OLED-Fernseher galten bisher zu Recht als das Nonplusultra zur Realisierung eines bestmöglichen Heimkino-Erlebnisses. Freilich muss ein TV heutzutage auch sehr viele multimediale Aufgaben übernehmen, die über das reine Fernsehen hinausgehen. Angefangen von der Fotowiedergabe, über Videokonferenzen bis hin zum Gaming – das Anforderungsprofil ist sehr vielfältig.
Als Schwäche von OLED-TVs gilt gerade auch eine gewisse Anfälligkeit für Einbrenneffekte: Lange anhaltende Standbilder mit statischem Inhalt mögen die Bildschirme gar nicht. Die Leuchtkraft der organischen Leuchtdioden nimmt mit zunehmender Lebensdauer nach und nach ab. Dies jedoch in so geringem Ausmass, dass es bei sachgerechter Nutzung über viele Jahre problemlos kompensiert werden kann. Dennoch dürften «Power User», die ihren Fernseher über viele Stunden mit verschiedensten (auch statischen) Inhalten nutzen, froh darüber sein, dass mit der Mini-LED-Technologie nun eine vielversprechende Alternative zu OLED-Displays verfügbar ist.
Mini-LED voll im Trend
Dass Mini-LED zurzeit angesagt ist, zeigt sich auch im Multimedia-Bereich: So ist beispielsweise das neue iPad Pro damit ausgestattet. Freilich mutmassen Insider bereits, dass Apple in den kommenden Jahren auch wieder Modelle mit verbessertem OLED-Bildschirm lancieren könnte. Ein veritabler Wettstreit der Display-Technologien also, der wohl in eine mehr oder weniger friedliche Koexistenz hinauslaufen könnte. Zumal beide über viel Potenzial verfügen.
Mini-LED-Displays sind im Grunde genommen Bildschirme mit ganz «normalen» RGB-Flüssigkeitskristallen, also LCDs, die erst mittels einer LED-Hintergrundbeleuchtung farbiges Licht erzeugen. Im Unterschied zu herkömmlichen Modellen sind bei Mini-LED die Lichtdioden vollflächig hinter der gesamten Bildschirmfläche in Clustern angeordnet. Und zwar in 1024 Beleuchtungszonen, die individuell angesteuert werden. Damit wird ein viel differenzierteres «Local Dimming» (lokales Abdunkeln) ermöglicht als bei günstigen LCD-Fernsehern mit «Edge LED-Backlight».
Deren typische Schwächen – mangelhafte Schwarzwiedergabe und geringe Kontrastabstufungen – werden deutlich entschärft. Während im 65PML9506 nicht weniger als 8192 winzige Lichtquellen im Hintergrund ihren Dienst verrichten, sind es beim 75-Zoll-Modell aus der gleichen Baureihe bereits deren 12'288. Im Vergleich zu einem OLED-TV mit Millionen selbständig leuchtender Bildpunkte erscheint das zwar wenig; dennoch wird auch mit Mini-LED eine sehr detaillierte Ausleuchtung bzw. Abdunklung auf dem Bildschirm möglich.
Ähnlich wie OLED-TVs benötigen auch Mini-LED-Fernseher einen wirklich leistungsfähigen Bildprozessor, um aktuelle UHD-Filme wie sie beispielsweise auf Netflix sehr zahlreich vorliegen, adäquat auf die 4K-Displays zu zaubern. Hier verfügt TP Vision (der Hersteller von Philips-TVs) mit der hauseigenen P5 Engine über genügend Rechenpower. Die jüngste Ausgabe ist als Doppelprozessor ausgelegt und passt mit nochmals verbesserter «künstlicher Intelligenz» die Parameter fortlaufend dem jeweiligen Bildinhalt an. Wichtig ist auch der Schaltkreis namens «Micro Dimming Premium». Er spricht die 1024 Belichtungszonen individuell an und sorgt so für saubere Schwarz-Weiss-Übergänge.
Das Mini-LED-Display des Philips 65PML9506 im Test realisiert bis zu 1500 Nits Spitzenhelligkeit. Das ist sehr viel und wird in abgedunkelten Räumen kaum je benötigt. Bei taghellem Umgebungslicht punktet der Mini-LED-Fernseher dafür mit besonders brillanten Bildern, wie sie ein OLED-TV kaum zustande bringt. Natürlich ist der Philips 65PML9506 mit einem Sensor ausgestattet, der das Umgebungslicht misst und die Bildverarbeitung automatisch anpasst. Die «AI» des Bildprozessors bezieht das gemessene Licht in seine Berechnung mit ein. Dies ist gerade auch im HDR-Modus wichtig: Der hilips 65PML9506 im Test unterstützt sämtliche HDR-Verfahren zur Steigerung des Kontrastumfangs. Auch hierbei wird das Umgebungslicht beim Abgleich miteinbezogen.
Mini-LED-Displays werden sowohl mit IPS- wie auch mit VA-Panels angeboten. TP Vision (der Hersteller von Philips-TVs) setzt ausschliesslich auf VA-Technik. Diese Bauweise realisiert eine bessere Schwarzwiedergabe mit grösserem Kontrastumfang. Auch hohe Bildwiederholfrequenzen (bis 120 Hz) lassen sich einfacher realisieren. Als Nachteile gegenüber IPS gelten der horizontal weniger breite Blickwinkel sowie ein minim eingeschränkter Farbraum. Ersteres kompensiert das VA-Panel mit einer speziellen Filterfolie, welche die Abstrahlung zur Seite hin erweitert, letzteres mit einer «Quantum Dot»-Partikelbeschichtung, die den Farbraum erweitern soll.
IPS- und VA-Panels mit Mini-LED-Hintergrundbeleuchtung schenken sich gegenseitig wenig und sind qualitativ vergleichbar. Dies betrifft auch den Einsatz im Gaming-Bereich. TP Vision spezifiziert für die PML9506-Baureihe eine vergleichsweise geringe Latenz von 8 ms bis 15 ms, womit selbst anspruchsvollere Gamer zufrieden sein dürften. Zukunftssicher ausgelegt ist der 65PML9506 auch dank HDMI 2.1. Sofern man die HDMI-Schnittstelle in den Einstellungen entsprechend konfiguriert hat, schaltet der Fernseher automatisch auf den speziellen «Spielmodus», wenn er den Anschluss einer Spielkonsole oder Gaming-Grafikkarte erkennt. So sendet beispielsweise die Xbox ein entsprechendes Steuersignal via HDMI 2.1, welches sogar eine HDR-Kennung (High Dynamic Range) beinhaltet.
Ebenfalls vom Fernseher erkannt werden «FreeSync Premium Pro» von AMD und «G-Sync» von NVIDIA. Dabei ändert er seine Aktualisierungsrate in Echtzeit synchron zur Computer-Grafikkarte, was die Bildqualität beim Spielen deutlich anhebt. Die gesteigerte Bilddynamik HDR wird beim PC-Gaming ebenfalls genutzt. Im Zusammenspiel mit einer «FreeSync Premium Pro»-kompatiblen Grafikkarte werden geringe Frame-Raten von Computerspielen im Fernseher auf bis zu 120 Hz angehoben: Viele Games unterstützen diese sinnvolle Funktion: Sie entlastet die Grafikkarte und das Bild ruckelt deutlich weniger. Alles in allem hat der 65PML9506 also die besten Voraussetzung dazu, als Grossbild-Gaming-Monitor der Spitzenklasse Einsatzzeit zu bekommen.
Test Philips 65PML9506
Der Mini-LED-TV 65PML9506/12 von Philips ist insofern sehr interessant, als hier Premium-Qualität zum attraktiven Preis angeboten wird. So bewegen sich die tatsächlichen Marktpreise knapp über CHF 2000. Dies bei einem (unverbindlichen) Richtpreis von CHF 2899. Freilich buhlt auch das Oberklasse-OLED-Modell 65OLED806/12 aus gleichem Hause mit ähnlichen Marktpreisen. Somit hat der qualitätsbewusste Käufer die Qual der Wahl, welcher Technologie er den Vorrang geben sollte. Ausstattungsmässig schenken sich die beiden TVs nichts: Vierseitiges Ambilight sorgt für ein ansprechendes Lichterlebnis sowohl bei laufendem Programm wie (auf Wunsch) auch bei ausgeschaltetem Fernseher. Besonders gut zur Geltung kommt es, wenn der Fernseher an der Wand hängt.
Als Besonderheit kann beim Philips 65PML9506 die Höhe der Standfüsse verändert werden. Somit findet eine optionale Soundbar auch direkt unter dem Display Platz. Nicht dass der Fernseher eine solche unbedingt benötigen würde: Das integrierte 2.1-Soundsystem mit insgesamt 50 Watt Ausgangsleistung klingt recht gut und gar nicht dünn. Auch mittlere Pegel sind ohne Dröhnen oder Verzerrungen realisierbar. Auf Wunsch hilft eine spezielle Android-App namens «Mimi» bei der Personalisierung des Soundeindrucks.
Darüber hinaus ist der Philips 65PML9506 «Play-fi»-kompatibel. Über diese Streaming-Plattform kann man – ein entsprechendes Abo vorausgesetzt – die Angebote aller bekannten Musikprovider (inklusive Amazon Music) über den TV streamen. Internetradio ist ebenfalls integriert. Dazu passt, dass sich der Bildschirm beim Musikhören problemlos ausschalten lässt. Via Play-fi kann man auch die heimische Musiksammlung ab DLNA- und UPnP-Servern im Heimnetzwerk über den Fernseher abspielen. Play-fi ist Hi-Res- sowie Multiroom-tauglich und lässt sich sehr einfach via App (Android oder iOS) und Handy/Tablet steuern.
Auch kabelloser Heimkino-Sound soll bald schon mittels Play-fi realisierbar werden: Philips Audio offeriert dazu bereits passende Wireless-Lautsprecher, die Play-fi-kompatibel sind. Sie lassen sich innerhalb der Play-fi-Plattform als Front- und Surroundlautsprecher konfigurieren. Dazu wird es als Ergänzung einen Wireless-Subwoofer geben. Das Soundsystem des Fernsehers dient dann nur noch als Centerkanal. avguide.ch wird diese vielversprechende Option bei Gelegenheit unter die Lupe nehmen.
Der Philips-TV macht seine Sache als reine Musikanlage sehr ordentlich und punktet mit knackigem Midbass sowie mit ausgewogenem Sound ohne grobe Verfärbungen. Natürlich darf man keine allzu breite Stereo-Perspektive erwarten, und die Indirektabstrahlung der Lautsprecher stellt einen systembedingten Nachteil dieser Bauweise dar. Viele Anwender schätzen jedoch das kompakte Monitor-Design ohne integrierte Soundbar. Gerade bei der Wandmontage wirkt der Fernseher so deutlich unauffälliger.
Mini-LED vs. OLED
Wir hatten die Gelegenheit, den Mini-LED-TV 65PML9506/12 im direkten Vergleich mit dem preislich vergleichbaren Oberklasse-OLED-TV 65OLED806/12, ebenfalls von Philips, zu begutachten. Dies zunächst bei gleicher Einstellung der Bildparameter (Modus «Persönlich»). Wie zu erwarten zeigte sich der OLED-Fernseher bei dunklen Bildszenen voll in seinem Element: So werden etwa in Weltraum-Bildern (Erde vom Weltraum aus betrachtet, im HDR-Format) einzelne Sterne in Form winziger Lichtpunkte getreu abgebildet. Hier hat der Mini-LED in der Grundeinstellung sichtbar Mühe mitzuhalten. Das Sternenmeer im Hintergrund verliert deutlich an Strahlkraft. Abhilfe schafft ein Wechsel in den Bildmodus «Lebendig». Hier schält der 65PML9506 die einzelnen Sterne deutlich besser heraus. Jedoch auf Kosten einer etwas zu hell strahlenden Erde.
Erstaunlich gut schlägt sich der Mini-LED-TV bezüglich Schwarz-Weiss-Übergängen. Lichthöfe oder zerfranste Säume sind auch bei künstlichen Testbildern kaum auszumachen – zumal aus einer vernünftigen Sehdistanz. Solche extremen Bilder sind im TV-/Heimkino-Alltag sowieso die Ausnahme, zeigen jedoch die Leistungsfähigkeit von Display und Bildprozessor. Zu toller Form lief der 65PML9506 – bei abgedunkeltem Raum – mit einschlägigen Netflix-Serien in 4K HDR auf. So konnte er etwa bei der Fantasy-Serie «Shadow and Bone» unter Beweis stellen, dass er auch bei den vielen düsteren Bildszenen adäquates Heimkino-Ambiente auf den Bildschirm zaubert. «Shadow and Bone» arbeitet gezielt mit atemberaubenden Lichteffekten, die der Mini-LED-TV sehr eindrücklich in Szene setzt.
Im direkten Vergleich kreierte der OLED-Fernseher eine noch bessere Illusion räumlicher Tiefe – ein Effekt, den der 65OLED806 zweifellos seiner prinzipbedingt perfekten Schwarzwiedergabe zu verdanken hat. Punkto Kontrastabstufungen und Transparenz dunkler Bildinhalte kann der Mini-LED-TV jedoch erstaunlich gut mithalten. Seine grosse Stärke zeigt der 65PML9506, wenn die magiebegabte Hauptdarstellerin in «Shadow and Bone» ihren Lichtzauber loslässt. Angesichts solcher Strahlkraft bleibt beim Betrachter kein Auge trocken. Auch die Bewegungsschärfe kann sich im Vergleich zum OLED-Fernseher sehen lassen, was angesichts des identischen Bildprozessors nicht wirklich verwundert. Natürlich verfügt auch der 65PML9506 über einen «Filmmaker-Modus», in dem HDR-Filme mit Original-Bildwiederholrate und -Kontrast wiedergegeben werden. Meist sind dunkle Bildstellen in diesem Modus jedoch zu wenig transparent, und die fehlende Bewegungsglättung nervt auf Dauer. Deshalb offeriert der 65PML9506 auch noch einen speziellen «HDR-Heimkino-Modus», in dem der Prozessor behutsam in Kontrast, Farbsättigung sowie Bewegungsglättung eingreift und dennoch ein authentisches «Cinema-Feeling» beibehalten soll. Geisterbilder (sogenanntes «Ghosting») wie sie der Mini-LED-Technik theoretisch nachgesagt werden, waren in der Praxis übrigens kein wahrnehmbares Problem.
Zwar subtile, jedoch unübersehbare Unterschiede sind bei der Farbwiedergabe festzustellen. Auch der Mini-LED-TV zeigt eine sehr gute Farbsättigung mit ausgeprägter Brillanz. Bezüglich der Farbabstimmung gehen OLED und Mini-LED jedoch ziemlich unterschiedliche Wege. So wurde Grün vom 65OLED806 in einem anderen, satteren Farbton wiedergegeben. Was nun eigentlich korrekter ist, könnte nur eine Farbkalibrierung klären. Der 65PML9506 lässt sich zwar nach ISF kalibrieren. Dieser professionelle Service dürfte das Budget der meisten Anwender jedoch sprengen. Eine kostengünstigere Alternative verspricht eine Calman-Farbkalibrierung, für die der Philips-Fernseher vorbereitet ist.
Fazit
Sowohl der Mini-LED-Fernseher Philips 65PML9506 wie auch der preislich vergleichbare OLED-TV 65OLED806 zeigen eine sehr hohe Bildqualität, die insbesondere bei 4K-Videos mit HDR zur Höchstform aufläuft. Beide Display-Techniken haben ihre Berechtigung: Heimcineasten, die hauptsächlich Netflix und Co. gucken, werden zum OLED-TV greifen, der noch mehr Plastizität und Tiefenillusion auf den Bildschirm zaubert. Wer seinen neuen Fernseher häufig für multimediale Zwecke oder auch Gaming nutzen möchte, findet im Mini-LED-TV 65PML9506 eine valable Alternative zu OLED, die speziell auch beim Fernsehen in einer taghellen Umgebung punktet. Die aktuellen Marktpreise sind bei beiden Modellen sehr attraktiv.