Der EX1 integrated von Bel Canto ist die mit einem Stereo-Leistungsverstärker ergänzte Variante des E1X DAC. Die Produktefamilie, die auch noch eine Stereo-Endstufe umfasst, ist hier abgebildet. Bel Canto nennt den E1X «Advanced Integrated Platform». Diese umfasst eine extrem sorgfältig entwickelte High-Resolution-DA-Wandlung, Streaming (UPnP oder als Roon Endpoint) sowie eine ebenso hochwertige Phono-Vorstufe, die für MM- oder MC-Tonabnehmer bequem programmiert werden kann. Dazu gibt es weitere intelligente Anpassungsmöglichkeiten und Programm-Optionen für die musikalische Integration in den Hörraum.
Wie zu erwarten war, ist die Herangehensweise in mehreren Aspekten beim E1X integrated Bel Canto-typisch «nicht mainstream». Es findet sich die eine oder andere Lösung beziehungsweise Inspiration aus dem professionellen Audio, was mir persönlich sehr zusagt. Ein Beispiel ist die Programmfunktion «Tilt», aber dazu später mehr.
Class-D-Endstufe
Die Erweiterung des E1X DAC zum E1X integrated ist natürlich eine Stereo-Endstufe. Bel Canto setzt dafür eine N-Core-Class-D-Endstufe von Hypex ein – und zwar in einer teilweise modifizierten Version. Dazu gehört Mut, weil Unwissende (oder Unbelehrbare) Class-D immer noch gerne im zweitklassigen Feld einordnen. Dass Bel Canto diesen Weg gewählt hat, ist nicht nur ein Beweis, dass es ein guter Weg ist, sondern eine Überzeugungstat. John Stronczer, Entwicklungschef und Gründer von Bel Canto Design (1991), ist schon lange mit Tripath bzw. Class-D-Amps am Werkeln. Er schwärmt von der Klangqualität der Hypex N-Core und vergleicht seine Erfahrung mit der 845 Triode.
Betrachtet man es von der rein praktischen Seite, dann war die Integration in das bestehende Gehäuse des E1X ohne Riesenaufwand zu bewerkstelligen. Die hohe Effizienz der N-Core erfordert zwar hochwertige, aber nicht sehr leistungsstarke Stromversorgungen und die geringe Verlustwärme bei 2 x 250 Watt / 4 Ohm Nennleistung stellt wenig Ansprüche an die Kühlung. Die verfügbare Masse des hochwertigen Gehäuses reicht dazu völlig aus. Bel Canto konnte mit vernünftigem Aufwand die «Integrated-Variante» realisieren.
Advanced Integrated Platform
«Nicht Mainstream» lautete eingangs die Feststellung: Was versteht Bel Canto Design also unter einer «Advanced Integrated Platform»? Nun, es gibt 3 Eingänge für analoge Quellen. Eine davon ist für den Plattenspieler gedacht. Man kann sie dem Tonabnehmer anpassen, sowohl in Bezug auf die Signalverstärkung (für MM oder MC) als auch bezüglich der Anschlussimpedanz. Zwei weitere Eingänge sind Line-Eingänge für analoge Quellen. Das analoge Eingangssignal der 3 anwählbaren Eingänge wird nun schlicht digitalisiert und dann exakt gleich wie die Datenströme der Digitaleingänge (Ethernet; USB 2.0; SPDIF coaxial; SPDIF Toslink; AES/EBU) verarbeitet.
Diese Vereinheitlichung oder Gleichbehandlung der Signalverarbeitung in einer Digital Domain stellt die einheitliche, maximale Klangqualität sicher. Es ist auch eine Abkehr von dieser viel gehuldigten Analog-Romantik. Eine Ausnahme macht der Phono-Eingang: Die RIAA-Entzerrung wird noch mit klassischen Filtern bewerkstelligt, bevor dann die AD-Wandlung erfolgt. Das ist einfacher.
Wie weiter?
Den verwendeten DAC-Chip nennen wir nicht. Nur so viel: Es ist ein älteres Modell und überzeugte die Entwickler mit einer hervorragenden «low level signal quality», wie uns gesagt wurde, hervorgerufen durch einen sehr tiefen «noise floor». Gerade mehrere moderne DACs überzeugen in dieser Beziehung nicht so ganz. Jitter (Taktbreitenschwankungen) wird in drei Stufen vermindert. Eine weitere Spezialität: Es gibt 2 DACs: den primären DAC, dessen analoges Ausgangssignal an die Verstärker führt und den sekundären DAC, welcher den Kopfhörer-Ausgang und den Subwoofer-Ausgang versorgt. Da läuft nicht alles über dieselbe Schiene, wie man sieht.
Digitaler Signalprozessor (DSP)
Immer häufiger – und auch hier – kommt ein DSP zum Einsatz. Es gibt keinen präziseren Weg, sinnstiftende Korrekturen am Klangbild anzubringen. Voraussetzung ist, dass die Entwickler die Kunst der Digitalfilter im Griff haben. Bei Bel Canto zweifle ich diesbezüglich keine Sekunde. Der DSP dient drei sinnvollen Klangkorrekturen:
Tilt-Korrektur: Ein Art Waage oder Wiegen-Charakteristik um die Kipp-Frequenz von 775 Hz. Die erzeugten Kurven oberhalb und unterhalb der Frequenz generieren ein entweder zur Wärme oder eher zur Kühle neigendes Gesamtspektrum. Es ist üblich, eine solche Charakteristik mit parametrischen EQs zu erzeugen, zum Beispiel in den Mastering-Studios. Aber auf die Weise ist das eher schwierig. Mit der Tilt-Funktion gehts kinderleicht.
High Pass: Das High-Pass-Filter zweiter Ordnung bietet sich beim Einsatz eines Subwoofers an, um die Hauptlautsprecher nach Wunsch in den tiefen Registern etwas zurückzunehmen.
Bass EQ: Eigentlich ein Low Shelf Filter. Unterhalb von 200 Hz kann man den Pegel in 0.6dB Schritten um bis zu 3 dB anheben oder absenken. Unterhalb von 100 Hz ist die Wirkung dann linear. Die Funktion eignet sich für die Anpassung der Bass-Energie an die räumlichen Begebenheiten
Die Klangkorrekturen sind grafisch in der Bildstrecke erläutert.