
Die Canon EOS R5 ist ein heisses Teil – und dies gleich in dreifacher Hinsicht. Zum ersten ist die Kamera heiss begehrt, zum zweiten ist sie momentan die am besten ausgestattete spiegellose Vollformatkamera in ihrer Liga und zum dritten tendiert sie beim 8K-Videofilmen schnell mal zur Überhitzung.
Etwas weniger heiss geht es bei der Canon EOS R6 zu, die im allgemeinen Hype um den grossen Bruder beinahe untergeht. Sie muss sich jedoch überhaupt nicht verstecken und beeindruckt mit ähnlich coolen Eigenschaften wie die R5.
So basieren beide Kameras auf der Digic-X-Prozessortechnologie des High-End-Modells EOS-1D X Mark III, besitzen einen CMOS-Sensor im Kleinbildformat und – erstmalig für Canon – eine integrierte 5-Achsen-Bildstabilisierung IBIS («In Body Image Stabilization»). Ein Dual-Pixel-Autofokus der zweiten Generation mit Gesichts- und Augenerkennung sowohl bei Personen wie auch bei Tieren ist ebenso eingebaut wie die Möglichkeit, mit bis zu 12 oder mit dem lautlosen elektronischen Verschluss sogar bis zu 20 Bilder pro Sekunde zu schiessen.
Beide Kameras können in 4K/UHD-Video mit bis zu 60p, mit Canon-Log oder in HDR filmen. Wer mehr Auflösung beim Fotografieren oder Filmen benötigt, muss zur EOS R5 greifen. Sie bietet mit rund 45 Megapixel eine mehr als zweifach so hohe Bildauflösung wie die R6 mit ihren 20,1 Megapixeln. Ähnlich sieht es beim bewegten Bild aus, wo die EOS R5 mit ihrer 8K-Videoauflösung (7680 x 4320 oder 8192 x 4320 Pixel) gleich vier Mal so viele Daten wie die R6 mit maximal 4K/UHD (3840 x 2160 Pixel) liefert.

Ausstattung optimiert
Auch in der äusseren Erscheinung unterscheidet sich das Duo im Millimeter-, nein, sogar nur im Zehntelsmillimeterbereich. Laut Handbuch misst die EOS R5 138,5 x 97,5 x 88,0 mm, während die EOS R6 mit 138,4 x 97,5 x 88,4 ganz wenig schmaler, dafür etwas tiefer gebaut ist. Gegenüber dem Vorgänger EOS R sind beide Kameras unmerklich grösser, aber immer noch sehr handlich und kompakt. Betriebsbereit mit Akku und Speicherkarte wiegt die EOS R5 738 Gramm und damit knapp 60 Gramm mehr als die EOS R6.
Der ausklappbare und nach vorne drehbare Monitor der EOS R wurde bei den beiden Neuen ebenso übernommen wie die Bedienungselemente auf der Rückseite. Mit Ausnahme der ungeliebten Touch-Leiste und dem Steuerkreuz, dessen Funktionen wieder ein Joystick und das klassische Drehrad übernehmen. Damit fühlen sich nun auch Canon-DSLR-Benutzer sofort zuhause. Vielen Dank, Canon!
Wenn wir schon beim Beheben von Mängeln der EOS R sind: Die R5 wie die R6 sind mit zwei Speicherkarten-Slots ausgestattet. Damit lassen sich Daten zur Sicherheit parallel auf zwei Karten aufzeichnen. Ein Detail, worauf vor allem Hochzeitsfotografen enorm viel Wert legen.
Während sich die EOS R6 mit SD-Speicherkärtchen begnügt, werden bei der EOS R5 zur Aufzeichnung von 8K-RAW- und 4K-120p-Videos in ALL-I-Komprimierung zwingend die teuren CFexpress-Karten vom Typ-B benötigt. Diese Karten benutzt bereits die Spiegelreflexkamera Canon EOS-1D X Mark III. Dementsprechend ist die EOS R5 neben einem SD-Kartenfach, das UHS-II- und UHS-I-Karten unterstützt, auch mit einem Fach für CFexpress-Karten ausgestattet.

Zur Stromversorgung kommen bei beiden Kameras die neuen Akkus vom Typ LP-E6NH zum Einsatz. Ältere Modelle wie der LP-E6N (1865 mAh) oder der bewährte «Urahn» LP-E6 (1800 mAh) können ebenfalls eingesetzt werden, halten jedoch nicht so lange durch wie der neue mit seiner Kapazität von 2130 mAh. Ein separates Akku-Ladegerät ist im Lieferumfang beider Kameras enthalten.
Die Akkus LP-E6NH und LP-E6N dürfen auch per USB-C-Anschluss in der Kamera geladen werden. Leider ist diese Variante wie schon bei der EOS R sehr wählerisch, was USB-Ladegerät oder USB-Powerbanks angeht. Von meinen drei Geräten funktionierte kein einziges. Hier möchte Canon wohl seinen eigenen (teuren) USB-Netzadapter PD-E1 verkaufen.
In Internet-Foren wird auf günstigere Alternativen hingewiesen und generell empfohlen, ein USB-Netzteil mit genügend starker Leistung zu verwenden und bei Powerbanks auf Produkte mit der Bezeichnung «Power Delivery (PD)» und direktem USB-C-Anschluss zu achten. Damit sind dann auch längere Foto- oder Video-Sessions ohne Akkuwechsel möglich. LP-E6-Akkus können zwar in der EOS R5 und R6 verwendet, aber nicht per USB geladen werden.
Kontakt nach aussen
An beiden Kameras gibt es auf der linken Seite je eine 3,5-mm-Klinkenbuchse für ein externes Mikrofon und einen Kopfhörer, einen USB-Typ-C-Anschluss und einen HDMI-Ausgang. Letzterer leider nur in der störungsanfälligen Micro-Ausführung. Und wo sich bei der EOS R6 die Fernbedienungsbuchse befindet, sitzt bei der EOS R5 ein «PC»-Blitzsynchronanschluss (Prontor-Compur). Die Buchse für optionale Fernsteuer- oder Timer-Auslösekabel wurde bei der R5 auf die Kamerafront gelegt.
Wie den meisten Profikameras fehlen auch den beiden Neuen ein eingebautes Blitzgerät. Sie sind jedoch mit der übrigen Canon-Welt kompatibel. EOS-Systemzubehör und Speedlite-Blitzgeräte können angeschlossen werden. Um Blitze zünden zu können, muss der Auslöser auf «Mechanisch» oder «Elek.1.Verschl.» stehen, rein «elektronisch» lassen sie sich nicht auslösen.

Altglas-Verwertung
Nicht jeder Canon-Fotograf wird sich zu einer EOS R5 oder R6 auch gleich noch neue Optiken zulegen wollen oder können. Dies ist auch nicht nötig, denn ein schon vorhandener Canon-Objektiv-Park lässt sich mit den EF-EOS-R-Bajonettadaptern weiterhin verwenden.
Es gibt den normalen «nackten» Adapter, eine Version mit Objektiv-Steuerring sowie einen raffinierten Adapter mit integriertem Filtereinschub für Variable-ND- oder Pol-Filter. Die Adapter sind spritzwassergeschützt und an alle lassen sich EF- wie auch EF-S-Optiken anschliessen, jedoch keine EF-M-Objektive der APS-C-Kameraserie von Canon.
Die EF-EOS-R-Adapter selbst sind linsenlos. Sie überbrücken nur die unterschiedlich langen Auflagemasse von EF- und RF-Bajonett und übertragen die Anschlusskontakte. Einschränkungen gibt es je nach Alter des Objektivs bei der Serienbildgeschwindigkeit und der nutzbaren Fläche für den Autofokus. Die Scharfstellung erfolgt jedoch tadellos.
So adaptierte ich gleich ein älteres EF 17–40 mm f/4.0 L, ein EF 24–70 mm f/2.8 L USM, ein EF 100 mm f/2.8 sowie das EF 70–200 mm f/4 L IS USM. Alle Objektive verhielten sich an der EOS R5 und R6 wie gewohnt und stellten beim Fotografieren ohne Probleme und erstaunlich zügig scharf. Das Canon RF 24–105 mm war jedoch klar schneller beim Fokussieren und vor allem leiser.

Taste und Display oder Wahlrad

Beide Bodies vermitteln einen robusten Eindruck, wobei sich die EOS R5 etwas stabiler «anfühlt». Der Grund ist das Gehäusematerial, das bei der R5 aus Magnesium und Polycarbonat und bei der R6 «nur» aus Polycarbonat besteht. Wetterfest sind jedoch beide Kameras.
Wie schon die Canon EOS R liegen auch die R5- und R6-Modelle ausgezeichnet in der Hand. Der Griff beider Kameras ist sehr gut ausgeformt und bei durchschnittlich grossen Händen bleibt der kleine Finger noch am Gehäuse und rutscht nicht unten durch.
Sehr grosse Hände finden am optionalen Batteriegriff BG-R10 noch mehr Halt. Er ermöglicht den Betrieb mit zwei Akkus und dadurch sehr lange Shootings ohne Unterbrechung. Dank doppelten Bedienelementen erleichtert er auch das Fotografieren im Hochformat. Der BG-R10 ist mit beiden neuen Kameras kompatibel.

Die Anordnung der Bedienungselemente orientiert sich wieder stärker am gewohnten Canon-Standard und verzichtet auf Experimente wie noch bei der EOS R mit ihrer Touch-Leiste.
Dadurch werden gestandene Besitzer von Canon-EOS-Spiegelreflexkameras weniger «abgeschreckt» und kommen mit den beiden Neuen sofort klar. Aber auch Einsteiger ins spiegellose EOS-System von Canon finden sich dank der aufgeräumten Oberfläche und ergonomisch angeordneten Tasten, Knöpfen und Drehrädchen schnell zurecht.
Dennoch lohnt sich ein Blick in die ausführlichen Handbücher, die als «Advanced User Guide» von der Canon-Webseite heruntergeladen werden können. Ihr Umfang von über 900 Seiten verdeutlicht, dass an den beiden Kameras sehr viel einzustellen und mit ihnen noch viel mehr anzustellen ist.

Den grössten äusseren Unterschied zwischen der EOS R5 und der R6 findet man auf der Oberseite der Kameras. Während die EOS R5 hier die EOS R kopiert, hat die R6 das Layout der EOS RP übernommen.
Für eine Änderung der Aufnahmemodi muss bei der EOS R5 erst die MODE-Taste zur Aktivierung des Schulterdisplays gedrückt und dann das Wahlrad gedreht oder auf dem Touch-Screen der gewünschte Modus angetippt werden. Bei der EOS R6 kann die Einstellung direkt am gewohnten Modus-Wahlrad vorgenommen werden.
Man kann darüber streiten, welches die praktischere oder schnellere Lösung ist. Beim Modus-Wahlrad sind die Positionen eingraviert und auf einen Blick ersichtlich. Dazu muss jedoch der Blick vom Sucher genommen werden, während man das MODE-Wahlrad «blind» ertasten und mit dem Auge am Sucher bleibend einstellen kann.

Sucher- und LCD-Auflösung
Canon hat die Bedienung über den Touch-Bildschirm durchgehend und sehr gut umgesetzt. So lassen sich im Menüsystem die einzelnen Einstellungen auch mit den Wahlrädern oder via Joystick auswählen. Am schnellsten geht es jedoch durch das direkte Darauftippen mit dem Finger. Und wenn man bei der Videowiedergabe auf das Play-Symbol am Touchscreen drückt, dann startet auch tatsächlich der Film. Hast du das gehört, Sony? Sorry, das musste jetzt einfach sein.
Der Bildschirm der EOS R5 ist 8 cm (3,2 Zoll) gross, besitzt 2,1 Millionen Bildpunkte und lässt sich ausschwenken und nach vorne drehen. Darüber freuen sich besonders Selfie-Fans, YouTuber und Vlogger. Aber auch Fotografen und «normale» Videofilmer profitieren davon, erlaubt er doch Aufnahmen aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln, ohne sich dazu allzu stark verrenken zu müssen. Und beim Transport klappt man die Displayseite einfach nach innen und schützt sie so perfekt gegen Kratzer und Stösse.
Mit 7,5 cm (3,0 Zoll) Grösse besitzt die EOS R6 den kleineren LCD-Bildschirm, der mit 1,62 Millionen Bildpunkten auch etwas weniger hoch auflöst. Er kann ebenfalls auf- und ausgeklappt werden. Mit beiden Monitoren lässt sich gut arbeiten und wer sie nicht direkt nebeneinander vergleichen kann, wird sich kaum an den Unterschieden stören.
Beim elektronischen Sucher sieht es anders aus. Hier zieht die EOS R5 mit sagenhaften 5,76 Millionen Bildpunkten Auflösung der EOS R6 mit ihren 3,69 Millionen auf und davon. Beide Sucher haben eine 0,76-fache Vergrösserung und decken das Bildfeld vollständig ab.

Zusätzlicher Objektivring
Ein neues Bedienungselement an Canons RF-Objektiven ist der zusätzliche Einstellring. Er lässt sich auf zwei unterschiedliche Arten mit Blende, Verschlusszeit, ISO oder Belichtungskorrektur belegen. Der direkte Zugriff darauf ist jederzeit möglich, oder erst dann, wenn der Auslöser halb gedrückt oder die AE-Lock-Taste betätigt wurde.
Geschickt eingesetzt hat man so mit der linken Hand Zoom-Ring, Fokus-Ring und zum Beispiel die Belichtungskorrektur via Einstellring direkt am Objektiv im Griff. Mit rechts passt man Blenden-, Verschlusszeit- oder ISO-Werte an. Clever gelöst von Canon: Über den EF-EOS-R-Adapter mit Objektiv-Steuerring lassen sich auch vorhandene EF-Optiken auf diese Weise bedienen.
Die Platzierung des Steuerrings wurde leider nicht einheitlich gelöst. Er befindet sich bei den weissen RF-L-Objektiven ganz hinten am Bajonettanschluss und an den übrigen RF-Optiken ganz vorne. Er hat je nach Modell eine umschaltbare Doppelfunktion als Fokus- oder Steuerring. Wenigstens ist er bei allen Objektiven einheitlich geriffelt.

Augenblicke einfangen

Die Bedienungs- und Konfigurationsmöglichkeiten der Canon EOS R5 und R6 sind sehr umfangreich. Alle vorzustellen, würde den Umfang dieses Artikels bei Weitem sprengen. Deshalb hier nur die interessantesten Funktionen und wichtigsten Änderungen gegenüber der EOS R, die vor rund zwei Jahren als erste spiegellose Vollformatkamera von Canon auf den Markt kam.
An erster Stelle steht der eingebaute 5-Achsen-Bildstabilisator (IBIS), auf den viele Fotografen gewartet haben. Damit habe ich nun auch mit älteren EF-Optiken ohne optischen Stabilisator im Objektiv mehr Freiheiten beim Fotografieren aus der Hand. Laut Canon stellt dieses intelligente Stabilisierungssystem aktuell die weltbeste Bildstabilisierung dar und kompensiert bis zu 8 Belichtungsstufen in Kombination mit RF-Objektiven.
In der Praxis würde ich je nach Optik von einer Verwacklungsreserve von drei bis vier Blendenstufen ausgehen. Damit lässt sich dann schon einiges anfangen: zum Beispiel den ISO-Bereich und somit auch das Rauschen drastisch herunterschrauben oder die Belichtungszeit von 1/100 auf eine Sekunde verlängern und immer noch knackscharfe und rauscharme Fotos aus der Hand erhalten.
Dann wurde die Serienbildgeschwindigkeit massiv erhöht. Kombiniert mit der verbesserten Gesichts- und Augenerkennung beim Fokussieren wird eine EOS R5 oder R6 zum idealen Werkzeug für Sport- und Wildlife-Fotografen. Es ist wirklich verblüffend, wie die Kameras Gesichter und Augen erkennen und den Fokus präzise nachführen.
Der Autofokus bietet nun eine 100-prozentige Bildfeldabdeckung mit 5940 wählbaren AF-Positionen bei der R5 und sogar 6072 bei der R6. In Kombination mit dem ISO-Bereich von 100–51’200 wird auf Motive selbst bei sehr wenig Licht gestochen scharf fokussiert.
Durch die gesamte Bildfeldabdeckung kann man direkt auf jede beliebige Stelle im Bild scharfstellen. Man muss das gewünschte Motiv nicht mehr zuerst in die Bildmitte, bzw. in einen eingeschränkten AF-Bereich der Kamera nehmen, Auslöser zur Fokussierung halb herunterdrücken, halten und danach den Bildausschnitt neu bestimmen. Man fokussiert gleich «richtig» aufs Motiv, auch wenn es sich am äusseren Bildrand befindet.
Joystick und flexible Automatik
Mit der EOS R5 und R6 lässt sich der aktive AF-Bereich wieder mit einem Multi-Controller-Joystick verlagern. Im praktischen Vergleich habe ich festgestellt, dass ich den Fokuspunkt per Fingertipp auf das Display oft schneller anpassen konnte als per Joystick.
Um dabei das Auge nicht vom Sucher nehmen zu müssen, klappt man den Bildschirm mit Touch-Bereich nach aussen um und fährt mit dem Finger darüber. Wer sich nun wundert, weil sich die AF-Bereichsanzeige scheinbar grundlos verschiebt und nicht dort bleibt, wo man hingetippt hat, sollte den Touch-Bereich des Displays überprüfen.
Bei mir war es meine grosse Nase, mit der ich unbewusst die Markierung verschob! Nachdem ich den aktiven Touch-Bereich vom rechten auf den unteren Bereich geändert hatte, war wieder mein Finger und nicht mehr die Nase Herr über den AF-Bereich.
Bemerkenswert ist neben den Canon-bekannten Aufnahme-Modi P-Tv-Av-M- und BULB auch der Fv-Modus. Die Abkürzung steht für «Flexible Automatik», bzw. «Flexible Value» und erlaubt es, die Verschlusszeit, Blende und ISO-Empfindlichkeit manuell oder automatisch einzustellen und diese Einstellungen mit der gewünschten Belichtungskorrektur zu kombinieren. Zu Beginn etwas verwirrend, aber bald eine interessante Alternative zu den herkömmlichen P-Tv-Av-M-Modi.

Funktionstaste und Einstellring
Gleich oberhalb des Auslösers befindet sich ein sehr kleiner Multifunktionsknopf. Dennoch lässt er sich gut ertasten und man kann in Kombination mit dem hinteren Wahlrad zum Beispiel ISO-Wert, Weissabgleich oder Blitzbelichtungskorrektur einstellen. Er lässt sich auch mit anderen Funktionen programmieren.
Belegt man den Objektiv-Einstellring mit der Belichtungskorrektur, erhält man zusammen mit der Multifunktionstaste und den Wahlrädern immer einen direkten Zugriff auf Blende, Verschlusszeit und ISO-Werte, ohne den Blick vom Sucher zu nehmen.
Dasselbe gilt für die Bilderwiedergabe. Die Play-Taste befindet sich gut merkbar zuunterst auf der Rückseite neben dem Display. Durch den hochauflösenden Sucher erhält man auch unter hellstem Umgebungslicht eine zuverlässige Kontrolle über die Bildschärfe.
Eine weitere Bedienungsart bietet die Schnelleinstellungstaste rechts neben der Info-Taste, kurz mit «Q» für Quick bezeichnet. Nach Drücken von «Q» wählt und ändert man je nach Anzeige-Voreinstellung per Joystick und Wahlrädern die gewünschten Werte.
Verfolgungsjagden
Während die EOS R nun wahrlich keine Geschwindigkeitsrekorde aufstellt, beeindrucken die EOS R5 und R6 nicht nur mit den 12 «mechanischen» und 20 «elektronischen» Fotos pro Sekunde, auch der Dual-Pixel-Autofokus der zweiten Generation ist schlichtweg verblüffend.
Die Gesichts- und Augenerkennung für Menschen wurde durch ein Firmware-Upgrade bereits bei der EOS R stark verbessert. Die R5 und R6 setzen dem nun die Krone auf und erweitern die Erkennung auch auf Tiere.
Steht die Autofokus-Methode auf «Gesichtserkennung + Verfolgung», «AF-Messfeldwahl in Zone» oder «AF-Messfeldwahl in grosser Zone» kann unter Menüpunkt «Motiv zum Erkennen» bestimmt werden, was die Kamera als Hauptmotiv bevorzugen soll. «Personen» oder «Tiere» oder «Keine Priorität» stehen zur Auswahl. Die Kamera erkennt dann Körper und Gesichter des Hauptmotivs, stellt auf diese scharf und verfolgt sie, wenn der «Servo-AF» gewählt wurde.
Sollen auch die Augen erkannt werden, muss dies erst unter «Augenerkennung» aktiviert werden. Dies ist jedoch nur in der AF-Methode «Gesichtserkennung + Verfolgung» möglich, sonst ist dieser Menüpunkt ausgegraut und nicht wählbar.
Im Serienbildmodus gibt es für das zu fotografierende Sujet fünf Einstellungskombinationen, sogenannte «Cases», mit unterschiedlichen Werten für die «Servo Autofokus Motivverfolgungsempfindlichkeit» und die Empfindlichkeit der «Nachführung bei Beschleunigung oder Verzögerung», wenn sich Motive plötzlich bewegen oder anhalten.
Im Test habe ich mich von eher langsamen Motiven wie Schafen auf der Weide und unberechenbar bewegenden Sujets wie Enten, Gänsen und Katzen über schnellere, jedoch voraussagbare Bewegungen von Skatern bis zu extrem schnellen Motiven wie Milane in der Luft «hochgearbeitet».
Die Resultate wurden mit der Zeit immer besser. Je nach Motiv brachte entweder der «Case A», der sich automatisch an die Motivbewegungen anpasst, oder eine «feingetunte» Kombination die besten Ergebnisse.
Als Objektive kamen das Canon RF 70–200 mm F2.8L IS USM sowie das RF 100–500 mm F4.5-7.1L IS USM zum Einsatz. Die Beispielfotos wurden mit 45 MB Auflösung im Bildstil «Standard» aus der Hand ohne Stativ erstellt und sind Original-JPEGs direkt aus der Kamera EOS R5, jeweils auf Webgrösse verkleinert. Bildausschnitte sind angegeben.
Bemerkungen bei den Bildern: Bw = verwendete Brennweite; Belichtungs-Modus iA = intelligente Automatik, Fv = Flexible Automatik, P = Programm, A = Blendenvorwahl bzw. Zeitautomatik, S = Zeitvorwahl bzw. Blendenautomatik, M = manuelle Einstellung; Verschlusszeit; Blende; ISO-Empfindlichkeit; Weissabgleich (WB); spezielle Anmerkungen.
Tieraugen-Fokus
Luftsprünge im Serienbild
Manuell scharfstellen
Das manuelle Scharfstellen mit der EOS R5 und R6 wird durch sechs- oder fünfzehnfache Bildvergrösserung, Fokus-Peaking oder Fokusassistenten unterstützt. Beim Fokus-Peaking, also der farbigen Anhebung der schärfebestimmenden Kanten, lässt sich die Empfindlichkeit und Farbe anpassen. Ich war positiv überrascht, wie gut damit die manuelle Scharfstellung gelang. Ich brauchte sie oft beim gezielten Freistellen von Motiven.
Noch eine Stufe weiter geht der Fokusassistent. Er zeigt einem mit kleinen Pfeilsymbolen an, in welche Richtung und wie weit man das Objektiv drehen muss, bis die Schärfe sitzt. Ist die Augenerkennung aktiv, wird ein Führungsrahmen in der Nähe von erkannten Augenpaaren angezeigt und so das manuelle Scharfstellen unterstützt.

Seidenweiches Bokeh
Neben den RF-Zoom-Objektiven hatte ich noch einen Leckerbissen im Test. Die ideale Festbrennweite für Porträtaufnahmen, das Canon RF 85 mm F1.2 L USM, und zwar in der DS-Variante.
DS steht für «Defocus Smoothing» und bezeichnet Canons DS-Beschichtung der Objektive für einen besonders weichen und einzigartigen Unschärfe-Effekt. Er ist am deutlichsten zu erkennen, wenn mit der grössten Blendenöffnung, also F1.2, fotografiert wird. Je weiter die Blende geschlossen wird, desto weniger ausgeprägter tritt er in Erscheinung.
Im Vergleich zum Canon RF 85 mm F1.2L USM ohne DS haben Lichtkreise um eine Lichtquelle herum keine klare oder scharfe Abgrenzung mehr, der Bokeh-Effekt wirkt viel weicher, cremiger und unschärfer. Oder in Franken ausgedrückt: 470. Um so viel mehr kostet mit 3569 Franken die DS-Variante gegenüber dem normalen Objektiv mit sonst gleichen Eigenschaften.
Wer nun meint, «Defocus Smoothing» ist gleichbedeutend mit einer unscharfen Linse, der täuscht sich gewaltig. Neben den ausserordentlichen Low-Light-Eigenschaften dank einer Blende von 1.2 bietet das DS-Objektiv auch eine enorme Schärfe am Fokuspunkt. Das bedeutet aber auch, dass bei Offenblende die Schärfentiefe sehr, sehr eng begrenzt ist und man vor allem bei Freihandaufnahmen leicht aus der gewünschten Schärfenebene gerät.
Sehr deutlich sieht man dies im Beispielbild, wo die EOS R5 dank Augenerkennung das linke Auge des Porträtierten knackscharf abbildet, während die Nasenspitze schon wieder in der Unschärfe versinkt, da mit Offenblende F1.2 fotografiert wurde. Das Hintergrund-Bokeh verläuft in sehr weichen Lichtkreisen ohne scharfe Abgrenzungen.
Ähnliches erkennt man bei der Kaffeetasse, die nur am Fokuspunkt auf dem vorderen Rand scharf ist. Der Kaffeelöffel hinter der Tasse und der Hintergrund zerfliessen in einer sanften Unschärfe. Auch bei der Stuhllehne, der Tischkante und der Wasserflasche sitzt die Schärfe perfekt, da sie alle in derselben Ebene des Fokuspunkts liegen. Der Hintergrund zerläuft in eine angenehme Unschärfe.
Wird wie im Beispiel mit den Kaffeekapseln mit demselben Objektiv mit einer Blende von F2.8 aufgenommen, ist die Fokusebene – der mittlere Kapseldeckel – wiederum knackscharf, während Lichtkreise im Hintergrund bereits klarer und abgegrenzter zu erkennen sind.
Wer die Eigenheiten dieses Objektivs kennt, produziert nicht nur sehr ansprechende Freisteller im Porträt-, Hochzeits- und Modebereich, sondern kann damit auch sehr kreative Sachaufnahmen und Stillleben erstellen.
Video in neuen Dimensionen

Die Canon EOS R5 zeichnet als erste spiegellose Vollformatkamera 8K-Videos mit bis zu 30 Bildern pro Sekunde (fps) und 12 Bit Farbtiefe im RAW-Format auf. Und zwar kameraintern auf die CFexpress-Karte! Auch 120 fps in 4K-Auflösung für Zeitlupeneffekte sind möglich. Hier kommen massive Datenmengen innert kürzester Zeit zusammen und bringen den Bildprozessor schnell ins Schwitzen.
Die höchste Videoqualität der EOS R6 ist auf 4K/UHD (3840 x 2160 Pixel) mit 60 Bildern pro Sekunde begrenzt und bringt auch diese Kamera hitzemässig an ihre Grenzen. Beide Kameras können maximal 30 Minuten ununterbrochen filmen. Danach muss die Aufnahmetaste erneut gedrückt werden.
Bei den Movie-Aufnahmegrössen bietet die EOS R5 klar die grössere Auswahl als die R6. Die Formatwahl hat Canon sehr übersichtlich auf einer Menüseite umgesetzt. So zeigt die erste Zeile die Videobildgrösse wie 8K-D, 8K-U, 4K-D, 4K-U und FHD an. Das D steht dabei für das Cinema-Bildseitenverhältnis von 17:9, das U für 16:9. Bei Full-HD gibt es nur 16:9.
In der zweiten Zeile lassen sich die Bildraten wie 60, 50, 30, 25 oder 24p auswählen. Die letzte Zeile zeigt die Komprimierung wie RAW, ALL-I, IPB und reduziertes IPB an. Kombinationen, die nicht möglich sind, werden ausgegraut und sind nicht aktivierbar. Die mögliche Gesamtaufnahmezeit wird aus dem gewählten Videoformat und der freien Kapazität auf den Speicherkarten berechnet.

Hitzestau
Wer mit der EOS R5 im 8K-D-RAW-Format filmt – das sind sagenhafte 8192 x 4320 Pixel pro einzelnes Videobild – wird die 30-Minutengrenze kaum erreichen, da die Kamera entweder vorher mit einer Überhitzungswarnung abbricht oder die Karte vollläuft. Auf eine 256-GB-Speicherkarte passen in dieser Qualität maximal 13 Minuten Video.
Canon hat bereits mit einem Firmware-Upgrade die Temperaturerkennung und Kontrolle über die Aufnahmezeit in allen Video-Modi verbessert. Im Test erschien beim 8K-U-Videofilmen (7680 x 4320 Pixel) in der weniger leistungshungrigen IPB-Komprimierung zwar bereits nach 11 Minuten eine Überhitzungswarnung, die Kamera lief jedoch noch weiter, bis die Karte nach 18 Minuten voll war.
Leider tritt die Überhitzung auch bei 4K-Videoaufnahmen mit mehr als 25 oder 30 Bildern pro Sekunde auf. Wer also mit 60 fps oder 120 fps in 4K filmen möchte, sollte dies im Hinterkopf behalten. Es gibt schon gute Gründe dafür, wieso andere Hersteller Ventilatoren in ihre Kameras einbauen.
Durch die Begrenzung auf 30 Minuten Videofilm am Stück und die Abschaltung durch Überhitzung ist die EOS R5 wie auch die R6 kaum geeignet für längere Filmprojekte wie etwa Theateraufführungen, Live-Konzerte, Vorträge oder Anlässe, die ununterbrochen gefilmt werden müssen.

Das Problem mit der Hitze ist weniger das Abbrechen der Aufnahmen als vielmehr die Wartezeit, bis sich die Kamera abgekühlt hat und wieder einsatzbereit ist. Das sind meistens 10 Minuten, oft auch über eine halbe Stunde und mehr. Dann ist man blockiert und kann nicht mehr weiterfilmen, auch nicht in einem niedrigeren Videoformat. Fotografieren geht jedoch noch.

Was das Filmerherz begehrt
Abgesehen vom Hitzeproblem bietet die Canon EOS R5 so ziemlich alles, was sich Filmemacher an Bildqualität und Aufnahmeflexibilität wünschen. Die Kamera zeichnet die originalen Rohdaten vom Bildsensor als RAW-Videodatei auf und man kann «Canon Log» dazu aktivieren, wenn man die Gradation in hellen Bildbereichen bevorzugen möchte.
Die Canon Log-Gammakurve nutzt dabei die Eigenschaften des Bildsensors voll aus, um einen grossen Dynamikumfang für die spätere Nachbearbeitung zu gewährleisten. Mit minimalem Detailverlust bei Schatten und Lichtern bleiben in den Movies mehr visuelle Informationen über den gesamten Dynamikumfang erhalten.
Da bei Log-Aufnahmen ein flaches Gamma-Profil zum Tragen kommt, wirken die Bilder am Sucher und Monitor kontrastlos, sehr flau und milchig. Um eine bessere Detailansicht und ein ungefähres Bild vom Endprodukt zu erhalten, lässt sich ein «Assistent» mit einem simulierten Bildstil einblenden. Auf das aufgezeichnete Videosignal wirkt er sich natürlich nicht aus.

Ist Canon-Log aktiviert, wird mit 10-Bit-Farbabtastung (4:2:2) aufgezeichnet und es können weitere Einstellungen wie Color-Matrix (Cinema EOS oder Neutral) und Farbraum (BT.709 oder BT.2020) ausgewählt werden.
Bei Auswahl einer Komprimierung wie ALL-I oder IPB werden die Filme als MP4-Videodateien gespeichert. Zeitlupen sind in 4K mit 100 oder 120 fps möglich, was dann einer viermal langsameren Wiedergabegeschwindigkeit entspricht.
Die EOS R5 verfügt auch über einen 4K-HQ-Modus, der mittels Oversampling des 8K-Videos ein 4K-Bild erzeugt, das im Vergleich zur normalen 4K-Aufnahme um einiges detailreicher ist. In Full-HD sind schliesslich auch HDR-Filmaufnahmen möglich. Sie bieten durch Zusammenrechnen mehrerer Einzelbilder einen hohen Dynamikumfang mit aussergewöhnlicher Detailschärfe in kontrastreichen Szenen. Dazu sollte die Kamera auf einem Stativ stehen.
Ach ja, habe ich die Zeitraffer-Funktion schon erwähnt? Und die Foto-Auslöserfunktion beim Filmen? Oder die Zebra-Einblendung, die Timecode-Anzeige usw. usw.?
Die Canon EOS R6 bietet ebenfalls die meisten der oben erwähnten Videomöglichkeiten – abzüglich aller 8K-D-, 8K-U-, 4K-D-, RAW- und ALL-I-Einstellungen. Und es wird immer im MP4-Format gespeichert. Und Zeitlupe funktioniert nur in Full-HD.
Und Action!

Filmen ist einfach. Nur die rote Movie-Taste drücken und schon gehts los. Auch dann, wenn ich mich im Fotomodus der Kamera befinde. Aber mit welchen Videoeinstellungen wird aufgenommen?
Bei der EOS R6 wird in der Vollautomatik aufgezeichnet, wenn das Modus-Wahlrad auf dem grünen A+-System steht. In allen anderen Fällen werden beim Filmen die Einstellungen im P-Modus übernommen. Bei der EOS R5 ist es bei Vollautomatik gleich, in allen anderen Fällen wird mit den Videoparametern des Individual-Aufnahmemodus (C3P) gefilmt.
Für den eigentlichen Movie-Modus dreht man bei der EOS R6 das Modus-Wahlrad auf das Filmkamera-Symbol. Dann stehen einem alle Videoeinstellungen zur Verfügung.
Doch wie komme ich bei der EOS R5 vom Foto- in den speziellen Movie-Modus? Man drückt erst die MODE-Taste und dann die INFO-Taste. Einfach, wenn man es weiss. Doch ich habe schon langjährige Canon DLSR-Besitzer erlebt, die mich verzweifelt danach gefragt haben. Und ich gebe es zu: Beim ersten Test der Canon EOS R vor zwei Jahren in London musste ich auch den Produktebetreuer danach fragen. Es soll ja Leute geben, die bis heute nur im Fotomodus über die rote Movie-Taste filmen. Doch das sind Gerüchte ...
Autofokus vom Besten
Die EOS R5 und R6 führen die Schärfe auch bei Video mit dem Canon-typischen Dual-Pixel-Autofokus sehr schnell und genau nach. Die auch in den professionellen EOS-Cinema-Produkten eingesetzte Technik ordnet jedem Bildpunkt auf dem Sensor noch zwei Subpixel zu und erlaubt damit eine AF-Phasenmessung direkt auf dem Aufnahmechip.
Standardmässig ist beim Filmen der Servo-Autofokus eingeschaltet und die Kameras stellen dauernd scharf. Wird der Foto-Auslöser während des Filmens halb durchgedrückt, erfolgt eine neue Scharfeinstellung mit der aktuell gewählten AF-Methode.
Die Schärfenachführung funktionierte bei den Testaufnahmen sehr gut. Die Autofokus-Reaktion und -Geschwindigkeit kann der Aufnahmesituation angepasst werden und ermöglicht sanfte Schärfeübergänge. Zusätzlich kann bestimmt werden, wie schnell auf andere Motive umgeschaltet wird, wenn das Hauptmotiv von der Kamera nicht mehr bestimmbar, bzw. der Autofokus nicht mehr nachführbar ist.
Meine üblichen Autofokus-Verlagerungstests bestanden beide Kameras mit Bravour. Dabei war mir die Werkseinstellung der Servo-AF-Geschwindigkeit von 0 etwas zu schnell. Der Fokus sprang richtiggehend auf das neue Motiv. Bei -4 und einer Servo-AF-Reaktion von 0 gefiel es mir dann um einiges besser.
Je nach Aufnahmemotiven und persönlichen Vorlieben lassen sich mit diesen Einstellmöglichkeiten fein abgestimmte Schärfeverlagerungen fahren.
Die Autofokus-Nachführung der EOS R5 und R6 lässt sich auch durch neue Motive im Vorder- oder Hintergrund nicht ablenken und fokussiert im Beispiel weiter auf die Ente. Dies geschieht so lange, bis die neuen Motive das Bildfeld zum grösseren Teil beherrschen.
Sauber getrennt
Die Einstellungen für Foto- und Video-Betrieb lassen sich bei der EOS R5 und R6 völlig unabhängig voneinander anpassen und bleiben bestehen, während man hin- und herwechselt. Dies gilt auch für Blende, Verschlusszeit und ISO-Werte und erleichtert die Arbeit ungemein, wenn man zum Beispiel an Hochzeiten fotografiert und zwischendurch Videosequenzen aufnimmt.
Im Videomenü ist das Filmen im Automatik-Modus, in Programm-, Blenden- und Zeit-Automatik oder mit manuellen Einstellungen wählbar. Die neue Fv-Funktion des Fotomenüs gibt es hier nicht.
Bei allen Automatik-Modi regelt die Kamera den ISO-Wert selbstständig und lässt auch keine ISO-Limitierung zu. Man wählt deshalb am besten gleich die manuelle Einstellung, um die vollständige Kontrolle über alle Parameter zu haben.
Die meisten Foto-Objektive eignen sich im Blendenautomatik-Modus nicht optimal fürs Filmen, weil es hier zu unschönen Helligkeitsschwankungen kommt. Dies lässt sich bei der EOS R5 und R6 etwas abschwächen, indem bei den neuen RF-Objektiven die Blende beim Filmen statt in 1/2- oder 1/3- in feineren 1/8-Abstufungen geändert werden kann. Am besten ist es jedoch, gleich mit einer festen Blende aufzunehmen.
Sonst lässt es sich mit den beiden Kameras sehr gut filmen. Dank des variablen Bildschirms sind problemlos Überkopf- und bodennahe Aufnahmen ohne grosse Verrenkungen möglich. Die sehr gute eingebaute Bildstabilisierung erlaubt auch spontane Szenen aus der Hand zu drehen, ohne gleich aufwändige Hilfsmittel wie sperrige Stative oder Steady-Cams einsetzen zu müssen.
Wie beim Fotografieren können auch beim Filmen die Canon-Farben überzeugen. Durch den grossen Sensor bringen die EOS R5 und R6 auch bei schwacher Beleuchtung noch gute Ergebnisse. Farben und Details werden präzise dargestellt, ohne im Bildrauschen unterzugehen. Im Vergleich zur Canon EOS R wurde der Dynamikumfang um einiges erweitert und kann jetzt – endlich – auch mit den Mitbewerbern mithalten.
Zum Schluss noch die Schwimmstudie einer Gans in Zeitlupe.
Braucht man 45-Megapixel-Fotos und 8K-Video?

Ein Einzelbild aus der Canon EOS R5 hat in der höchsten Bildqualität und im 3:2-Seitenverhältnis eine Abmessung von 8192 x 5464 Pixel. Das entspricht rund 44,8 Megapixel. Als JPEG-Datei in «Large»-Qualität, also mit der geringsten Komprimierung gespeichert, fallen dabei zwischen 8 und 14 Megabyte an Daten an. In Canon-C-RAW sind es 21,9 MB und in Canon-RAW riesige 45,4 MB - pro Bild.
Beim 8K-Videofilmen ist der Speicherverbrauch noch beeindruckender. Eine Minute Aufnahme in 8K-U IPB verschlingt gleich 3,55 Gigabyte. Eine 64 GB Speicherkarte ist nach 18 Minuten voll. Wer gar in RAW aufnimmt füllt dieselbe Karte in 3 Minuten.
Für eine einigermassen zügige Verarbeitung dieser Datenmengen sind also sehr schnelle Rechner und viel Speicherplatz unabdingbar. Und von der Sicherung der Aufnahmen (Back-up) haben wir noch gar nicht gesprochen.
Macht eine hochauflösende Kamera Sinn?
Ja und nein. Wer vorwiegend Fotos und Videos für Webanwendungen, Smartphones oder Tablets produziert, ist mit der 20-Megapixel-Auflösung einer Canon EOS R6 mehr als abgedeckt.
Auf der anderen Seite führt eine höhere Auflösung zu mehr kreativen Möglichkeiten und zu einer anderen Herangehensweise beim Fotografieren. Man kann beim Bearbeiten viel tiefer ins Foto «hineinzoomen» und hat auch bei Bildausschnitten noch genügend Pixel für grossformatige Ausdrucke in guter Qualität.
Ähnlich sieht es bei Video aus. Die Bildqualität der 8K-Videoaufnahmen ist einfach fantastisch und die Szenen wirken auf entsprechenden Monitoren sehr natürlich und je nach Motiv beinahe schon dreidimensional.
Und bei einem 4K-Workflow kann während der Bearbeitung aus den 8K-Aufnahmen auf ein 4K-Bild geschnitten werden. Dadurch stehen einem aus einer einzigen Kameraposition mehrere verschiedene Ausschnitte zur Verfügung. Das Mehr an Pixeln erleichtert der Schnittsoftware auch das Zoomen, Schwenken und Stabilisieren ohne Qualitätseinbussen.
Theoretisch genügte eine Canon EOS R5 mit 8K-Video, um bei einer Theateraufführung mehrere Kameras zu ersetzen. Bei einer 4K- oder Full-HD-Produktion könnten so beliebige unterschiedliche Bühneneinstellungen aus dem 8K-Material miteinander kombiniert werden. Theoretisch deshalb, weil uns hier die Hitzeentwicklung der EOS R5 einen Strich durch die Rechnung macht.
Einzelbilder erfassen
Noch gar nicht erwähnt habe ich die Möglichkeit, einzelne Standbilder aus 4K- oder 8K-Videofilmen abzuspeichern. Einige Experten sprechen hier gar von einer Revolution in der Fotografie.
So erlauben die EOS R5 und R6 mit der Funktion «Einzelbilder erfassen» bei der Wiedergabe von Filmen in der Kamera gezielt ein Einzelbild als JPEG-Standbild zu speichern. Bei einem 8K-D-Film bekommt man so ein 35,4 Megapixel grosses Foto mit einer Auflösung von 8192 x 4320 Pixel, bei 4K-D sind es immerhin noch 4096 x 2160 Pixel oder 8,8 Megapixel.
Die vierfach höhere Auflösung spricht auch hier für die EOS R5 und bringt mehr Möglichkeiten bei der weiteren Verwendung der Einzelbilder. Natürlich können Einzelbilder auch später in entsprechenden Schnittprogrammen aus einer Videoszene heraus erfasst werden.
Die folgenden Fotos stammen aus 8K-Videoaufnahmen. Sie wurden direkt in der Kamera als JPEG-Einzelbilder erfasst und nur auf Web-Grösse verkleinert.
Fazit

Die Canon EOS R5 und EOS R6 begeisterten mich wie bereits die EOS R mit sehr guter Bildqualität, Rauschfreiheit bei hohen ISO-Werten, treffsicherem Autofokus auch bei wenig Licht und natürlich mit der neu hinzugekommenen internen Bildstabilisierung IBIS und den rasanten Serienbildern. Robustes und wetterfestes Gehäuse, Handlichkeit, hochauflösender Sucher und schwenkbarer Bildschirm sind weitere Pluspunkte.
Ein bestehender Canon-EF-Objektivpark lässt sich dank gelungenen Adapterlösungen weiterhin an den R-Kameras verwenden. Die neuen RF-Optiken bringen ebenfalls grossartige Abbildungsleistungen mit hoher Auflösung und sind mit ihren Abmessungen und Gewichten vor allem im Telebereich für manche positive Überraschung verantwortlich.
Für Wildlife- und Sport-Fotografen ist die EOS R5 zurzeit eine der besten Kameras, nicht zuletzt wegen ihres hervorragenden Bildstabilisators und der wirklich überzeugenden Gesichts- und Augenerkennung beim Autofokus.
Der Videobereich wurde im Vergleich zur EOS R völlig umgekrempelt und bietet mit der 8K-RAW-Aufzeichnung der EOS R5 einzigartige filmische Gestaltungsmöglichkeiten. Wer nicht so hoch hinaus möchte, ist jedoch mit einer EOS R6 besser und günstiger bedient.
Den hohen Videoauflösungen stehen die Hitzeproblematik und die eingeschränkte Aufnahmelänge von maximal 30 Minuten entgegen. Und zu einer EOS R5 kommt mit CFexpress auch noch ein neues und teures Kartenformat hinzu.
Laut Canon ist die EOS R5 eine Hybridkamera, die sich in erster Linie an professionelle Fotografen und Hybrid-Videofilmer richtet oder als Ergänzung zu den Canon-Cinema-EOS-Kameras dient. Für Filmemacher, die nur sehr kurze Sequenzen drehen, mag dies zutreffen. Wer jedoch auf längeres ununterbrochenen Aufzeichnen angewiesen ist, wird sich nach einer anderen filmenden Fotokamera oder gleich nach einem professionellen Camcorder oder einer Cinema-Cam umsehen müssen.
Ähnliches gilt für reine Fotografen, die mit den schnellen Serienbildern, dem Autofokus und dem Bildstabilisator der EOS R6 liebäugeln, jedoch auf eine grössere Auflösung als 20 Megapixel angewiesen sind. Sie bekommen mit der EOS R5 zwar die gewünschte hohe Fotoauflösung, bezahlen dafür jedoch um einiges mehr für eine 8K-Videofunktion, die sie nie benötigen.
Nichtsdestotrotz ist die Canon EOS R5 eine der am universellsten einzusetzenden spiegellosen Vollformatkameras im aktuellen Markt und zusammen mit der EOS R6 ein fast perfektes Paar.
avguide.ch meint
Kurz gefasst ist die EOS R5 die spiegellose Vollformatkamera von Canon, die eigentlich die EOS R bereits hätte sein sollen. Mit der EOS R5 und der R6 beweist die Firma, dass sie nach wie vor an der Spitze der Kamerabauer mithalten kann.
Viele Skeptiker hatten im Vorfeld einige Ankündigungen zur EOS R5 als schlichtweg nicht machbar und als PR-Gefasel eingereiht. Dass es dennoch – wenn auch mit Einschränkungen – funktioniert, hat Canon mit den beiden Kameras eindrücklich zur Schau gestellt.
Bei der EOS R5 wie der R6 hat der Hersteller einige langjährige Traditionen über Bord geworfen und den Kameras erstmalig einen internen Bildstabilisator spendiert. Zudem ist der Crop-Faktor bei Videoaufnahmen verschwunden bzw. bei der EOS R6 nur noch schwach wahrnehmbar. Und es wurden zwei Kartenfächer eingebaut, die AF-Tiererkennung eingeführt, die Serienbildgeschwindigkeit erhöht und viele weitere Unzulänglichkeiten der EOS R ausgemerzt.
Wer mit der mickrigen Micro-HDMI-Buchse leben und mit den Hitzeproblemen umzugehen versteht, wird an beiden neuen R-Kameras sehr viel Freude haben. Wenn das R in EOS R für «Revolution» steht, dann dieses Mal zu Recht.