
Neuland mussten die Elac-Ingenieure bei der Entwicklung der AIR-X-Reihe nur zum Teil betreten. Bietet die Kieler Lautsprecher-Manufaktur doch seit geraumer Zeit Aktivmonitore an, die zum Besten in ihrer Kategorie gehören. Zum AM180 (sie denTest "Surchoix" in avguide.ch) hat die von uns ausprobierte AIR-X 403 – neben einigen Gemeinsamkeiten – auch gehörige Unterschiede aufzuweisen.
Aktivierte BS 403
Als Basis für die kleinere AIR-X-Box (daneben gibt es noch die grössere AIR-X 407) dient die passive BS 403, die als äusserst hochwertige, audiophile Kompaktbox daher kommt. Sichtbar ist dies – nebst tadellosem Hochglanz-Finish – an der Treiberbestückung: Im Hochtonbereich kommt der bewährte „JET“-Hochtöner zum Einsatz, der in der unlängst überarbeiteten fünften Generation noch mehr Feinzeichnung und Obertonglanz verspricht. Hierbei handelt es sich um einen Air Motion Transformer, ein Schallwandlerprinzip, das vom deutsch-amerikanischen Physiker Ocar Heil erfunden wurde.

Der AMT verwendet eine lamellenartig gefaltete Membran, die sich analog zu den Musikschwingungen wie eine Ziehharmonika zusammenzieht und wieder ausdehnt. Dabei wird die Luft in Form von Schallwellen aus den Falten herausgepresst und beschleunigt: Bezogen auf eine definierte Fläche kann die Membran deutlich mehr Luft in Bewegung versetzen als die plane Folie eines Bändchens oder Magnetostaten. Nicht nur der Wirkungsgrad profitiert davon; Air Motion Transformer zeichnen sich zudem durch sehr geringe Verzerrungen sowie überlegene Fein- und Grobdyamik aus. Hörtests beweisen immer wieder, dass mit AMTs eine mühelose und anspringende Hochtonwiedergabe realisiert werden kann. So hat auch schon das Vorgängermodell JET 3 von Elac seine Meriten hinlänglich unter Beweise gestellt; der neue JET 5 ist noch tiefer ankoppelbar und soll insgesamt pflegeleichter sein.
Kristalliner Tief/Mitteltöner

Im Tiefmitteltonbereich kommt ein 15 cm-Treiber zum Einsatz, dessen strukturierte Alumembran einen „kristallinen“ Eindruck erweckt. Die auffällig geprägte Aluminiumschicht ist mit einem darunter liegenden Pappkonus zu einer Sandwich-Membran verklebt, welche hohe Steifheit mit guter innerer Dämpfung verbindet. Natürlich nimmt die bewegte Masse dadurch etwas zu. Dies ist aber durchaus erwünscht, um besseren Tiefgang zu realisieren. Dank kräftigem Magnetsystem, hinterbelüfteter Zentrierung und spezieller Langhubsicke verspricht dieser Treiber einen ordentlichen Dynamikumfang auch im Bass. Dabei hilft das durchdachte Bassreflexsystem, bei dem die nach unten gerichtete Öffnung gegen einen fest montierten Sockel strahlt. Das dadurch gebildete Zwischenvolumen steigert den Tiefton-Strahlungswiderstand zur umgebenden Raumluft hin.
Angetrieben wird das Aktivsystem durch zwei Class-AB-Endstufen mit je 75 Watt. Damit sollte sowohl im Tiefmittel- wie im Hochtonbereich ausreichend Leistung zur Verfügung stehen.
Vielfältig anpassbar dank DSP
Der grosse Vorteil von Aktivlautsprechern – zumal moderner Machart – ist die Möglichkeit, per digitalem Signalprozesser (kurz DSP genannt) in den Frequenzgang, die Dynamik und in weitere elektroakustisch wichtige Parameter einzugreifen. Auch die Aufteilung in zwei Frequenzbereiche (sogenannte Aktivweiche) findet auf der digitalen Ebene statt. Hier lassen sich steilflankige Filter ohne Phasendrehungen realisieren; zudem kann man so den minimalen Zeitversatz von Tiefmittel- und Hochtöner kompensieren. Denn bei planem Einbau in eine Schallwand eilt das Hochtonsignal um wenige Millisekunden voraus, was erfahrungsgemäss zu einem vordergründigen Klangcharakter beitragen kann. Die Elac AIR-X zeigt im Übergangsbereich einen gleichmässigen akustischen Phasengang und ist damit eine Ausnahmeerscheinung unter den Schallwandlern. Da ausserdem Tief- und Hochtöner eng beieinander liegen, kann man fast schon von einer idealen Punktschallquelle sprechen.
Die Einstellmöglichkeiten

Elacs neu entwickeltes AIR-X-System offeriert an der Rückseite der Box eine ganze Reihe von winzigen Kippschaltern (sogenanntes Mäuseklavier), mit denen sich die AIR-X 403 für unterschiedliche Einsatzzwecke konfigurieren lassen. So kann man mittels zweier Schalterkombinationen definieren, ob sie wandnah oder frei im Raum und bei wohnraumtypischer Hördistanz oder im Nahfeld zur Anwendung kommen. Daraus ergeben sich vier wählbare Entzerrungen: Nahfeld/wandnah, Nahfeld/wandfern, normale Hördistanz/wandnah, normale Hördistanz/wandfern. Damit dürften viele Anwender – insbesondere auch professionelle, welche die Boxen als High-End-Abhörmonitore einsetzen möchten – auf ihre Kosten kommen.
Zusätzlich lassen sich die Bässe und Höhen je um 2 dB anheben. Interessant ist die dynamische Loudness-Funktion, die den Frequenzgang bei kleiner Lautstärke hörgerecht entzerrt. Dies realisieren die Elac normgerecht (ISO 226), weil der DSP eine definierte Korrelation vom Eingangssignal zum effektiven Schallpegel herstellen kann. Die Loudness ist sinnvollerweise auch per Fernbedienung über die optionale Wireless-Basis zu- und abschaltbar und sorgt für ein volleres Klangbild bei moderatem Hörpegel.
Nicht zuletzt definiert man per Mäuseklavier auch, wenn die AIR-X 403 ohne optionale AIR-X BASE betrieben werden soll. Dann wird die Lautstärke auf einen festen Wert eingestellt. Dies ist erforderlich, wenn man die Elac als „ganz normalen“ Aktivlautsprecher an einem Mischpult oder Vorverstärker anschliessen möchte. Eine Ein-/Ausschaltautomatik sorgt hierbei dafür, dass man nicht jedes Mal den Netzschalter auf der Rückseite der Box von Hand betätigen muss. Da die Eingangsimpedanz (< 8 kOhm) relativ niedrig ausgelegt ist, empfehlen sich Spielpartner mit niederohmigen Ausgangsstufen (<100 Ohm) sowie kurze, hochwertige Anschlusskabel.
Vielseitig einsetzbar im Verbund mit der AIR-X BASE

Für 490 Franken Aufpreis ist die AIR-X BASE erhältlich, die aus der aktiven 403 einen Wireless-Lautsprecher macht. Das kleine Kästchen (benötigte Stellfläche lediglich 16 x 9 cm) dient als AD-Wandler/Vorverstärker und verbindet die Boxen kabellos per Funk mit vier wählbaren Quellen. Es verfügt über zwei Analog- und zwei optische Digitaleingänge. Ausserdem wird eine USB-DAC-Funktion geboten, welche die AIR-X-Lautsprecher direkt mit Musik ab einem PC oder Notebook beliefert. Letztere werden über das mitgelieferte USB-Kabel mit der AIR-X BASE verbunden. Der Audiotreiber wird automatisch – per plug and play – installiert und die BASE als Audio-Wiedergabegerät in der Windows-Systemsteuerung aktiviert.
Unser Testgerät offerierte hier im Verbund mit Windows 7- und Windows 8.1-PCs die Optionen 16 Bit/44 kHz und 16 Bit/48 kHz, jedoch nicht 24 Bit. Solche High-Res-Files werden aber über den optischen Digitaleingang entgegen genommen und auch per Funk verlustfrei (24 Bit/48 kHz) an die Boxen übertragen. Optional ist ein Bluetooth-Dongle (für 160 Franken) erhältlich, mit dem die AIR-X BASE Musikfiles ab Handy oder Tablet entgegen nimmt.
Die mitgelieferte Miniatur-Fernbedienung offeriert nicht nur die Quellenwahl und die Lautstärkeeinstellung. Man kann damit drei verschiedene Hörzonen adressieren: Die Aktivboxen besitzen an der Rückseite nämlich einen Wahlschalter, mit dem sie einem von drei Räumen zugeordnet werden. Passend dazu verfügt die BASE über drei wählbare Funkwege, womit sich drei AIR-X-Boxenpaare individuell mit einer beliebigen angeschlossenen Quelle versorgen lassen. In einer Kombination aus AIR-X BASE und bis zu drei AIR-X-Boxenpaaren ist so ein echtes Mehrraumsystem realisierbar, zumal die Funkverbindung auch Wände durchdringt.
Möglich wird dieses Szenario erst dadurch, dass jede Box einen IR-Empfänger eingebaut hat, denn die Infrarot-Fernbedienung funktioniert ja nicht durch Wände hindurch. Konkret benötigt man also für jeden Raum eine zusätzliche Fernbedienung (Preis: 49 Franken). So können die Quelle und die Lautstärke pro Hörzone individuell bestimmt werden. Hingegen braucht man nur eine einzige AIR-X BASE. Diese kann irgendwo platziert werden, denn sie verfügt über keinen IR-Sensor, sondern kommuniziert bidirektional per Funk mit den AIR-X-Boxen.
Fantastische Räumlichkeit

Frisch ausgepackt tönte die AIR-X 403 im Bass und Grundton bereits erstaunlich kraftvoll. Auch die Höhen klangen auf Anhieb schön und in der Linearstellung eher diskret. Schon nach kurzer Einlaufzeit entfaltet die Box eine prächtige Klangkultur, wie man sie sonst nur selten antrifft. Hauptverantwortlich dafür ist der JET-Schallwandler, der sich zweifelsfrei zu den besten Hochtönern der Welt zählen darf. Was er an Feinzeichnung und Obertonglanz in den Hörraum zaubert, ist beeindruckend. Dabei ist die AIR-X 403 gar nicht besonders brillant abgestimmt. Tatsache ist, dass die Höhen viel weniger „heraus stechen“ als bei vielen konventionellen Lautsprechern – zweifellos auch ein Verdienst des digital optimierten Zeitverhaltens. So klingt die Elac sprichwörtlich wie aus einem Guss. Vokalmusik eignet sich sehr gut zur Beurteilung der Natürlichkeit eines Lautsprechers: Die AIR-X geben das charakteristische Timbre sowohl von Frauen- wie Männerstimmen exquisit wieder und lassen die Sänger phänomenal plastisch und dreidimensional im Hörraum erscheinen.
Insbesondere im Nahfeld gehört führt dies zu einem – im positiven Sinn – analytischen Klangbild mit superber Durchhörbarkeit. Hier erweist sich die kompakte Elac als hervorragender Monitor zum Abhören und Beurteilen von Aufnahmen. So offenbart sie minutiös alle Tricks, die der Toningenieur einer Aufnahme verpasst hat, angefangen vom Exciter bis hin zum Halleffekt. Die schaltbare Nahfeld-Entzerrung senkt den Grundtonbereich etwas ab, die AIR-X klingt dann etwas schlanker und weniger vollmundig. Geniesser werden den entsprechenden Kippschalter auf der Rückseite der Box kaum je bemühen. Profis werden diese Klanganpassung jedoch zu schätzen wissen, denn sie entspricht eher dem Mainstream.
Meist genügend Pegelreserven
Frei im Raum gehört, zeigt die Box ein sattes, raumfüllendes Klangvolumen mit tiefreichendem, sehr konturiertem Bass. Die Pegelreserven reichen locker für gehobene HiFi-Lautstärke. Erst bei regelrechten Tieftonorgien greift die digitale Signalverarbeitung dann und wann mal ein und kappt die Pegelspitzen. Dies wird das heimische Einsatzprofil aber kaum je trüben. Wer hier noch deutlich mehr Pegel möchte, kann auf die grössere Schwester AIR-X 407 zurückgreifen, die mehr Verstärkerleistung (3 x anstatt 2 x 75 Watt) und die doppelte Membranfläche anbietet.
Punkto Verfärbungsfreiheit kann man die kleine AIR-X ruhig als Referenz ansehen: Irgendwelche tonalen Eigenheiten lassen sich ihr beim besten Willen nicht vorhalten. Unbestechlich und praktisch ohne Eigenklang gibt sie das musikalische Geschehen wieder. Zusammen mit der sagenhaften räumlichen Transparenz und der losgelösten Wiedergabe, welche diese Box dank DSP-Unterstützung entfaltet, ermöglicht sie ein Hörerlebnis, bei dem die Technik weitgehend hinter der Musik verschwindet.
Interessant war noch der Vergleich zwischen den verschiedenen Betriebsarten: Direkt analog versorgt (über hochwertige XLR-Kabel, ab einem USB-DAC Xonar Essence One) war kein Qualitätssprung hörbar gegenüber der digitalen Wireless-Anbindung. Zumindest wenn man den Toslink-Eingang an der AIR-X BASE benutzte. Diese Anschlussvariante hatte minime, aber hörbare Vorteile gegenüber dem USB- und dem Analog-Eingang. Auch letzterer tönte zwar erstaunlich gut – dafür, dass das Signal extra noch AD-gewandelt werden muss, bevor es auf die Funkstrecke geschickt wird –, dennoch überzeugte der Digitalverbund mit etwas mehr Obertonglanz und einer noch präziseren Spielweise. Auch gegenüber USB hatte die optische Anschlussvariante leichte Vorteile, wobei High-Res-Files selbst auf 16 Bit herunter transferiert immer noch beachtlich Musik machen.
Fazit

Da haben die Elac-Ingenieure viel Gehirnschmalz investiert: Die AIR-X 403 überrascht bei näherer Betrachtung mit viel mehr Möglichkeiten, als man sie einem so kompakten, audiophilen Lautsprecher zutrauen würde. Im Verbund mit der AIR-X BASE erweitert sich ihr Einsatzprofil hin zur fast schon kompletten Musikanlage, inklusive Mehrraum-Erweiterungsoption. Profis werden die Box aber auch als klassischen Nahfeldmonitor mit perfekter Durchhörbarkeit zu schätzen wissen. Der Preis von CHF 3580.- (bzw. CHF 4070.- Franken inkl. BASE) erscheint nur auf den ersten Blick etwas hoch: Der Aufpreis von CHF 1390.- bzw. CHF 1880.- gegenüber der passiven Variante (BS 403: Paarpreis CHF 2300.-) bewegt sich in einem durchaus angemessenen Rahmen. Soviel müsste man ja auch für einen hochwertigen Vollverstärker samt DAC einplanen.