TESTBERICHT
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Publikationsdatum
24. Dezember 2000
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Die Ergo Kopfhörer stammen aus derselben Kopfhörer-Edelschmiede wie die legendären Jecklin Floats. Martin Dürrenmatt, ein guter Bekannter des 1995 verstorbenen Erfinders Dr. Oskar Heil, Konstrukteur des ebenfalls legendären Heil Air Motion Transformers, übernahm von ihm den ganzen Wissensschatz über diesen Schallwandler und wendet diesen nun konsequent bei seinen Lautsprechern und Hörern an.

Schneller Wandler

Die Luft wird fünfmal schneller aus der vorhangähnlich gewellten Membran gepresst, als sich die Membran selbst bewegt
Die Luft wird fünfmal schneller aus der vorhangähnlich gewellten Membran gepresst, als sich die Membran selbst bewegt
Der Clou dieses Wandlers besteht darin, dass die Luft fünfmal schneller aus den Falten der vorhangähnlich gewellten Membran herausgepresst wird, als die Membran sich selbst bewegt. Doch die Herstellung dieses Schallwandlers will verstanden sein, denn gerade die Membrane muss so bedämpft werden, dass sich keine üblen Knistereffekte einstellen. Doch bei Precide hat man die Sache inzwischen im Griff, wie auch die Hörergebnisse zeigen.

Geniale Bügelkonstruktion

Simpel aber sauber
Simpel aber sauber
Der ausgezeichnet verarbeitete und stabile Ergo AMT ist mit rund 600 Gramm nicht gerade ein Federgewicht. Dass der Tragkomfort dennoch sehr hoch ist, verdankt er der genialen Bügel-Konstruktion, welche ein Abstrahlverhalten liefert, das zwischen einem Lautsprecher und einem normalen Kopfhörer liegt. Der Schall wird also nicht direkt in die Ohren gepumpt, wie bei den meisten konventionellen Kopfhörern. Dies führt in der Regel dazu, dass sich die Klangbühne im Kopf aufbaut, was sehr unnatürlich wirkt und weit von der Realität entfernt ist. Beim Ergo AMT sitzen die Musiker nicht im Kopf des Hörers, sondern vor ihm, wie es sein soll.

Der optimale Spielpartner des Ergo AMT ist der Verstärker Ergo Ampli 1. Er ist speziell auf den Ergo AMT angepasst. Dank der Möglichkeit, auch Lasten mit sehr tiefen (3.5 Ohm) Impedanzen sauber anzusteuern, kann er mit einem externen Verteilergerät bis zu zehn konventionelle Kopfhörer gleichzeitig antreiben. Sein Netzteil hat man zur Vermeidung unerwünschter Störungen ausgelagert. Ein Blick in das verblüffend simple Gerät zeigt einen sauberen Aufbau.

Feine Klänge

Das Klangbild dieser Hörer-Verstärkerkombination unterscheidet sich entscheidend von konventionellen Hörern . Die sogenannte Im-Kopf-Lokalisation ist hier nicht anzutreffen. Der Klang schwebt frei aber stabil vor und um den Hörer. Da dröhnen auch keine Bässe und zischen keine Höhen. Das ganze Klangspektrum vom tiefsten Bass bis zum höchsten Diskant wirkt unglaublich klar und sauber.
Vergleiche zu konventionellen Hörern waren sehr aufschlussreich. Freunde klassischer Musik waren vom angenehmen Klang des Ergo AMT begeistert und empfanden die Höhenwiedergabe der Vergleichshörer generell überspitzt. Der Hoch- und Obertonbereich des Ergo AMT ist wirklich sehr diskret, jedoch unerhört fein gezeichnet. Wer das leicht zischelnde Klangbild etlicher dynamischer und elektrostatischer Hörer nicht besonders schätzt, findet hier die erhoffte Alternative mit warmem, und dennoch wohldefiniertem Klang.
Speziell hervorzuheben ist die exzellente Wiedergabe von Streichinstrumenten. Dies ist auch kein Wunder, denn Martin Dürrenmatts Frau ist die bekannte Geigerin Mieko Dürrenmatt, die bei der klanglichen Auslegung dieses Hörers ein gewichtiges Wörtchen mitzureden hatte. Auch in den höchsten Lagen der Violine bleibt der Klang edel und glockenrein.
Im Element sind die Ergos auch bei Bläsern und weiträumiger Orgelmusik. Wie hier das volle Werk bei einer D-Moll Toccata erklingt, ist doch sehr beeindruckend.
Für hartgesottene Rock und Pop-Fans bietet diese Hörer-Verstärkerkombination allerdings nicht den gewünschten Punch und die peitschende Aggressivität. Auch punkto maximaler Lautstärke kommen diese harten Burschen hier nicht voll auf ihre Kosten, denn Qualität nicht Quantität war die Devise beim Klangtuning dieses Schallwandlers.

Konzertsaalklang oder HiFi-Sound?

Klänge wie im KonzertsaalKlänge wie im Konzertsaal
Gewiss werden einige HiFi-Fans dem Ergo einen Brillanzmangel vorwerfen. Dies ist im Vergleich zur heute üblichen, meist höhenlastigen HiFi-Wiedergabe auch gar nicht so abwegig. Doch wer sich an den Klang im Konzertsaal erinnert - wann waren Sie zum letzten mal im Konzert? - wird feststellen, dass wir in der Regel mit einem zu grossen Anteil an hohen Frequenzen Musik hören. Der Klang im Konzertsaal ist ganz klar nicht so höhenlastig, sondern wärmer und grundtöniger. Und genau diesem Klangbild entspricht der Ergo AMT. Man merkt, dass er von Leuten entwickelt wurde, die vor allem Musik im Konzertsaal und nicht Konservenmusik ab Stereoanlage geniessen. So sollte man mal für einmal nicht den Vergleich zu einer typischen hochaufgelösten HiFi-Wiedergabe ziehen, sondern sich an das Klangerlebnis im Konzert erinnern.

Fazit

Der Ergo AMT Kopfhörer ragt wohltuend aus der breiten Masse konventioneller Kopfhörer heraus. Sein beispielloser Tragkomfort und seine Klangschönheit machen ihn für den Freund anspruchsvoller Klassik zu einem der interessantesten Kopfhörer des Marktes. Der Ampli 1 Kopfhörerverstärker garantiert, dass das volle Klangpotential des Ergo AMT und auch anderer dynamischer Kopfhörer wirklich beim Musikfreund ankommt.
STECKBRIEF
Preis:
Ergo AMT Fr. 1130.-/Ergo Ampli 1 Fr. 450.-
Profil:
Eine Swiss made Kopfhörer-Verstärker-Kombination die den Freund der klassischen Muse begeistert, dem hartgesottenen Rocker aber zuwenig Punch und Aggressivität bietet.
Pro:
Keine Im-Kopf-Lokalisation,
Trotz relativ hohem Gewicht sehr guter Tragkomfort,
Traumhaft schöner Klang,
Sauber verarbeitet
Contra:
Nichts für hartgesottene Pegelfreaks,
Kann nicht an normalen Kopfhörerbuchsen betrieben werden
Ausstattung:
Ergo AMT
Offenes Kopfhörersystem
Schallwandler: Heil AMT
Ampli 1
Anschlüsse: Cinch in und Cinch out,
Spezialbuchse für Ergo Kopfhörer, 6.3 mm Jack für dynamische Kopfhörer
Technische Daten:
Gewicht Hörer: 600 Gramm
Abmessungen Ampli 1:
(BxHxT)20x6,5x18 cm