Bereits vor sechs Jahren durften wir Daniel Leiser und sein Team von Sinus-Technologies schon einmal im ländlichen Ammerzwil (BE) besuchen. Beim jetzigen Besuch stand der Test der neuen Tannoy-Monitore SMG 15 Super Gold zuoberst auf dem «Reiseprogramm». Dennoch kommt man nicht darum herum, auch ein paar zusätzliche Worte über «Dänu», das «Musiker- und Hifi-Urgestein» und seinen unkonventionellen Testraum zu verlieren. Es kommt wohl nicht oft vor, dass man als Audio-Tester über ein verworrenes Netzwerk schmalster Landstrassen und zahlreichen stattlichen Berner Bauern-Gehöften vorbeikurvt, bis man genau vor einem solchen, am Weingarten 8, sein Ziel erreicht hat – Navi sei Dank. Nicht rustikale Viehschau, sondern feinste Tannoy-Präsentation ist dort angesagt.
Im «Gade», dem Dachstock des Bauernhauses, ist sein Testraum eingerichtet, den man über steile, knarrende Dielen erreicht. «Wie hat er wohl all das Equipment dort hochgewuchtet hat?», fragt man sich. Oben angekommen, scheint die Zeit stehen geblieben zu sein: Der hohe Raum mit freier Sicht auf das wuchtige Dachgebälk, viel Holz-Täfer und gewobene Teppiche, die der Akustik-Dämmung dienen – alles wie damals. Nur bei der Lautsprecherpalette hat sich augenfällig etwas geändert: Während früher noch Lautsprecher verschiedener Hersteller posierten, stehen ausschliesslich Tannoy-Lautsprecher aller Güteklassen in der Dachschräge aufgereiht und zum Einsatz bereit. Offenbar scheint sich auch hier die darwinsche Evolutionstheorie durchgesetzt zu haben: Das Bessere setzt sich über das Gute hinweg.
Da steht nun die ganze Tannoy-Familie, schön ordentlich aufdrapiert. Von der eher kleinen Platinium-Serie bis hin zur drittgrössten Canterbury GR. Einzig die Kingdom Royal und die massigste aller Tannoys, die Westminster, haben es offenbar nicht mehr rechtzeitig zum 99. Firmenjubiläum die steile Treppe hinauf geschafft. Nebst Tannoy würden in diesem Jahr noch andere, sogar runde Jubiläen seiner Zuspieler-Firmen gefeiert, so Dänu: 30 Jahre Vincent, 45 Jahre ASR Schäfer Audio System und 140 Jahre Torens. Letztere Marke liefert nach wie vor exquisite Plattenspieler, deren Gründer Hermann Thorens 1883 in St. Croix im Schweizer Jura seine Firma ins Handelsregister eintragen liess. Auch Dänu hat als Generalimporteur standesgemäss solches Equipment der Edel-Schmiede in der Vorführung.
Die Tannoys mögen es, wenn sie wandnah, nicht zu weit auseinander und nicht eingewinkelt aufgestellt werden, erklärt Dänu. Als Generalimporteur von Tannoy-Lautsprechern und Spezialist auch in Sachen Lautsprecheraufstellungen hat er wohl schon alles gesehen, gehört, ausprobiert und optimiert – auf seine Fachexpertise kann man sich bei Tannoy-Lautsprechern getrost verlassen.
Die gesamte Abhörkette

Retro-Look mit PA-Wurzeln
Und da fällt der Blick unweigerlich auf die zu testenden «Artefakte»: die Tannoys SMG 15. Unweigerlich, weil sie schon eine stattliche Erscheinung sind: H 103 x B 65 x T 42 cm. Ein richtiger Männerlautsprecher, wie man früher noch zu sagen pflegte. Tannoy-Kenner werden vermutlich ein gewisses Déjà-vu erleben: Da gab es doch vor Jahren bereits die Legacy Arden mit fast den gleichen Eckdaten wie die Gold-Monitor-Serie? Also nur alter Wein in neuen Schläuchen? Nein, auch wenn die neue SMG 15 der früheren Arden sehr ähnlich kommt, sind es vor allem die inneren Werte, die qualitativ erheblich verbessert wurden. Mehr dazu später. Doch ja, mit dem Retro-Look ist Tannoy in bester Gesellschaft mit anderen Lautsprecherherstellern: Klippsch Heritage, Magnat Tanspuls 1500 oder JBL L100 Classic-MK-Lautsprecher, um nur einige zu nennen. Retro ist also wieder angesagt.
Das Gute noch besser gemacht
Natürlich hat man nicht einfach die Baupläne aus den 70ern 1:1 kopiert, sondern vor allem das Innenleben an die technischen Möglichkeiten von heute angepasst. Schliesslich verfeinern und verbessern die Schotten das 1949 entwickelte «duale konzentrische Design» (Coax-Chassis) ständig und verwenden heute moderne Ferrite mit Kupfer-Demodulationsringen und einem Magnetkreis mit hohem Fluss, der noch leistungsfähiger ist als die ursprünglichen Alnico-Magneten. Das 15-Zoll-Chassis und die Sicken wurden steifer und mit erhöhter innerer Dämpfung konstruiert. Aber auch die Hochtöner wurden verfeinert und die Abstimmung ist insgesamt dynamischer, feinsinniger und noch linearer ausgefallen.

Der neu dazugekommene, fünfte Polschuh, der für eine Erdung zur Reduzierung von Hochfrequenzstörungen entwickelt wurde, verbessert gemäss Hersteller auch die Klarheit im Mitteltonbereich. Mittlerweile ist dieser bei allen Tannoys standardmässig verbaut. Im hiesigen Test kam dieses «Future» nicht zum Einsatz. Wenn überhaupt, wird es beim Kunden zu Hause in Betrieb genommen und erfordert einen fachmännischen Anschluss an die Anlage, damit dieser Effekt wie gewünscht zur Geltung kommt. Vermisst habe ich ihn übrigens auch beim späteren Hörtest nie.

In luftigen Höhen trotz Bodenhaftung.
Auffallend sind bei der SGM-Serie (Super Gold Monitor), die kleinen «Gold-Zylinder-Schrauben» an der Front, mit welchen man nicht etwa einfach die Höhen, Mitten und Bässe variiert, sondern die Höhen in ihrer Qualität, ihrer Güte und Intensität verändern kann: Mit der «Roll-off-Schraube» lässt man die Höhen schneller oder kürzer ausklingen. Mit der Einstellung «Treble Energie» wird ab 1 kHz bis 20 kHz aufwärts und mit «Presence Energy» lediglich dem Präsenz-Bereich zwischen 1 kHz und 5 kHz, also jenem Frequenzbereich, in dem auch die menschliche Stimme klingt, mehr Energie zugeführt.
Wer noch mehr Höhen wünscht und Fledermausohren hat, kann mit einem zusätzlichen 25-mm-Superhochtöner «Prestige GR», der aus einer Magnesiumlegierung und einem Neodym-Magnetsystem gefertigt wird (Paarpreis rund 4000 Franken), den Frequenzgang bis auf 61 kHz erweitern. Doch auf solche Tuning-Tricks scheint Dänu getrost zu verzichten. Das Gleiche gilt für überteuerte Lautsprecherkabel – offenbar funktionieren «seine» Lautsprecher, wenn sie mit der Zuspieler-Kette richtig abgestimmt und im Raum richtig ausgerichtet sind, auch ohne «Tuning-Klimbim».

Die neue Tannoy mit 15-Zoll-Chassis zum «Retropreis»
Das 9 mm (3/4") dicke Gehäuse aus Spanplatten ist im Innern mit MDF-Sperrholz verstrebt und seitlich mit Walnussfurnier ummantelt. Insgesamt wirkt es solide gefertigt, aber im Vergleich mit den Lautsprechern der Prestige-Serie doch eher auf Funktion hin ausgelegt – Vintage-Look eben. «Irgendwo muss man denn auch Abstriche in Kauf nehmen», so denkt man und sinnigerweise. Wenn, dann lieber beim Design als bei der Funktionalität.
So beträgt eine Investition in die «neuen Alten» rund 11'600 Franken. Bei einem Tannoy-Lautsprecher darf man mit Fug und Recht von einer Investition reden. Denn es könnte gut sein, dass solche Lautsprecher ihre Besitzer locker «überleben» und der Nachwelt über Generationen hinweg Klang-Freuden bereiten könnten. Im direkten Vergleich mit anderen Tannoys sind die SMG 15 lediglich im unteren Preisdrittel anzusiedeln. Und das 15er-Coax-Chassi kommt sonst nur bei den teuersten Modellen zum Einsatz – da hat man schon viel Gegenwert fürs Geld.
Angetrieben wurden die Lautsprecher beim Testhören an einer reinen Vincent-Kette. Gemäss Dänu mitunter eine der besten Kombinationen, die er kennt, und preislich sind die Vincent-Komponenten sowieso kaum zu schlagen.

Gemäss der Produktebeschreibung würden schon 20 Watt ausreichen, um die Lautsprecher in Fahrt zu bringen. Aber Dänu liess sich nicht lumpen und hängte gleich vier Mono-Endstufen (Vincent SP-T700) mit je 150 Watt/8 Ohm an – nach dem Motto: mehr hilft mehr. Natürlich stimmt dies nicht zwingend, aber oft gewinnen Lautsprecher schon an Souveränität im gesamten Klang, insbesondere wenn die Bass-Chassis die Leistung bekommen, die sie fordern – so war es auch bei den 15er-Chaissis der Tannoy so. Davon profitieren dann auch die Mitten und Höhen. Auf jeden Fall harmonierte die Hybrid-Technik mit den Tannoys, die dank ihrer Teil-Bestückung mit Röhren das bereits «soulige» Klangbild der Tannoy noch potenzierte.