Schöne neue Welt: Früher haben wir alle Geräte in der «Testkette» penibel aufgelistet und stiessen schon damit auf gelegentliches Unverständnis. Hier kann ich bloss die akustische Seite beleuchten. Die Speaker sind im Nahfeld ausgerichtet – etwa auf einen Millimeter genau – und mit USB-C mit dem PC verbunden. Dort befindet sich der Roon Core. Damit mache ich alle Hörtets. Die Akustik habe ich mit MUSE nach Gehör optimiert. So kann mir niemand dreinreden.
Musikerlebnis
Besonders auffällig war diese ehrliche Stimmigkeit bei einer Klassik-Aufnahme mit Boris Giltburg, Morceaux de fantaisie (Rachmaninov): Die grossräumige Aufnahme im Konzertsaal wirkt etwas verschwommen, so wie man es live in vielen Sälen zu hören bekommt. Die Illusion war bemerkenswert. Damit war schon einmal ein Pflock eingeschlagen.
Als Nächstes ging ich zu einigen Podcasts. Die Sprachverständlichkeit der Sprecher erreichte meiner Meinung nach ein sehr hohes Niveau. Da geht es zwar nicht direkt um Musik, aber um eine versteckte Klangeigenschaft, die sich dann im musikalischen Gebilde bezahlt macht.
Bei einer schon recht bejahrten Live-Aufnahme von Monty Alexander mit dem Titel «Feelings» überzeugte seine – er war damals noch jung – unglaubliche Dynamik der Klavieranschläge, die aber nur dank der Ein- und Ausschwingvorgänge so richtig lebendig wurde.
Bei der «Pirates of the Caribbean»-Suite von Hans Zimmer öffnete sich eine glaubhafte cineastische Klangbühne, befreit von Subwoofer-Gewummer. Ich kann mir aufgrund dieser Erfahrung gut vorstellen, dass das Lautsprechersystem für einfache Kinoerlebnisse im Wohnzimmer mehr als tauglich ist.
Eine meiner Lieblinge ist der Klassiker «Come Together» von Herbie Mann und ursprünglich natürlich von den Beatles. Das lange Stück begeistert mit einem furztrockenen Grummel-Bass und süffigen Gitarrenlicks. Dazu gesellte sich das Schlagzeug witzigerweise von rechts auf der Bühne, als hätte es in der Mitte keinen Platz gefunden. Eine ähnlich mitreissende Live-Dynamik hörte ich bei George Dukes Aufnahme von «Black Messiah».
Der klangliche Realismus des Lautsprechersystems hat mich sehr beeindruckt. Aus meiner Sicht ist das ein Schritt nach vorne in der Disziplin der drahtlosen Lautsprechersysteme. Unter Realismus verstehe ich die Eigenschaft, die Aufnahmen nicht zu beschönigen, denn «Ehrlich währt auch im HiFi am längsten», wenn man etwas Erfahrung hat.
Fazit
Das drahtlose Lautsprechersystem SC-CX700 ist ein sehr ernst zu nehmender Player im Bereich moderner und bezahlbarer HiFi-Anlagen, die man heute kaufen will und verkaufen kann. Der Anwendungsumfang ist allumfassend. Die Klangqualität übertrifft vieles, auch in höheren Preis-Sphären und man bekommt das alles pfannenfertig hingestellt. Man braucht kein neues Hobby dafür und man bezahlt auch kein Lehrgeld. Was immer geboten ist, auch hier, ist Sorgfalt bei der Aufstellung – Space Tune hin oder her.