TESTBERICHT
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Publikationsdatum
12. September 2022
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Der Rotel RA-6000 zeigt sich in einem klassischen HiFi-Gewand. Dem Kenner wird das aufgeräumte Frontlayout mit den Drucktasten für die Eingangswahl und dem rechter Hand angeordneten Lautstärke-Drehsteller vertraut vorkommen. Richtig: Das bisherige Topmodell unter den Rotel-Vollverstärkern, der RA-1592 MKII sieht äusserlich fast gleich aus. Lediglich die seitlichen Gehäusekanten sind beim RA-6000 anders – in der Form von Kühlrippen – gestaltet. Diese verleihen ihm einen durchaus reizvollen technischen «Retro-Touch».

Auch die Leistungsdaten des RA-6000 unterscheiden sich nicht gross von denen des RA-1592 MKII: Satte 2 x 200 Watt an 8 Ohm sowie 2 x 350 Watt an 4 Ohm können fast schon mit separaten Endverstärkern konkurrieren und sind mehr als genug, um selbst grosse, anspruchsvolle Standlautsprecher auf Touren zu bringen. So viel Leistung in einem Vollverstärker unterzubringen, benötigt Platz: Mit rund 43 cm Tiefe beansprucht das Kraftpaket reichlich Stellplatz. Weniger als 15 cm in der Höhe lassen den RA-6000 optisch dennoch nicht allzu wuchtig erscheinen.

 

Innere Werte

Auch im Innern möchte der RA-6000 seine Verwandtschaft mit dem RA-1592 MKII nicht verleugnen. Die beiden sind konzeptionell sehr ähnlich. Da liegt die Vermutung nahe, dass es sich beim Jubiläumsmodell um eine aufgemotzte, feingetunte Version handelt. Eine durchaus legitime Vorgehensweise, die beispielsweise Marantz unter der Ägide von Ken Ishiwata über Jahre mit Erfolg praktizierte. Das Rezept liegt auf der Hand: Meist diktiert der Kostendruck die Auswahl der Bauteile. Und man kann mit Fug und Recht davon ausgehen, dass der RA-1592 MKII für seinen Preis ein Optimum an Qualität anbietet. Lässt man hingegen den Ingenieuren freie Hand, so können sie in Bezug auf die verwendeten Bauteile aus dem Vollen schöpfen und müssen nicht jeden Rappen umdrehen.

Bilderbuch-Aufbau: Das Innenleben des RA-6000 zeugt vom exorbitanten Materialaufwand, den die Rotel-Ingenieure bei diesem Vollverstärker betrieben haben.Bilderbuch-Aufbau: Das Innenleben des RA-6000 zeugt vom exorbitanten Materialaufwand, den die Rotel-Ingenieure bei diesem Vollverstärker betrieben haben.

So verfügt der RA-6000 beispielsweise über einen vollständig gekapselten Ringkerntrafo, wohingegen beim günstigeren Brudermodell ein faradayscher Käfig die elektromagnetische Abschirmung übernimmt. Grundlegend macht eine solche Veredelung eines bestehenden Produkts nur dann Sinn, wenn die Basis schon mal stimmt. Rotel schweigt sich darüber aus, inwieweit beim RA-6000 die grundlegende Schaltung des RA-1592 MKII übernommen und dann feingetunt wurde. So muss demnach der Hörtest entscheiden, ob sich der Mehrpreis für das Jubiläumsmodell lohnt.

Der RA-6000 gehört zweifellos zu den am komplettesten ausgestatteten Vollverstärkern. So lässt auch die Anschlussvielfalt nichts zu wünschen übrig: Fünf Analog- sowie sieben Digitaleingänge werden selbst Power User zufriedenstellen. Für Vinylliebhaber findet sich ein wirklich hochwertiger Phono-MM-Eingang. Dessen Eingangsempfindlichkeit wird nominell mit 5,2 mV spezifiziert, was etwas niedrig erscheint. Der Praxistest spricht eine ganz andere Sprache: Selbst beim Anschluss eines Medium-Output-MC-Tonabnehmers mit 1 mV Ausgangsspannung (Micro Benz Glider) war bei gehobener HiFi-Lautstärke überhaupt kein Rauschen zu vernehmen. Sogar der befürchtete Pegelsprung beim Umschalten auf den Digitaleingang blieb aus.

Hörte man beispielsweise das legendäre «Cantate Domino» vom Label Proprius, so war es wieder mal eine Frage des persönlichen Geschmacks, ob man die gestreamte HiRes-Version (in 24 Bit/192 kHz) bevorzugt oder die etwas charmanter klingende, emotional jedoch sehr gehaltvolle Schallplatte. Tatsächlich ist der Phono-Eingang des RA-6000 qualitativ so gut, dass man sich die Suche nach einem externen Phono-Vorverstärker getrost sparen kann.

Kompletter geht's kaum: Die Anschlussperipherie des RA-6000 lässt keine Wünsche offen.Kompletter geht's kaum: Die Anschlussperipherie des RA-6000 lässt keine Wünsche offen.

Die Digitalsektion nimmt per SPDIF HiRes-Musiktracks mit bis zu 24 Bit/192 kHz entgegen. Via PC USB-Anbindung kann der DAC auch höhere Samplingfrequenzen (bis zum DXD-Format mit 24 Bit/352,8 kHz) wiedergeben. Der RA-6000 versteht auch die MQA-Kodierung und ist auf die Verwendung von Roon getestet. Ein PC-USB-Treiber wird dankenswerterweise von Rotel gleich auf einem Stick mitgeliefert. Die Anbindung an einen Roon-Core funktionierte im Test damit auf Anhieb. Um DSD-Aufnahmen wiederzugeben, mussten wir jedoch in Roon die Funktion «DSD zu PCM konvertieren» aktivieren. Der verwendete HiRes-DAC-Chip von Texas Instruments (PCM5242) kann natives DSD nicht entschlüsseln. Dateien in DXD-Masterqualität hingegen schon. Dabei wird auf dem Display des RA-6000 stolz die Datenrate angezeigt: 24 Bit/352,8 kHz.

Auf der Rückseite des Verstärkers findet sich zwar ein Ethernet-Anschluss. Dieser taugt jedoch nicht zum Audio-Streamen, sondern dient zur Integration des Gerätes in Haussteuersysteme. Kabelloses Musikhören ab Internet ist dennoch möglich, denn der RA-6000 verfügt über eine Bluetooth-Anbindung, die dank aptX-HD-Protokoll auch noch ganz ordentlich tönt.

Als sinnvolle Extras offeriert der RA-6000 Vorstufen- und Subwoofer-Ausgänge. De facto kann man mit dem RA-6000 sogar vier verschiedene Hörzonen realisieren: Zwei Lautsprecherpaare (A und/oder B) lassen sich auch via Fernbedienung ein- und ausschalten. Wer möchte, kann sodann über den Pre-Out zusätzlich Aktivlautsprecher ansteuern. Und nicht zuletzt dient der Kopfhörerausgang (der bei Rotel wie gewohnt als Mini-Klinkenbuchse ausgelegt ist) als vierte, ganz private Hörzone.

Die Fernbedienung des RA-6000 ist ausnehmend übersichtlich gehalten. Sie ist beleuchtet und verfügt über Direktwahltasten.Die Fernbedienung des RA-6000 ist ausnehmend übersichtlich gehalten. Sie ist beleuchtet und verfügt über Direktwahltasten.

Die Bedienung des RA-6000 gibt keinerlei Rätsel auf. Für die Eingangswahl sind sowohl am Gerät als auch auf der ausnehmend übersichtlichen und beleuchteten Fernbedienung Direkttasten vorhanden. Auch fortgeschrittene Funktion wie die Klangregelung sowie die Balance findet man via Menütasten und am Display im Handumdrehen. Das Display lässt sich in der Helligkeit in drei Stufen regulieren. Wen die blau illuminierte, nachts etwas hell leuchtende «Power»-Taste stört, der kann den RA-6000 per Tastendruck auch ganz vom Strom nehmen. Der Stand-by-Verbrauch hält sich mit weniger als 0,5 Watt jedoch im Rahmen.

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