Im Frühjahr präsentierte Sennheiser an der High End Audio Visual Show mit dem IE 80 S BT ihren ersten den Bluetooth-Nackenband-Kopfhörer. Nun ist er erhältlich. Der IE 80 S BT entstammt dem bestens bekannten und kabelgebundenen IE 80 S, dem Topmodell unter den Sennheiser-In-Ears.
Mit 579 Franken schlägt er kräftig aufs Portemonnaie und ist um 190 Franken teurer als sein kabelgebundener Bruder. Das begründet sich mit der im Nackenband integrierten Elektronikeinheit, welche das Bluetooth-Empfängermodul, den Digital-Analog-Wandler sowie den Kopfhörerverstärker beherbergt.
Audiophilie mit Bluetooth?
Sennheiser bewirbt den IE 80 S BT als ersten «audiophilen Bluetooth-In-Ear-Kopfhörer». Ein hoher Anspruch, auch wenn der Term «audiophil» natürlich per se so nicht fix definiert ist. Bluetooth hängt nicht ganz zu Unrecht das Stigma von reduzierter Klangqualität an. Schuld daran ist die eingeschränkte Bandbreite der Bluetooth-Übertragung, die standardmässig kaum mehr als mittleres MP3-Niveau zulässt.
Der praktische Nutzen von Bluetooth und der kabellosen Musikübertragung macht die Hörer jedoch extrem beliebt und verleitet manchen Hersteller zu beschönigenden Aussagen, wenn es ums Klangniveau von Bluetooth geht.
Entscheidend sind die Tricks der verwendeten Codecs zu Erhöhung der Bandbreite. Mit aptX HD und LDAC erreicht man denn auch eine schon deutlich höhere Bandbreite – und damit eine bessere Klangqualität als mit dem Standard-Codec SBC. Doch auch mit aptX HD wird das Audiosignal gegenüber dem CD-Standard um den Faktor 4 komprimiert. Das «HD»-Kürzel ist daher stark irreführend. Auf Augenhöhe mit kabelgebundenen Hörern ist man damit definitiv nicht.
Der IE 80 S BT unterstützt neben aptX HD auch aptX Low-Latency. Letzteres sorgt für die Synchronisation von Film & Ton. Dass er auch noch den LHDC Codec unterstützt, ist eher akademischer Natur, da dieser Codec kaum von einem Audioplayer oder Smartphone angeboten wird.
Auch der IE 80 S BT ist also an die begrenzenden Limiten der datenkomprimierten Bluetooth-Technologie gebunden und kann da nichts Neues anbieten. Immerhin ist er einer der wenigen In-Ears, die aptX HD unterstützen.
Einen Pfeil im Köcher hat der IE 80 S BT allerdings noch. Wer die volle Klangqualität will, kann das Nackenband mitsamt Bluetooth-Modul gegen ein Kabel aus dem Sennheiser Zubehör austauschen. Das Kabel kostet 58 Franken und hat einen proprietären Anschluss. Ein Standard-Kopfhörerkabel passt leider nicht.
Trotzdem gefällt diese Flexibilität. Für alle, die stationär mit dem Hörer über längere Zeit Musik hören – zum Beispiel am Arbeitsplatz oder auf langen Zugreisen – sind die knapp 60 Franken gut investiert. Zudem wird man damit unabhängig von der Akkulaufzeit des Bluetooth-Moduls.
Tragesystem
In Zeiten, in denen gerade die True Wireless Earbuds den Markt erobern, setzt Sennheiser auf einen Nackenbügel als Tragesystem. Das ergibt Sinn, hat man doch mit dem Momentum Wireless bereits einen Earbud im Programm. Und ein Nackenband mit Ohrbügel wie beim IE 80 S BT hat durchaus seine Vorteile: Der wichtigste: Man läuft nicht Gefahr, dass die edlen Earbuds herunterfallen und am harten Strassenpflaster beschädigt werden. Mit sicherem Ohrbügel bewegt man sich im Gedränge von Bahnhöfen einen Tick entspannter als mit Earbuds, die nicht befestigt sind. Zudem: Will man kurzfristig keine Musik hören, lässt man den Hörer bequem um den Hals baumeln und muss ihn nicht in der Transportbox ablegen.
Auch der Akku und die Elektronik haben in der im Nackenband integrierten Kontroller-Einheit mehr Platz. Das gibt zusätzlichen Spielraum bei der Auswahl der Komponenten für Wandler und Kopfhörerverstärker. Auch stromzerrende Codecs finden hier eher Verwendung. Reine True Wireless Earbuds müssen haushälterischer mit der Stromreserve umgehen. Nicht ganz umsonst setzen die neuesten kabellosen In-Ears von Sony und Bowers & Wilkins ebenfalls auf ein Nackenband als Tragesystem.
Ohradapter
Eine gute Basswiedergabe bekommt man bei In-Ears nur mit gutem Sitz der Earbuds in der Ohrmuschel. Die Formgebung des IE 80 S BT könnte da innovativer sein und ist nicht unbedingt prädestiniert für gut haftenden Sitz. Während andere Hersteller auf Kontaktpunkte an der Ohrmuschel achten, setzt Sennheiser ganz auf die beigelegten Adapter aus Silikon und auf flexiblen Schaumstoff, welcher die Hörer einzig über Druckpunkte am Ansatz des Gehörgangs fixieren. Einen wirklich sattelfesten Halt besitzt der IE 80 S BT so nicht, wie unsere Tests mit mehreren Personen aufzeigten. Allzu leicht löst er sich bei Bewegung vom Gehörgang, was das Klangbild jeweils dramatisch verändert.
Die besten Erfahrungen machten wir mit den drei beigelegten Adaptern aus Comply-Memory-Schaumstoff. Diese werden wie Ohropax erst zurechtgezwirnt und dann ins Ohr eingeführt. Der Schaumstoff dehnt sich dann langsam aus und bietet eine verblüffenden gute Abschottung gegen Aussengeräusche.