Einleitend sei zu bemerken, dass die Sache mit Klang, Kraft und Kontrolle bei Nubert schon einige Zeit «geht». Der guten Ordnung halber sei zu präzisieren, dass es den Endverstärker NuPower D bereits seit 2015 gibt und den Vorverstärker NuControl 2 seit 2018 (als Nachfolger des NuControl von 2015). Die Geräte sind also nicht wirklich Neuheiten – und dennoch sind sie es auf die eine oder andere Weise trotzdem.
Selbst mir, als eher gut informierten Branchen-Insider, ist es nicht aufgefallen, dass der Direktanbieter Nubert eine dermassen leistungsfähige Stereoendstufe im Programm hat – und das schon seit geraumer Zeit. Hersteller gehen mit dem Begriff «Neuheit» erfahrungsgemäss unterschiedlich um, besonders im Audio-Bereich. Bei den einen ist eine Neuheit bereits eine neue Farbvariante, eine bessere Firmware, eine Jubiläums-Ausführung oder ein paar «neue» Komponenten in der Schaltung, neue Lautsprecheranschlüsse zum Beispiel. Bei den anderen braucht es viel mehr, bis man von einer «Neuheit» spricht.
Zu Letzteren zählt auch Nubert. Der Entwicklungschef von Nubert bestätigte eine ganze Reihe von kleineren, aber konsequenten Verbesserungen bei der Endstufe NuPower D über die vergangenen Jahre. Darauf kommen wir zurück. Im Grundsatz ist es eine Entscheidung, inwieweit sich ein Hersteller in die Karten blicken lassen will. Die HiFi- und High-End-Audio-Klientel ist gar süchtig nach kleinsten Hinweisen von Produkteverbesserungen und gleichwohl nur selten in der Lage, solche Verbesserungen richtig einzuordnen. Da ist man als Hersteller gut beraten, Hinweise dazu eher auf die Goldwaage zu legen als auf den Präsentierteller.
Ein Direktanbieter wie Nubert hat auch ein wenig den Nachteil eines verringerten Multiplikationseffekts. Dies im Gegensatz zum klassischen Hersteller mit seinem Distributionsnetzwerk und den darin enthaltenen vielen Händlern, welche die gute Kunde effizient verbreiten. Es kommt beim Direktanbieter eher mal vor, dass ein relativ spektakuläres Produkt oder Konzept übersehen wird oder lange braucht, bis man es registriert. So ist es mir jedenfalls mit der Endstufe NuPower D ergangen.
Sie verkauft sich gut, die NuPower D, und sie wurde stets aktualisiert. Somit ist sie auch zurzeit aktuell, zudem eigenständig und recht einmalig im Markt. Wir konnten dem Wunsch nach einem Testbericht fraglos zustimmen, auch wenn man Testberichte sonst eher mit Neuheiten in Verbindung bringt.
Unser Grundsatz, nur einzelne Geräte zu testen, macht wenig Sinn bei einer Endstufe. Ein passender Vorverstärker muss ebenfalls her. Die Bedingungen werden von Nuberts NuControl 2 bestens erfüllt. Auch die NuControl 2 ist kein Neuling. Die überarbeitete Version ihrer Vorgängerin kam bereits 2018 auf den Markt. Dass man die beiden Geräte als Paarung verstehen kann, erklärt sich hingegen von selbst.
Enorme Leistungsreserven – wofür?
Die Leistungsdaten des Endverstärkers NuPower D sind verblüffend: Bei 8 Ohm Anschlussimpedanz der Lautsprecher sind es 2 x 780 Watt bzw. 2 x 920 Watt bei 4 Ohm – und das bei niedrigen Verzerrungswerten von 0,06 % THD+N (Total Harmonic Distortion + Noise). Bei hohen Lautstärken fallen Verzerrungen nicht so ins Gewicht. Da ist ein Wert von 0,5 % THD+N durchaus tragbar. Nubert definiert bei diesem Wert die Musikleistung von 2 x 920 Watt bei 8 Ohm bzw. 2 x 1290 Watt bei 4 Ohm.
Damit nicht genug. Die Stromversorgung verfügt über eine Leistungsaufnahme von maximal 3000 Watt und zieht somit bei maximalen Leistungsimpulsen kurzfristig 13 Ampère Strom aus der Steckdose. Eigentlich sind es sogar 4000 Watt, denn die Stromversorgung basiert auf einem Netzteil von Hypex, aber bei 3600 Watt kommt dann ohnehin die Netzbeschränkung. Die Endstufe ist vermutlich ja nicht das einzige Gerät, das an dieser Phase hängt.
Davon fliesst beim hohen Wirkungsgrad von Schaltnetzteil und Schaltverstärker (Class D) ein guter Teil in die Speaker, sofern benötigt. Da ist also für den Fall des Falles jede Menge Power vorhanden – und dies aus einer «Kiste», die gerade einmal 9 cm hoch, 43 cm breit und 36 cm tief ist.
Wofür aber braucht man so viel Leistung?
Das ist die Gretchenfrage. Die audiophilen Musikhörer, welche Leistung nicht für erforderlich halten und aus «Qualitätsgründen» sogar ablehnen, sind zahlreich. Man sitzt auf der Theorie, dass geringe Leistung mit hohem Wirkungsgrad – des Lautsprechers – kompensiert werden könne. Das mag zum Teil möglich sein, aber es gibt enge Grenzen. Ich bezeichne es als den SET-Mythos (SET = Single Ended Triode). Klar, wer im Atmosphärischen alter Aufnahmen schwelgt, liegt vermutlich nicht falsch. Moderne Musikgenres wie zum Beispiel Elektro sind aber sehr viel anspruchsvoller, was die Tiefbass-Performance angeht – und bei jüngeren Musikhörern mit audiophilem Anspruch nicht weniger beliebt.
Das hat bereits viele Aufnahmestudios dazu bewogen, ihr Aktiv-Monitoring (also die Abhörlautsprecher) zu erneuern. Heute müssen in der Produktion 40 Hz und auch noch etwas darunter wirklich trocken und exakt abgehört werden können. Beim Musikhörer gilt dasselbe. Seine passiven Lautsprecher wären durchaus in der Lage dazu, aber mit der Leistung hapert es. Kommt hinzu, dass DSP-gesteuerte Vorverstärker wie der NuControl 2 die gewünschten Klangkorrekturen im Subbassbereich zulassen. Wer also bei einer Mittenfrequenz von 40 Hz und einem steilen Filter um 6 dB oder so «anreichert», der braucht nach der Klangkorrektur nur noch etwas: LEISTUNG. Sonst klappt das nicht.
Der Subwoofer ist zwar die Alternative dazu, aber Nuberts Lösung mit einer kompakten Leistungsendstufe, die an sich leistungsfähigen Lautsprecher im Subbassbereich auf Trab zu bringen und unter Kontrolle zu halten, erscheint mir der direktere und konsequentere Weg. Er hat noch nicht viele Nachahmer gefunden.
Class D und optimale thermische Stabilität
Class-D-Verstärker, korrekt Schaltverstärker, hatten lange Zeit ein zweifelhaftes Image. Es begann bereits mit der unglücklichen Wahl des Buchstabens D, was mit «digital» in Verbindung gebracht wurde. Nebst den damit in Verbindung bringbaren Vorurteilen wird auch immer noch das Frequenzspektrum mit oberer Grenzfrequenz von max. 24 oder 25 kHz bemängelt. Vermutlich liegen die Hauptgründe aber im Blackbox-Charakter der Class-D-Module: Es gibt weltweit ein paar hoch spezialisierte Entwickler und Hersteller solcher Verstärkermodule. Die Entwickler der eigentlichen Anwendung mit Beispiel NuPower D erzeugen ihre Lösungen in Kooperation. Die «Romantik» des individualistischen Manufaktur-Verstärkerbaus leidet da ein wenig.
Doch sind wir ehrlich: Professionelle Anwender von Schaltverstärkern und somit Integratoren dieser komplexen Technologie kommen traditionell sehr oft aus der Ecke der Eintakt-Triode (SET). Beispiel: John Stronczer von Bel Canto. Die Musikalität einiger Schaltverstärker ist beeindruckend. Ihr Einsatz folgt bei weitem nicht nur aufgrund ihrer Leistungseffizienz.
Die Hersteller der Verstärkermodule sind auch auf die passenden Stromversorgungen spezialisiert und betrachten das als Einheit von Stromversorgung und Signalverstärkung. Die 4-kW-Stromversorgung im NuPower D stammt zum Beispiel kundenspezifisch von Hypex.
Leistungseffizienz hin oder her: Bei 2 x 1000 Watt (je nach Messmethode) wird es auch mit Schaltverstärkern warm. Die thermische Stabilität war beim NuPower D ein wichtiges Thema und im Verlauf des bisherigen Produktlebenszyklus eine Frage stetiger Optimierung. Es ging dabei natürlich schon auch um Anwendungen, bei denen das Gerät nicht frei an der Luft zu stehen kommt, sondern auch im engen Regal in der Ecke der Dachwohnung im Hochsommer.
Die thermische Konstruktion ist sehr ausgeklügelt: Die Bodenplatte ist massiv ausgeführt und dient der primären Wärmeableitung. Mit der Zeit kommt dann dank der Wärmeausbreitung auch das ganze Gehäuse zum Tragen. In der Bodenplatte sind zwei spezielle Hightech-Lüfter integriert. Sie sind laut dem Entwicklungschef von Nubert magnetisch gelagert und daher sehr geräuscharm. Sie saugen die Luft aus dem Geräteinneren an und blasen sie durch die Öffnungen in der Bodenplatte nach unten weg. Die Kühlschlitze im massivem Gerätedeckel sind exakt oberhalb des Sub-Gehäuses mit den Endstufen angebracht. Die Anordnung bewirkt einen sanften und ausgeglichenen «Durchzug».
Und sonst? Der NuPower D hat frontseitig einen grossen und «sanftmütigen» Stufendrehschalter für die Wahl der aktiven Lautsprecherausgänge A, B und A+B. Links findet man die Powertaste. Mit dem mitgelieferten Trigger-Kabel kann man Ein- und Abschaltung von Vorstufe und Endstufe synchronisieren. Das ist ganz praktisch, aber nicht wirklich erforderlich. Auf der Geräterückseite findet man einen kleinen Kippschalter für die Umschaltung der Eingänge von XLR auf RCA. Man kann nur entweder/oder. Im Grunde ist die Wahl eigentlich nur eine Frage der verwendeten Kabel. Die Bedienungsanleitung weist aber auch noch auf die Möglichkeit hin, an die Endstufe eine weitere Quelle bzw. einen Vorverstärker anzuschliessen und mit dem Kippschalter die Quelle zu wählen. Daran hätte ich gar nicht gedacht.
Auf dem Geräteboden findet man im Bereich des rechten Standfusses (von hinten gesehen) einen praktischen Kippschalter mit der Funktion «Groundlift». Damit kann man den Erdungskontakt der Stromzuführung unterbrechen, was bei massebezogenen Brummgeräuschen (Brummschleifen) sehr wirkungsvoll sein kann. Der NuControl 2 verfügt über dieselbe Funktion.
Ich kann aus langer Erfahrung berichten, dass die auf diese Weise sehr einfache Möglichkeit der Masse-Unterbrechung bei Brummstörungen im System extrem praktisch ist. Ich finde es toll, dass Nubert an solche Details denkt.