TESTBERICHT
ARTIKEL
Publikationsdatum
27. November 2000
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Die Firma „Total Acoustics Correction Systems“ oder kurz, TACT, hat sich ganz der digitalen Raumkorretur verschrieben. Das RCS 2.0 gehört bereits zur vierten Generation von Raumkorrektursystemen des amerikanischen Herstellers. Der RCS 2.0 widmet sich aber nicht nur den akustischen Raumproblemen, sondern fungiert auch als eigentliche digitale Schaltzentrale. Dank modularem Aufbau kann das RCS 2.0 zum digitalen Vorverstärker ausgebaut werden.

Die Innovation

<br><br>Ein digitales Raumkorrektursystem analysiert die Impulsantwort von Lautsprecher und Raum.

Ein digitales Raumkorrektursystem analysiert die Impulsantwort von Lautsprecher und Raum.
Einen fundamentalen Schritt für Musikwiedergabe in Wohnräumen bedeuten die sogenannten digitalen Raumkorrektursysteme. Das grundsätzliche Vorgehen einer digitalen Korrektureinheit besteht darin, die Wiedergabe des Lautsprechers am Hörplatz zu messen und die durch Raum und Lautsprecher hervorgerufenen Fehler durch ein spiegelbildliches Signal zu neutralisieren.

Ein digitales Raumkorrektursystem arbeitet mit der Korrektur der im Raum gemessenen Impulsantwort. Der grosse Vorteil gegenüber einem Equalizer: Aus der Impulsantwort lassen sich sowohl die Fehler auf der Frequenz- als auch auf der Zeitebene errechnen. Eine Software generiert anschliessend das invertierende Filter und legt es im Speicher der Korrektureinheit ab. Während der Musikwiedergabe wird das Audiosignal nun in Echtzeit mit dem Korrekturfilter bearbeitet. Am Ausgang liegt dadurch ein Signal an, das bereits die reziproken Fehler von Lautsprecher und Raum enthält. Am Hörplatz neutralisiert das Korrektursignal die akustischen Unzulänglichkeiten hervorgerufen von Lautsprecher und Raumbegrenzung. Die Technik entstammt ursprünglich aus der Sonarforschung zur Ortung von U-Booten.

Wer sich in die Theorie der Raumkorrektursysteme vertiefen möchte, findet im Artikel „Digitale Raumkorrektur – ein Zukunftsmodell?“ die entsprechende Anlaufstelle

Die Hardware

Das TACT Raumkorrektursystem 2.0 besteht aus einem 43cm-Gerät, das die Signalprozessoren zur Datenverarbeitung, ein Messsystem sowie - je nach Ausbaustandard - die zusätzlichen AD- bzw. DA-Wandler beinhaltet. Zum Lieferumfang gehören Messmikrofon, eine Software für Win95/98/ME sowie eine Fernbedienung. Die Verarbeitung und der Aufbau des Gerätes sind absolut professionell und auf hohem Standard.

Der RCS 2.0 verfügt in der Grundversion über fünf digitale Eingänge und drei digitale Ausgänge. Angeboten wird er in vier Varianten, die sich durch zusätzliche Wandler-Module für analoge Ein- und Ausgänge unterscheiden:

  • DD – preiswerteste Variante, rein digital, ohne DA-Wandler für High End Anlagen mit bestehenden Wandlern.

  • AD – mit einem 24Bit/96kHz AD-Wandlermodul und digitalem Ausgang. Ideale Kombination mit dem TACT Millennium Digitalverstärker. Das RCS 2.0 fungiert dann als digitale Vorstufe.

  • DA – mit einem 24Bit/96 kHz DA-Wandlermodul und digitalem Eingang. Variante für externes CD-Laufwerk und analogen Vorverstärker.

  • AA – voll ausgebaute und daher flexibelste Variante mit integrierten AD- bzw. DA-Wandlermodul.


Das Herzstück der Hardwareeinheit des RCS 2.0 sind die drei Motorola DSP, welche das Audiosignal in Echtzeit mit dem Korrekturfilter bearbeiten. Im Bassbereich reicht die Rechenleistung für eine Auflösung von 2 Hz. Auf Wunsch kann mittels der Rechnerleistung von drei zusätzlichen Motorola-Prozessoren die Genauigkeit auf 1 Hz erhöht werden.

Die Lautstärkeregelung erfolgt auf digitaler Ebene und hat somit mit der Einschränkung einer geringen Wortlänge bei kleinen Lautstärken zu leben. Die Bedienungsfunktionen werden über die Fernbedienung oder direkt am Gerät angewählt. Maximal können zehn Korrekturprogramme im internen Speicher abgelegt werden. Ein LCD-Display gibt Auskunft über das gegenwärtig aktive Programm und die eingestellte Lautstärke. Auf der Rückseite finden sich symmetrische XLR- und asymmetrische Cinch-Anschlüsse für die analogen Ein-/Ausgänge.

Software und Raummessung

Effiziente Einmessung mit der durchdachten Software. In der oberen Fensterhälfte werden Messpunkte festgelegt und das Ergebnis angezeit, unten die Zielkurve.Effiziente Einmessung mit der durchdachten Software. In der oberen Fensterhälfte werden Messpunkte festgelegt und das Ergebnis angezeit, unten die Zielkurve.
Die für das TACT RCS2.2 mitgelieferte 32-Bit Software (Windows 95/98/ME) übernimmt die Steuerung des Messvorgangs und berechnet anhand der eruierten Daten anschliessend im PC das entsprechende Korrekturfilter. Das Korrekturfilter wird über eine RS-232 Schnittstelle in einem der zehn Speicherplätze des RCS 2.0 abgelegt, wo sie später über Gerätetasten oder Fernbedienung ohne Hilfe des Computers aufgerufen werden können.

Zur besseren Übersicht verwaltet die Software die Daten projektbezogen (z.B. mein Hörraum, das Studio). In das Projekt können nun diverse Messergebnisse aufgenommen werden, mehrere Zielkurven für die Korrektur generiert und so unterschiedliche Setups gespeichert werden. Dies ermöglicht einen variablen Einsatz der Korrektureinheit, so dass sie ohne Nachmessung an unterschiedlichen Örtlichkeiten genutzt werden kann und lediglich das entsprechende Projektfile neu geladen werden muss.

TACT gab sich viel Mühe mit der Benutzerführung. Für ein Programm mit einem technischen Ansatz lässt sich die Software einfach bedienen und schnell erlernen. Wichtig ist, dass die Messungen korrekt durchgeführt werden und eine dem Lautsprecher angemessene Zielkurve generiert wird, was eine gewisse Kenntnis über dessen Bandbreite voraussetzt.

Messvorgang und Erstellung der Zielkurve erfolgt in einem übersichtlichen, gemeinsamen Programmfenster. Die Kalibrierung der Mikrofoneingänge erfolgt automatisch per Software.

Gemäss TACT reicht für eine zufriedenstellende Korrektur in der Regel die Messung eines Raumpunktes aus. Sollten sich Probleme mit einer ausgesprochen engen Hörzone ergeben, können maximal acht weitere Messpunkte im Raum hinzugefügt werden, wobei der Benutzer Einfluss auf die Gewichtung nehmen kann. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass die Korrektur der Raumakustik nicht immer genau vorhersagbare Ergebnisse liefert. Vielmehr muss je nach Situation die beste Lösung gesucht werden, was mit ein wenig Experimentierfreude jedoch in nützlicher Zeit gelingt.

Als eigentlicher Messimpuls dient ein Diracstoss. Zur Erhöhung des Signal/Rauschabstandes werden in kurzen Abständen mehrere (eine vom Benutzer definierte Anzahl) Messungen vorgenommen, die anschliessend gemittelt werden. Dadurch wird der Einfluss von tieffrequentem Umgebungslärm minimiert. Aufgenommen werden pro Messvorgang 5000 Samples. Nach der Einstellung der gewünschten Parameter vollzieht das Gerät den Messvorgang automatisch. Bei mehreren Messpunkten wird man vom Programm jeweils aufgefordert die Mikrofonposition anzupassen.

Erstellung der Zielkurve

links: Linear bis 30 Hz für grosse Lautsprecher. rechts: etwas kniffliger, eine Hochpassentzerrung für ein Bassreflexsystem 6. Ordnung (ideal für Kleinlautsprecher).links: Linear bis 30 Hz für grosse Lautsprecher. rechts: etwas kniffliger, eine Hochpassentzerrung für ein Bassreflexsystem 6. Ordnung (ideal für Kleinlautsprecher).
Nachdem man die Wiedergabe der Lautsprecher im Raum gemessen hat, stellt sich die Frage, was für einen Wiedergabeverlauf man denn eigentlich gerne hätte. Instinktiv mag man der Versuchung erlegen, einen flachen Amplitudenverlauf von 20 Hz bis 20kHz als Ziel zu verfolgen, vergisst dabei allerdings, den Lautsprecher mit seinen physikalischen Grenzen in die Betrachtung einzubeziehen.

Von einem kleinen Zweiweg-Lautsprecher einen bis 20 Hz reichenden Frequenzgang zu verlangen, würde diesen massiv überlasten und im Tiefbassbereich zu unkontrollierten Membranauslenkungen führen, welche ihn bei hohen Pegeln sogar beschädigen könnten. Es gilt also, eine untere Grenzfrequenz festzulegen, die dem verwendeten Lautsprecher angepasst ist. Bei Kleinlautsprechern ist 50 Hz keine schlechte Wahl, bei grösseren Systemen kann die Bandbreite entsprechend erhöht werden, wobei hier für genaue Werte das Datenblatt des Herstellers zu beachten ist (sofern diese einen vertrauenswürdigen Eindruck hinterlassen).

Für die Erstellung der Zielkurve verfügt die Software über einen speziellen Editor, in dem der Kurvenverlauf mit Hilfe einer beliebigen Anzahl von Punkten erstellt wird. Für jeden der zwölf Speicherplätze des TACT RCS 2.2 lässt sch eine separate Zielkurve generieren und am Gerät per Knopfdruck anwählen.

Nicht vergessen sollte man, dass auch viele Tonstudios kein Raumkorrektursystem besitzen, oder die Klangbalance so wählen, dass sie bei der Mehrzahl der anzunehmenden Konsumenten mit nicht optimierten Wohnräumen ebenfalls akzeptabel klingt. Dies gehört ins Pflichtenheft jedes Toningenieurs, wollen wir mal vom geschützten Freiland gewisser kleiner High End Labels absehen. In vielen Aufnahmen wird der Basspegel daher etwas abgesenkt, um einerseits mehr Pegel und damit Lautstärke auf die CD zu bringen und andererseits Dröhneffekte während der Wiedergabe zu reduzieren. Das Raumkorrektursystem entlarvt dann bei linearer Zielkurve die tontechnischen Eingriffe und entsprechend dünn wirkt der Grundtonbereich. Auch TACT hat dem Rechnung getragen und die voreingestellten Zielkurven besitzen in der Regel auch bereits eine dezente Bassbetonung.

Praktische Erprobung I

schwarz: das Resultat der Raummessung. rot: Das spiegelbildliche Korrekturfilter.schwarz: das Resultat der Raummessung. rot: Das spiegelbildliche Korrekturfilter.
Das TACT RCS wurde an zwei Lokalitäten praktisch erprobt. Nach einer gewissen Angewöhnungsphase erwies sich die Arbeit mit dem RCS 2.0 als äusserst gewinnbringend. In allen drei Situationen brachte der Einsatz des Raumkorrektursystems eine merkliche bis dramatische Verbesserung der Klangqualität. Nicht jedesmal führte gleich die erste Einmessung zum gewünschten Ergebnis, doch mit zunehmender Erfahrung liess sich die Raumentzerrung mit einem bescheidenen Zeitaufwand realisieren.

Hörraum von avguide
Der avguide-Hörraum entspricht etwa einem grösseren Wohnzimmer. Im Mittel- und Hochtonbereich besitzt er dank diversen Massnahmen bereits eine ausgezeichnete Akustik, während der Bassbereich an den üblichen Problemen mit stehenden Wellen leidet. Als Abhöranlage für die klangliche Beurteilung standen hochwertigen Elektronikkomponenten Nordamerikanischer Prägung (PS-Audio PreAmp, Theta Wandler, Audio Alchemy CD-Drive) sowie die altgedienten B&W801 Serie II Lautsprecher mit Monster Cable verkabelt zur Verfügung.

Der vom TACT RCS 2.0 ermittelte Amplitudenverlauf von Lautsprecher und Raum (schwarze Kurve) sowie das von der Korrektureinheit berechnete Korrekturfilter (rot) werden aus der untenstehenden Graphik ersichtlich. Deutlich ist zu sehen, wie das Korrektursignal einen spiegelbildlichen Verlauf zur Lautsprecher/Raum-Wiedergabe annimmt. Zur besseren Darstellung des Bassbereichs ist die Bandbreite auf 20 Hz bis 2 kHz begrenzt.

Im Hörtest zeigte sich bald, dass insbesondere im Bassbereich durch den Einsatz der Raumkorrektureinheit eine markante Klangverbesserung erreicht werden konnte. Quirlige Bassläufe wirkten nun extrem trocken und doch voller Saft und Attacke. Unterschiedliche Anschlagsstärken konnten eindeutig differenziert werden. Vom Sub- bis zum Midbass wurde jede Bassnote auch bei erhöhter Lautstärke sauber konturiert und klar umrissen, während sie ohne Korrektursystem je nach Frequenzlage schwammig wirkten.

Die Wiedergabe war über das gesamte Frequenzband deutlich angenehmer. Stimmen wurden klar und sauber fokussiert. Auch die Stabilität in der Stereoabbildung verbesserte sich massiv. Schon nach kurzer Zeit schien das Korrektursystem unentbehrlich. Durch die verbesserte Abbildungsschärfe entwickelte sich zudem ein entspanntes Hörerlebnis. Nach mehrstündigen Arbeiten schien das Gehör weit weniger ermüdet als ohne Korrektursystem.

Praktische Erprobung II

oben: Der unkorrigierte Amplitudenverlauf im Planetarium Studio. unten: Der korrigierte Amplitudenverlauf.oben: Der unkorrigierte Amplitudenverlauf im Planetarium Studio. unten: Der korrigierte Amplitudenverlauf.
Planetarium Multimedia Studio
Der zweite Praxistest führte ins Planetarium Multimedia Studio. Das kleine Studio in Zürich Seefeld hat sich auf das CD-Mastering und die Erstellung von Multimediaproduktionen spezialisiert. Nach einem kürzlichen Umzug war man mit der Akustik in den neuen Lokalitäten nicht zufrieden und beklagte vor allem Probleme im Bassbereich. Die Raummessung mit dem RCS 2.0 bestätigte den Verdacht: Im Bereich von 60 Hz bis 100 Hz zeigt die Messung eine markante Auslöschung im Bassbereich, die kaum eine objektive Beurteilung und Bearbeitung der Audioproduktionen im Tieftonbereich zuliessen.

In einem ersten Durchlauf wurde versucht einen flachen Verlauf bis zur unteren Grenzfrequenz der Lautsprecher (40 Hz) zu erzielen. Das Ergebnis zeigt, dass der Einbruch im besagten Bereich vollständig kompensiert werden konnte. Allerdings blieben die beiden Resonanzspitzen bei 50 Hz und 100 Hz bestehen.

Der Hörtest bestätigte weitgehend das Messergebnis: Der Bassbereich war nun in der richtigen Gewichtung vorhanden und rein akustisch konnte keine Bevorzugung oder Unterdrückung einzelner Frequenzlagen festgestellt werden. Ergriffen war man von der allgemeinen Klangsteigerung und Transparenz die das RCS 2.0 im Mittel- und Hochtonbereich erbrachte. Die Stereodarstellung war deutlich ausgewogener. Der nachträgliche messtechnische Vergleich der beiden Kanäle ergab denn auch eine relativ grosse Kanaldifferenz, deren Betrag über die Frequenz variiert. Mit dem RCS 2.0 konnte ein äusserst stabiles und klar strukturiertes Klangbild erzielt werden, das dank seiner Offenheit und Transparenz die Durchhörbarkeit der Aufnahmen deutlich steigerte.

Fazit

Das TACT RCS 2.0 zeigt, dass die digitale Raumkorrektur erstaunliches leisten kann. Gerade im Bassbereich ist der klangliche Nutzen markant, und erst ein von Resonanzen entschlackter Tieftonbereich offenbart, welche musikalischen Informationen gemeinhin verloren gehen. Für mich persönlich bestechend war, mit welcher Akkuratesse das TACT RCS 2.0 auch im heiklen Mittel- und Hochtonbereich zu Werke geht; das Klangbild gewinnt jeweils deutlich an Kontur und Abbildungsschärfe. Das TACT RCS 2.0 dürfte in seiner Flexibilität und den ausgereiften Korrekturalgorithmen momentan im Consumerbereich einzigartig sein. Das Konzept mit der Liaison von Raumkorrektur und digitalem Vorverstärker ist bestechend und in jedem Fall zukunftsweisend.
STECKBRIEF
Preis:
6900.-
Profil:
Das TACT RCS 2.0 zeigt, dass die digitale Raumkorrektur erstaunliches leisten kann. Im Bassbereich ist der klangliche Nutzen markant. Ein von Resonanzen entschlackter Tieftonbereich offenbart, welche musikalischen Informationen gemeinhin verloren gehen. Basis, AD-Modul 1500.-, DA-Modul 1300.-, DSP-Karte in Vorbereitung
Pro:
ausgereifte Korrekturalgorithmen,
Software bedienungsfreundlich (stark verbeseert zu Vorgängerversion),
musikalische Korrekturergebnisse
Contra:
Bypass nur über Software
Ausstattung:
- zweikanalig
- Software für win95/98/Me
- 5 digitale Eingänge
- 3 digital Augänge
- Fernbedienung
- Aluminiumgehäuse
- Messmikrofon
- RS 232 Schnittstelle
Upgradeoptionen:
- zusätzliche analoge Ein-/Ausgänge
- auf 192kHz Samplingrate
- verdopp
Technische Daten:
- 24Bit/96kHz Samplingrate (optional auf 192 khz erweiterbar)
- Lautstärkeregelung mit 0.1 dB Auflösung
- Auflösung Korrekturgenauigkeit 2 Hz im Bassbereich (mit 3 zusätzlichen DSP 1 Hz)