Klar, die Speicherung des Musiksignals erfolgte fortan in digitaler Form. Doch das war auch schon alles. Man ersetzte oder ergänzte den Plattenspieler mit einem CD-Spieler. Diesen schloss man an einen der analogen Verstärker-Eingänge an. Rund um den CD-Spieler war und bleib jedoch alles analog.
Auch der Tonträgerkauf lief analog zum Plattenkauf ab: Man besuchte nach wie vor Plattenläden, durchstöberte die feilgebotenen Tonträger und spielte vor dem Kauf die Musikauswahl an der Abhörstation ab. LPs verschwanden innert weniger Jahre aus den Läden, ersetzt durch die kleinen Silberscheiben. Die CDs landeten im heimischen Regal, reihten sich neben den Schallplatten auf oder verdrängten diese – mehrheitlich, aber nicht komplett. Und in den nächsten 20 Jahren änderte sich daran nichts.
Auch die Studio- und Aufnahmetechnik war zu Beginn noch tief mit der analogen Technik und Methodik verwurzelt. 96 dB statt 25–35 dB Kanaltrennung und 50 % mehr Dynamikumfang bedeutete ein Umdenken bei Mikrofonierung, Aussteuerung und Mischung. Eine Linearität innerhalb von 1 dB machten die smarten Tricks überflüssig, die nötig waren, um der Schallplatte 50 Minuten Musik mit Bass- und Höhenwiedergabe zu entlocken.
Neue Produktionsmethoden hielten schrittweise Einzug. Das Medium CD machte klangliche Fortschritte. Dass zu Anfang die Alben teilweise als schrill und kalt empfunden wurden, lag weniger an der damaligen Digitaltechnik, sondern mehr am Unvermögen im Umgang mit dem neuen Medium und an den über lange Zeit erworbenen Hörgewohnheiten. Die Toningenieure lernten kontinuierlich dazu. Auch die bis heute hartnäckig präsenten Digital-Mythen wurden gleich zu Beginn der Epoche geboren – doch das ist ein anders Thema.
Der radikale Umbruch kam schleichend
Im Gegensatz zu der in der Wahrnehmung als Paukenschlag empfundenen CD-Markteinführung begann die eigentliche Revolution der Musikwiedergabe und -nutzung langsam, zunächst unmerklich. Was mit (illegalen) Tauschbösen einer jungen, Computer-affinen Generation und massiver Datenreduktion Ende der 90er-Jahre begann, bekam 2002 mit iTunes und iPod ein funktionierendes Ökosystem. Kaufort und Abspielgerät für Musik gingen eine enge, fast exklusive Bindung ein.
Das Musikbusiness und die Musiknutzung wurden mobil und flexibel wie nie zuvor. Das Album als künstlerische Einheit gab es nach wir vor. Die Möglichkeit, nur einzelne Titel zu kaufen und das jederzeit, unabhängig von Ladenöffnungszeiten, veränderte das Kaufverhalten nachhaltig: Der Musikgenuss war befreit von einem physischen Träger und von Öffnungszeiten, es entstand eine sofortige und garantierte Verfügbarkeit. Das trägerlose Ökosystem fasste zunehmend Fuss. Neben Apple kamen weitere Anbieter auf den Markt.
Die audiophile Gemeinschaft – also die Anbieter von Geräten und Lautsprecher, wie auch die Konsumenten – konnten sich mit der Qualitätsreduktion (verlustbehaftete Kompression), bedingt durch die limitierten Internetbandbreiten und Speicherkapazitäten, nicht zufriedengeben und blieben bei der klanglich besseren Träger-basierten Wiedergabe. Vorerst. Der technische Flaschenhals – geringe Internet-Bandbreite und Speicherplatz – war nach 2010 kaum noch ein Thema. Nun kehrte der Wind in der audiophilen Gemeinde. Nicht bei allen, aber zumindest bei den Computer-affinen, denen Klangpräzision vor Sound und Gewohnheit ging.
Sie sahen mit HiRes-Audio ein neues Zeitalter ultrapräziser Musikwiedergabe anbrechen. Mit einer Bit-Tiefe von 24 Bit und einer Sampling-Rate von 96 kHz lässt sich der volle Frequenzumfang und Dynamikbereich jeglicher Art von Musik vollumfänglich und mit einer Linearität innerhalb von weniger als 1 dB aufzeichnen, speichern und wiedergeben. Wer sich jetzt mit 192 kHz oder 384 kHz Sampling-Frequenz noch mehr erhofft, dem sei mit dem Verwies auf das Thema Digital-Mythen ein Diskussionsthema gegeben.
Präzision und Sound – Fortschritt und Nostalgie.
HiRes-Download wurde ein starkes Thema, primär bei den Besitzern hochwertiger Audio-Systeme mit entsprechenden Klangerwartungen. Doch parallel dazu drangen zwei weitere Strömungen ins breitere Bewusstsein der Musikhörer ein: Streaming und Vinyl-Revival. Und in all diesen Aspekten liegt die wahre Revolution rund um den konservierten Musikgenuss. Die Koexistenz von Träger-basierter und trägerloser Musikdistribution, mobiler Audiogenuss in jeder Qualität – also HiRes und Smartphone – sind heute Realität.
Musik muss man nicht mehr kaufen (besitzen). Mieten – sprich streamen – genügt. Die Sammlung landet nicht mehr im Regal, sondern in eher schwerfälligen Playlisten oder im smarten Musikserver mit ausgeklügelter Bibliotheksverwaltung wie dem Aria Music Server. Gekauft wird primär online, egal ob CD, Download oder Streaming-Abo. Die Transaktion passiert am heimischen Rechner oder am Smart Device. Der stationäre Tonträgerhandel ist, von Ausnahmen abgesehen, nur noch in der Nische präsent, sehr oft mit breitem Vinyl-Sortiment und wenigen CDs.
Diese technischen Einwicklungen haben nicht nur Einfluss auf die Art der Musiknutzung, sondern auch auf deren Kreation und Produktion. Mehr zu diesem Thema in einem späteren Beitrag.